Archiv für die Kategorie '“Der Duft des Doppelpunktes”'

Buch auf Reisen

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Die Rote Lilo und der Wolfsmann machen sich auf den Weg nach …?

Zwei Möglichkeiten, die beiden bei einem (fast) unverbindlichen „Date“ kennenzulernen:

Anläßlich der Präsentation der Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann – Literatur der Arbeitswelt“ im Mai 2008 schenkten wir im Rahmen von Bookcrossing einigen Exemplaren in Wien und Umgebung die Freiheit.

Kürzlich haben wir auf ein ähnliches Projekt mit dem schönen Namen „Buch auf Reisen“ hingewiesen. Gerne beteiligen wir uns auch bei dieser Initiative für reiselustige Bücher mit der Anthologie.

Damit der Gedanke von „Buch auf Reisen“ funktioniert, wird der / die BücherfreundIn ersucht, nach dem Genuß der Literatur auf der Seite „Buch auf Reisen“ in der Rubrik „Diese Bücher sind auf Reisen“ über die Anthologie einen kurzen Kommentar zu schreiben und das Buch an eine/n FreundIn oder eine/n Bekannte/n weiterzuleiten.

Wenn Sie sich in 154 Seiten poetischer, spannender, berührender Literatur der Arbeitwelt vertiefen wollen, hinterlassen Sie Ihren Wunsch auf der Bücherwunschliste der Seite „Buch auf Reisen“. Wer am schnellsten reagiert, erhält das Buch zugesendet. Falls Sie bei „Buch auf Reisen“ vorerst nicht zum Zug kommen, schreiben Sie uns einfach eine Mail, in der Sie Ihren Namen und den Wunsch nach der Anthologie festhalten. Am 01. November entscheidet das Los, wer das Buch im Briefkasten vorfinden wird.

Darüber hinaus kann die Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“ in jeder Buchhandlung oder direkt bei uns bestellt werden.

Rote Lilo trifft Wolfsmann. Literatur der Arbeitswelt : Texte des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“ zum Thema Literatur der Arbeitswelt / Petra Öllinger und Georg Schober (HrsgIn). St. Wolfgang; Wien : Edition Art and Science, St. Wolfgang / Wien, 2008. – 154 S. (Reihe „Der Duft des Doppelpunktes“; 1)
ISBN 9978-3-902157-46-1 Pb. : EUR 13,80.- zzgl. Versandspesen: Österreich 1,25 Euro bis 350g, EU-weit 3,50 Euro bis 350g

Der Abend mit der „Roten Lilo“ und dem „Wolfsmann“ ins „rechte“ Bild gesetzt

Sonntag, 1. Juni 2008

Wir möchten uns auf diesem Weg noch einmal bei allen BesucherInnen und UnterstützerInnen der Veranstaltung bzw. des Literaturpreises herzlich bedanken. Mögen die Bilder die Erinnerung an die „Rote Lilo und den Wolfsmann“ wach halten und neugierig auf ein nächstes Mal machen.

Denn trotz einiger „Unkenrufe“ wie beispielsweise, dass das Thema Literatur der Arbeitswelt sowie unser Preis – sinngemäß – nicht zu aktuellen Neuerscheinungen, die von ALLGEMEINEM INTERESSE sind, passen – von einer veranstaltungsverantwortlichen Person einer öffentlichen „Buchleihinstitution“ in Wien geunkt …
Es gab auch Institutions-“Stimmen“, die ihr Desinteresse damit begründeten, dass es sich bei diesen Texten ja nicht um Weltliteratur handelt …
Manchmal blieben die Antworten trotz mehrmaliger Anläufe unsererseits aber auch völlig aus, so wurden wir von KulturredakteurInnen des ORF-Radio-Kultursenders nicht einmal ignoriert …

Wir ließen uns nicht irritieren vom Ignorieren und haben soviel Unterstützung und positive Rückmeldungen erhalten, dass wir in unserem Entschluss, mit unserem zweistufigen Literaturpreisprojekt weiterzumachen, bestärkt wurden. Wir bleiben – sozialkritisch literarisch – dran …

Bilder von der Preisverleihung und der Präsentation der Anthologie am 16. Mai in der Bücherei Sandleiten Wien

Copyright: Andreas Hafenscher / Petra Öllinger

Eine Auswahl der Rückmeldungen zum Abend:

