Archiv für Dezember 2006

Weihnachtsschnee – Paula Dehmel

Mittwoch, 13. Dezember 2006

Ihr Kinder, sperrt die Näschen auf,
Es riecht nach Weihnachtstorten;
Knecht Ruprecht steht am Himmelsherd
Und bäckt die feinsten Sorten.

Ihr Kinder, sperrt die Augen auf,
Sonst nehmt den Operngucker:
Die große Himmelsbüchse, seht,
Tut Ruprecht ganz voll Zucker.

Er streut – die Kuchen sind schon voll -
Er streut – na, das wird munter:
Er schüttelt die Büchse und streut und streut
Den ganzen Zucker runter.

Ihr Kinder sperrt die Mäulchen auf,
Schnell! Zucker schneit es heute;
Fangt auf, holt Schüßeln – ihr glaubt es nicht?
Ihr seid ungläubige Leute!

Paula Dehmel.

Die Bibliotheca Germanica

Mittwoch, 13. Dezember 2006

Die Bibliotheca Germanica umfaßt einen riesigen Fundus an deutschsprachiger Literatur. Den Ausgangspunkt bilden die Merseburger Zaubersprüche um 750, auch Frau Ava aus dem 12. Jahrhundert begegnet Ihnen auf der Site. Sie war die erste namentlich bekannte Dichterin, die in deutscher Sprache schrieb. Karl Marx ist in der Sammlung unter anderem mit seinem Abituraufsatz von 1835 zu finden. Das 20. Jahrhundert ist mit Sigmund Freud, Theodor Herzl, Emmy Noether und Albert Einstein ebenso vertreten wie mit Rainer Maria Rilke, Georg Trakl und Stefan George. Die Site bietet einen Zugang zu Epochen, Autoren und Autorinnen und Literaturgattungen.

Lob und Fluch des Reisens – EINE LITERA-TOUR

Dienstag, 12. Dezember 2006

Auf der Site AGIR – Archiv zur Geschichte des Individuellen Reisens finden Sie: Lob und Fluch des Reisens EINE LITERA-TOUR mit weit über 200 Zitaten von Philosophen und Reisenden, Schriftstellern und Dichtern aus Tagebüchern und Liedern, Sprichwörtern und Katalogen sowie einem Autorenindex.

Gefunden via Alligatorpapiere und To Gohlis

Weihnachtsabend – Theodor Storm

Dienstag, 12. Dezember 2006

Die fremde Stadt durchschritt ich sorgenvoll,
Der Kinder denkend, die ich ließ zu Haus.
Weihnachten war’s; durch alle Gassen scholl

Der Kinderjubel und des Markts Gebraus.

Und wie der Menschenstrom mich fortgespült,
Drang mir ein heiser‘ Stimmlein in das Ohr:
„Kauft, lieber Herr!“ Ein magres Händchen hielt

Feilbietend mir ein ärmlich Spielzeug vor.

Ich schrak empor, und beim Laternenschein
Sah ich ein bleiches Kinderangesicht;
Wes Alters und Geschlechts es mochte sein,

Erkannt‘ ich im Vorübertreiben nicht.

Nur von dem Treppenstein, darauf es saß,
Noch immer hört ich, mühsam, wie es schien:
„Kauft, lieber Herr!“ den Ruf ohn‘ Unterlaß;

Doch hat wohl Keiner ihm Gehör verliehn.

Und ich? – War’s Ungeschick, war es die Scham,
Am Weg zu handeln mit dem Bettelkind?
Eh meine Hand zu meiner Börse kam,

Verscholl das Stimmlein hinter mir im Wind.

Doch als ich endlich war mit mir allein,
Erfaßte mich die Angst im Herzen so,
Als säß‘ mein eigen Kind auf jenem Stein

Und schrie‘ nach Brot, indessen ich entfloh.

Theodor-Storm-Gesellschaft.
Das Märchen der kleine Häwelmann als kostenloses Hörbuch.
Die freie digitale Bibliothek – Theodor Storm.

Parkgeschichten – Literatur von Jugendlichen

Dienstag, 12. Dezember 2006

Am 6. Oktober des Jahres haben junge Schreibende am Siebenbrunnenplatz im fünften Wiener Bezirk ihre Texte präsentiert. Nachzulesen gibt’s die Werke nun in den „Parkgeschichten – Literatur von Jugendlichen“. Erhältlich ist das 57-seitige Buch um € 9,90 bei Back on stage 5, Strobachgasse 4/2+4, 1050 Wien. Tel.: 01/585 31 96. Mobile Jugendarbeit Wien.

