Wenn Engel Plätzchen backen: Die Welt erklären mit Geschichten

by Bücherstadt Kurier

Zusam­men­hänge deu­ten und ver­ste­hen – gerade dann, wenn wir mit schwer fass­ba­ren und umstrit­te­nen Ereig­nis­sen kon­fron­tiert sind, ist das ein tie­fes mensch­li­ches Bedürf­nis. Dabei geht es nicht allein um ein sach­li­ches Erklä­ren. Es geht auch um die Weis­heit von Geschich­ten und um die trös­tende Kraft der Poe­sie, die Bil­der in uns weckt. Des­halb waren und blei­ben Kri­sen­zei­ten in beson­de­rer Weise Erzähl­zei­ten. – Von Bücher­städ­te­rin Susanne Brandt

Geschich­ten­er­zäh­len – das scheint etwas zu sein, was Men­schen mit gro­ßer Aus­dauer, bewusst oder unbe­wusst, über lange Zeit­räume mal spie­le­risch, mal gedrängt von schwer lös­ba­ren Fra­gen betrei­ben und dabei aus einem rie­si­gen Vor­rat an poe­ti­schen Bil­dern schöp­fen können.

Der Autor Chris­tian Peitz nimmt die Lesen­den mit sei­nem neuen Buch „Wenn Engel Plätz­chen backen” mit auf eine Ent­de­ckungs­reise zum Urgrund des Erzäh­lens in der Geschichte der Mensch­heit wie in der Lebens­ge­schichte eines jeden ein­zel­nen Men­schen. Er geht dazu weit zurück in die Ent­wick­lung des Den­kens – Jahr­tau­sende vor unse­rer Zeit­rech­nung – und ver­gleicht Struk­tu­ren des Bewusst­seins in der Phy­lo­ge­nese und Ontogenese.

Dabei gelingt ihm bei aller Kom­ple­xi­tät des The­mas immer wie­der eine Anknüp­fung an per­sön­li­che Erfah­run­gen, indem er zu jedem Abschnitt Refle­xi­ons­fra­gen für die Bio­gra­phie­ar­beit anbie­tet und es durch­gän­gig schafft, das Thema gut nach­voll­zieh­bar zu struk­tu­rie­ren: etwa durch die Dar­stel­lung von fünf Funk­tio­nen des Erzäh­lens, durch die Her­aus­ar­bei­tung von Grund­struk­tu­ren (zum Bei­spiel der Hel­den­reise) im Mär­chen und durch eine hilf­rei­chen Dif­fe­ren­zie­rung nach ver­schie­de­nen lite­ra­ri­schen For­men sowie Ansät­zen, nach denen sich die Welt beschrei­ben lässt.

Bezüge zu einem brei­ten Spek­trum an euro­päi­scher wie außer­eu­ro­päi­scher Fach­li­te­ra­tur zum Thema, ergänzt mit tref­fend aus­ge­wähl­ten Zita­ten von Kha­lil Gibran, Schil­ler oder Nova­lis, bil­den ein trag­fä­hi­ges Fun­da­ment für seine Aus­füh­run­gen und öff­nen Per­spek­ti­ven zum Weiterlesen.

Sym­pa­thisch ist, dass das letzte Kapi­tel einen Aus­blick zeigt und mit einem Fra­ge­zei­chen endet. Denn zur lan­gen Geschichte des Geschich­ten­er­zäh­lens gehört es auch, dass sie immer wie­der neu im Licht der aktu­el­len Lebens­wirk­lich­keit bedacht wer­den muss – durch Men­schen, die erzählen.

Ich per­sön­lich bin nach der Lek­türe mit dem Buch in den Gar­ten gegan­gen und habe ihm – für das Foto die­ses Bei­trags – einen Platz zwi­schen fri­schem Grün auf alten Stei­nen gege­ben. Und ich ahne schon, dass auch bei die­ser Ent­schei­dung bestimmt Geschich­ten mit im Spiel waren…

Wenn Engel Plätz­chen backen. Wie Erzäh­lun­gen und Bil­der die Welt erklä­ren. Chris­tian Peitz. Tim­peTe. 2020.

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