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80 Jahre Bücherverbrennung – Literaturquiz Teil 18

Einschließlich dem aktuellen Quiz weiter unten auf der Seite, haben Sie heuer noch sechs Mal die Möglichkeit, auf der Site des „Duftenden Doppelpunktes“ ein literarisches Rätsel zu lösen und Bücher / CDs zu gewinnen.

Ihre Meinung ist uns wichtig:

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Einen Gesamtüberblick über alle bisher veröffentlichten literarischen Rätsel können sie sich auf der Seite „Literaturquiz zur Bücherverbrennung 1933″ verschaffen.

Die Quizfragen

Ein kleiner Tipp: Die Beantwortung der drei Fragen ist spätestens nach dem Lesen des folgenden literarischen Rätsels keine große Angelegenheit.

  • Wie heißt der Autor?
  • Wieviele Hefte umfasst sein Tagebuch?
  • Welche Zeitung veröffentlichte seine „Unpolitischen Erinnerungen“?

Antworten bitte bis zum 08. Oktober 2013 um 12:00 Uhr an: Literaturblog Duftender Doppelpunkt oder über das Kontaktformular.

Erinnerung: Wenn Sie an die jeweils aktuelle Quizrunde erinnert werden möchten, senden Sie bitte einfach ein leeres Mail mit dem Betreff „Literaturquiz Erinnerung“ an das Literaturblog Duftenden Doppelpunkt. oder via Kontaktformular.

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Das literarische Rätsel

„Fang das Wort auf und fülle dein ganzes Herz damit an, und dann gib es weiter an die Menschen. Das Wort heißt Freiheit!“

Über seine Kindheit und Jugend beziehungsweise deren Auswirkung auf sein späteres Leben vermerkt der Publizist, Schriftsteller und politische Aktivist lakonisch:
„Geboren 6. April 1878 in Berlin; Kindheit, Jugend, Gymnasialbesuch in Lübeck; unverständige Lehrer, niemand, der die Besonderheit des Kindes erkannt hätte, infolgedessen: Widerspenstigkeit, Faulheit, Beschäftigung mit fremden Dingen. Frühzeitige Dichtversuche, die weder in der Schule noch im Elternhause Förderung finden, im Gegenteil als Ablenkung von der Pflicht betrachtet werden und deshalb im geheimen geübt werden müssen. (…) Mein Werdegang und meine Lebenstätigkeit wurden bestimmt von dem Widerstand, den ich von Kindheit an den Einflüssen entgegensetzte, die sich mir in Erziehung und Entwicklung im privaten und gesellschaftlichen Leben aufzudrängen suchten. Die Abwehr dieser Einflüsse war von jeher der Inhalt meiner Arbeit und meiner Bestrebungen.“

Sein Vater ist Apotheker und Mitglied der Lübecker Bürgerschaft. An ihn erinnert er sich folgendermaßen: „Es steigt etwas wie Haß in mir auf, wenn ich daran zurückdenke, wenn ich mir die unsagbaren Prügel vergegenwärtige, mit denen alles, was an natürlichen Regungen in mir war, herausgeprügelt werden sollte.“

Über den Direktor des von ihm besuchten Gymnasiums, dem berühmten „Katharineum“, veröffentlicht er 1896 im „Lübecker Volksboten“ eine Glosse. Dies führt zu seinem Schulverweis wegen „sozialistischer Umtriebe“. – Wenige Jahre später legen auch Heinrich und Thomas Mann in ihren Romanen „Professor Unrat“ bzw. „Buddenbrooks“ ein beredtes Zeugnis über den Ungeist dieser Lehranstalt ab. – Er beendet das Gymnasium mit der Untersekunda (10. Klasse) im von Lübeck über 150 Kilometer entfernten Parchim. Anschließend absolviert er auf Wunsch des Vaters eine Apothekerlehre.

Als er erfährt, dass das älteste mittelalterliche Haus Lübecks mit der darin befindlichen „Löwen-Apotheke“ aus Spekulationsgründen abgerissen werden soll, initiiert er eine erfolgreiche Kampagne zur Rettung dieses noch heute zu besichtigenden architektonischen Kleinods. Der Aktion folgt die Strafversetzung durch den Vater nach Berlin. Dort arbeitet der aufmüpfige Sohn vorerst als Apothekengehilfe.

Ab 1901 wirkt er in der Hauptstadt des Deutschen Reiches als freier Schriftsteller. 1904 erscheint unter dem Titel „Die Wüste“ sein erster Gedichtband. Er tritt mit seinen Liedern im Kabarett der „11 Scharfrichter“ auf und schreibt für den „Simplicissimus“.

1908 siedelt er sich dauerhaft in Schwabing an und wird Teil der Münchner Bohème, jenes Kreises von BürgerInnen (KünstlerInnen und LiteratInnen), die, der Doppelmoral ihrer Klasse überdrüssig, keine BürgerInnen mehr sein wollen.

