Archiv für April 2012

Brillis Wort zum Montag

Montag, 30. April 2012

Ein Hund ein Wort

Redaktionshund Brilli mit grauer Baskenmütze

Spinnereien

Letzte Woche erhielten wir Besuch aus dem zweibeinigen Verwandtschaftsclan. Bekannt als pingelig in Bezug auf häusliche Sauberkeit und gutes Benehmen, wollte es sich der Besuch trotzdem nicht nehmen lassen, unser Rudel zu Hause aufzusuchen. Zwetschke und ich wurden dazu angehalten, brav zu sein: nicht wild begrüßen, keine Pfotenabdrücke auf der Kleidung des Besuchs hinterlassen und vor allem: nicht betteln!

Wir taten unser Bestes. Wir begrüßten zurückhaltend. An der Hose des Besuchs fand sich lediglich eine Klette, die Zwetschke dort beim Begrüßen abgestreift hatte. Beim Essen bettelten wir nur die Hauskaspars an. Der Besuch war zufrieden.
Nach der Hauptspeise verschwand unser Gast auf der Toilette. Und kam blass zurück. Da wusste das ganze Rudel: Der Besuch hatte ihn entdeckt.
Um ihn zu erspähen, muss man schon sehr genau schauen; zum Beispiel auf dem Boden kniend hinter das Handwaschbecken-Siphonrohr schielen. Was hatte unser Besuch da auf der Toilette angestellt!

Die beiden Hauskaspars wechselten besorgte Blicke. Hauspatschensohlen scharrten unruhig über den Teppich. Ich nahm Witterung auf, es roch nach Fragen: Zuerst den Pudding auftragen und dann am Klo Nachschau halten? Wer trägt auf? Wer sieht nach?

Der Nachtisch verzögerte vorerst die Lösung dieser Probleme. Der Besuch mampfte wacker seinen Pudding, bald schon war die Blässe aus dem Gesicht wieder verschwunden. Die beiden jedoch befanden sich in höchster Alarmbereitschaft. Schließlich hielt Hauskaspar II es nicht mehr aus, entschuldigte sich und verschwand auf der Toilette. Zurück am Tisch: ein kurzes Nicken, ein aufmunterndes Lächeln. Weberknecht Gustav war noch da.

Ein herzliches Wuff,
Ihre Brilli Paralia

Brillis Elektro Post

Geschichte des 1. Mai

Freitag, 27. April 2012

Vom Haymarket zum 1. Mai

Abbildung der sieben zum Tode verurteilten Personen, 1887. von Frank Leslie's Illustrated Newspaper [Public domain], via Wikimedia CommonsChicago, 4. Mai 1886. Ein Unbekannter wirft am Haymarket eine Bombe. 18 Menschen sterben, darunter sieben Polizisten.

Die „Schuldigen“ werden rasch ermittelt, sind doch einige der Organisatoren der Demonstration Anarchisten: Acht Männer werden vor Gericht gestellt. Die Anklage behauptet, der Attentäter hätte auf der Grundlage ihrer Ideen gehandelt. Vier von ihnen, Albert Parsons, August Spies, George Engel und Adolph Fischer werden gehängt. Einer, Louis Lingg begeht in seiner Zelle Selbstmord. Ein weiterer, Oscar Neebe wird zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Todesurteile gegen Michael Schwab und Samuel Fielden werden in lebenslange Haft umgewandelt.

Die Urteile führen rund um den Globus zu Protesten. Diese werden unter anderem von George Bernard Shaw und William Morris unterstützt. 1893 kommen die drei Überlebenden durch einen Gnadenerlass des Gouverneurs von Illinois frei.

Unter anderem gehen dem Geschehen am 4. Mai 1886 folgende zwei Ereignisse voraus:
Ein Aufruf der Federation of Organized Trades and Labor Unions zum landesweiten Generalstreik am 1. Mai. Der Tag ist ein sogenannter „Moving Day“. Ein traditioneller Stichtag, um den Arbeitsplatz zu wechseln bzw. für die Änderung von Arbeitsverträgen. Der Acht-Stunden-Tag soll in die neuen Verträge aufgenommen werden. Dafür treten rund 400.000 Beschäftigte aus 11.000 Betrieben der USA in den Streik. Letztlich kann die Streikbewegung ihr Ziel nur für 20.000 ArbeiterInnen durchsetzen.

