Im Audi Max II / Mo Yan am Campus
Im Audi Max II ist eigentlich: In Wien auf der Straße. Über drei Stunden habe ich gemeinsam mit drei Freunden ein großes Transparent getragen und wenn wir vorher im Bildungsministerium nicht auf taube Ohren gestoßen sind, dann könnte uns es jetzt passieren: So laut waren wir. Und im selben Maß, wie wir laut waren, waren wir friedlich. Polizei war fast gar nicht zu sehen, das Randpublikum war wohlwollend und ließ sich oft mitreißen.
Ich weiß, dass es Leute gibt, die nicht verstehen, worum es uns (mir) geht. Weil sie nicht im neuen System studieren. Das neue System sieht im Grund vor, dass eine kleine Auswahl an Begünstigten in genau der gleichen Zeit die genau gleichen Lerninhalten (auswendig)lernt. Durch die Modularisierung und Verschulung fallen die Möglichkeiten zu Doppelstudien, schnelleren Studien und zur studienbegleitenden Arbeitstätigkeit immer dürftiger aus. Meine Meinung, ich kann nicht für alle sprechen, aber: Wir wollen lernen. Wir wollen, dass die Universität ein freier Ort des Wissensaustausches und der Wissenserweiterung ist. Und ich finde, das sollte nicht nur in Österreich so sein, das sollte ein Anliegen von ganz Europa werden. Denn nur wenn die Systeme wirklich in der Basis einheitlich und dann flexibel und offen genug sind, und wir in diesem System ohne Grenzen studieren können, wird genau diese Beschreibung auch auf die Staaten in der EU zutreffen.
Direkt vom Demozug, noch “bewaffnet” mit meinem Transparent, war ich bei der Lesung des chinesischen Autors Mo Yan in der Aula am Campus. Dort wurde sowohl auf Deutsch als auch auf Chinesisch aus seinem neuen (sehr umnfangreichen) Werk “Der Überdruss” gelesen. Mo Yan fand in der anschließenden Diskussion offene Worte über die Zurschaustellung des chinesischen Heeres am 1.Oktober dieses Jahres, über sich verändernde Zeiten, und über die Einflüsse in seiner Literatur. Er präsentierte sich als freundlicher, humorvoller, überaus intelligenter und keineswegs verschlossener Autor, der öffentliche Diskussion und Kritik in China für gut befindet. Ein schönes Bild. Trotz der Studentenproteste war jeder Platz in der Aula besetzt und an manchem Revers steckte der “Uni brennt” – Button.
Endlich!
Endlich, endlich einmal ein paar Leute, die gegen den ganzen Wahnsinn der sich eigentlich schon seit den 80-ern aufgestaut hat, seit dem neuen Jahrtausend eskaliert ist und in der heurigen Finanzkrise nur seinen momentanen Abschluß gefunden hat, etwas sagen. Während libertäre Aktiengeier ihre Profite einstreifen und unser Sozialnetz korrumpieren, scheinen sich Arbeiter und Angestellte wie Schlachtvieh am Altar des Konsums hinmeucheln zu lassen. Wenigstens ein Teil der Studenten scheint sich wieder bewußt zu werden, daß wir Menschen sind und auch aufrecht gehen können.