Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen

by Geschichtenerzähler Adrian

Im Jahr 2000 erschien der erste Comic um den Kater­er­mitt­ler John Black­sad von Autor Juan Díaz Cana­les und Zeich­ner Juanjo Guar­n­ido. Nun hat der Carl­sen Ver­lag im Mai 2017 eine Gesamt­aus­gabe mit den fünf erschie­ne­nen Comics her­aus­ge­bracht. Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian hat den Pri­vat­de­tek­tiv durch eine Tier­fa­bel der etwas ande­ren Art begleitet.

Im ers­ten Band – oder auch das erste Kapi­tel – „Irgendwo zwi­schen den Schat­ten“ unter­sucht der schwarze Kater John Black­sad den Mord an einer ehe­ma­li­gen Gelieb­ten. Über einen Freund erfährt er, dass sie schein­bar einen neuen Ver­eh­rer hatte. Je mehr John ermit­telt, desto stär­ker wird der Ver­dacht, dass es um mehr geht, als eine ein­fa­che Liebelei.

Im zwei­ten Kapi­tel „Arc­tic Nation“ bekommt Black­sad den Auf­trag, ein ver­miss­tes Kind zu fin­den und gerät damit in einen Ras­sen-Krieg zwi­schen „schwar­zen“ und „wei­ßen“ Tie­ren. Auch John als schwar­zer Kater – durch seine weiße Nasen­spitze jedoch als Misch­ling bezeich­net – gerät in die Schuss­bahn der ras­sis­ti­schen Arc­tic Nation, wel­che wohl einige Lei­chen im Kel­ler zu haben scheint. Hier lernt John das Wie­sel Wee­kly ken­nen, wel­ches als Repor­ter arbei­tet und den Pri­vat­de­tek­tiv noch einige Male unter­stüt­zen wird.

In Kapi­tel drei „Rote Seele“ zieht es John in eine Geschichte der Spio­nage, der Angst vor den „Roten“ – den Kom­mu­nis­ten – und vor einer ato­ma­ren Kata­stro­phe. Eigent­lich war er nur als Body­guard für die rei­che Schild­kröte Hewitt Man­de­line ange­stellt, dabei trifft er zufäl­lig auf sei­nen Kind­heits­freund Otto Lieb­ber. Die als gro­ßer Wis­sen­schaft­ler gefei­erte Eule hat jedoch ein dunk­les Geheimnis.

„Die Stille der Hölle“ ist das vierte Kapi­tel, in wel­chem Black­sad und Wee­kly von dem Musik­pro­du­zen­ten Faust Lac­ha­pelle nach New Orleans gebe­ten wer­den. Lac­ha­pelle betraut die bei­den mit der Suche nach dem Jazz-Musi­ker Sebas­tian „Little Hand“ Flet­cher. Die­ser scheint etwas zu besit­zen, was Lac­ha­pelle unbe­dingt benö­tigt, abge­se­hen von Sebas­ti­ans musi­schem Talent.

Das fünfte und letzte Kapi­tel in die­ser Gesamt­aus­gabe trägt den Namen „Ama­rillo“. In die­sem erklärt sich John bereit, aus Geld­man­gel einen Wagen nach Okla­homa zu fah­ren. Als die­ser bei einem Zwi­schen­stopp jedoch geklaut wird, muss sich Black­sad mit dem Fall eines Schrift­stel­lers befas­sen, der ziem­lich tief in Schwie­rig­kei­ten steckt und von der Poli­zei gejagt wird.

Ein Katz- und Mausspiel

Die „Black­sad Gesamt­aus­gabe“ umfasst die von 2000 bis 2013 erschie­ne­nen fünf Bände um den jun­gen Pri­vat­de­tek­tiv. Gen­re­tech­nisch kann man die Hand­lung der fünf Kapi­tel als Noir-Kri­mis ein­ord­nen. Gerade der erste Band hat noch starke Anlei­hen alter Detek­tiv­ro­mane der ame­ri­ka­ni­schen 1920er Jahre – schöne Frauen, schumm­rige Knei­pen, zwie­lich­tige Gestal­ten und ein Detek­tiv, der auch hin und wie­der zu zwei­fel­haf­ten Mit­teln greift.

