Beinahe etwas über den Fall Günter Grass

Unruhig, weil ich mich, der ich mich doch zu allem äußere, zu den Vögeln ebenso wie zu den Schauspielerinnen, die einen Armen verloren haben (siehe „Schauspielerinnen, die einen Armen verloren haben“), zu den Werken Arthur Kleibers, der unter Pseudonymen wie Ed Harlan und Tom Torn Werke wie „Kaulquappen greifen Golgatha 9 an“ und „Erika Furners geheimnisvolle Zeitmaschine“ verbrach, die in keinem Magazin je einen kritischen Widerhall fanden, zur Quantenphysik, zur Astrologie („Sterne wissen alles“), unruhig, weil ich mich, der sich sogar über die Milchstraße spöttisch äußerte, und dies im Angesicht des Milchstraßenspottfachmanns Gulliver McBride, der, Sie erinnern sich, von mir vor vielen Jahren während eines Treffens „Gestresster Krimiautoren“ in einen Schrank gesperrt wurde, eben jener Schrank, der einige Monate später in dem Roman „Superkind Fred“ von Bruno Sall in grauen Tönen beschrieben wurde, in einem Roman, der, auch hier erinnern wir uns pflichtbewusst und wild nickend, nicht von dem namhaften Kritiker Thomas Thams besprochen wurde, nicht, weil dieser sich nicht dazu in der Lage sah, sondern weil er von einer Gruppe wild gewordener Science-Fiction-Autoren unter der Federführung Gustav Lombardos („Keine Angst vor Akne“, „Ich läutete im Angesicht des Teufels“) in eine Hütte entführt wurde, die Lombardo als „Fegefeuer kaminsimsverwöhnter Kritiker“ bezeichnete, unruhig, weil ich mich zu all dem und noch viel mehr längst ausgelassen habe, ausführlich und in Gazetten, die nur in einschlägigen Kreisen bekannt sind, nur zu Grass nicht, bitte ich meine Leser um Verzeihung, natürlich auch die Leserinnen, die ich zuerst hätte erwähnen müssen, aber geschrieben ist geschrieben, argwöhnend, es könnte Zeit sein, endlich über Grass zu schreiben, Zeit, die ich leider im Moment nicht erübrigen kann, weil ich mich unlängst mit Arthur Kleiber traf, der von mir verlangte, ich solle seinen Romanen und seinem Leben ein literarisches Denkmal setzen, dem nun der Vorzug vor all den Meinungen, die sich wild durch die Nachrichten spuken, zu geben ist, auch wenn ich das Bedürfnis verspüre, etwas zum Fall Grass zu schreiben, etwa über seinen Bart oder diese wirklich wahnsinnig in sich gekehrten Cordsakkos, die derart sinnend wirken, dass man sich manchmal fragt, wer hier dichtet, Träger oder Jacke, über all dies, auch über den Iran, Israel, den Mars, Jupiter, über Atombomben, Hockeyschläger hätte ich mich ereifern müssen, wenn, ja!, wenn ich nur die Zeit dazu gefunden hätte.

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10 Antworten zu Beinahe etwas über den Fall Günter Grass

  1. Sina Hawk schreibt:

    Schade, dass Sie sich nicht zu Grass geäußert haben, aber vielleicht hat er sich ja zu Ihnen geäußert oder hätte es getan, wenn Sie Atomwaffen besäßen. Denken Sie über die sinnvolle Anschaffung nach. Herzlichst.

  2. guidorohm schreibt:

    Ein Hinweis, liebe Sina, über den ich gerne nachdenken werde, zumal ich mich noch nicht entschieden habe, was ich mir von Ihnen zum Geburtstag wünschen soll.

  3. Sina Hawk schreibt:

    Atomare Waffen oder zumindest Anreicherungsanlagen gehen immer, damit kann man auch angeben, wenn Besuch kommt. Oft möchte der Besuch dann gar nicht mehr gehen, zum Beispiel, weil er Sie demokratisieren will. Wann haben Sie, damit ich mich dann den nächsten Tag erinnern kann, es vergessen zu haben?

  4. guidorohm schreibt:

    Demokratisieren lasse ich mich ja eigentlich nur von meiner Geliebten, zumal sie über die geeigneten Instrumente verfügt, die eine unabhängige Meinungsbildung fördern, da wären Handschellen und Reitpeitsche. Meinen Geburtstag feiere ich übrigens ausnahmsweise wieder einmal morgen.

  5. Sina Hawk schreibt:

    Wo soll ich denn bis morgen Massenvernichtungswaffen her bekommen! Sie Scherzkeks. Die müssen doch auch geliefert werden. Dann wünschen Sie sich vielleicht etwas anderes. Ein Gedicht von Grass zum Beispiel!

  6. guidorohm schreibt:

    Unterlassen Sie die Drohungen mit Grass-Gedichten! Danke!

  7. Sina Hawk schreibt:

    Da will man Ihnen EINMAL ne Freude machen. So und jetzt äußern Sie bitte Wünsche oder reichen Wunschlisten per Mail ein. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Sie einen Geburtstag haben. Ich dachte, Sie seien einfach schon immer da und das ginge auch immer so weiter!

  8. guidorohm schreibt:

    Ja, das gefällt mir, das sollte Ihnen Anlass sein, einen Text über mich zu schreiben, vielleicht mit dem Titel „Warum Guido Rohm schon immer da war und nie gehen wird und warum ich jetzt darüber schreibe oder: Fliegenpein am Drosselbach“.

  9. Sina Hawk schreibt:

    Na gut. Dann also einen Text. Und es wird also kein Nachruf – dieses Mal – sondern eine Preisung. So machen wir’s. Melden Sie sich nicht bei uns, wir melden uns bei Ihnen.

  10. Muriel schreibt:

    Schön beobachtet, das mit dem Sakko. Muss ich beizeiten mal zitieren.

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