Arnold Zweig

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Arnold Zweig (links) mit Otto Nagel, 1955
Arnold Zweig-signature-20150608-vector.svg

Arnold Zweig (* 10. November 1887 in Glogau, Provinz Schlesien; † 26. November 1968 in Ost-Berlin) war ein deutscher Schriftsteller.

Biographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1887–1918[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arnold Zweig wurde als Sohn eines jüdischen, in der zionistischen Bewegung aktiven Sattlers geboren (er ist nicht verwandt mit Stefan Zweig). Nach dem Besuch der Oberrealschule zu Kattowitz nahm er 1907 das Studium der Germanistik, Philosophie, Psychologie, Kunstgeschichte und Nationalökonomie an der Universität Breslau auf. Später wechselte er nach München, Berlin, Göttingen, Rostock[1] und Tübingen. Während dieser Zeit wurde er vom Neokantianismus und von Nietzsches Philosophie beeinflusst.

Sein literarisches Debüt war 1912 der Band Novellen um Claudia. 1915 erhielt er für die Tragödie Ritualmord in Ungarn den Kleist-Preis. 1915 wurde Zweig zum Militärdienst eingezogen. War er zuvor deutlich preußisch-national gesinnt, wandelte er sich unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs, wo er unter anderem in Serbien, Belgien und bei Verdun eingesetzt wurde, zum Pazifisten. Ab 1917 war Zweig Mitarbeiter der Presseabteilung des Oberbefehlshabers Ost, wo er für die Zensur zuständig war.[2] Dort kam der säkulare Jude Zweig in Kontakt mit dem Ostjudentum, das bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterließ.

1916 heiratete Zweig seine Cousine, die Malerin Beatrice Zweig. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor, Adam und Michael. Adam Zweig lebt in der Schweiz.

1918–1933[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Ersten Weltkrieg ließ sich Zweig als freier Schriftsteller am Starnberger See nieder. Es entwickelte sich eine Freundschaft mit Lion Feuchtwanger und Sigmund Freud (dem er auch den Roman Einsetzung eines Königs widmete). In Essays, Theaterstücken und Kurzprosa gestaltete Zweig seine Kriegserlebnisse und seine Auseinandersetzung mit dem Judentum. Zweig bekannte sich nun zu einem humanistisch geprägten Sozialismus.

Nach dem Hitlerputsch 1923 musste Zweig Starnberg verlassen. Er zog nach Berlin, wo er als Redakteur für die Jüdische Rundschau arbeitete. Der Kontakt zu Martin Buber, der bereits während des Krieges begann, führte Zweig in die Nähe des Zionismus, dem er in den folgenden Jahren eng verbunden blieb.

1927 erschien Zweigs bekanntestes Werk, der Roman Der Streit um den Sergeanten Grischa. Das Buch behandelt einen militärischen Justizmord gegen Ende des Ersten Weltkriegs. Der Roman, stilistisch zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit, gestaltet den Zusammenprall zwischen säkularisiertem Judentum und ostjüdischer Frömmigkeit, zwischen aufgeklärter preußischer Tradition und wilhelminischem Kadavergehorsam – vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs des Kaiserreichs. Der Roman gehört zu dem Zyklus Der große Krieg der weißen Männer über den Ersten Weltkrieg, dessen weitere Teile Junge Frau von 1914 (1931), Erziehung vor Verdun (1935), Einsetzung eines Königs (1937), Die Feuerpause (1954) und Die Zeit ist reif (1957) sind.

1930–1931 ließ sich Zweig nach Plänen des Architekten Harry Rosenthal ein Atelierhaus in der Siedlung Eichkamp in Berlin-Charlottenburg, Kühler Weg 9, bauen, das heute unter Denkmalschutz steht.

1933–1948[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten wurden Zweigs Bücher im Rahmen von Bücherverbrennungen öffentlich verbrannt.

Zweig emigrierte zuerst in die Tschechoslowakei, dann in die Schweiz und schließlich nach Sanary-sur-Mer (Frankreich). Seine zionistische Einstellung führte ihn von dort weiter ins Exil nach Palästina, wo er sich 1934 in Haifa niederließ.

1936 wurde ihm die deutsche Staatsangehörigkeit genommen und sein Vermögen beschlagnahmt.[3]

In Haifa geriet er bald schon in Konflikt mit national-jüdischen Gruppen, die sowohl die deutsche wie auch die jiddische Sprache ablehnten – während Zweig in der deutschsprachigen Zeitschrift Orient publizierte. Die Situation führte so weit, dass für eine „Hebräisierung“ eintretende, anti-arabische Nationalisten einen Bombenanschlag auf die Redaktion des Orient ausführten – was zur Einstellung der Zeitschrift zwang. Bereits 1932, vor der Flucht ins Exil, hatte Zweig in seinem Roman De Vriendt kehrt heim eine ähnliche Situation geschildert; wie ein in Palästina lebender holländischer Jude durch einen neu einwandernden zionistisch orientierten Juden aus Osteuropa nach einer diffamierenden, zionistischen Pressekampagne ermordet wird, weil ersterer sich auf der Grundlage orthodoxen Judentums für Verständigung mit der arabischen Bevölkerung einsetzte. Der Roman bezieht sich auf reale Ereignisse aus dem Jahr 1924, als die Hagana in Jerusalem Jacob Israël de Haan ermordete.

