Archiv für Mai 2008

Tom Mokkahoff liest Tom Mokkahoff

Freitag, 16. Mai 2008

Tom Mokkahoff liest: „Kommen Sie rein, Knapp“
Mit diesem Text gewann Tom Mokkahoff den ersten Preis in der zweiten Stufe des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“ zum Thema Literatur der Arbeitswelt. Der Text ist in der Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“ (herausgegeben von Petra Öllinger und Georg Schober, 2008) erschienen.

Musikvideo: Adobe Flash Player (Version 9 oder höher) wird benötigt um dieses Musikvideo abzuspielen. Die aktuellste Version steht hier zum herunterladen bereit. Außerdem muss JavaScript in Ihrem Browser aktiviert sein.

Aufnahme und Schnitt: Petra Öllinger
Musik: Gavin Coetzee – „Finch“


Tom Mokkahoff

Tom Mokkahoff

Tom Mokkahoff ist bekennender Wiener mit Philosophiestudium, Untermieter, Kaffeehausgeher, Parkwanderer. Er engagiert sich für die Worte „eiderdaus“ und „sapperlot“. Diverse Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften.
Mehr über Tom Mokkahoff

***

KOMMEN SIE REIN, KNAPP

Kommen Sie rein, Knapp, setzen Sie sich.
Wie läuft es mit den Projekten? Gut? Das freut mich zu hören. Haben Sie da noch Potentiale identifizieren können? Sehr schön.
Aber ich wollte noch etwas anderes mit Ihnen besprechen. Sie wissen ja, dass wir gerade ziemlich unter Beschuss stehen. Die effizienzsteigernden Maßnahmen haben nicht ausreichend gegriffen, wir haben die Übernahme von VBS noch nicht richtig verdaut und die Analysten haben uns downgerated. Jetzt heißt es fressen oder gefressen werden, die Geier umkreisen uns.
Es wird gerade eine neue Strategie entwickelt. Wir müssen etwas tun, um unsere Zahlen in den Griff zu bekommen. Ich setze da voll auf Sie und Ihre Mithilfe, lieber Knapp.
Die letzten Zahlen – ich sage Ihnen das ganz im Vertrauen – sehen nämlich gar nicht gut aus. Sie können sich nicht vorstellen, wie die da oben Druck machen. Ich fürchte, ich kann nicht mehr alles abfangen. Wir müssen uns rasch etwas einfallen lassen.
Das heißt vor allem: Kosten senken. Und das werden wir auch, nicht wahr, Knapp? Deshalb haben wir ja auch die Berater im Haus, die festgestellt haben, dass wir aufgebläht sind. Verkrustet und erstarrt in der langen Periode von Gewinn und Wohlstand. Und Sie wissen ja, wie es ist. Wenn die das sagen, dann müssen wir handeln, nicht wahr, Knapp? Jetzt wird unser Portfolio analysiert, Outsourcing-Szenarios werden gerechnet, für den IT-Bereich ist ein Carve-Out angedacht und der Konzern wird in eine Holdingkonstruktion überführt. Natürlich werden wir auch intern umstrukturieren.
Ja, und deshalb haben wir uns entschlossen, – und glauben Sie mir, wir haben uns das nicht leicht gemacht – uns von Ihnen zu trennen.
Ich weiß, was Sie sagen wollen, Knapp. Auch ich finde es schade, ich bin erschüttert. Ich habe wie ein Löwe gekämpft für Sie, ich hab alles versucht, um Sie zu halten, ich war chancenlos. Aber gegen die Zahlen – Sie wissen es ja selbst am besten – gegen die Zahlen kommt man nicht an. So ist eben das Leben, und so ist das Geschäft, nicht wahr, Knapp? Freut mich, dass wir da einer Meinung sind.
Wir werden jedenfalls ein schönes Paket für Sie schnüren. Und wir bleiben in Kontakt, lieber Knapp. Natürlich, wir bleiben auf alle Fälle in Kontakt. Jetzt holen Sie mal Ihre Sachen. Die Personalabteilung freut sich schon auf Sie, um mit Ihnen Ihren weiteren Weg zu besprechen. Die haben keine Mühen gescheut und haben für Sie ein attraktives Outplacement-Programm gestaltet. Damit – und mit ihren Qualitäten – haben Sie sicher glänzende Perspektiven. Sie waren ja schließlich einer unserer Besten.
Also, alles Gute, Knapp, alles Gute.

