Von solchen mit und solchen ohne Schnabel

by Worteweberin Annika

Man­che Leute haben eine große Nase, man­che Tiere haben kei­nen Schna­bel. Ist das ein Grund, nicht mit­ein­an­der zu spie­len? Das müs­sen die Pin­guine in Isa­bel Pins Bil­der­buch „Du nicht!“ erst ein­mal her­aus­fin­den. Worte­we­be­rin Annika hat auch kei­nen Schna­bel, dafür hat sie ihre Nase in das Buch gesteckt.

Eines Tages taucht jemand Neues im Spiel­ge­biet der drei klei­nen Pin­guine auf. Auf sei­ner Bade­mütze steht Kau­tschuk, das wird sein neuer Name. Sofort wird er Teil der Gruppe. Zusam­men spie­len die vier Ball, gehen schwim­men, rut­schen, lachen. Kau­tschuk ist immer mit dabei und noch dazu gut gelaunt: „Seit Kau­tschuk da war, machte es mit­ein­an­der viel mehr Spaß.“ Doch als es darum geht, einen Schnee­pin­guin zu bauen, fällt auf, dass Kau­tschuk eigent­lich ganz anders ist. Er hat weder einen Schna­bel, noch kann er Pin­gui­nisch spre­chen: „Wir sahen Kau­tschuk genauer an und fan­den ihn plötz­lich sehr anders.“ Kau­tschuk ist näm­lich eine Robbe. Auf die Reak­tion der Pin­guine hin ver­schwin­det Kau­tschuk, und auch wenn die Pin­guine dar­über erst froh sind, stel­len sie bald fest, dass es ohne ihn nicht mehr das glei­che ist.

„Die ers­ten Tage waren wir froh: Wir Pin­guine waren unter uns! Aller­dings machte das Ball­spie­len weni­ger Spaß. Und das Rut­schen. Und mit Kau­tschuk hat­ten wir auch viel mehr gelacht. Obwohl er so anders lachte als wir…“

In ein­fa­chen Sät­zen erzählt Isa­bel Pin davon, wie schön Viel­falt sein kann, aber auch davon, wie schnell es im All­tag zu Aus­gren­zun­gen kommt. Die Geschichte von den Pin­gui­nen und ihrem Freund Kau­tschuk lässt sich leicht auf die Lebens­welt von Kin­dern im Kin­der­gar­ten oder in ande­ren Situa­tio­nen über­tra­gen, in denen ver­schie­dene Men­schen, ver­schie­dene Kul­tu­ren und viel­leicht auch ver­schie­dene Spra­chen auf­ein­an­der­tref­fen. Schnell wird klar: Anders sein ist kein Grund, aus­ge­schlos­sen zu wer­den oder jeman­den aus­zu­schlie­ßen, anders sein ist eine Berei­che­rung. Da diese Ein­sicht den Pin­gui­nen selbst kommt, funk­tio­niert das Bil­der­buch ganz ohne beleh­ren­den Ton­fall. Am Bei­spiel der Pin­guine kön­nen Kin­der deren Erfah­run­gen mit durch­le­ben. Das Buch lädt zu Anschluss­ge­sprä­chen über die eige­nen Erfah­run­gen ein und dazu, das Ver­hal­ten zu reflek­tie­ren. Denn wenn die Pin­guine aus ihrem Feh­ler ler­nen, warum soll­ten Men­schen das nicht auch können?

Die Bil­der von Isa­bel Pin sind genau wie die Spra­che sehr ein­fach gestal­tet, die wei­ten Flä­chen der Eis­land­schaft las­sen den Gedan­ken Frei­raum. Gleich­zei­tig gibt es auf den Bil­dern wenig zu ent­de­cken, was viel­leicht für kleine Lese­rIn­nen schwie­rig sein könnte. Gerade aber durch die sprach­li­che Gestal­tung und das wich­tige Thema ist „Du nicht!“ ein sehr emp­feh­lens­wer­tes Bilderbuch.

Für „Du nicht!“ wurde Isa­bel Pin mit dem Leip­zi­ger Lese­kom­pass 2018 aus­ge­zeich­net. Die deutsch-fran­zö­si­sche Autorin hat Illus­tra­tion stu­diert und erhielt auch für vor­he­rige Bücher schon einige Preise, zum Bei­spiel den Leip­zi­ger Lese­kom­pass 2012 für „Wenn ich ein Löwe wäre“.

Du nicht! Text und Illus­tra­tion: Isa­bel Pin. Hin­storff Ver­lag. 2017.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #Kun­ter­bunt. Hier fin­det ihr alle Beiträge.

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