„Eine sensationelle Veranstaltung, die mit viel Herz und Liebe zu ihrem Erfolg getragen wurde. Vielen Dank, dass ich dabei sein durfte, und viel Erfolg und Spaß für das nächste Mal.“

„Eine tolle Initiative und ein spannender Abend! Rundum gelungen.“

„Ein super Abend mit unglaublich wunderschönen Momenten. Musik war total passend sowie der ganze Rahmen hervorragend war.“

„Vielen Dank für den schönen Abend in dieser herrlichen Bibliothek.“

„Wir waren über den vollen Saal überrascht, fühlten uns angenehm durch das Programm geführt, haben gelacht und mitgesungen, wurden auch ein wenig nachdenklich und zum Schluss gut verköstigt. Vielen Dank! Weiterhin viel Glück mit solchen Projekten.“

„Herzlichen Dank. Eine alte Revoluzzerin.“

„Danke für den rundum gelungenen Abend, ich denke, der wird uns allen in guter Erinnerung bleiben!!“

„Toll organisiert, klasse Veranstaltung. Herzlichen Dank, dass ich dabei sein durfte!“

Unsere Literaturpreisverleihung – die ersten Eindrücke vom 16. Mai 2008

Montag, 19. Mai 2008

Die Literatur der Arbeitswelt gab an diesem Abend in der Bücherei Sandleiten im 16. Wiener Bezirk vor über sechzig Gästen ein kräftiges Lebenszeichen von sich: literarisch und musikalisch.
Der Augustin Chor „Stimmgewitter“ animierte uns alle zum Mitsingen von ArbeiterInnenliedern und Highlights aus der Schlagerwelt – neu interpretiert und unplugged.

Der Zuspruch und das Interesse an unserem Projekt ist für uns Motivation und Auftrag, an diesem Thema gemeinsam mit anderen literarisch weiterzuarbeiten.

Petra Öllinger und Georg Schober

PS: Dass das sehr interessierte Publikum nach Veranstaltungsende kaum aus den Räumen der Bücherei zu „bugsieren“ war, hat, den Gesprächen nach zu urteilen, nicht nur am köstlichen Buffet gelegen …

Die Mitglieder vom Augustin-Chor Stimmgewitter bereichern den Abend musikalisch

Die Mitglieder vom Augustin-Chor Stimmgewitter in Aktion

Das Publikum amüsiert sich bei der Darbietung des Augustin Chors

Heimo Gruber führt durch den Abend.

Barbara Finke-Heinrich liest aus ihren Texten.

Barbara Finke-Heinrich liest aus ihren Texte. Ihr zur Seite Traude Korosa.

Traude Korosa liest aus ihrem Text.

Esther Schmidt und Markus Dosch am Podium. Heimo Gruber stellt die beiden vor.

Esther Schmidt liest aus ihrem Text. Ihr zur Seite Markus Dosch.

Markus Dosch liest aus seinem Text.

Gerald Grassl spricht kurz über die Geschichte der Literatur der Arbeitswelt.

Tom Mokkahoff liest aus seinem Text. An seiner Seite Gerald Grassl.

Gerald Grassl liest aus seinem Text.

Das Publikum verfolgt interessiert die Lesungen.

Die geknackten Rätselnüsse

Samstag, 17. Mai 2008

Drei Buchpakete sollten unsere LeserInnen zum Knacken von fünf Rätselnüssen animieren. Wir haben uns sehr über das große Interesse und den Fleiß unserer LeserInnenschaft gefreut – und freuen uns nun auch, dass wir den drei GewinnerInnen in den nächsten Tagen ein Buchpaket zusenden können. Da die Zahl der Einsendungen auch dieses Mal wieder sehr groß war, haben wir uns entschlossen, weiteren sieben NüsseknackerInnen eine literarische Überraschung zu bereiten.

Ein herzliches Dankeschön an alle TüftlerInnen.

Petra Öllinger und Georg Schober

Und hier die Lösungen:

1. Welcher Autor schrieb die berühmte Novelle über den Bau der Semmeringbahn (1848 bis 1853) und wie lautet ihr Titel?

Ferdinand von Saar: Die Steineklopfer.

2. Wessen Namen trägt der von der oberösterreichischen Arbeiterkammer von 1976 bis 1998 vergebene Literaturpreis?

Max von der Grün

3. Von wem stammt der Text zum Lied „Die Arbeiter von Wien“ und welche Wiener Bibliothek wurde von ihm bis 1934 geleitet?