Abgeschnitten von seinem literarischen Umfeld wurde Zweigs Existenz in Palästina auch wirtschaftlich unhaltbar. Über die Verbindung mit Feuchtwanger und anderen Linksintellektuellen engagierte sich Zweig während des Exils verstärkt für den Sozialismus, publizierte in antifaschistischen Publikationen wie der Neuen Weltbühne und der Deutschen Volkszeitung und wurde Ehrenvorsitzender der Gruppe Komitee Freies Deutschland. 1947 erschien der Roman Das Beil von Wandsbek, in dem Zweig psychologisch dicht und historisch stimmig die Anpassung kleiner Leute an den Nationalsozialismus gestaltete.

1948–1968[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arnold Zweig auf einer DDR-Briefmarke

1948 kehrte Arnold Zweig aus dem Exil nach Ost-Berlin zurück. Als bekennender Sozialist wurde er in der Sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR geehrt. Zu Zweigs Anerkennung trug besonders bei, dass Georg Lukács sein Werk im Vergleich zur vermeintlich „dekadenten“ Moderne lobte und ihn in einen Traditionszusammenhang zu den Autoren des realistischen Romans des 19. Jahrhunderts stellte. Wegen seines Eintretens für den Sozialismus und die DDR fand Zweigs Werk für lange Jahre in der Bundesrepublik Deutschland kaum Anerkennung.

1949 wurde Arnold Zweig Mitglied des Weltfriedensrates und trat in dieser Funktion als Redner bei Kongressen in Paris und Warschau auf. 1951 wurde unter der Regie von Falk Harnack sein Roman Das Beil von Wandsbek in den DEFA-Studios verfilmt. Von 1949 bis 1967 war er Abgeordneter der Volkskammer der DDR, und 1950 wurde ihm der Nationalpreis der DDR 1. Klasse verliehen. Von 1950 bis 1953 war Zweig Präsident der Deutschen Akademie der Künste der DDR, danach ihr Ehrenpräsident. 1952 erhielt er von der Universität Leipzig den Ehrendoktortitel.[4] Zweig war Gründungsmitglied (1956) der Pirckheimer-Gesellschaft beim Kulturbund der DDR. 1957 wurde er zum Präsidenten des Deutschen P.E.N.-Zentrums Ost und West (ab 1967: „P.E.N.-Zentrum DDR“) ernannt.

Ehrengrab von Arnold Zweig auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, Abt. CM in Berlin

Im Laufe der sechziger Jahre zog sich Arnold Zweig aus gesundheitlichen Gründen, fast erblindet, aus der politischen und künstlerischen Öffentlichkeit zurück.[5] Er starb in Ostberlin am 26. November 1968, kurz nach seinem 81. Geburtstag.

Joop Huisken porträtierte 1963 in dem DEFA-Dokumentarfilm Arnold Zweig sein Leben und Werk.[6]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits im Jahr 1968, kurz nach seinem Tod, ehrte die Post der DDR Arnold Zweig mit einer Sonderbriefmarke. (siehe oben)

Gedenktafel am Haus Homeyerstraße 13, in Berlin-Niederschönhausen

Am 10. November ließ die Akademie der Künste der DDR an Zweigs langjährigem Wohnhaus in Berlin-Niederschönhausen, Homeyerstraße 13, anlässlich seines 95. Geburtstages eine Gedenktafel anbringen. Das Relief mit einem Halbprofil von Zweig stammte vom Künstler Jo Jastram.[7][8]

In den 1990er Jahren konnte an seinem früheren Wohnsitz in Berlin-Westend eine vom Berliner Senat gestiftete Berliner Gedenktafel enthüllt werden.

Gedenktafel am Haus Zikadenweg 59

Eine Straße und eine Grundschule im Berliner Ortsteil Pankow (Wollankstraße 131), tragen seinen Namen.

Verfilmungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Briefe, Hörbuch, Bibliographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georg Lukács: Schicksalswende. 1948.
  • Arnold Zweig zum 70. Geburtstag. hrsg. von der Sektion Dichtkunst und Sprachpflege der Deutschen Akademie der Künste, Berlin (Ost) 1957.
  • Arnold Zweig. Ein Almanach. hrsg. von der Deutschen Akademie der Künste, Berlin (Ost) 1962.
  • Marcel Reich-Ranicki: Deutsche Literatur in Ost und West. 1963.
  • Annie Voigtländer: Welt und Wirkung eines Romans. 1967.
  • Eva Kaufmann: Arnold Zweigs Weg zum Roman. 1967.
  • E. Hilscher: Arnold Zweig. 1968.
  • Manuel Wiznitzer: Arnold Zweig – Das Leben eines deutsch-jüdischen Schriftstellers. Athenäum, Königstein/Ts. 1983 u.ö. ISBN 3-596-25665-8.
  • Marcel Reich-Ranicki: Der preußische Jude Arnold Zweig. In: Ders.: Deutsche Literatur in Ost und West. Stuttgart 1983.
  • Hans-Albert Walter: Im Anfang war die Tat. Arnold Zweigs „Beil von Wandsbek“. Frankfurt/M. 1985.
  • Wilhelm von Sternburg (Hrsg.): Arnold Zweig. Frankfurt am Main 1987.
  • Thomas Koebner u. a (Hrsg.) i. A. Gesellschaft für Exilforschung / Society for Exile Studies: Publizistik im Exil und andere Themen. Beiträge von Arie Wolf über A. Z.; Exilforschung, 7; Edition Text + Kritik, München 1989, ISBN 3-88377-321-2.
  • Sigrid Thielking: Auf dem Irrweg ins „Neue Kanaan“? Palästina und der Zionismus im Werk Arnold Zweigs vor dem Exil. Peter Lang, Bern u. a. 1990; ISBN 3-631-42609-7.
  • Arie Wolf: Größe und Tragik A. Zweigs. Ein jüdisch-deutsches Dichterschicksal in jüdischer Sicht. World of Books, London 1991; ISBN 3-88325-420-7. (Informativer Klappentext bei amazon.de wiedergegeben)
  • Arnold Zweig: Jüdischer Ausdruckswille – Publizistik aus vier Jahrzehnten. herausgegeben von Detlev Claussen, 1991.
  • Dieter Schiller: Arnold Zweig und die Erschießung der 48 Spezialisten in der Sowjetunion 1930. In: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung 40 (1998), II; S. 94–99.
  • Dieter Schiller: Arnold Zweig der Akademie der Künste (= Pankower Vorträge Heft 29). Helle Panke e.V., Berlin 2000.
  • Wilhelm von Sternburg: „Um Deutschland geht es uns“. Arnold Zweig. Die Biographie. Aufbau Verlag, Berlin 1998.
  • Eva Raffel: Vertraute Fremde. Das östliche Judentum im Werk von Joseph Roth und Arnold Zweig. Narr, Tübingen 2002, ISBN 3-8233-5654-2 (Dissertation an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 2001).
  • Gabriella Racz: „Kunstvolle Maskerade“: Modernität und Epigonalität in A. Zweigs „Die Novellen um Claudia“. Edition Präsens, Wien 2005, ISBN 3-7069-0338-5.
  • Jörg Seidel: „Spielen wir eigentlich Schach oder Krieg?“ Zur Bedeutung des Schachspiels im Werke Arnold Zweigs. Edition Grundreihe, Rostock 2006, ISBN 3-937206-05-1.
  • Reiner Scheel: Literarische Justizkritik bei Feuchtwanger, Musil, Wassermann und A. Zweig. Klartext, Essen 2008, ISBN 978-3-89861-919-6.
  • Bernd-Rainer BarthZweig, Arnold. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Jost Hermand: Arnold Zweig. Rowohlt, 1990.
  • Georg Wenzel (Hrsg.): Arnold Zweig. 1887–1968. Werk und Leben in Dokumenten und Bildern. Mit unveröffentlichten Manuskripten und Briefen aus dem Nachlaß. Aufbau-Verlag, 1978.
  • Karl-Heinz Schulmeister: Zwischen Hoffnung und Enttäuschung. Arnold Zweigs Wirken im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (=Pankower Vorträge Nr. 16) Helle Panke, Berlin 1999.
  • Stefanie Leuenberger: Schrift-Raum Jerusalem: Identitätsdiskurse im Werk deutsch-jüdischer Autoren. Böhlau, 2007, ISBN 978-3-412-20058-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Arnold Zweig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Immatrikulation von Arnold Zweig im Rostocker Matrikelportal
  2. Ludger Heid: Erster Weltkrieg: Im Reich Ober Ost Die Zeit, 20. Februar 2014
  3. Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger. Nr. 53 vom 3. März 1936. Nach: Michael Hepp (Hrg.): Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933–45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen, Bände 1–3; München: Saur, 1985–1988; ISBN 3-598-10537-1
  4. Verzeichnis der Ehrenpromotionen. Archiv der Universität Leipzig, abgerufen am 9. November 2020 (Ordnung nach Graduierungsjahr).
  5. Tilman Krause: Erster Weltkrieg – Todessehnsucht einer Generation in welt.de am 7. Dezember 2012
  6. DEFA-Stiftung Biografie und Filmografie Joop Huisken
  7. Berlin-Kalender 1997. Hrsg. Luisenstädtischer Bildungsverein, 1997, ISBN 3-89542-089-1, S. 204: 10. November.
  8. Ansicht des Hauses und der Relieftafel auf www.bildhauerei-in-berlin.