40.000 Bücher in Blindenschrift

Donnerstag, 15. Mai 2008

blindenschrift.net

Die Blindenschrift ist nach ihrem französischen Erfinder Louis Braille benannt. Sie hat in den fast 200 Jahren ihrer Existenz nichts von ihrer Bedeutung verloren.
Die Site blindenschrift.net erleichtert die Suche nach Brailleschriftbüchern und bringt diese „Geheimschrift“ interessierten Menschen näher.

Online Katalog mit allen deutschsprachigen Hör- und Punktschriftbüchern.

Verleihung des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“

Donnerstag, 15. Mai 2008

und Präsentation der Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“

Am 16. Mai 2008 wir der Literaturpreis „Der Duft des Doppelpunktes“ überreicht und die Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“ mit den Texten der PreisträgerInnen und ihrer TutorInnen vorgestellt. Der Augustin-Chor „Stimmgewitter“ bereichert den Abend musikalisch.

16. Mai 2008
19.00 Uhr

Bücherei Sandleiten
Rosa Luxemburggasse 4
1160 Wien

Die AkteurInnen des Literaturpreises.

Programm:

Begrüßung

Eine kurze Geschichte über die Bücherei Sandleiten:
Brigitta Kaiser

Über den Literaturpreis „Der Duft des Doppelpunktes“:
Petra Öllinger und Georg Schober

Über den Augustin Chor:
Mario Lang

Preisverleihung und Lesung:
3. Platz – Preisträgerin: BARBARA FINKE-HEINRICH
Tutorin: TRAUDE KOROSA

Preisverleihung und Lesung:
2. Platz – Preisträgerin: ESTHER SCHMIDT
Tutor: MARKUS DOSCH

Eine kurze Geschichte über die Literatur der Arbeitswelt: Gerald Grassl

Preisverleihung und Lesung:
1. Platz – Preisträger: TOM MOKKAHOFF
Tutor: GERALD GRASSL

Durch das Programm führt Heimo Gruber.
Der Augustin Chor „Stimmgewitter“ bereichert den Abend musikalisch.

Für das leibliche Wohl an diesem Abend sorgen:

Frau Adelheid Neubauer
Buffet der Technisch Gewerblichen Abendschule
Plösslgasse 13
1040 Wien
Tel.: ++43 / (0)1 / 501 65 / 3070

Weinbau Netzl
Rosenbergstraße 1
2464 Göttlesbrunn
Tel.: ++43 / (0)2162 / 8201

Herzlichen Dank

Weitere SponsorInnen und UnterstützerInnen des Literaturpreises finden Sie in unserem Literaturblog „Duftender Doppelpunkt“ in der Rubrik SponsorInnen.

Wiener Stadtgespräch 7

Dienstag, 13. Mai 2008

Peter Huemer im Gespräch mit Franz Schuh

„Geld regiert, Mitleid krepiert“

Reflexionen über Liebe, Glück und Sinnlosigkeit

Donnerstag 5. Juni, 19 Uhr, großer Saal im Bildungszentrum der AK-Wien in der Theresianumgasse 16-18, 1040 Wien