Fritz Brügel: Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek der Arbeiterkammer Wien.

4. Die gesuchte Schriftstellerin wurde 1928 mit dem Kleistpreis ausgezeichnet. Im Sommer 1934 besuchte sie Österreich und nahm an den Prozessen gegen die Februarkämpfer teil. Die Erfahrungen dieses Aufenthaltes verarbeitete sie in dem Roman „Der Weg durch den Februar“. Wie heißt die Autorin? Wie lautet der Titel jenes Werkes, für das sie mit dem Kleistpreis ausgezeichnet wurde?

Anna Seghers: Der Aufstand der Fischer von St. Barbara.

5. Ein deutscher Verlag veröffentlichte den österreichischen Autor 1971 unter dem Pseudonym Max Maetz. Der Titel des Romans: „Weilling, Land und Leute. Bauernroman“. Wäre dem Verlag die wahre Identität des Mannes bekannt gewesen, hätte er das Buch wahrscheinlich nicht publiziert. So aber wurde der Autor auf die Frankfurter Buchmesse als „Max Maetz“ eingeladen, dieser forderte dort in trunkenem Zustand die Pflanzung von Weinreben in der Messehalle. Wie heißt der Autor?

Karl Wiesinger


Raetselnuss, Buecher für die ersten drei GewinnerInnen

Die Bücher für unsere 3 GewinnerInnen


Raetselnuss, Buecher für GewinnerInnen Plaetze vier bis zehn

Die Bücher für die Plätze 4 – 10

Tom Mokkahoff liest Tom Mokkahoff

Freitag, 16. Mai 2008

Tom Mokkahoff liest: „Kommen Sie rein, Knapp“
Mit diesem Text gewann Tom Mokkahoff den ersten Preis in der zweiten Stufe des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“ zum Thema Literatur der Arbeitswelt. Der Text ist in der Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“ (herausgegeben von Petra Öllinger und Georg Schober, 2008) erschienen.

Musikvideo: Adobe Flash Player (Version 9 oder höher) wird benötigt um dieses Musikvideo abzuspielen. Die aktuellste Version steht hier zum herunterladen bereit. Außerdem muss JavaScript in Ihrem Browser aktiviert sein.

Aufnahme und Schnitt: Petra Öllinger
Musik: Gavin Coetzee – „Finch“


Tom Mokkahoff

Tom Mokkahoff

Tom Mokkahoff ist bekennender Wiener mit Philosophiestudium, Untermieter, Kaffeehausgeher, Parkwanderer. Er engagiert sich für die Worte „eiderdaus“ und „sapperlot“. Diverse Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften.
Mehr über Tom Mokkahoff

***

KOMMEN SIE REIN, KNAPP

Kommen Sie rein, Knapp, setzen Sie sich.
Wie läuft es mit den Projekten? Gut? Das freut mich zu hören. Haben Sie da noch Potentiale identifizieren können? Sehr schön.
Aber ich wollte noch etwas anderes mit Ihnen besprechen. Sie wissen ja, dass wir gerade ziemlich unter Beschuss stehen. Die effizienzsteigernden Maßnahmen haben nicht ausreichend gegriffen, wir haben die Übernahme von VBS noch nicht richtig verdaut und die Analysten haben uns downgerated. Jetzt heißt es fressen oder gefressen werden, die Geier umkreisen uns.
Es wird gerade eine neue Strategie entwickelt. Wir müssen etwas tun, um unsere Zahlen in den Griff zu bekommen. Ich setze da voll auf Sie und Ihre Mithilfe, lieber Knapp.
Die letzten Zahlen – ich sage Ihnen das ganz im Vertrauen – sehen nämlich gar nicht gut aus. Sie können sich nicht vorstellen, wie die da oben Druck machen. Ich fürchte, ich kann nicht mehr alles abfangen. Wir müssen uns rasch etwas einfallen lassen.
Das heißt vor allem: Kosten senken. Und das werden wir auch, nicht wahr, Knapp? Deshalb haben wir ja auch die Berater im Haus, die festgestellt haben, dass wir aufgebläht sind. Verkrustet und erstarrt in der langen Periode von Gewinn und Wohlstand. Und Sie wissen ja, wie es ist. Wenn die das sagen, dann müssen wir handeln, nicht wahr, Knapp? Jetzt wird unser Portfolio analysiert, Outsourcing-Szenarios werden gerechnet, für den IT-Bereich ist ein Carve-Out angedacht und der Konzern wird in eine Holdingkonstruktion überführt. Natürlich werden wir auch intern umstrukturieren.
Ja, und deshalb haben wir uns entschlossen, – und glauben Sie mir, wir haben uns das nicht leicht gemacht – uns von Ihnen zu trennen.
Ich weiß, was Sie sagen wollen, Knapp. Auch ich finde es schade, ich bin erschüttert. Ich habe wie ein Löwe gekämpft für Sie, ich hab alles versucht, um Sie zu halten, ich war chancenlos. Aber gegen die Zahlen – Sie wissen es ja selbst am besten – gegen die Zahlen kommt man nicht an. So ist eben das Leben, und so ist das Geschäft, nicht wahr, Knapp? Freut mich, dass wir da einer Meinung sind.
Wir werden jedenfalls ein schönes Paket für Sie schnüren. Und wir bleiben in Kontakt, lieber Knapp. Natürlich, wir bleiben auf alle Fälle in Kontakt. Jetzt holen Sie mal Ihre Sachen. Die Personalabteilung freut sich schon auf Sie, um mit Ihnen Ihren weiteren Weg zu besprechen. Die haben keine Mühen gescheut und haben für Sie ein attraktives Outplacement-Programm gestaltet. Damit – und mit ihren Qualitäten – haben Sie sicher glänzende Perspektiven. Sie waren ja schließlich einer unserer Besten.
Also, alles Gute, Knapp, alles Gute.

