Zusammen leben – Familie sein

by Zeichensetzerin Alexa

Was ist eine Fami­lie? Die­ser Frage geht der Prot­ago­nist im Bil­der­buch „Das alles ist Fami­lie“ von Michael Eng­ler und Juli­anna Swa­ney nach. Zei­chen­set­ze­rin Alexa, die selbst in einer Patch­work-Fami­lie auf­ge­wach­sen ist, hat das Buch mit gro­ßer Begeis­te­rung gelesen.

Lars ent­deckt vor sei­ner Haus­tür ein Päck­chen, doch die Schrift dar­auf ist so unle­ser­lich, dass nicht klar ist, wem es gehört. Ein­zig „An Fami­lie“ und „Mei­sen­weg“ sind erkenn­bar. Sofort beschließt Lars, alle Fami­lien in ihrer Straße auf­zu­su­chen, um so den Besit­zer oder die Besit­ze­rin zu fin­den. Er ahnt nicht, wel­che Begeg­nun­gen ihn erwar­ten. Auf sei­nem Weg lernt er nicht nur Lina, mit der er sich direkt anfreun­det, ken­nen, son­dern auch Men­schen, die anders leben als er.

Viel­falt Familie

Das Bild, das Lars vom Begriff „Fami­lie“ hat, ist so eng, dass ihn alle alter­na­ti­ven Fami­li­en­kon­stel­la­tio­nen zunächst über­ra­schen. Kön­nen zwei Frauen denn über­haupt eine Fami­lie bil­den? Sarah, die Toch­ter der bei­den Frauen, belehrt ihn eines Bes­se­ren: „[…] natür­lich sind wir eine Fami­lie.“ Und meint dann: „Eine Mama heißt Mama und die andere Mami.“ Lars wird nach­denk­lich. Ob wohl auch zwei Män­ner Papa und Papi sein können?

Eine andere Fami­lie, die Lars und Lina gemein­sam ken­nen­ler­nen, ist eine Patch­work-Fami­lie. Paul, der auch Lars‘ Baby­sit­ter ist, erklärt: „Das kommt aus dem Eng­li­schen. Da nennt man eine Decke, die aus ver­schie­de­nen Stof­fen genäht ist, Patch­work-Decke. Und genauso warm und weich und bunt wie so eine Decke ist unsere Familie.“

Lars begeg­net noch eini­gen ande­ren Fami­lien, die sehr unter­schied­lich sind: Eine Fami­lie ist eine inter­na­tio­nale Fami­lie; jedes Fami­li­en­mit­glied wurde in einem ande­ren Land gebo­ren. Eine andere lebt als Groß­fa­mi­lie zusam­men: Oma und Opa, die Eltern und deren sie­ben Kin­der. Das sei frü­her ganz nor­mal gewe­sen, viele Kin­der zu haben, sagt der Opa. Und er fin­det, dass man in einer so gro­ßen Fami­lie nie­mals ein­sam sein wird.

Fami­lie neu definieren

Kli­schees, wie Fami­lien aus­zu­se­hen und zu funk­tio­nie­ren haben, sind lei­der noch heute weit ver­brei­tet – in Fil­men und Serien, Spie­len, (Bilder-)Büchern, in den Köp­fen der Men­schen. Da sind Geschich­ten wie „Das alles ist Fami­lie“ eine erfri­schende Abwechs­lung, die es Kin­dern ermög­licht, fernab von fest­ge­leg­ten Rol­len­bil­dern andere Mög­lich­kei­ten ken­nen­zu­ler­nen und den Begriff „Fami­lie“ für sich neu zu definieren.

Eine Fami­lie kann sehr unter­schied­lich aus­se­hen. Das begreift Lars nach und nach. Er ver­steht, dass es nicht wich­tig ist, ob die Eltern offi­zi­ell ver­hei­ra­tet sind, wenn sie zusam­men­le­ben. Und dass ein adop­tier­tes Kind trotz­dem ein rich­ti­ges Kind ist. Ein­zig die Begrün­dung, dass nur Erwach­sene, die keine Kin­der bekom­men kön­nen, Kin­der adop­tie­ren, erscheint nicht aus­rei­chend. Man­che adop­tie­ren aus Über­zeu­gung oder haben andere Gründe, den Weg der Adop­tion zu gehen. Die­ser Zusatz wäre noch wün­schens­wert gewesen.

Schluss­end­lich akzep­tiert Lars auch die Form von Fami­lie, in der er selbst auf­wächst: mit getrenn­ten Eltern. Auch wenn sie nicht mehr alle zusam­men­le­ben, sind sie eine Familie.

Fra­gen, Ant­wor­ten, Anregungen

„Das alles ist Fami­lie“ führt vor Augen, was wirk­lich wich­tig ist und wie Men­schen unab­hän­gig vom Alter oder Geschlecht, der Haut­farbe oder Her­kunft zusam­men­le­ben kön­nen. Das Thema ist ver­packt in einer span­nen­den Geschichte mit sehr inter­es­san­ten Dia­lo­gen, die Fra­gen auf­wer­fen und Ant­wor­ten bereit­hal­ten. Auf­grund der Länge des Tex­tes soll­ten Kin­der aus­rei­chend Geduld und Kon­zen­tra­tion mit­brin­gen. Sofern der gesamte Text vor­ge­le­sen wird, eig­net sich das Bil­der­buch ab etwa 6 Jah­ren, beim erzäh­len­den Betrach­ten kön­nen auch schon vier­jäh­rige Kin­der mit­ma­chen. Die sehr anspre­chen­den Illus­tra­tio­nen, in dezen­ten Far­ben gestal­tet, unter­stüt­zen den Text, sodass die Geschichte auch beim aus­schließ­li­chen Betrach­ten frei erzählt wer­den kann.

„Das alles ist Fami­lie“ ist ein lesens­wer­tes, nicht nur the­ma­tisch sehr gelun­ge­nes Werk, das hof­fent­lich viele Lese­rin­nen und Leser fin­det, ganz gleich, ob sie vier Jahre alt sind oder deut­lich älter – auch Erwach­se­nen, die eine vor­ge­fer­tigte Mei­nung über Fami­li­en­kon­stel­la­tio­nen haben, kann das Bil­der­buch neue Per­spek­ti­ven eröffnen.

Das alles ist Fami­lie. Text: Michael Eng­ler. Illus­tra­tio­nen: Juli­anna Swa­ney. arsE­di­tion. 2021.

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