Wann wird aus irgendwann jetzt?

by Bücherstadt Kurier

Katha­rina Fuchs erzählt in ihrem Roman „Lebens­se­kun­den“ die Geschich­ten der ers­ten deut­schen Foto-Jour­na­lis­tin aus der BRD und einer Leis­tungs­tur­ne­rin aus der DDR. Bücher­städ­te­rin Michelle-Denise hat die unter­schied­li­chen Schick­sale der her­an­wach­sen­den Frauen ab den 50er Jah­ren bis zum Bau der Ber­li­ner Mauer mitgerissen.

Ange­li­kas künst­le­ri­sche Fami­lie unter­stützt ihre Bil­dung, hat aber bestimmte Vor­stel­lun­gen von ihrer beruf­li­chen Lauf­bahn. Die 15-Jäh­rige ver­folgt aber das Ziel, Foto­gra­fin zu wer­den. Jedoch ist es in West­deutsch­land alles andere als ein­fach, als selbst­stän­dige Frau einen Beruf in der Män­ner­do­mäne des Jour­na­lis­mus zu fas­sen. Zur glei­chen Zeit träumt die gleich­alt­rige Chris­tine in Ost­deutsch­land von einer Kar­riere als Leis­tungs­sport­le­rin im Kunst­tur­nen. Aller­dings las­sen sie die Metho­den ihres Trai­ners Gren­zen über­schrei­ten, die sie ihre Träume über­den­ken lassen.

Zwei Mäd­chen und zwei unter­schied­li­che Ziele und beide sind gefan­gen in unter­schied­li­chen, aber bevor­mun­den­den Staats­sys­te­men. Beide sind vol­ler Hoff­nung dar­auf, dass irgend­wann alles bes­ser wird. Aber wann wird aus irgend­wann jetzt?

His­to­ri­sche Fak­ten rah­men die Handlung

Katha­rina Fuchs hat mit viel Fein­ge­fühl die unter­schied­li­chen Lebens­be­din­gun­gen und ‑wege zweier jun­ger Frauen im geteil­ten Deutsch­land ver­schrift­licht. Inspi­riert wurde sie durch Bar­bara Klemm, eine der ers­ten Redak­ti­ons­fo­to­gra­fin­nen der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung und einer Foto­gra­fie einer jun­gen Kunst­tur­ne­rin von der Deut­schen Hoch­schule für Kör­per­kul­tur in Leipzig.

Die Autorin gewährt abwech­selnd Ein­bli­cke in die Schick­sale der bei­den her­an­wach­sen­den Frauen in der Zeit von 1965 bis 1961. Der Roman spie­gelt die unter­schied­li­chen Werte in Ost- und West­deutsch­land wider. Nach­dem es zunächst scheint, als führe Ange­lika ein sorg­lo­ses Leben in der wohl­ha­ben­den BRD, erkennt man schnell, dass die­ser Schein trügt. Denn eine eman­zi­pierte Frau ist nicht über­all will­kom­men und schon gar nicht in Beru­fen mit Ver­ant­wor­tung. Aber auch Chris­tine ist es nicht mög­lich, aus freien Stü­cken Erfolge im Sport zu fei­ern. Sie ist gefan­gen im men­schen­un­wür­di­gen Leis­tungs­sport­sys­tem der DDR, dass sie inner­lich zu zer­bre­chen droht.

Lebens­se­kun­den kön­nen Welt­se­kun­den sein

Beide Prot­ago­nis­tin­nen las­sen tief in ihre Seele bli­cken. Schick­sals­schläge, die ihnen bereits im Kin­des­al­ter wider­fah­ren, läu­ten das Ende ihrer Kind­heit ein und zwin­gen sie, früh erwach­sen zu wer­den. In einer Sekunde kann sich alles ver­än­dern. Das Leben. Die Welt… Ich habe bis zur letz­ten Seite mit den bei­den Frauen mit­ge­fie­bert und mich lange gefragt, ob die bei­den Geschich­ten irgend­wann zusam­men­fin­den wür­den. „Lebens­se­kun­den“ ist ein bril­lan­ter Roman vol­ler Zeit­ge­schichte und Dra­ma­tik, den man nicht so schnell vergisst.

Lebens­se­kun­den. Katha­rina Fuchs. Droemer Knaur. 2021.

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