Verleihung des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“

Donnerstag, 15. Mai 2008

und Präsentation der Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“

Am 16. Mai 2008 wir der Literaturpreis „Der Duft des Doppelpunktes“ überreicht und die Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“ mit den Texten der PreisträgerInnen und ihrer TutorInnen vorgestellt. Der Augustin-Chor „Stimmgewitter“ bereichert den Abend musikalisch.

16. Mai 2008
19.00 Uhr

Bücherei Sandleiten
Rosa Luxemburggasse 4
1160 Wien

Die AkteurInnen des Literaturpreises.

Programm:

Begrüßung

Eine kurze Geschichte über die Bücherei Sandleiten:
Brigitta Kaiser

Über den Literaturpreis „Der Duft des Doppelpunktes“:
Petra Öllinger und Georg Schober

Über den Augustin Chor:
Mario Lang

Preisverleihung und Lesung:
3. Platz – Preisträgerin: BARBARA FINKE-HEINRICH
Tutorin: TRAUDE KOROSA

Preisverleihung und Lesung:
2. Platz – Preisträgerin: ESTHER SCHMIDT
Tutor: MARKUS DOSCH

Eine kurze Geschichte über die Literatur der Arbeitswelt: Gerald Grassl

Preisverleihung und Lesung:
1. Platz – Preisträger: TOM MOKKAHOFF
Tutor: GERALD GRASSL

Durch das Programm führt Heimo Gruber.
Der Augustin Chor „Stimmgewitter“ bereichert den Abend musikalisch.

Für das leibliche Wohl an diesem Abend sorgen:

Frau Adelheid Neubauer
Buffet der Technisch Gewerblichen Abendschule
Plösslgasse 13
1040 Wien
Tel.: ++43 / (0)1 / 501 65 / 3070

Weinbau Netzl
Rosenbergstraße 1
2464 Göttlesbrunn
Tel.: ++43 / (0)2162 / 8201

Herzlichen Dank

Weitere SponsorInnen und UnterstützerInnen des Literaturpreises finden Sie in unserem Literaturblog „Duftender Doppelpunkt“ in der Rubrik SponsorInnen.

Susanne Gregor liest Susanne Gregor

Montag, 12. Mai 2008

Susanne Gregor liest: „Maschinenlärm“
Susanne Gregor ist eine der fünf WürdigungspreisträgerInnen des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“ zum Thema Literatur der Arbeitswelt. Ihr Text ist in der Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“ (herausgegeben von Petra Öllinger und Georg Schober, 2008) erschienen.

Musikvideo: Adobe Flash Player (Version 9 oder höher) wird benötigt um dieses Musikvideo abzuspielen. Die aktuellste Version steht hier zum herunterladen bereit. Außerdem muss JavaScript in Ihrem Browser aktiviert sein.