Am 3. Mai werden in Chicago zwei Demonstranten von der Polizei getötet. Bei den am Tag darauf stattfindenden Protesten kommt es zu dem Bombenanschlag – er geht in die Geschichte als „Haymarket Affair“ ein.

Die Zweite Internationale und der 1. Mai

Paris, 14. Juli 1889: Der Gründungskongress der „Zweiten Internationale“ findet am 100. Jahrestag der Französischen Revolution statt. An dem von Friedrich Engels angeregten Kongress nehmen etwa 400 Delegierte aus 20 Staaten teil.
Zum Gedenken an die Opfer der Haymarket Affair ruft der Kongress den 1. Mai 1890 zum „Kampftag der Arbeiterbewegung“ aus. Seine zentrale Forderung ist die Verkürzung der Arbeitszeit auf acht Stunden.

1891 beschließt der Kongress der „Zweiten Internationale“ in Brüssel, den 1. Mai in Zukunft jedes Jahr zu feiern und als Tribüne für die Durchsetzung der Forderungen der ArbeiterInnenbewegung zu nutzen.
Die Nordamerikanische Gewerkschaftsbewegung will sich auch terminlich von den Ereignissen am Haymarket distanzieren und veranstaltet ab 1894 jeweils am ersten Montag im September den „Labor Day“.

Der 1. Mai in Wien

Wien, 1. Mai 1890. Die „Neue Freie Presse“ zittert gemeinsam mit Wiens Bourgeoisie: „Die Soldaten stehen in Bereitschaft, die Tore der Häuser werden geschlossen, in den Wohnungen wird Proviant vorbereitet wie vor einer Belagerung, die Geschäfte sind verödet. Frauen und Kinder wagen sich nicht mehr auf die Gasse …“

Die „ProletInnen“ gehen auf die Straße. Am Vormittag gibt es in Wien zirka sechzig Versammlungen. Gefordert wird der Acht-Stunden-Arbeitstag. Am Nachmittag ziehen zirka 100.000 ArbeiterInnen in den Prater. Es ist die bisher größte Kundgebung in Wien. Kaiserhof, Adel und Großbürgertum lassen ihre traditionelle „Praterausfahrt“ am 1. Mai ausfallen.

Nur die Demonstration in London übertrifft mit 300.000 TeilnehmerInnen den Maiaufmarsch im Prater. Friedrich Engels schreibt rückblickend:
„Feind und Freund sind einig darüber, daß auf dem ganzen Festland Österreich, und in Österreich Wien, den Festtag des Proletariats am glänzendsten und würdigsten begangen und die österreichische, voran die Wiener Arbeiterschaft sich damit eine ganz andere Stellung in der Bewegung erobert hat.“ Der 4. Mai in London, Marx/Engels-Werke, Bd. 22, Arbeiterzeitung vom 23. Mai 1890. Weiterlesen »

Werner Lang – Arbeitswelten in Bild und Wort

Donnerstag, 26. April 2012

Buchpräsentation, Ausstellung, Lesung

Cover:  Werner Lang, Arbeitswelten in Bild und WortWerner Lang: Arbeitswelten in Bild und Wort. Ein Sammelband über das Thema „Arbeitswelt“. Ausgewählt und zusammengestellt von Werner Lang aus seinen diversen Ausstellungen, Aufführungen; Texten aus Lesungen, Vorträgen und Beiträgen in Zeitschriften und Büchern.

Wann: Mittwoch, 9. Mai 2012 um 19:00 Uhr
Wo: Im MAG3 Schiffamtsgasse 17, A 1020 Wien. (Erreichbar über U2 Taborstraße oder U4 Schottenring/Ausgang U2 Herminengasse).
Einführende Worte: Reinhold Sturm

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Zum Tod von Yvette Z‘Graggen

Dienstag, 24. April 2012

Ausserhalb der Schweiz praktisch unbemerkt, ist die vielleicht wichtigste Schriftstellerin der französischsprachigen Schweiz, die Genferin Yvette Z’Graggen, am 16. April im Alter von 92 Jahren verstorben.