Franz Schuh ist seit langem der wahrscheinlich größte Unbekannte der österreichischen Literatur. Das liegt unter anderem daran, dass Schuh, wiewohl hochproduktiv als Kritiker, Essayist und Schriftsteller, sich für nichts, was in unserer Medienwelt zählt, gebrauchen lässt. Während andere Dichter sich als Weiser jeder Weltenlage, als Talker jeder Talkshow oder zumindest als Spezialist für ein, zwei Sachgebiete gerne fit halten, könnte man Franz Schuh höchstens altmodisch zu einem Vortrag einladen, dessen Thema man vorher lieber nicht zu genau festsetzt. Denn Franz Schuh, diese freundliche, bescheidene Denkmaschine, ist wahrscheinlich einer der letzten Allround-Gelehrten in einem geradezu mittelalterlichen Sinn. Er interessiert sich intellektuell für fast alles, kann fast alles mit fast allem philosophisch, historisch oder dialektisch verknüpfen und sich also darin verlieren, und er huldigt seit langem beharrlich dem Abseitigen, dem Verstreuten, dem Nutzlosen. Die vermeintlichen Hauptsachen unserer Öffentlichkeit, »die niederschmetternden Auskünfte der Weltgeschichte« lehnt er rundweg ab, sie widern ihn an, wie er im Vorwort seines neuen Buches bekennt. Wenn es einen legitimen Erben der Wiener Kaffeehausliteraten der Jahrhundertwende gibt, der überdies zu jedem Thema herrlich geistreiche und sofort vergessene Vorträge aus dem Stegreif zu halten imstande ist, dann ist es dieser Mann. Nicht zufällig reimt sich Schuh auf Kuh (den Wiener Schriftsteller Anton Kuh). (Von Eva Menasse | © DIE ZEIT)

Anmeldung bis 30. Mai unter stadtgespraech@akwien.at

Bücherverbrennung – Exilliteratur

Montag, 12. Mai 2008

Das Leben und Werk der über 100 AutorInnen, die Sie auf der Seite „Bücherverbrennung – Exilliteratur“ finden, steht stellvertretend für viele weitere vom Nationalsozialismus verfolgte SchriftstellerInnen. Ich wünsche mir, daß diese Zusammenstellung einen Beitrag wider dem Vergessen leistet und freue mich, wenn Sie durch die Liste angeregt werden, den Kontakt zu einem / einer alten Bekannten zu erneuern oder Sie animiert, bisher Unbekanntes aus der Welt der Literatur zu erschließen.

Die Zusammenstellung versteht sich als work in progress – Anregungen und Ergänzungen nehme ich gerne entgegen.

Susanne Gregor liest Susanne Gregor

Montag, 12. Mai 2008

Susanne Gregor liest: „Maschinenlärm“
Susanne Gregor ist eine der fünf WürdigungspreisträgerInnen des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“ zum Thema Literatur der Arbeitswelt. Ihr Text ist in der Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“ (herausgegeben von Petra Öllinger und Georg Schober, 2008) erschienen.

Musikvideo: Adobe Flash Player (Version 9 oder höher) wird benötigt um dieses Musikvideo abzuspielen. Die aktuellste Version steht hier zum herunterladen bereit. Außerdem muss JavaScript in Ihrem Browser aktiviert sein.

Aufnahme und Schnitt: Petra Öllinger
Musik: Ekreh – „Steinway Song“, Ekoh – „Nocturne“, Switchyard – „Salt of the sea“


Susanne Gregor

Susanne Gregor

Susanne Gregor wurde 1981 in Zilina – Slowakei – geboren, sie lebt seit 1990 in Österreich. Sie studierte Germanistik und Publizistik an der Universität Salzburg und unterrichtete dann Deutsch, unter anderem in Budapest und an der Universität New Orleans. Seit 2005 lebt sie in Wien, unterrichtet Deutsch als Fremdsprache und engagiert sich ehrenamtlich für die Caritas. Das Schreiben hat sie immer schon begleitet; „Maschinenlärm“ ist die erste veröffentlichte Kurzgeschichte.

***

MASCHINENLÄRM

Sie hatte alles Vieh nach Hause getrieben und klopfte einem Rind auf den Rücken. Vor dem Stall tauschte sie die Gummistiefel gegen Holzpantoffel. Am Tisch stand eine Suppe aus Innereien und über der Bank hing der gekreuzigte Jesus. Sie holte etwas Brot und ein Glas Milch aus der Kammer. Das Schmatzen ihres Bruders hatte in ihren Ohren ein Echo. Sie drückte ihre Fingerspitzen gegen die Krümmel auf der Tischdecke, damit sie kleben blieben. Nach dem Abendessen strich der Vater seinen Schnurrbart zurecht und sagte du musst dir eine Arbeit suchen. Er sagte es, als sage er, die Erde ist braun. In dieser Nacht konnte sie nicht schlafen. Sie zog die Vorhänge zu und doch sah sie, wie der Mond sie auslachte.