Aufnahme und Schnitt: Petra Öllinger
Musik: Ekreh – „Steinway Song“, Ekoh – „Nocturne“, Switchyard – „Salt of the sea“


Susanne Gregor

Susanne Gregor

Susanne Gregor wurde 1981 in Zilina – Slowakei – geboren, sie lebt seit 1990 in Österreich. Sie studierte Germanistik und Publizistik an der Universität Salzburg und unterrichtete dann Deutsch, unter anderem in Budapest und an der Universität New Orleans. Seit 2005 lebt sie in Wien, unterrichtet Deutsch als Fremdsprache und engagiert sich ehrenamtlich für die Caritas. Das Schreiben hat sie immer schon begleitet; „Maschinenlärm“ ist die erste veröffentlichte Kurzgeschichte.

***

MASCHINENLÄRM

Sie hatte alles Vieh nach Hause getrieben und klopfte einem Rind auf den Rücken. Vor dem Stall tauschte sie die Gummistiefel gegen Holzpantoffel. Am Tisch stand eine Suppe aus Innereien und über der Bank hing der gekreuzigte Jesus. Sie holte etwas Brot und ein Glas Milch aus der Kammer. Das Schmatzen ihres Bruders hatte in ihren Ohren ein Echo. Sie drückte ihre Fingerspitzen gegen die Krümmel auf der Tischdecke, damit sie kleben blieben. Nach dem Abendessen strich der Vater seinen Schnurrbart zurecht und sagte du musst dir eine Arbeit suchen. Er sagte es, als sage er, die Erde ist braun. In dieser Nacht konnte sie nicht schlafen. Sie zog die Vorhänge zu und doch sah sie, wie der Mond sie auslachte.

Am nächsten Tag saß Tante Angela am Tisch und schnaufte. Ich bin über den Hügel vom Meiereder herübergelaufen, hechelte sie ihr ins Gesicht. Du kannst beim Weiniger arbeiten, ich hab ein gutes Wort für dich eingelegt, sagte sie und klopfte ihren Löffel am Tassenrand ab. Die Mutter schlug die Hände vor der Brust zusammen, mach mir keine Schande, Kind! Der Vater nahm den Hut vom Haken und zog die Stiefel an. Es war also beschlossen.

Am nächsten Morgen zog sie ihr gutes Gewand aus dem Schrank. Die Mutter stand in der Ecke und sah ihr wortlos zu. An der Tür drückte sie ihr ein Stück Brot in die Jackentasche. Der Mond stand noch immer klar am Himmel und lachte.

Sie bekam eine blaue Weste mit gelber Aufschrift am Rücken. Am Klo sah sie sich damit lange im Spiegel an. Eine dicke Frau erklärte ihr den Arbeitsablauf. Aus ihrer Weste quoll saurer Schweißgeruch. Nimm die Hüllen vom Fließband und schlichte sie in die Schachtel. Es müssen 340 sein. Verzähl dich nicht. Immer 340. Wenn die Schachtel voll ist, verschließt du sie. So. Und dann reichst du sie auf die andere Seite. Sie begann und die dicke Frau blieb mit verschränkten Armen hinter ihr stehen. Die Uhr über ihren Köpfen zeigte 6 Uhr. Die kleinen Hüllen waren kaum größer als ihr kleiner Finger. Gern hätte sie gewusst, wofür sie waren. 340 in eine Schachtel. Sie zählte langsam und sorgfältig. Die dicke Frau zählte mit.

Um halb zehn hielt das Fließband an und sie holte ihr Brot aus der Tasche. Alle anderen gingen die Treppe hinauf. Als sie zurückkamen und sie noch an ihrem Brot kaute, lachten sie. Morgen würde sie auch die Treppen hinaufgehen.

Als sie am Abend nach Hause kam, war das Vieh schon im Stall. In der Küche waren die Fenster beschlagen und der Tisch schon gedeckt. Die Mutter stand mit hinaufgekrempelten Ärmeln am Herd.Trags dem Vater zu Tisch. Der Vater setzte sich, dass die Bank unter ihm krachte. Hat dich jemand geschimpft? Fragte er. Sie schüttelte den Kopf.

In der Nacht hatte sie immer noch den Maschinenlärm in den Ohren. Sie zog sich die Decke über den Kopf und konnte dennoch nicht schlafen.

