Zwei (un)gleiche Gefährten

by Bücherstädterin Silvia

Seit meh­re­ren Stun­den sitzt er nun schon hier oben. Die Augen offen, in die Ferne gerich­tet. Sie bli­cken ins Nichts und dar­über hin­aus. Die Land­schaft an die­sem Ort ist ein­zig­ar­tig, aber heute ist er nicht hier, um sich an ihrem Anblick zu erfreuen.
Er ist an die­sem Tag her­auf­ge­kom­men, weil er die ande­ren nicht mehr ertra­gen konnte, nicht heute. Da hilft auch das Wis­sen nichts, dass es an ihm selbst liegt; dass nur er allein für sei­nen See­len­frie­den sor­gen kann. Manch­mal braucht man ein­fach Abstand. Sogar als einer der ältes­ten Mön­che des Klos­ters. Oder viel­leicht gerade dann?
Er beschließt gerade, dar­über zu medi­tie­ren, als sich von hin­ten ein Tiger nähert. Auf lei­sen Samt­pfo­ten schleicht sich die Raub­katze heran. Der Mönch atmet ruhig wei­ter und macht kei­ner­lei Anstal­ten, sich zu fürch­ten oder zu flie­hen. Als das Raub­tier wenige Schritte hin­ter ihm ste­hen­bleibt, ermu­tigt er es sogar näher­zu­kom­men: „Komm ruhig her, mein Freund.“ Der Tiger folgt der Auf­for­de­rung und lässt sich neben dem Mönch nie­der. Als ihn die­ser zwi­schen den Ohren krault, schnurrt die große Katze zufrie­den. Auch dem Mönch selbst wird dabei wie­der wär­mer ums Herz. Seit­dem er das Tier aus einer Falle befreit hat, sind die bei­den unzer­trenn­lich. Selbst heute.

Vers­e­flüs­te­rin Silvia

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