Ohne sich die Mühe zu geben, sich selbst dabei als besonders sympathisch erscheinen zu lassen, schildert sie ein etwas verwöhntes, junges Mädchen, das seine ersten literarischen Arbeiten verfasst, das einige flüchtige Liebschaften erlebt und aus dem ungeliebten Landdienst davon läuft, das aber trotz ihrer Arbeit beim Roten Kreuz und trotz des Urlaubs in Brissago, in dessen einstigem Grand Hotel jüdische Frauen untergebracht sind, zu dem erschütternden Schluss kommt, dass es von der systematischen Abweisung der jüdischen Flüchtlinge nichts, aber auch gar nichts mitbekommen hat.

Als Leser erleben wir dabei den zuweilen schmerzlichen Prozess des Sich-Erinnerns und des Be-Schreibens mit, wobei die persönlich-subjektive Perspektive des Mädchens Yvette durch die zeitlich korrespondierenden Artikel der von ihr abonnierten Tageszeitung „La Suisse“, in der die Behandlung der Flüchtlinge praktisch nicht erwähnt wird, und durch Ergebnisse der neueren historischen Forschung jeweils ergänzt wird. Weiterlesen »

Brillis Wort zum Montag

Montag, 23. April 2012

Ein Hund ein Wort

Redaktionshund Brilli mit grauer Baskenmütze

Mr. Grant

„Hugh Grant (51) kämpft gegen Hundehäufchen vor seiner Haustür. ‚Jemand hinterlässt jeden Tag Hundekot vor meiner Tür‘, sagte Grant dem Sender BBC.“ Dass Herr Grant täglich beinahe in die Kacke tritt, war vor wenigen Wochen einigen Gazetten eine (sehr) kleine Meldung wert.
Ich sag’s gleich: Ich war’s nicht.

Ich bin’s auch nicht, die Bierflaschen auf den Gehsteig krachen lässt. Ich bin’s auch nicht, die ungeniert auf Gehsteige kotzt. Ich bin’s auch nicht, die Zwei- und Vierbeinern grünen und gelben Auswurf vor die Füße spuckt.
Ich bin’s nicht und meine vierbeinigen Genossinnen und Genossen sind’s auch nicht. Und hier nun eine Auflistung jener, den Hundstrümmerln übrigens quantitativ in nichts nachhinkenden Umstände, für die wir jede Verantwortung ablehnen.
Pommes auf Parkbänken, Fleischlaberl auf Fensterbrettern, Aludosen in Blumenbeeten, Plastikflaschen in Sandkisten, Strandliegen in Bächen, Kastenwände auf Baumscheiben, Kühlschränke an Waldesrändern, Zigarettenreste in Trinkbrunnen, Zeitungsreste in Öffis, Nudeln-im-Karton im Rinnstein, (volle) Windeln in Wartehäuschen, Rotztücher auf Rolltreppen. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

Und es ließe sich wohl noch lange darüber grübeln, warum Zweibeiner uns Vierbeiner ständig – Hund könnte hier schon von reflexartig sprechen – mit „Mist und Müll unserer Heimat“ in Verbindung bringen.

Er sei davon besessen, herauszufinden, wer dahinter steckt, wird Herr Grant weiters in den Gazetten zitiert. Ob es ihm in der Zwischenzeit gelungen ist? Vielleicht sollte er mal nachschauen, ob es tatsächlich Hundehäufchen sind.

Ich sag’s gleich: Ich hätte Besseres zu tun.

Ein herzliches Wuff,
Ihre Brilli Paralia

Brillis Elektro Post

STAMMTISCHANALYSEN

Freitag, 20. April 2012

Werkkreis Literatur der Arbeitswelt

Der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt eröffnet den Themenmonat Mai im Aktionsradius Augarten mit künstlerischen „Stammtischanalysen“.

Wo: Gaußplatz 11, 1200 Wien
Wann: Mittwoch, 2. Mai 2012, 19 Uhr

Eröffnet wird die Vernissage mit Werken von: Glaucia Fritsche, Anna Tilde Jäger, David Kurz-Goldenstein, Maria Scheibl, Michaela Söll, Magdalena Steiner, Helga Stimm, Oswald Stimm, und Ljubomir Tobolar.

