Wahrscheinlichkeit des Unglücks

by Bücherstadt Kurier

Wer kennt es nicht? Diese Tage, an denen alles schief­geht, was schief­ge­hen kann. Erst neu­lich ereilte es mich an zwei auf­ein­an­der­fol­gen­den Tagen.

Oster­sonn­tag: Wir woll­ten Ver­wandte besu­chen, gin­gen mit Kind und Kegel zum gepark­ten Auto, ich betä­tigte das kleine Knöpf­chen am Auto­schlüs­sel und… es pas­sierte nichts. Also schloss ich die Fah­rer­tür mit dem Schlüs­sel auf. (Ja, das geht!) Beim Start­ver­such pas­sierte noch weni­ger als nichts. Nicht mal das kleinste Kon­troll­lämp­chen leuch­tete. Der Pan­nen­dienst meinte, ich müsste etwas ange­las­sen haben und tat­säch­lich hatte mein Kind drei Tage zuvor auf dem Fah­rer­sitz gespielt und die Innen­be­leuch­tung bren­nen las­sen. Letzt­end­lich konnte unser Auto mit ein wenig Unter­stüt­zung gestar­tet wer­den und wir mach­ten einen ziem­lich ver­spä­te­ten Osterausflug.

Oster­mon­tag: Es war Rum­mel in der Stadt. Natür­lich war auch die­ser eine Reise wert und am Vor­mit­tag schie­nen wir fast start­klar, als meine Frau die Tür zuschlie­ßen wollte und sagte: „Oh!“
Ich ging vom Schlimms­ten aus und dachte, ihr sei der Schlüs­sel abge­bro­chen. Ganz so dick kam es dann doch nicht, aber der andere Schlüs­sel steckte von innen und wir konn­ten weder zu- noch auf­schlie­ßen. Mit einem Freund ver­suchte ich in unsere eigene Woh­nung ein­zu­bre­chen, doch ver­ge­bens. Wir hin­ter­lie­ßen nur ein paar unschöne Spu­ren. So blieb mir nichts ande­res übrig, als den Schlüs­sel­dienst am Fei­er­tag kom­men zu las­sen und nach einer saf­ti­gen, drei­stel­li­gen Rech­nung auch noch ein wenig Geld auf dem Rum­mel rauszuschleudern.

Ich fragte mich, wozu das alles gut sein könnte und ob man etwas Posi­ti­ves aus sol­chen Unglü­cken, Miss­ge­schi­cken und sons­ti­gen Unschön­hei­ten zie­hen könne. Dann wurde mir klar: Natür­lich! Jede gute Geschichte lebt von Kon­flik­ten. Wo, wenn nicht in der Lite­ra­tur, kann ein noch so klei­ner und wid­ri­ger Umstand für neuen Auf­trieb sorgen?
Was wäre „Der Herr der Ringe“ ohne den ver­lo­ren­ge­gan­ge­nen Ring? Was wäre „Der alte Mann und das Meer“ ohne den nicht mehr zu ret­ten­den Mar­lin? Was wäre, salopp gesagt, „Mr. Bean“ ohne Miss­ge­schi­cke? Nein, diese klei­nen Unan­nehm­lich­kei­ten brin­gen unvor­her­seh­bare Wen­dun­gen in unser Leben, die nicht immer schlecht sein müs­sen. Haupt­sa­che es pas­siert nicht uns selbst. Doch der scha­den­frohe Voy­eur in uns ver­schlingt vor allem die Geschich­ten, in denen die Wahr­schein­lich­keit des Unglücks ten­den­zi­ell hoch ist.
Für einen Autor gibt es fast nichts Bes­se­res als die Unglü­cke der ande­ren zu beob­ach­ten. Eine wahr­haft inspi­rie­rende Quelle. Und, wenn ein Schrift­stel­ler nur einen Fun­ken Selbst­iro­nie in sich trägt, so macht er auch aus sei­nem eige­nen Miss­ge­schick einen Bestseller.

In die­sem Sinne, lasst mich mit Mur­phys Gesetz schlie­ßen: „Alles was schief­ge­hen kann, wird auch schiefgehen.“

Text: Marco
Bild: Lara

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1 comment

Büchernische 25. April 2015 - 19:20

Wie wahr. Und wie lang­wei­lig wäre doch das Leben, wenn alles immer glatt gehen würde, wenn alles ohne Makel und ohne Ecken & Kan­ten wäre? Große und Kleine Miss­ge­schi­cke gehö­ren halt ein­fach dazu, wir ler­nen dar­aus und wach­sen daran. Selbst wenn wir schwere Zei­ten durch­le­ben, fin­det der Mensch doch immer wie­der einen Weg, zu über­le­ben und Stärke dar­aus zu zie­hen. Schon faszinierend. 🙂

Schö­ner Artikel!

Liebe Grüße
Sandra

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