Dar­über hin­aus zeigt der Comic The­ma­ti­ken der Ras­sen­kämpfe zwi­schen Afro­ame­ri­ka­nern und weiß-ras­sis­ti­schen Ver­ei­ni­gun­gen auf. So ist die Bewe­gung der Arc­tic Nation ver­gleich­bar mit der des Ku-Klux-Klans. Im vier­ten Kapi­tel wird sich ebenso mit der ras­sis­ti­schen Ver­gan­gen­heit der ver­ei­nig­ten Staa­ten aus­ein­an­der­ge­setzt. Dies erfolgt in Form der Pro­ble­ma­tik, wel­che mit den als „ras­si­sche Musik“ bezeich­ne­ten Musik­sti­len Jazz, Blues und Soul ein­her­geht. Hinzu kom­men die star­ken Bezüge zum Kal­ten Krieg zwi­schen den USA und der Sowjet­union in Kapi­tel drei, „Rote Seele“. Stän­dige Para­noia vor Spit­zeln der „Roten“ oder die Angst der Bevöl­ke­rung vor einem ato­ma­ren Super­gau stel­len die Haupt­hand­lung die­ser Geschichte dar.

Das Tier in mir

Cana­les erzählt die Geschichte um John Black­sad in Form einer sehr erwach­se­nen Tier­fa­bel. Ein­zelne Tiere wer­den den ver­schie­de­nen Eigen­schaf­ten zuge­schrie­ben, wel­che den Lesern aus ver­schie­de­nen Quel­len bekannt sein könn­ten. So ist der Schä­fer­hund ein hohes Tier in der Poli­zei. Die andere Seite des Geset­zes wer­den meist durch Rep­ti­lien dar­ge­stellt, wel­che weit­läu­fig als sehr hin­ter­lis­tig gel­ten – hat doch die Schlange damals Eva im Gar­ten Eden ver­führt. Auch Rat­ten kom­men nicht beson­ders gut weg. Wee­kly als Wie­sel ist flink und gewitzt, wäh­rend Black­sad als schwar­zer Kater nicht nur von einem Unglück ins nächste stol­pert, son­dern auch dank sei­ner neun Leben immer wie­der auf den Pfo­ten lan­det. In einer Szene sieht man auch den Box­kampf zwi­schen einem Eber und einem Gorilla, wel­che beide als recht starke und kampf­lus­tige Tiere gelten.

Zeich­ner Juanjo Guar­n­ido schafft es, die Cha­rak­tere wun­der­bar rea­lis­tisch und ihre zuge­schrie­be­nen Eigen­schaf­ten pas­send in Szene zu set­zen. Daran sieht man, wie viel Liebe zum Detail in die­sem Comic steckt – etwa beim Spiel mit Ges­tik und Mimik. So erschei­nen die Tiere einer­seits in ihrer ver­mensch­lich­ten Form als zivi­li­sierte Indi­vi­duen, ande­rer­seits behal­ten sie ihre ani­ma­li­sche Ader – wenn sich bei­spiels­weise ihr Fell auf­stellt oder sie ihre Zähne flet­schen. Die­ser Wech­sel zwi­schen Mensch und Tier bringt auch eine unglaub­li­che Dyna­mik in den Comic. Die Far­ben bie­ten viele Nuan­cen und sind leicht matt gewählt. Sie wir­ken alt und pas­sen sich der Atmo­sphäre der Zeit, in der der Comic spielt, an.

Auf den Hund gekommen?

Ich kann die „Black­sad Gesamt­aus­gabe“ jedem Comic­fan nur wärms­tens ans Herz legen. Juan Díaz Cana­les erzählt Geschich­ten, die einen mit­rei­ßen und nach­den­ken las­sen – obwohl das fünfte Kapi­tel in sei­nem erzäh­le­ri­schen Aspekt nicht so stark ist, wie seine Vor­gän­ger. Zusam­men mit den Zeich­nun­gen von Guar­n­ido ist ihm ein erzäh­le­ri­sches und opti­sches High­light gelungen.

Black­sad Gesamt­aus­gabe. Autor: Juan Díaz Cana­les. Illus­tra­tion: Juanjo Guar­n­ido. Über­set­zung: Harald Sachse. Carl­sen Ver­lag. 2017.

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