Am nächsten Tag saß Tante Angela am Tisch und schnaufte. Ich bin über den Hügel vom Meiereder herübergelaufen, hechelte sie ihr ins Gesicht. Du kannst beim Weiniger arbeiten, ich hab ein gutes Wort für dich eingelegt, sagte sie und klopfte ihren Löffel am Tassenrand ab. Die Mutter schlug die Hände vor der Brust zusammen, mach mir keine Schande, Kind! Der Vater nahm den Hut vom Haken und zog die Stiefel an. Es war also beschlossen.

Am nächsten Morgen zog sie ihr gutes Gewand aus dem Schrank. Die Mutter stand in der Ecke und sah ihr wortlos zu. An der Tür drückte sie ihr ein Stück Brot in die Jackentasche. Der Mond stand noch immer klar am Himmel und lachte.

Sie bekam eine blaue Weste mit gelber Aufschrift am Rücken. Am Klo sah sie sich damit lange im Spiegel an. Eine dicke Frau erklärte ihr den Arbeitsablauf. Aus ihrer Weste quoll saurer Schweißgeruch. Nimm die Hüllen vom Fließband und schlichte sie in die Schachtel. Es müssen 340 sein. Verzähl dich nicht. Immer 340. Wenn die Schachtel voll ist, verschließt du sie. So. Und dann reichst du sie auf die andere Seite. Sie begann und die dicke Frau blieb mit verschränkten Armen hinter ihr stehen. Die Uhr über ihren Köpfen zeigte 6 Uhr. Die kleinen Hüllen waren kaum größer als ihr kleiner Finger. Gern hätte sie gewusst, wofür sie waren. 340 in eine Schachtel. Sie zählte langsam und sorgfältig. Die dicke Frau zählte mit.

Um halb zehn hielt das Fließband an und sie holte ihr Brot aus der Tasche. Alle anderen gingen die Treppe hinauf. Als sie zurückkamen und sie noch an ihrem Brot kaute, lachten sie. Morgen würde sie auch die Treppen hinaufgehen.

Als sie am Abend nach Hause kam, war das Vieh schon im Stall. In der Küche waren die Fenster beschlagen und der Tisch schon gedeckt. Die Mutter stand mit hinaufgekrempelten Ärmeln am Herd.Trags dem Vater zu Tisch. Der Vater setzte sich, dass die Bank unter ihm krachte. Hat dich jemand geschimpft? Fragte er. Sie schüttelte den Kopf.

In der Nacht hatte sie immer noch den Maschinenlärm in den Ohren. Sie zog sich die Decke über den Kopf und konnte dennoch nicht schlafen.

Am nächsten Tag war die dicke Frau nicht mehr bei ihr. Sie kam aber später ab und zu vorbei und stellte sich für eine Weile hinter sie. Sie wusste immer schon am Geruch, wenn sie hinter ihr stand. 340 in eine Schachtel. Verzähl dich nicht. Als das Fließband stehen blieb, eilte sie mit gesenktem Kopf die Stufen hinauf. Die anderen flüsterten trotzdem. Oben war ein großer Speisesaal mit Holztischen und Bänken. Sie bekam ein Tablett mit Teller in die Hand gedrückt und stellte sich an. Aus einem Loch in der Wand kam ein Schöpflöffel und ein paar Knödel fielen auf ihren Teller. Alle saßen in kleinen Gruppen an Tischen zusammen. Sie setze sich an einen kleinen Tisch ans Fenster. Die Knödel waren hart aber sie hatte großen Hunger. Mit vollem Mund sah sie die anderen an, aber sie sahen immer weg. Vom Fenster aus konnte man ins gegenüberliegende Gebäude sehen, wo Sekretärinnen fein angezogen auf Schreibmaschinen tippten. Auch sie sahen weg. Zwischen den zwei Dächern war ein Stück Himmel eingeklemmt. Sie sah hinein wie in einen Brunnen. Als sie wieder zu den Knödeln sah, saß an ihrem Tisch ein Mann. Sie hatte ihn nicht kommen gehört. Sie kauten an den Knödeln. Als er fertig war, lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er lächelte. Seine Brille saß wie Wagenräder auf seiner Nase. Dann trug sie ihr Tablett weg und ging zurück zum Fließband. Es rollte noch stundenlang weiter.