Am nächsten Tag war die dicke Frau nicht mehr bei ihr. Sie kam aber später ab und zu vorbei und stellte sich für eine Weile hinter sie. Sie wusste immer schon am Geruch, wenn sie hinter ihr stand. 340 in eine Schachtel. Verzähl dich nicht. Als das Fließband stehen blieb, eilte sie mit gesenktem Kopf die Stufen hinauf. Die anderen flüsterten trotzdem. Oben war ein großer Speisesaal mit Holztischen und Bänken. Sie bekam ein Tablett mit Teller in die Hand gedrückt und stellte sich an. Aus einem Loch in der Wand kam ein Schöpflöffel und ein paar Knödel fielen auf ihren Teller. Alle saßen in kleinen Gruppen an Tischen zusammen. Sie setze sich an einen kleinen Tisch ans Fenster. Die Knödel waren hart aber sie hatte großen Hunger. Mit vollem Mund sah sie die anderen an, aber sie sahen immer weg. Vom Fenster aus konnte man ins gegenüberliegende Gebäude sehen, wo Sekretärinnen fein angezogen auf Schreibmaschinen tippten. Auch sie sahen weg. Zwischen den zwei Dächern war ein Stück Himmel eingeklemmt. Sie sah hinein wie in einen Brunnen. Als sie wieder zu den Knödeln sah, saß an ihrem Tisch ein Mann. Sie hatte ihn nicht kommen gehört. Sie kauten an den Knödeln. Als er fertig war, lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er lächelte. Seine Brille saß wie Wagenräder auf seiner Nase. Dann trug sie ihr Tablett weg und ging zurück zum Fließband. Es rollte noch stundenlang weiter.

Vater und Mutter saßen schon am Tisch, als sie die Haustür hinter sich schloss. Sie holte sich einen Teller und setzte sich zu ihnen. Der Vater streckte die Hand aus und sie legte die paar zerknitterten Geldscheine hinein, die ihr die dicke Frau heute gegeben hatte. Er strich sie mit seiner großen Hand glatt und schob sie in seine Jacke. Hat man dich geschimpft? Fragte er wieder. Sie schüttelte den Kopf. Ihr Bruder betrat mit großem Krach die Küche. So eine Saukälte! Sogar die Kühe sind froh, wenns im Stall sind! Die Mutter richtete ihm einen Teller an und er lachte.

Der nächste Morgen kam genauso unerwartet wie die vorangegangenen. Das Fließband brachte die Hüllen. In der Mittagspause saß sie am gleichen Tisch und beobachtete die Sekretärinnen. Die mussten sicher nicht jeden Tag bis 340 zählen. Dann kam wieder der gleiche Mann und setzte sich zu ihr. Die anderen sahen zu ihnen hinüber. Sie sah lieber nicht vom Teller auf. Es war ja nicht ihre Schuld. Als sie satt war, schob sie die Kartoffeln noch eine Weile von Seite zu Seite. Vielleicht hatte der Mann ja etwas zu sagen. Aber er schwieg. Am Fließband sah sie die anderen zusammen sprechen und lachen. Als sie lächelte, sahen sie weg. Die dicke Frau sah sie nur noch abends, wenn sie das Geld bekam.

Der Vater wartete schon mit seiner offenen Hand. Der Bruder saß am Tisch und schmatzte. Ich hab gehört du hast einen Freund. Er lachte, dass man die zerkaute Wurst in seinem Mund sehen konnte. Der Vater sah vom Teller auf. Das ist nicht wahr! Rief sie. Die Mutter begann zu weinen. Mach mir keine Schande, Kind! Der Vater schlug mit der Faust auf den Tisch und die Mutter schluchzte nur noch ganz leise in die Schürze.

In der Nacht schlief sie mit offenem Fenster. Manchmal hörte sie durch den Maschinenlärm die Kälber schreien.

Als sie am nächsten Tag zum Fließband kam, warteten die Schachteln schon geöffnet auf ihrem Platz. Jemand hatte sie vorbereitet. Vielleicht die dicke Frau. Sie hoffte, das Fließband würde an diesem Tag nicht stoppen. Als es halb zehn wurde, blieb es natürlich trotzdem stehen. Zögerlich stieg sie als letzte die Stufen hinauf. Es gab Leberkäse. Vorsichtshalber setzte sie sich an einen anderen Tisch. Obwohl ihr die Aussicht fehlte. Sie saß in der Mitte des Raums und konnte hören, wie die anderen über sie sprachen. Sie schnitt den Leberkäse in kleine Teile und strich ihn durch das Öl. Da saß er plötzlich wieder vor ihr. Ich habe gehört, du hast heute Geburtstag. Sagte er. Und während sie noch überlegte, woher er das wohl wusste, drückte er ihr plötzlich einen ölverschmierten Kuss auf. Vor Schreck glitt ihr das Besteck aus der Hand und alle lachten.

