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Hundertvierzehn | Bericht
Es gibt eine Legende in L

Für ihn beginnt das Jahr im März: Clemens Meyer lässt den endlosen Winter hinter sich und erklärt die schöngeistige Literatur zum gallischen Dorf. In seiner Kolumne zur Buchmesse berichtet er für uns täglich aus Leipzig.

 
Clemens Meyer

Clemens Meyer, geboren 1977 in Halle / Saale, lebt in Leipzig. 2006 erschien sein Debütroman ›Als wir träumten‹, es folgten ›Die Nacht, die Lichter. Stories‹ (2008), ›Gewalten. Ein Tagebuch‹ (2010) und der Roman ›Im Stein‹ (2013). Für sein Werk erhielt Clemens Meyer zahlreiche Preise, darunter den Preis der Leipziger Buchmesse. ›Im Stein‹ stand auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis und wurde mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichnet. ›Als wir träumten‹ wurde 2015 von Andreas Dresen für das Kino verfilmt und lief im Wettbewerb der Biennale.

Es gibt eine Legende in der Stadt L: Im Gewandhaus wird jedes Jahr die Buchmesse eröffnet. All die Großen der Literatur sollen dort sein bzw. gewesen sein. García Márquez hat bis zu seinem Tod Reden gehalten. Grass, Walser (nich so doll), Philip Roth, Thomas Pynchon (Inkognito versteht sich) sind dagewesen, Hollebeck trinkt Schampus im Barbereich...
Wir laufen dann am Abend durch die Stadt L und befragen die Menschen (Oh Mensch, gib Acht... wunderbarer Gustav Mahler, der mich begleitet, Oh Mensch, frei nach Nietzsche. Der wurde ja hier ganz in der Nähe geboren, in Röcken, einem kleinen Dorf, das jetzt von der MIBRAG, der Mitteldeutschen Braunkohle AG bedroht wird. Ein Nietzsche-Haus gibt es dort, aber der Bagger gräbt, der Bohrer bohrt, der Abraum wächst, die Kohle brennt, Abgas aus Tausenden von Schornsteinen hinaus in den Äther. Die Welt – ein Tor / zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Zur Buchmesse täglich – lesen Sie mehr:

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Es gibt eine Legende in L

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Goodbye Nietzsche, Zarathustra auf seinem Seil... Oh ihr Ruinen der Leipziger Tieflandbucht, so heißt unser Becken, in dem wir liegen, so flach das Land wie ein flacher Teller, auf der Suche nach dem sächsischen Bergland.
im düstern kesselhaus im licht / rußiger lampen plötzlich auf dem brickettberg / saß ein grüner fasan
Und niemand ist je dort gewesen, weder in den Trümmern noch im Gewandhaus.
Ich höre grad Sigrid Löffler im Radio, während ich schreibe. Lebt denn der alte Holzmichel noch.
Und der Lyriker Holz-Leitner (oder so ähnlich) ist am Stand, live on stage, er gibt die Zeitschrift »Das Gedicht« heraus. Er schreibt vor allem Liebesgedichte. »Ich habe die Lyrik, schlechterweise an den Kopf zurückgeworfen bekommen... Ein paar weiße Sandalen im Keller... damals in den 80er Jahren... ich war ein junger Mann... eine lyrische Nachtwanderung...«
OH MUSE WIR WOLLEN KÜSSEN –  »A und A im Garten E...« So beginnt eins der Gedichte von Holz-Leitner. Der Moderator: »Da haben Sie ja das große Los gezogen!«
Die Buchmesse brummt. Das ist ja das Schöne, jeder macht mit. Wer nie sein Brot mit Tränen aß, / Wer nie die kummervollen Nächte / auf seinem Bette weinend saß
Ich habe eine große Liste mit den Namen von Kollegen, die ich gar nicht treffen will.
Ich lese Mickey Spillanes Klassiker ›Die Mädchenjäger‹.
Ich will zum Suhrkamp-Stand, um mich zu beschweren, weil die Brecht-Tochter die Baal-Inszenierung von Castorf verbieten hat lassen. APOCALYPSE NOW BAAL. Geiles Ding. Aber: »Papi will das nicht!«
Papi ist ja seit 59 Jahren tot und hat früher rumgerumpelt ohne Ende.
Ich bin müde. Vorglühen war heftig. Radio dudelt immer noch. Athen will uns für unsere Verbrechen pfänden lassen. Recht so.
Radio aus, ab auf die Messe. Viel Volk unterwegs. Wie wollen die die richtigen Bücher erkennen? Schreit, Freunde, Buchmacher, brüllt eure Quoten heraus. Und lasset die Spiele beginnen!
Und im leeren Gewandhaus der Stadt L werden sie eröffnet. abwesend war ich / abwesende blumen pflücken

Im Stein

Ein vielstimmiger Gesang der Nacht: Prostituierte, Engel und Geschäftsmänner kämpfen um Geld und Macht und ihre Träume. Eine junge Frau steht am Fenster, schaut in den Abendhimmel, im Januar laufen die Geschäfte nicht, die Gedanken tanzen ihn ihrem Kopf. »Der Pferdemann«, der alte Jockey, sucht seine Tochter. »Der Bielefelder« rollt mit neuen Geschäftskonzepten den Markt auf, investiert in Clubs und Eroscenter. »AK 47« liegt angeschossen auf dem Asphalt. Schonungslos und zärtlich schreibt Clemens Meyer in seinem großen Roman von den Menschen, den Nachtgestalten, von ihrem Aufstieg und Fall, vom Schmutz der Straße und dem Fluss des Geldes. Mit großer Kraft und Emotion erzählt er die Geschichte einer Stadt, die zum Epochen-Roman unserer Zeit wird.

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Frankfurt am Main 2020
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