Kobuk versus Kronen Zeitung
Kollateralschäden an Mensch und Tier inbegriffen
Hans Kirchmeyr, der Autor von „Wenn die Ukraine Hunde tötet, stirbt bei uns die Wahrheit“ [1], setzt sich in seinem Beitrag auf Kobuk1 mit der Kronen Zeitung [2] für die ukrainischen Streunerhunde kritisch auseinander. Er macht dabei auf das von der Krone verwendete Foto- bzw. vom Ukraine [3] gemacht.
Leider übersieht der Autor in seinem Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [4] für seinen Rundumschlag vereinnahmt.
Straßenhunde sind keine Kuscheltiere, sondern übertragen Krankheiten und sind eine ernste Bedrohung, insbesondere für Kinder. Uns Couch-Tierschützern mag diese Sicht nicht gefallen, aber viele Menschen, die täglich mit Streunern konfrontiert sind, und oft selbst “wie arme Hunde” leben, empfinden es so …
Mit der Bemerkung „Das soll nichts entschuldigen, was mit den Tieren passiert“ macht er gegen Ende seines Vorwortes einen halbherzigen Versuch, die bisherige einseitige Stimmungsmache gegen Straßenhunde ein wenig zurechtzurücken. Man würde ihm gerne glauben, mit einem „Aber“ relativiert er seine Aussage allerdings bereits im nächsten Satz: „Aber man sollte die Umstände kennen, bevor man über andere Menschen und ganze Länder urteilt.“
Der Prolog klingt aus und Hans Kirchmeyr hat es nun endgültig geschafft. Als Freund der Kinder und Armen hat er sich sein Platzerl in unseren Herzen gesichert. Dank seiner profunden Analyse haben wir die Umstände nun ausreichend kennengelernt und könnten zum Thema Medienkritik übergehen.
Ein kritischer Blick auf das Medienangebot ist heute nötiger denn je und das Engagement vieler Freiwilliger auf Kobuk hilft, die Qualität des Journalismus in Österreich zu verbessern. In seiner Arbeit steht das Medienwatchblog Kobuk allerdings nicht im kritikfreien Raum. Es ist wichtig, die fälschliche Verwendung von Foto- und Filmmaterial in Zusammenhang mit der Tötung der Hunde aufzudecken. Das Leid der Tiere ist trotzdem real und muss dringend gelindert werden. Kobuk leistet nicht nur diesbezüglich keine Unterstützung, sondern konterkariert diese.
Ein wenig Shakespeare [5], Herr Kirchmeyr:
Der arme Käfer, den dein Fuß zertritt, fühlt körperlich ein Leiden ganz so groß, als wenn ein Riese stirbt.2
Journalismus sollte nicht nur über eine klare Zielsetzung verfügen, sondern immer auch von Ethik getragen sein. Der Autor präsentiert uns in seinem Prolog ein Konglomerat aus persönlicher Meinung und tendenziöser Recherche und verbindet dieses mit seiner auf Fakten basierenden Medienkritik an der Kronen Zeitung.
Leider erfahren wir vom Autor auch nicht, ob er sich um eine Stellungnahme der Krone bzw. von Frau Entenfellner als Verantwortliche der dortigen Tierecke bemüht hat. Die Beantwortung dieser Frage würde nicht nur etwas über die Fairness des Schreibers aussagen, sondern auch seine Intentionen klarer zu Tage treten lassen. So bleibt im Dunkeln, ob er an einer lösungsorientierten Kommunikation interessiert ist oder ob es ihm lediglich darum, geht das Boulevardblatt öffentlichkeitswirksam vorzuführen.
Menschliches und tierisches Leid kennt keine Staatsgrenzen und sollte niemals gegeneinander ausgespielt werden. Das breite öffentliche Interesse am Schicksaal der Streunerhunde in der Ukraine birgt die Möglichkeit einer positiven Veränderung3.