Gerald Grassl liest Gerald Grassl

Donnerstag, 8. Mai 2008

Gerald Grassl liest: „Stellungnahme“
Gerald Grassl war Tutor im Rahmen des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“ zum Thema Literatur der Arbeitswelt, er arbeitete gemeinsam mit Tom Mokkahoff.

Musikvideo: Adobe Flash Player (Version 9 oder höher) wird benötigt um dieses Musikvideo abzuspielen. Die aktuellste Version steht hier zum herunterladen bereit. Außerdem muss JavaScript in Ihrem Browser aktiviert sein.

Aufnahme und Schnitt: Petra Öllinger
Musik: Fraud – „Stay the same“


Gerald Grassl

Gerald Grassl

Gerald Grassl wurde 1953 in Telfs/Tirol geboren, nach einer kaufmännischen Lehre (als Dekorateur) in verschiedenen Berufen tätig, unter anderem Lektor, Bleisetzer, Galerist, Verleger usw. Zuletzt Kulturredakteur der „Volksstimme“. Von 1979 bis 1984 Sprecher der Werkstatt Wien des „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“. Einige Literaturpreise, Beiträge in Zeitschriften und beim ORF. Diverse Einzelpublikationen und Theaterstücke. Letzte Einzelveröffentlichung: Lieder-CD „Freiheit“, 2003 (vergriffen).

***

STELLUNGNAHME

Werter AMS-Betreuer °)
Ich will nicht
Betreuer beim AMS *)
Trainer von AMS-Kursen *)
Testeinkäufer *)
Controller einer Pizza-Kette *)
Portier in einem Bordell *)
Hausmeister bei einer rechtsextremen Partei *)
Schwarzkappler
Tellerwäscher mit Praxis *)
Küchenhilfe mit Praxis *)
Prosekturgehilfe *)
Mitarbeiter eines Pyramidenspiels *)
Polizeianwärter
Arbeiter in der Rüstungs- oder Chemieindustrie
Berufssoldat
Oder MinistersekretärIn*)
Werden

°) Für Nicht-ÖsterreicherInnen: AMS = Arbeitsmarktservice = Arbeitsamt
*) Vom AMS aus musste ich mich um diese Stellen bewerben

Korrektur:
Ich will
Betreuer beim AMS
(um Arbeitslose zu trösten und zum Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse zu ermuntern)
Trainer von AMS-Kursen
(um sie zu überzeugen, sich bei „arbeitslosensprecherIn“ *) und anderen Initiativen zu organisieren)
Testeinkäufer
(um den Kolleginnen ausschließlich Bestnoten zu vergeben)
Controller einer Pizza-Kette
(um den Kolleginnen ausschließlich Bestnoten zu vergeben)
Portier im Bordell
(um eine Prostituiertengewerkschaft zu gründen)
Hausmeister bei einer rechtsextremen Partei
(um regelmäßig in den Büros meine Notdurft zu verrichten)
Schwarzkappler *)
(um alle Schwarzfahrer laufen zu lassen)
Tellerwäscher mit Praxis
(aber mir fehlt leider die Praxis)
Küchenhilfe mit Praxis
(aber mir fehlt leider die Praxis)
Prosekturgehilfe
(doch fürchte ich, bei diesem „Job“ Alkoholiker zu werden)
Mitarbeiter eines Pyramidenspiels
(aber leider tauge ich nicht zum Betrug)
Polizeianwärter
(um Missstände in diesem Betrieb aufzuzeigen)
Arbeiter in der Rüstungs- oder Chemieindustrie
(um Sand ins Getriebe zu streuen)
Berufssoldat
(um die Soldaten zum Abrüsten zu animieren)
Oder MinistersekretärIn
(um dem Herrn Minister in seinen täglichen Morgenkaffee spucken zu können)
Werden

*) Für Nicht-ÖsterreicherInnen: = Kontrolleur in öffentlichen Verkehrsmitteln