Es lesen: Eugen Bartmer, Gerald Grassl, Werner Lang, Josef Rieser, Christian Schreibmüller.

An den Zithern:
Weinviertler Zither-Trio

Film: Martin Kersting über Oswald Stimm – Bildhauer

Bonner Mahnmal zum 80. Jahrestag der Bücherverbrennung

Dienstag, 17. April 2012

Zum 80. Jahrestag der Bücherverbrennung in Bonn soll dort bis zum 10. Mai 2013 ein Denk-Mal errichtet werden, welches nicht nur eine Dauerpräsenz auf dem zentralen Rathausplatz gewährleisten wird, sondern in einem interaktiven und sich erneuernden Prozess in mehrfacher Hinsicht in die Stadt, also in ihre Bevölkerung, hineinwirken soll:

„Im vorhandenen Pflaster des Platzes werden Bronze-Bücher der von den Nationalsozialisten verbrannten Ausgaben verlegt. Die Buchrücken schließen mit der Pflasterung ab. Auf ihnen sind Titel und Autoren der verbrannten Bücher zu lesen. Die zunächst zufällig auftauchenden Lesezeichen im Platz verdichten sich an der Stelle vor der Rathaustreppe wo am 10. Mai 1933 die Bücher verbrannt wurden. Dort ist in Form einer Büchertruhe ein wetterfester Archiv-Behälter eingelassen. Seine Inschrift benennt das Ereignis und die Autoren der verbrannten Bücher. In diesem Archiv werden reale Bücher aus der Bibliothek verbrannter Bücher aufbewahrt.”

Über die Initiative zur Errichtung eines Gedenkmals an diese wohl dunkelsten Stunde des Bonner Geisteslebens berichtet der Bonner Generalanzeiger: Weiterlesen »

Brillis Wort zum Montag

Montag, 16. April 2012

Ein Hund ein Wort

Redaktionshund Brilli mit grauer Baskenmütze

Altpapier

„Der muss noch da sein! Ich muss ihn wiederhaben.“ Hohl klingt’s aus der Altpapiertonne. Hauskaspar I beliebt neuerdings darin zu wühlen. In Werbeprospekten, Theaterprogrammen, Eierpackungen, Briefkuverts, Klopapierrollen, Konfetti, Supermarktrechnungen, Post-it-Zettel, Hochglanzmagazinen, Tages- und Wochenzeitungen. Gesucht wird, Kopf in die Tonne steckend, Füße aus der Tonne streckend, nach versehentlich Weggeworfenem. Einmal ist es eine ganz wichtige Zeitungsnotiz, einmal ist es eine ganz wichtige persönliche Notiz, einmal ein Kassazettel, einmal eine Gebrauchsanleitung.

Dieses Mal ist es ein Karton. 47 Zentimeter lang, 33 Zentimeter breit, 22 Zentimeter hoch. Zwetschkes Schlafkiste. Nachdem die beiden Hauskaspars ein richtiges Hundebett für sie gekauft hatten – O-Ton „Wir wohnen hier nicht auf einer Müllhalde!“ – wanderte die Pappschachtel in den Mist. Und Zwetschke wanderte suchend durch die Wohnung. Das neue Möbelstück erntete Nichtachtung, die Hauskaspars ernteten Verachtung. Viele Tage dauerte dieser Zustand an. Zwetschke hielt durch, die Hauskaspars nicht.

Beherzt – O-Ton „Lasst uns dies Trauerspiel beenden!“ – schreitet Hauskaspar I hinunter in die Hauseinfahrt. Öffnet den Deckel der Tonne. Taucht ab. Lässt die eingangs erwähnten Worte ertönen. Taucht auf. Hält triumphierend den Karton in der Hand. Eine Seitenwand ist eingedellt, der Boden etwas eingerissen. Das Klebeband macht’s wieder gut.

Zwetschkes Schlafkarton ist prima. Bedauerlicherweise ist er zu klein für mich. Passend wären die Maße: 60 lang, 40 breit, 30 hoch. Also, wenn Sie sich zufällig von einer Schachtel dieser Größe trennen möchten …

Vielen Dank im Voraus,
Ihre Brilli Paralia

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