Schickt mir Briefe.
So, die Revolution ist begonnen: Ich war heute schon im Literaturbuffet in der Rotensternstraße, 2. Wiener Bezirk. Und ich hab dort ein Buch gekauft und eines bestellt und beim nächsten Mal trau ich mich vielleicht sogar mir dort einen Kaffee zu bestellen und diverse Gebäckstücke haben heute auch schon meine Aufmerksamkeit erregt. Junges, bemühtes Team und netter Laden.
Dieser Blogeintrag kommt heute mitten in der Nacht, eigentlich hätte er erst morgen kommen sollen, denn EIGENTLICH wollte ich schlafen. Jetzt. Geht aber nicht, warum auch immer.
Und ob meiner Schlaflosigkeit hatte ich Zeit den Revolutionsgedanken noch ein bisschen weiter zu spinnen: Ich führe da mit einigen Kollegen einen recht netten Emailverkehr und muss dabei manchmal an die Bachmann-Celan Briefesammlung denken, jetzt nicht der Thematik wegen, sondern ganz allgemein wegen der Veröffentlichung von Korrespondenzen. Meine abertausend Emails wird irgendwann das WWW fressen und niemand wird sie jemals zu Gesicht bekommen, dem Großteil davon tut man damit auch nicht Unrecht, aber so ein paar kleine Glanzstücke wären wohl zu finden. Und man würde sich ja auch mehr anstrengen, wenn es die eigenen Zeilen auf Papier gebe, womöglich schön zu Päckchen gebunden in der Schreibtischlade einer mit freundschaftlichen Gefühlen bedachten Person.
Darum gibt es jetzt einen neuen revolutionären Aufruf: Lassen wir kurz ab von der fehlerbehafteten, unpersönlichen Schnelltipperei und schreiben Sie mir, schreib mir – Briefe. Bitte in den nächsten vier Wochen, postlagernd an die Postfiliale am Praterstern (1022 Wien), weil das wollte ich immer schon einmal tun: Zur Post gehen und fragen “Haben Sie Briefe für mich?”
Vielleicht schreib ich sogar zurück.
Da bleib ich, glaub ich, lieber bei den mails, geht schneller, man braucht nicht aufs Postamt und keine Marke und lang und sorgfältig schreiben, korrigieren und Ausdrucken für die anschließende Veröffentlichung, kann man sie auch.
Handy habe ich aber noch immer keines.
Eine andere Qualität!
Mit welcher Schnelligkeit und Gedankenlosigkeit löscht man ein E-Mail, einfach weil der Speicherplatz zu gering ist, egal ob der im Laptop oder im eigenen Kopf, oder der Finger sich wieder mal vertan hat. Hingegen hat ein Brief, ganz abgesehen das man hier mit Füllfeder schreiben kann, ein fast schon sinnliches Erlebniss, eine ganz andere Qualität um der Auslöschung nicht anheim zu fallen.
Dieses physisch Greifbare macht ihn persönlich, fast schon zu einem verlängerter Finger des Schreibenden. Diese Qualität haben wir leider verloren, in einer Zeit wo die Dinge nur mehr für den Hauch eines Augenblickes gemacht und gedacht werden und selbst die Gefühle sich in der Welt der Datenübertragung aufzulösen scheinen.