„Die Mitmenschen, die mit lachendem Munde und weinendem Herzen die Kaschemmen und Bordelle bevölkern, die Herbergen der Landstraße und die Wärmehallen der Großstadt, der Mob, von dem selbst die patentierte Vertretung des so genannten Proletariats weit abrückt: Verbrecher, Landstreicher, Huren und Künstler – das ist die Bohème, die einer neuen Kultur die Wege weist.“

Nachdem er in München das Sub- bzw. „Lumpenproletariat“ revolutionär zu organisieren versucht, landet er 1910 erstmalig im Gefängnis.

In der Auseinandersetzung mit den Schriften anarchistischer Theoretiker wie Pierre-Joseph Proudhon, Michail Bakunin, Pjotr Kropotkin und Gustav Landauer, der ihm Mentor und Freund ist, aber auch beeinflusst durch Max Stirner und Friedrich Nietzsche entwickelt er seine Weltsicht.

Über Anarchismus, wie er ihn versteht, schreibt er: „Anarchie bedeutet Herrschaftslosigkeit. Wer den Begriff mit keinem Gedanken verbinden kann, ehe er ihn nicht zur Zügellosigkeit umgedeutet hat, beweist damit, daß er mit den Empfindungsnerven eines Pferdes ausgerüstet ist. Anarchie ist Freiheit von Zwang, Gewalt, Knechtung, Gesetz, Zentralisation, Staat. Die anarchische Gesellschaft setzt an deren Stelle: Freiwilligkeit, Verständigung, Vertrag, Konvention, Bündnis, Volk.“

Während eines Sanatoriumsaufenthaltes im August 1910 fühlt er das Verlangen, ein Tagebuch zu führen. Seine Aufzeichnungen beginnen mit dem lapidaren Satz: „Bei strömendem Regen war ich eben unten im Dorf, um mir dies Heft zu kaufen.“ Seine Devise beim Schreiben lautet: „Also, ich will ehrlich sein, soweit ich es vor mir selbst nur kann …“

Bis 1924 werden seine Notizen 42 Hefte mit rund 7000 handschriftliche Seiten umfassen. Dieses einzigartige Zeitdokument wird nun erstmalig bis auf sieben Hefte, die verschollen sind, im Verbrecher Verlag veröffentlicht.

Zwischen 1911 und 1919, unterbrochen durch die Zeit des Ersten Weltkrieges, gibt er die Zeitschrift „Kain“ heraus, sie trägt den programmatischen Untertitel „Zeitschrift für Menschlichkeit“.
Nach Ausbruch des Krieges versucht er erfolglos einen internationalen Bund der KriegsgegnerInnen zu gründen. Er wird zu einem engagierten Mitorganisator von Protesten und Streiks gegen das Morden.

„Schlaf, mein süßes Söhnchen, oh schlaf,
Weißt ja noch nichts von Unheil und Not,
Weißt nichts von des Vaters Heldentod,
Als ihn die bleierne Kugel traf.
Früh genug wird der Krieg und der Schrecken
Dich zum ewigen Schlummer erwecken …
Friede, behüt´ meines Kindes Schlaf!
Schlaf, mein Söhnchen, oh schlaf …“

1915 heiratet er die niederbayerische Bauerntochter Kreszentia Elfinger. Einige Jahre später schreibt er übe sie: „Diese Frau hat mir der Himmel selbst geschickt.“

Der dänische Schriftsteller Andersen-Nexö meint über das Ehepaar, sie sei „durch und durch Land und freier Himmel“, und er „die Großstadt mit Ästhetik und Bücherluft“ – sie bezeichnet er als „die unerschrockenste Frau, die das bayerische Bauernland hervorgebracht“.

Durch das Fehlen der verschollenen Hefte überliefert uns das Tagebuch nichts über seine Rolle im Januarstreik 1918, in der Novemberrevolution und der Münchner Räterepublik. Die Lücke umfasst den Zeitraum zwischen Oktober 1916 und April 1919. Seine Aufzeichnungen werden erst wieder am 27. April 1919, vierzehn Tage nach seiner Verhaftung, fortgesetzt.

So erlebt er das Ende der Räterepublik im Gefängnis, was ihm als einem ihrer führenden Köpfe möglicherweise das Leben rettet. Dem Blutrausch der bayerischen Freikorps-Einheiten fallen um den 1. Mai 1919 Hunderte RevolutionärInnen, aber auch viele ZivilistInnen zum Opfer. In den folgenden Wochen werden über 2200 UnterstützerInnen der Räterepublik von Standgerichten zum Tode oder zu Haftstrafen verurteilt. Der über ihn verhängte Richterspruch lautet auf 15 Jahre Festungshaft.

„Ich hab’s mein Lebtag nicht gelernt,
mich fremdem Zwang zu fügen.
Jetzt haben sie mich einkasernt,
von Heim und Weib und Werk entfernt.
Doch ob sie mich erschlügen:
Sich fügen heißt lügen!“

Aus dem im August 1919 in der Haft entstandene Gedicht „Der Gefangene“.