Schenken – Joachim Ringelnatz

Montag, 11. Dezember 2006

Schenke gross oder klein,
Aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
Die Gaben wiegen,
Sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei
Was in dir wohnt
An Meinung, Geschmack und Humor,
So dass die eigene Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
Dass dein Geschenk
Du selber bist.

Ringelnatz – Net.

Ringelnatzstiftung.

Ringelnatzverein – viele Links und Infos.

Nostalgiefrei

Montag, 11. Dezember 2006

Leise und abseits des überstrapazierten Kriegsende-Republik-Staatsvertrag-und-EU-Beitritt-Gedenkgedröhne 2005 schrieb ein Bezirk sein Buch.

Runter vom elfenbeinernen „Geschichte“-Türmchen mit Zahlen und Fakten. Rein in Erinnerungen jener, die einen wichtigen Abschnitt der jüngeren österreichischen Geschichte selbst erlebt haben. Raus mit einem Buch, dessen Inhalt persönliche Erlebnisse von BewohnerInnen des dritten Bezirks in der Zeit zwischen 1933 und 1955 bilden. Die Basis: Gespräche, die an zwanzig Nachmittagen in der Volkshochschule Landstraße mit ZeitzeugInnen geführt wurden. Das Resultat: Worte und Fotos, die persönliche Erlebnisse im dritten Bezirk zwischen 1933 und 1955 näher bringen. Neben den InterviewpartnerInnen sind das (private) Bildarchiv von Christoph Römer und vom Bezirksmuseum Wien Landstraße eine schier übersprudelnde Quelle, die Karl Dworschak mit großem Aufwand in die „richtigen“ Bahnen lenkt: Er zeichnet verantwortlich für die Auswahl, Bearbeitung und Untertitelung der Fotos.

„Der Bürgerkrieg im Februar 1934“, „Das Schicksal der jüdischen Mitbürger“, „Widerstand im dritten Wiener Gemeindebezirk“ sind einige der thematischen Schwerpunkte, die betroffen machen, eine/n beim Lesen erschüttert zurücklassen. „Meine Mutter kam eines Tages aufgeregt nach Hause und erzählte, dass es am Aspang-Bahnhof Waggons voll mit Juden gäbe. Die wurden dort zwei Tage stehen gelassen, sodass diese armen Menschen schon vor Hunger brüllten. Das hat man alles gesehen. Die Leute, die in der Nähe wohnen, haben sich dann aufgeregt, sodass die Nazis den Zug schließlich rasch abfahren ließen. Viele Menschen haben konkret gesehen, was da Schreckliches passiert.“ Persönliche Berichte wie dieser machen das unfassbare Grauenhafte nicht weniger unfassbar grauenhaft, heben jedoch das Furchtbare aus einer historischen Nüchternheit.

Natürlich bergen Erinnerungsleistungen auch die Gefahr der Verzerrung, egal ob in eine positive oder negative Richtung. Jedoch kann frau/man sich Doris Weißmüller-Zametzers Ansicht im Vorwort anschließen: „Das sind keine Absonderlichkeiten, keine Reminiszenzen an Vergangenes, kein nostalgischen Wehleidigkeiten, sondern Wissen um das gewesene, verschwundene Leben, aus dem das unsere entstehen konnte.“

Das Buch weckt die Neugierde, sich an die Orte des Geschehens zu begeben und selbst zu schauen, zu fragen, zu forschen.

Alexander Stollhof & Doris Weißmüller-Zametzer (Hg.) – Ein Bezirk schreib sein Buch. Die Landstraße 1933-1955. Böhlau Wien, 2006. 191 Seiten, € 19,90.

Petra Öllinger

Buchcover - Ein Bezirk schreibt sein Buch

Wintermorgen – Alexander Puschkin

Sonntag, 10. Dezember 2006

Erst gesten war es, denkst du daran?
Es ging der Tag zur Neige.
Ein böser Schneesturm da begann
und brach die dürren Zweige.
Der Sturmwind blies die Strene weg,
die Lichter, die wir lieben.
Vom Monde gar war nur ein Fleck,
ein gelber Schein geblieben.
Und jetzt? So schau doch nur hinaus:
Die Welt ertrinkt in Wonne.
Ein weißer Teppich liegt jetzt aus.
Es strahlt und lacht die Sonne.
Wohin du siehst: Ganz puderweis
geschmückt sind alle Felder.
der Bach rauscht lustig unterm Eis.
Nur finster stehn die Wälder.

Illeguan – Aleksandr Puskin.

Wikipedia – Alexander Sergejewitsch Puschkin.