Zu viel versprochen

by Zeilenschwimmerin Ronja

„Ein Muss für alle Aga­tha-Chris­tie-Fans“ preist der Ver­lag „Tod in der Biblio­thek“ im Klap­pen­text an. Doch außer dem Titel, der ein­deu­tig an Aga­tha Chris­ties „Die Tote in der Biblio­thek“ ange­lehnt ist, fühlte Zei­len­schwim­me­rin Ronja sich über­haupt nicht an die Queen of Crime erinnert.

Der Mord an einem Pries­ter führt Detec­tive Inspec­tor Straf­ford aufs Land. Der Pries­ter wurde, ersto­chen und eines Kör­per­teils ent­le­digt, in der Biblio­thek eines Her­ren­hau­ses gefun­den, in dem er regel­mä­ßig zu Gast war. Der Haus­herr besteht dar­auf, dass es ein Ein­bre­cher gewe­sen sein muss, und die Haus­her­rin kann kaum einen kla­ren Gedan­ken for­mu­lie­ren. Auch sonst scheint nie­mand mit Straf­ford spre­chen zu wol­len und die Ermitt­lun­gen dro­hen zu scheitern.

So bleibt es auch den größ­ten Teil des Romans. Frus­trie­rend lange gibt es keine fall­re­le­van­ten Infor­ma­tio­nen. Der Inspec­tor scheint ein­fach nur vor sich hin zu ermit­teln, ohne Ergeb­nisse. Erst auf den letz­ten 100 Sei­ten nimmt das ganze end­lich Fahrt auf, doch die dann gege­be­nen Hin­weise machen allzu schnell deut­lich, wor­auf alles hin­aus läuft. Dabei wirkt es, als stol­pere der Inspec­tor auch eher zufäl­lig über die Lösung. Das alles ist weit ent­fernt von den gewitz­ten Ver­wir­run­gen zum Mitra­ten, derent­we­gen ich Aga­tha Chris­tie so schätze.

Hinzu kommt, dass der Ermitt­ler in sei­ner Plan­lo­sig­keit zusätz­lich auch ein sehr fla­cher Cha­rak­ter ist, der sich am deut­lichs­ten dadurch aus­zeich­net, sämt­li­che jün­gere Frauen in sei­ner Umge­bung (die Haus­her­rin, ihre Stief­toch­ter sowie das Zim­mer­mäd­chen sei­ner Unter­kunft) als poten­ti­elle Part­ne­rin zu betrach­ten – und mit zwei von dreien sogar inti­mer zu wer­den. Nicht nur, dass ihn umge­kehrt schein­bar auch alle Frauen inter­es­sant fin­den, die­sen unnö­ti­gen und für den Fall völ­lig irrele­van­ten mehr oder weni­ger roman­ti­schen Abschnit­ten wird auch noch über­mä­ßig viel Raum eingestanden.

Ver­ein­zelt etwas ver­wirrt war ich durch die kon­ti­nu­ier­lich auf­ge­ru­fene Tren­nung zwi­schen Pro­tes­tan­ten und Katho­li­ken. Meine Kennt­nisse des iri­schen Reli­gio­nen­kon­flikts (der Krimi spielt im Irland der 50er-Jahre) gehen da nicht weit genug. Für den Fall an sich sind auch keine ver­tief­ten Kennt­nisse not­wen­dig. Es ist mehr ein stän­di­ges Hin­ter­grund­rau­schen, das aller­dings für Nicht-Ken­ner der iri­schen Geschichte wie mich etwas ener­vie­rend sein kann. Zumal ich nicht ver­stehe, woher immer alle sofort wis­sen, dass der Inspec­tor der pro­tes­tan­ti­schen Min­der­heit ange­hört, nach­dem er kaum zwei Sätze gespro­chen hat.

Ich konnte „Tod in der Biblio­thek“ nicht viel abge­win­nen, möchte aber nicht ver­schwei­gen, dass es durch­aus gut les­bare und grund­le­gend gut erzählte Unter­hal­tung war. Zusätz­lich wurde JB Law­less (die­ser Name ist hof­fent­lich ein Pseud­onym) vom Ver­lag durch den Ver­gleich mit Aga­tha Chris­tie in sehr große Fuß­stap­fen gedrängt, die gerade für Fans nur schwer aus­zu­fül­len sind.

Tod in der Biblio­thek. JB Law­less. Über­set­zung: Elke Link. Kie­pen­heuer & Witsch. 2019.
Erhält­lich in der Buch­hand­lung eures Vertrauens.

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