Zurück in die Traumwelt

by Bücherstadt Kurier

„Ich mal mir die Welt, wie sie mir gefällt!“ Das sagte schon Pippi Lang­strumpf. Doch wie wäre es, in einer Welt zu leben, in der tat­säch­lich alles mög­lich ist? In der Du sein kannst, was Du willst und wo Du willst? Das klingt nach einer Traum­welt. Und genau in so eine führt Kers­tin Gier ihre Leser­schaft mit der Sil­ber-Tri­lo­gie. Am Don­ners­tag, 8. Okto­ber, erscheint „Das dritte Buch der Träume“. Also ist es an der Zeit, noch ein­mal schnell die Ereig­nisse der ver­gan­ge­nen zwei Bände Revue pas­sie­ren zu lassen.

Dreh- und Angel­punkt der Hand­lung ist die 16-jäh­rige Oli­via „Liv“ Sil­ber. Gemein­sam mit ihrer klei­nen Schwes­ter, Nach­wuchs­de­tek­ti­vin Mia, ihrer Mut­ter, einer etwas zer­streu­ten Pro­fes­so­rin, und ihrem deut­schen Kin­der­mäd­chen Lot­tie Wastl­hu­ber zieht sie nach Oxford. Dort hat Livs Mut­ter nicht nur eine Stelle ange­tre­ten, son­dern will auch mit einem neuen Mann zusam­men­zie­hen. Livs Eltern sind schon lange geschie­den und seit­dem haben sie und ihre kleine Schwes­ter zahl­rei­che Umzüge hin­ter sich. Klar, dass der Wunsch groß ist, end­lich sess­haft zu wer­den, Freunde zu fin­den und viel­leicht sogar einen net­ten Jun­gen ken­nen zu lernen...

Doch das ist gar nicht so ein­fach. Denn an der teu­ren Pri­vat­schule, an die es Liv ver­schlägt, gibt es reich­lich Nei­der und eine geheim­nis­volle Blog­ge­rin namens Secrecy, die die Schule mit Tratsch und Klatsch auf Trab hält. Und das ist längst nicht Livs ein­zi­ges Pro­blem. Nachts träumt sie von einem selt­sa­men Kor­ri­dor und in ihren Träu­men begeg­net sie aus­ge­rech­net ihrem Stief­bru­der in spe, Gray­son, und sei­nen Freun­den, dem ver­träum­ten aber ver­schlos­se­nen Henry, dem Auf­rei­ßer Jasper und dem coo­len Arthur, der die Kunst der Traum­reise per­fekt zu beherr­schen scheint. Liv ent­deckt, dass auch sie durch Träume rei­sen kann.

Das klingt ein wenig nach „Gos­sip Girl“, gemischt mit „Lip­pels Traum“. Gier schafft es dabei, wie schon in der Edel­stein-Tri­lo­gie, eine jugend­li­che Hel­din aus dem Hut zu zau­bern, die gewitzt und lus­tig aus ihrem Leben erzählt. Die all­täg­li­chen Dra­men des Teen­ager-Lebens erhal­ten dabei genauso viel Raum, wie die Traum­welt. Und genau die­ser Mix macht die Bücher so charmant.

Gier bleibt dabei immer nah an ihrer Figur. Gerad­li­nig und umgangs­sprach­lich erzählt sie von Livs Rei­sen durch die Traum­welt. Dem Herz­klop­fen, das sich beim Anblick von Henry ein­schleicht. Liv zur Seite ste­hen eine Hand­voll lie­bens­wer­ter Cha­rak­tere. Das stei­gert den Wohl­fühl­fak­tor unge­mein. Wäh­rend Gier es gelingt, ihren Hel­den eine lie­bens­werte Tie­fen­schärfe ein­zu­hau­chen, wir­ken die Böse­wichte dage­gen etwas kon­stru­iert. Wer da Grau­töne erwar­tet, wie sie in epi­schen Wer­ken wie „Harry Pot­ter“ oder „Das Lied von Eis und Feuer“ zu fin­den sind, ist hier fehl am Platz.

Im Kos­mos der Reihe ist das jedoch gar nicht so schlimm: Zum einen liegt es daran, dass der Leser die Gescheh­nisse durch die Augen eines 16-jäh­ri­gen Mäd­chens sieht, für das die Welt immer noch in Schwarz und Weiß unter­teilt ist. Und zum ande­ren zeigt gerade Band zwei, dass die Gefah­ren der Traum­welt viel stär­ker sind als jeder High-School-Böse­wichte oder Zicken­ter­ror sein kön­nen. Denn immer mehr scheint sich Liv in den Träu­men zu ver­lie­ren, wäh­rend sie Henry durch Luft­schlös­ser folgt, anstatt mit ihm das wahre Leben zu genie­ßen. Und schließ­lich lernt Liv die Schat­ten­sei­ten der Traum­welt ken­nen, als sich jemand in die Träume ihrer klei­nen Schwes­ter schleicht, und sie so in große Gefahr bringt.

Fazit: Die Sil­ber-Tri­lo­gie ist ein span­nen­der, leicht les­ba­rer Mix aus Jugend­buch und Fan­tasy. Zwi­schen den Zei­len wabert die Erkennt­nis, dass man sich sei­nen Pro­ble­men stel­len sollte, anstatt sich in Träu­men vor der Rea­li­tät zu flüch­ten. Denn das kann mit­un­ter ziem­lich anstren­gend sein.

Ann-Chris­tin

Sil­ber – Das zweite Buch der Träume
Kers­tin Gier, Fischer-Ver­lag, 2014

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