Vater und Mutter saßen schon am Tisch, als sie die Haustür hinter sich schloss. Sie holte sich einen Teller und setzte sich zu ihnen. Der Vater streckte die Hand aus und sie legte die paar zerknitterten Geldscheine hinein, die ihr die dicke Frau heute gegeben hatte. Er strich sie mit seiner großen Hand glatt und schob sie in seine Jacke. Hat man dich geschimpft? Fragte er wieder. Sie schüttelte den Kopf. Ihr Bruder betrat mit großem Krach die Küche. So eine Saukälte! Sogar die Kühe sind froh, wenns im Stall sind! Die Mutter richtete ihm einen Teller an und er lachte.

Der nächste Morgen kam genauso unerwartet wie die vorangegangenen. Das Fließband brachte die Hüllen. In der Mittagspause saß sie am gleichen Tisch und beobachtete die Sekretärinnen. Die mussten sicher nicht jeden Tag bis 340 zählen. Dann kam wieder der gleiche Mann und setzte sich zu ihr. Die anderen sahen zu ihnen hinüber. Sie sah lieber nicht vom Teller auf. Es war ja nicht ihre Schuld. Als sie satt war, schob sie die Kartoffeln noch eine Weile von Seite zu Seite. Vielleicht hatte der Mann ja etwas zu sagen. Aber er schwieg. Am Fließband sah sie die anderen zusammen sprechen und lachen. Als sie lächelte, sahen sie weg. Die dicke Frau sah sie nur noch abends, wenn sie das Geld bekam.

Der Vater wartete schon mit seiner offenen Hand. Der Bruder saß am Tisch und schmatzte. Ich hab gehört du hast einen Freund. Er lachte, dass man die zerkaute Wurst in seinem Mund sehen konnte. Der Vater sah vom Teller auf. Das ist nicht wahr! Rief sie. Die Mutter begann zu weinen. Mach mir keine Schande, Kind! Der Vater schlug mit der Faust auf den Tisch und die Mutter schluchzte nur noch ganz leise in die Schürze.

In der Nacht schlief sie mit offenem Fenster. Manchmal hörte sie durch den Maschinenlärm die Kälber schreien.

Als sie am nächsten Tag zum Fließband kam, warteten die Schachteln schon geöffnet auf ihrem Platz. Jemand hatte sie vorbereitet. Vielleicht die dicke Frau. Sie hoffte, das Fließband würde an diesem Tag nicht stoppen. Als es halb zehn wurde, blieb es natürlich trotzdem stehen. Zögerlich stieg sie als letzte die Stufen hinauf. Es gab Leberkäse. Vorsichtshalber setzte sie sich an einen anderen Tisch. Obwohl ihr die Aussicht fehlte. Sie saß in der Mitte des Raums und konnte hören, wie die anderen über sie sprachen. Sie schnitt den Leberkäse in kleine Teile und strich ihn durch das Öl. Da saß er plötzlich wieder vor ihr. Ich habe gehört, du hast heute Geburtstag. Sagte er. Und während sie noch überlegte, woher er das wohl wusste, drückte er ihr plötzlich einen ölverschmierten Kuss auf. Vor Schreck glitt ihr das Besteck aus der Hand und alle lachten.

Jene Dinge

Sonntag, 11. Mai 2008

TIROLER GEGENWARTSLITERATUR 1071

In guten Verwandtschaften gibt es zwischen den Mitgliedern meist eine Höflichkeitslücke, in welche jene Geschichten eingepflanzt sind, über die man nicht spricht. „“Jene Dinge“ ans Tageslicht zu karren, die über Jahrzehnte im Dunkeln gehalten worden sind, ist für einen Erzähler eine Eselsaufgabe. Weiterlesen »

Muttertag – Blumentag

Samstag, 10. Mai 2008

Der Muttertag mit seinen allein in Österreich acht Millionen verkauften Rosen ist eine gute Gelegenheit, sich ein wenig mit der Geschichte der Rose zu beschäftigen. Einige Anregungen dazu bietet die „Kleine Kulturgeschichte der Rose“ von Georg Schober.

