Kaffee, Zigarette.
Der Adler ist gelandet, na gut, dann eben der Wellensittich, der nun, er wird dankbar dafür sein, nicht „Star“ sondern „Freddie“ heißt, also Freddie ist gelandet, er sitzt in meinem Rücken und beobachtet mich, hockt auf seiner Stange wie ein tierisches Metronom und feiert jeden meiner Anschläge, ein literarisches Tier also, einer, der etwas von der Melodiefärbung versteht, dem rhythmischen Niedersausen des Zeigefingers hinab auf die einzelnen Buchstaben.
Die Prinzen und die Mädchen schlafen noch, Seraphe sitzt beim Cappuccino, versunken in einen Roman, während ich zu meinem Kaffee spähe und denke: Lass ihn nicht kalt werden, ein paar Worte genügen. Heute ist Sonntag. Der Tag, an dem jeder guter Christ einmal Ruhe hält. Da taucht schon eine Gegenstimme auf: Was heißt hier „Christ“, guter Mann? Du hast doch längst mit allen Religionen abgeschlossen.
Stimmt.
Ob der Vogel auch einer Religion anhängt? Er sieht mir zwar literarisch beschlagen aus, nicht aber wie ein Sektenanhänger, nicht wie einer, der in der Fußgängerzone mit einem Blättchen in den Krallen steht, um lauthals piepsend das Ende aller Vogeltage zu verkünden.
Vermutlich scheißt er also auch auf den Sonntag, und tatsächlich, ich drehe mich um, da drückt er sich auch schon aus, achtlos fliegt der Kot hinab in ein Meer aus Sand. Guter Vogel. Der passt zu uns. Ein Adler, der die Literatur liebt und auf die Religionen scheißt.
Seraphe hat den Roman beiseite gelegt, sie füllt Freddies Kornkammern auf, auch frisches Wasser wird gereicht; er schnäbelt einige Tropfen aus dem Trog, allerdings bin ich mir sicher, da einen Weinkenner vor mir zu haben, einer, dem die abendliche Pfeife und ein Glas Rotwein weitaus lieber wären, der aber auch weiß, dass man als Vogel nicht derart exzentrisch auftreten darf, sonst werden die Menschen, auf die er ja doch irgendwie angewiesen ist, rasch nervös. Die meisten Leute würde es beunruhigen, mit einem Adler unter einem Dach zu leben, der Nietzsche liebt und allzu gern im Gehrock den Tag verschwendet, der dem Kokain ebenso verbunden ist wie dem Schnupftabak. Also muss der Arme weiterhin seine Wellensittichrolle spielen, er, der doch eigentlich ein Adler ist.
Über wen schreibe ich hier eigentlich? Geht es überhaupt noch um Freddie? Beschreibe ich nicht viel eher meine eigene Situation? Nein, nein, nein, wir sollten uns nicht in solchen Deutungen verlieren. Ich liege nicht auf der Couch und Freud war eh nur ein weiterer Literat.
Ich werde jetzt also meinen Schnabel wetzen, einen Schluck Wasser trinken und dann …
Ich werde jetzt also meinen Schnabel wetzen, einen Schluck Wasser trinken und dann… die Positive Seite geniesen von etwas was ich nicht mag und nicht Glaube aber dafür nicht einstehe oder mich einsetzte. NEIN aber trotzdem der Auswuchs dessen mir gerade Recht kommt.
Man freut sich doch immer wieder über die dadaistischen Texte, die manche Trolle hier hinterlassen. Man versteht sie nicht, aber immerhin bestehen sie aus Buchstaben. Das ist doch schon mal ein Anfang …
Herr Rohm,
ein Wellensittich, der eigentlich ein Adler ist, schade
aber was ist mit dem Adler, der eigentlich ein Wellensittich ist
erfährt er die gleiche Empathie?
eine ernst gemeinte Frage
gute Nacht
olga
Liebe Olga,
sicherlich würde ich mich in ihn einfühlen, aber all das könnte ich erst beschreiben, wenn ich einen Adler, der sich für einen Wellensittich hält, im Rücken hocken habe. Im Moment sitzt da Freddie, einen kleinen Augenblick, ich will ihn mir noch einmal ansehen, nein, tut mir leid, es ist eindeutig ein Adler. Und um Freddie ging es nun einmal.