Kastrations- und Impfprogramme sind eine der Grundvoraussetzungen, um das vom Menschen verursachte Leid von Millionen in Europa auf der Straße lebenden Tieren zu lindern. Hier ist nicht nur das Engagement der TierschützerInnen und die Spendenfreudigkeit vieler Menschen gefordert, sondern auch eine EU-weite gesetzliche Regelung plus finanzielle Unterstützung.
Wenn das für den Tierschutz erforderliche Material möglichst vor Ort und in Zusammenarbeit mit ukrainischen TierschützerInnen beschafft wird, fördert dies die Wirtschaft der Ukraine und nützt so Tier und Mensch gleichermaßen und bildet einen Beitrag zur Armutsbekämpfung.
Aber zurück zu Kobuk und Hans Kirchmeyr: Auf der Site „futurezone“ des ORF wird unter dem Titel „Wir sind keine Profis“ [6] Helge Fahrnberger [7], der Initiator von Kobuk interviewt: „‚Bei Kobuk gilt das Vier-Augen-Prinzip: Ich will jeden Artikel zuerst gesehen haben, bevor er veröffentlicht wird.‘(…) Nur drei Autoren, darunter ‚Kobuk-Star‘ Kirchmeyr, haben das Recht eingeräumt bekommen, ohne Zustimmung eines anderen zu publizieren.“
Ob da Helge Fahrnberger [7] bei der Kür seines Stars nicht ein wenig voreilig war?
In seiner Gesamtheit stellt das Projekt Kobuk sicher eine Bereicherung für die Rechtschreib- [8] und Rechenschwächen [9]. Grundsätzliche Medienkritik wird auf Kobuk kaum geleistet. Sobald es ans Eingemachte geht, beispielsweise um den Umgang der Medien mit der Hungerkatastrophe in Ostafrika oder der Kriegsberichterstattung in Libyen, herrscht weitestgehend Funkstille.
Die Frage, ob die Berichterstattung der Kronen Zeitung und der Beitrag von Hans Kirchmeyr auf Kobuk lediglich zwei Seiten einer Medaille sind, habe ich für mich noch nicht schlüssig beantwortet. Gemeinsam haben sie es jedenfalls geschafft, viele Menschen zu verunsichern und am Tierleid in der Ukraine und anderswo zweifeln zu lassen.
Ich gebe allerdings die Hoffnung nicht auf, dass man bei der Kronen Zeitung aus eigenen Fehlern lernt und die Kobuk-AutorInnen noch auf dem Klavier der größeren Zusammenhänge spielen lernen und zukünftig ein neues, besseres Lied anstimmen.
1: Kobuk! Wir lesen Zeitung und schauen fern. Kobuk ist ein Medienwatchblog von Studierenden der Lehrveranstaltung „Multimedia-Journalismus” am Publizistikinstitut der Uni Wien, unter der Leitung von Helge Fahrnberger sowie einiger ständiger Autoren.
Wieso Kobuk? „Am 3. Juli 1951 stand am Wiener Westbahnhof eine Schar von Journalisten und Fotografen ein (sic), um den berühmten ‚Eskimo-Autor‘ Kobuk zu empfangen. Aus dem Zug stieg allerdings – im Pelzmantel – Helmut Qualtinger. Er hatte die Redaktionen der Wiener Tageszeitungen auf Briefpapier des PEN-Clubs zur Ankunft des fiktiven Autors geladen.“
2: Isabella in „Maß für Maß“.
3: Erstes Rettungsprojekt für die Streunerhunde in der Ukraine [10]. VIER PFOTEN und Stadt Lemberg unterzeichnen großes Sterilisationsprojekt zum Schutz der Straßenhunde.
Weiterführende Links:
peta.de: Hundemassaker in der Ukraine für die EM 2012 [11]
Kronen Zeitung: Chronik der Hilfsaktion für ukrainische Hunde [12]
Autor: Georg Schober