Südwind hat anlässlich des Muttertags Hintergrundinfomaterial, eine Aktionszeitung und eine Postkarte an Holland Blumenmark herausgebracht. Die Materialien sind kostenlos zu bestellen bei: Fairkauf

Je mehr Sie neben Qualität und Preis auch faire Arbeitsbedingungen in Ihre Kaufentscheidung einfließen lassen, desto eher werden Sie mit Blumen ungetrübte Freude schenken können.

Zwei Millionen der am Muttertag in Österreich verschenkten Rosen kommen aus Kenia.

Für viele der rund 200 000 Menschen in Afrika und Lateinamerika – zwei Drittel von ihnen Frauen – bedeutet eine Beschäftigung in der Blumenindustrie oft die einzige Chance auf ein geregeltes Einkommen. Allzu häufig sind damit aber miserable Arbeits- und Lebensbedingungen verbunden. Während wir uns in Europa am Duft von Blumen erfreuen, machen Blumen auf den Plantagen in Ländern wie Kenia oder Kolumbien viele ArbeiterInnen krank. Manche der eingesetzten Insektizide, Fungizide, Herbizide oder Bodenschutzmittel sind in der EU oder den USA auf Grund ihrer hohen Giftigkeit verboten. Schutzmaßnahmen bei der Anwendung der Pestizide werden häufig nicht oder nur unzureichend eingehalten. Die Folgen sind gesundheitliche Schäden – von Kopfschmerzen und Atembeschwerden bis hin zu Nervenleiden, Fehlgeburten, embryonale Missbildungen, Organschädigungen und Krebs.
Den ArbeiterInnen fehlt es nicht nur an Schutz, was ihre Gesundheit und Sicherheit betrifft, auch die sonstigen Arbeitsbedingungen sind oft katastrophal. Viele der BlumenarbeiterInnen verfügen über keine geregelten Anstellungen oder schriftliche Arbeitsverträge. Sie kennen ihre Rechte nicht ausreichend, um sie effektiv einzufordern. Auf vielen Farmen werden ArbeiterInnen, die erkranken oder versuchen sich gewerkschaftlich zu organisieren, einfach unter dem nächstbesten Vorwand entlassen. Viele schuften bis zu 14 Stunden am Tag für Niedrigstlöhne. Überstunden werden oft nicht bezahlt.
Gerade Frauen sind aufgrund ihres Geschlechts auch noch zusätzlichen Verletzungen ihrer Rechte ausgesetzt. Sexuelle Belästigung durch Vorgesetzte gehört ebenso zum Alltag vieler Blumenarbeiterinnen wie fehlender Mutterschutz oder Kündigung im Falle einer Schwangerschaft
Die ÖsterreicherInnen geben im Jahr rund 45 Millionen Euro für Schnittblumen aus. Sie liegen damit im europäischen Spitzenfeld. Gerade zum Muttertag, heuer am 11. Mai, bietet sich eine gute Möglichkeit beim Blumenkauf darauf zu achten, mit welchen Blumen man Freude schenken will. Denn Blumen ist nicht gleich Blume. Warum? Lesen Sie weiter.

Via FAIRKAUF – Newsletter

Es gibt mittlerweile aber auch andere Siegel, auf die man beim Blumenkauf achten kann. Einen umfassenden Schutz der Rechte von BlumenarbeiterInnen wie existenzsichernde Löhne, das Recht, sich zu organisieren oder das Verbot von Kinderarbeit garantieren momentan die Gütesiegel Flower Label Program (FLP) und Fairtrade. Aber auch dort, wo noch keine dieser zertifizierten Blumen erhältlich sind, lohnt es sich nachzufragen und Druck zu machen. Südwind verteilt ab Mai Postkarten, mit denen man faire Blumen bei Holland Blumenmark, dem zweitgrößten Blumenhändler Europas, fordern kann.

FLP –zertifizierten Blumen (Österreich)
Fairtrade – zertifizierten Blumen (Österreich)
Fian Deutschland: Die Blumenkampagne – Menschenrechte für Blumenarbeiterinnen