Es ist eine Ironie des Schicksals, dass durch die polizeiliche Beschlagnahmung seiner Manuskripte am 13. April 1919 das Tagebuch vor der Vernichtung durch die Konterrevolution bewahrt wird. Als er Ende 1924 durch eine Amnestie freikommt, wird es ihm unversehrt ausgehändigt.

Nach seiner Entlassung aus der Haft engagiert er sich in der Gefangenenhilfsorganisation „Rote Hilfe Deutschland“. Zu diesem Zeitpunkt sind einige Tausend politische Gefangene im Deutschen Reich inhaftiert, manche warten seit 1919 auf ihre Freilassung. Deren Angehörige erhalten keinerlei staatliche Unterstützung und leiden meist große Not. Allein von 1924 bis März 1929 finanziert die RHD Rechtsschutz und Unterstützung für 27.000 Personen und 16.000 Inhaftierte in Höhe von 4 Millionen Reichsmark.

Der Schriftsteller Alfred Kantorovicz äußert sich über ihn folgendermaßen: „Wahrhaftig, wer ihn nicht näher kannte, hätte befürchten können, daß er sogleich eine Bombe aus der Tasche ziehen und unter die Menge werfen würde. Wer ihn aber kannte, wußte, daß er der gütigste, hilfsbereiteste und dabei für seine eigene Person zugleich selbstloseste Mann war, den man sich vorstellen konnte.“

Im Laufe seines Lebens arbeitet er unter anderem als Herausgeber, Redakteur, Lyriker, Dramatiker, Kritiker, Kabarettist, ist ein mitreißender Redner und ein begabter Zeichner. Er illustriert viele seiner Gedichte und sendet seiner Frau anlässlich des 9. und des 18. Hochzeitstages aus der Haft jeweils ein Bilderbuch mit Gedichten und Federzeichnungen.

Von September 1927 bis April 1929 veröffentlichte er seine „Unpolitischen Erinnerungen“ in der „Vossischen Zeitung“. Der Auftrag der Zeitung lautet, zurückzublicken und sich dabei aus der (Tages )politik herauszuhalten. Es entstehen einfühlsame Porträts von ZeitgenossInnen wie Frank Wedekind, Franziska von Reventlow, Peter Altenberg, Karl Kraus oder Joachim Ringelnatz, bei denen im Hintergrund seine politische Sichtweise mitschwingt.

Im ersten Kapitel schreibt er: „Unpolitische Erinnerungen eines politischen Menschen! Aber warum soll ein Ackerbauer nicht, ehe das Korn schnittreif ist, die Blumen holen aus seinem herbstelnden Garten? Die Arbeit auf dem Felde wird darum doch getan. Ich soll Memoiren schreiben? Ich werde euch, meine Freunde, hin und wieder ein paar Blumen aus dem Garten holen. Aber ich habe, wenn auch die Fünfzig bald da sind, auf meinem Ackerfelde noch viel zu tun.“

Noch in der Nacht des Reichstagsbrandes vom 27. zum 28. Februar 1933 wird er verhaftet. Die Stationen seines Leidensweges sind das Polizeipräsidium in Berlin, das Gefängnis an der Lehrter Straße, das KZ-Sonnenburg, das Gefängnis in Plötzensee und die Konzentrationslager Brandenburg und Oranienburg.

Seine Frau berichtet über einen Besuch im KZ Oranienburg: „Er saß auf einem Stuhl, hatte keine Brille auf – man hatte sie ihm zerbrochen – , die Zähne waren ihm eingeschlagen, und sein Bart war von den Unmenschen so zugestutzt, daß der jüdische Typ zur Karikatur gewandelt war. Als er mich sah, stieß er hervor: ‚Warum bist du in diese Hölle gekommen?‘ Und beim Abschied: ‚Eins merke dir, Zenzl, ich werde ganz bestimmt niemals feige sein!‘“

Goebbels spricht das Todesurteil über ihn. „Dieses rote Judenaas muss krepieren!“ Nach einem viele Monate dauernden Martyrium wird er in der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 1934 im KZ Oranienburg von der SS ermordet.

„Das Schicksal kann den Körper prügeln,
kann mit Kandare, Sporen, Bügeln,
den Fuß, die Hand, die Stimme zügeln.
Der Geist steigt auf mit freien Flügeln
und lacht ins Tal von Wolkenhügeln.“

Kreszentia Elfinger gelingt es, den Nachlass ihres Mannes nach Prag in Sicherheit zu bringen. In der Folge emigriert sie in die Sowjetunion und übergibt dort seine Tagebücher und weitere Unterlagen dem Maxim-Gorki-Institut zur Archivierung und Publikation. Kurz danach wird sie festgenommen und verbringt die Zeit bis Mitte der 50er Jahre mit kurzen Unterbrechungen im Gefängnis und in Arbeitslagern bzw. in Verbannung. 1956 darf sie in die DDR ausreisen und stirbt 1962 in Ost-Berlin.

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