Anna G. Dostojewskaja

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Anna Dostojewskaja um 1870
Anna Dostojewskaja um 1880

Anna Grigorjewna Dostojewskaja, geborene Snitkina, (russisch Анна Григорьевна Достоевская; * 12. September 1846 in Sankt Petersburg; † 9. Juni 1918 in Jalta) war die zweite Ehefrau von Fjodor Michailowitsch Dostojewski und eine bekannte russische Persönlichkeit.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Schülerin lernte Anna Grigorjewna Snitkina, Tochter des ukrainischen Beamten Grigori Ivanovich Snitkin und seiner schwedischen Frau Maria Anna, Stenographie in der Schule. Sie war so gut, dass ihr Lehrer sie an Dostojewski vermittelte, um diesem bei der Niederschrift seines neuen Romans Der Spieler zu assistieren.

Sie fing am 4. Oktober 1866 an. Dostojewski hatte Spielschulden, und sein Verleger Stellowski forderte die Fertigstellung bis zum 1. November, unter Androhung einer hohen Konventionalstrafe. Die Lieferfrist wurde – obwohl Stellowski St. Petersburg zum 31. Oktober verließ, gerade um die Ablieferung unmöglich zu machen – eingehalten, da die Stenotypistin Anna auf den Einfall kam, das Manuskript bei einem Notar zu hinterlegen.[1] Unmittelbar nach diesem Ereignis machte ihr Dostojewski einen Antrag, machte sie mit seiner Familie bekannt und heiratete sie am 15. Februar 1867.

Dostojewskis Liebesverhältnis mit Polina Suslowa war bereits vorher zu Ende gegangen, ebenso eine kurze Verlobung mit der Schriftstellerin Anna Wassiljewna Korwin-Krukowskaja, die später den Sozialisten Victor Jaclard heiratete. Auch der Flirt, den er im Herbst und Winter 1864/65 mit Martha Brown hatte, war beendet.[2]

Im April flohen sie vor seinen Gläubigern nach Deutschland, Italien und der Schweiz; sie hatte ihren Schmuck für Reisegeld verkauft. In Baden-Baden verspielte Dostojewski das wenige Geld sowie sogar Annas Kleider beim Roulette. Durch seine Arbeit in Genf, wo das Paar ein Jahr lebte, konnte Dostojewski sich wieder finanziell erholen.

Anna mit den überlebenden Kindern Ljubow und Fjodor

1871 kehrte das Ehepaar nach Russland zurück, und Anna übernahm alle finanziellen und vertraglichen Angelegenheiten ihres Mannes, welcher wiederum das Spielen aufgab. Bis 1879 gelang es ihr, alle seine Schulden zu tilgen, er starb schließlich 1881. Das Ehepaar hatte mehrere Kinder zusammen:

  • Sofia (22. Februar–24. Mai 1868)
  • Ljubow (1869–1926)
  • Fjodor (1871–1922)
  • Alexei (1875–1878)

Dostojewskaja schloss ihr Buch Erinnerungen kurz vor ihrem eigenen Tod ab; es handelt sich um „die gemeinsame Lebensgeschichte in den 14 Jahren, während derer [Dostojewski] bis zu seinem Tode 1881 mit [ihr] zusammen lebte“ und ist „von hohem Interesse für das Thema der Selbsterfahrung bei Epilepsie“.[3]

Publikationen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literarische Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leonid Zypkins 1982 veröffentlichter Roman Ein Sommer in Baden-Baden porträtiert Dostojewski und die Beziehung zu seiner zweiten Frau Anna auf ihrer Deutschlandreise 1867. Eingerahmt werden diese fiktiven Szenen durch die Recherchen eines Ich-Erzählers in den 1970er Jahren, der für seine Charakterisierungen biographische Materialien, das Tagebuch und die Erinnerungen Annas sowie Romanfiguren und -situationen des Schriftstellers nutzt. Der russische Titel Ljubit Dostojewskowo (Dostojewski lieben) bezieht sich sowohl auf den Autor Zypkin als auch auf das Verhältnis der zwanzig Jahre jüngeren Frau zu ihrem mit einer schwierigen Persönlichkeitsstruktur ausgestatteten, problembehafteten Mann, dessen privates und schriftstellerisches Leben sie organisiert. Er ist das Zentrum ihres Lebens, seitdem sie als 25-Jährige in Sankt Petersburg aus Bewunderung für den berühmten Dichter seine Stenographin wurde. Bei ihm sucht sie nach einem Halt, der im Roman durch einen Schiffsmast symbolisiert wird, an den sie sich in schwierigen Situationen klammert.

Sekundärliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Fjodor Michailowitsch Dostojewski: The letters of Dostoyevsky to his wife. London, Constable & co. Ltd., 1930. OCLC 1918208
  • S. V. Belov: Zhena pisateli︠a︡: posledni︠a︡i︠a︡ li︠u︡bovʹ F.M. Dostoevskogo. Moskau: Sov. Rossii︠a︡, 1986. OCLC 15622209
  • Nadezhda Gurʹeva-Smirnova: Anna Dostoevskai︠a︡: roman. Moskau: Sovremennyĭ pisatelʹ, 1993. ISBN 5-265-02308-9
  • N. F. Budanova; Institut russkoĭ literatury (Pushkinskiĭ dom); et al.: Biblioteka F.M. Dostoevskogo: opyt rekonstrukt︠s︡ii: nauchnoe opisanie. Sankt-Peterburg: Nauka, 2005. ISBN 5-02-028554-4
  • Anatoliĭ Donov: Мария Констант, жена Достоевского. St. Petersburg: Omega/ArtStrim, 2004. ISBN 5-98361-009-0

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Anna G. Dostojewskaja – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Antonius Lux (Hrsg.): Große Frauen der Weltgeschichte. Tausend Biographien in Wort und Bild. Sebastian Lux Verlag, München 1963, S. 134.
  2. Joseph Frank: Dostoevsky. The Mantle of the Prophet, 1871–1881. Princeton University Press, Princeton, New Jersey 2002, ISBN 0-691-11569-9, S. 362 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).; Joseph Frank: Dostoevsky. The Miraculous Years, 1865–1871. Princeton University Press, Princeton, New Jersey 1995, ISBN 0-691-04364-7, S. 9 f.
  3. Hansjörg Schneble, Peter Wolf: „Das ist eine alte Krankheit“: Epilepsie in der Literatur: mit einer Zusammenstellung literarischer Quellen und einer Bibliographie der Forschungsbeiträge. Schattauer Verlag, 2000, ISBN 3-7945-2097-1, 2.2 Anna Grigorjewna Dostojewskaja: „Erinnerungen“ (1925), S. 273.