Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär‘...

by Worteweberin Annika

Viel­leicht hätte Eva den Jura­stu­den­ten Jim nie ken­nen­ge­lernt, wenn da nicht die­ser ros­tige Nagel auf dem Fahr­rad­weg gele­gen hätte. Oder? In ihrem Roman­de­büt „Drei mal wir“ erzählt Laura Bar­nett drei kom­plett unter­schied­li­che Ver­sio­nen der Geschichte der bei­den Eng­län­der Jim und Eva. Mit ihnen hat Worte­we­be­rin Annika die ver­schlun­ge­nen Pfade des „Wenn“ betreten.

Barnett_978-3-499-40659-6_30-9-15.inddEs ist 1958, als Eva in Cam­bridge mit dem Fahr­rad über einen Nagel fährt und Jim ihr hilft, den Plat­ten zu fli­cken. Oder auch, als Eva dem Nagel gerade noch aus­wei­chen kann und ein­fach an Jim vor­bei fährt. Oder, als sie beim Aus­wei­chen im Gra­ben lan­det und sich von Jim auf­hel­fen lässt. Drei Augen­bli­cke, die jeweils den Anfang für einen mög­li­chen Weg im Leben der bei­den Stu­den­ten bil­den. Es sind Wege, die sie mit­ein­an­der, oder ohne den ande­ren beschrei­ten, auf denen sie andere Dinge errei­chen und mehr oder weni­ger glück­lich sind. Ob es in all die­sen mög­li­chen Leben trotz­dem eine Kon­stante gibt?

Es ist „[...] jenes schumm­rige Grenz­land, wo ein Weg ein­ge­schla­gen und ein ande­rer ver­passt wird“ (S.34), in das sich die Leser von „Drei mal wir“ mit Jim und Eva bege­ben. Dort erle­ben die bei­den nicht die rosige, roman­ti­sche Liebe, son­dern das Leben, mit allem, was dazu gehö­ren kann: Ver­lust, ver­passte Chan­cen, Erfolg im Beruf, Ruhm, Krank­heit... Mal lie­ben sie sich, mal fin­den sie andere Part­ner oder betrü­gen ein­an­der. Das stimmt nach­denk­lich und wirft einen rea­lis­ti­schen, am Ende auch opti­mis­ti­schen Blick auf die Liebe und ihre Chance, gegen das „Wenn“ zu bestehen. Anders als bei vie­len ande­ren Unter­hal­tungs­ro­ma­nen kön­nen die Leser aus die­sem Roman nicht nur ein gutes Gefühl und ange­nehme Stun­den mit­neh­men, son­dern auch eine Ein­sicht über das Leben. Sprach­lich ist „Drei mal wir“ klar und unauf­fäl­lig, was ange­sichts der unge­wöhn­li­chen Erzähl­weise aber nur guttut.

Jede Ver­sion der Geschichte ist durch eine andere Farbe gekenn­zeich­net, die sich sowohl in der Über­schrift als auch in den Blu­men­or­na­men­ten am unte­ren Sei­ten­rand fin­det. In die drei Teile wird außer­dem jeweils mit einer flo­ral gestal­te­ten Seite ein­ge­lei­tet. Dadurch ist das Buch ein ech­ter Hin­gu­cker. Zudem hel­fen die Far­ben bei der Ori­en­tie­rung inner­halb der Geschich­ten, die man trotz­dem zwi­schen­durch ver­lie­ren kann. Ins­be­son­dere geschieht das zu Anfang, wenn man sich noch nicht in die Hand­lun­gen ein­ge­fun­den hat, oder spä­ter, wenn jeweils Kin­der und Enkel mit ver­schie­de­nen Namen auf­tau­chen. Da sich die Lebens­wege aber sehr stark unter­schei­den, kön­nen die Leser den Über­blick schnell zurückgewinnen.

Ins­ge­samt ist Laura Bar­netts Roman „Drei mal wir“ zu emp­feh­len, da er durch eine eigent­lich gewöhn­li­che, aber außer­ge­wöhn­lich erzählte Geschichte besticht und das „Grenz­land“ der Ent­schei­dun­gen und Zufälle nicht nur Spaß macht, son­dern auch erstaunt und nach­denk­lich stimmt.

Drei mal wir. Laura Bar­nett. Aus dem Eng­li­schen von Judith Schwaab. Kind­ler. 2016.

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1 comment

Quantenverschränkung und Liebe? – Bücherstadt Kurier 3. April 2019 - 17:42

[…] erin­nert the­ma­tisch an David Nicholls‘ „Zwei an einem Tag“ und auch Laura Bar­netts „Drei mal wir“. In bei­den geht es um die Zufälle unse­res Lebens und unse­rer Liebe. Hier, bei Mahood, […]

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