Archiv für die Kategorie 'Lyrik'

Vorfreude auf Weihnachten – Joachim Ringelnatz

Freitag, 22. Dezember 2006

Ein Kind – von einem Schiefertafelschwämmchen
Umhüpft – rennt froh durch mein Gemüt.
Bald ist es Weihnacht! – Wenn der Christbaum blüht,
Dann blüht er Flämmchen.
Und Flämmchen heizen. Und die Wärme stimmt
Uns mild. – Es werden Lieder, Düfte fächeln. -
Wer nicht mehr Flämmchen hat,
wem nur noch Fünkchen glimmt,
Wird dann noch gütig lächeln.
Wenn wir im Traume eines ewigen Traumes
Alle unfeindlich sind – einmal im Jahr! -
Uns alle Kinder fühlen eines Baumes.
Wie es sein soll, wie’s allen einmal war.

Weihnachten – Joseph von Eichendorff

Donnerstag, 21. Dezember 2006

Markt und Straßen stehn verlassen,
still erleuchtet jedes Haus
sinnend geh ich durch die Gassen,
alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen
buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
sind so wundervoll beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
bis hinaus ins weite Feld,
hehres Glänzen, heil‘ges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen,
aus des Schnees Einsamkeit
steigt’s wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit!

Eichendorff – Biographie
.
Literaturnetz – Linksammlung Eichendorff.
Eichendorff-Motive auf Postkarten.

St. Niklas’ Auszug – Paula Dehmel

Mittwoch, 20. Dezember 2006

St. Niklas zieht den Schlafrock aus,
klopft seine lange Pfeife aus
und sagt zur heiligen Kathrein:
„Öl’ mir die Wasserstiefel ein,
bitte, hol auch den Knotenstock
vom Boden und den Fuchspelzrock;
die Mütze lege obenauf,
und schütt’ dem Esel tüchtig auf,
halt auch sein Sattelzeug bereit!
Wir reisen, es ist Weihnachtszeit.
Und daß ich’s nicht vergess’, ein Loch
ist vorn im Sack, das stopfe noch!
Ich geh derweil zu Gottes Sohn
und hol mir meine Instruktion.

Die heil’ge Käthe, sanft und still,
tut alles, was St. Niklas will.
Der klopft indes beim Herrgott an;
St. Peter hat ihm aufgetan
und sagt: „Grüß Gott! Wie schaut’s denn aus?“
und führt ihn ins himmlische Werkstättenhaus.
Da sitzen die Englein an langen Tischen,
ab und zu Feen dazwischen,
den den kleinsten zeigen, wie’s zu machen,
und weben und kleben die niedlichsten Sachen,
hämmern und häkeln, schnitzen und schneidern,
fälteln die Stoffe zu niedlichen Kleidern,
packen die Schachteln, binden sie zu
und haben so glühende Bächchen wie du!

Herr Jesus sitzt an seinem Pult
und schreibt mit Liebe und Geduld
eine lange Liste. Potz Element,
wieviel artige Kinder Herr Jesus kennt!
Die sollen die schönen Engelsgaben
zu Weihnachten haben.

Was fertig ist, wird eingepackt
und auf das Eselchen gepackt.
St. Niklas zieht sich recht warm an -
Kinder, er ist ein alter Mann,
und es fängt tüchtig an zu schnei’n,
da muß er schon vorsichtig sein!

So geht es durch die Wälder im Schritt,
manch Tannenbäumchen nimmt er mit,
und wo er wandert, bleibt im Schnee
manch Futterkörnchen für Hase und Reh.
Leise macht er die Türen auf,
jubelnd umdrängt ihn der kleine Hauf:
„St. Niklas, St. Niklas,
was hast du gebracht?
Was haben die Englein
für uns gemacht?“

„Schön Ding! Gut Ding! Aus dem himmlischen Haus!
Langt in den Sack! Holt euch was ‘raus.“

In Weihnachtszeiten – Hermann Hesse

Dienstag, 19. Dezember 2006

In Weihnachtszeiten reis‘ ich gern
Und bin dem Kinderjubel fern
Und geh‘ in Wald und Schnee allein.
Und manchmal, doch nicht jedes Jahr,
Trifft meine gute Stunde ein,
Daß ich von allem, was da war,
Auf einen Augenblick gesunde
Und irgendwo im Wald für eine Stunde
Der Kindheit Duft erfühle tief im Sinn
Und wieder Knabe bin…

Hermann Hesse – eine Kurzbiographie.

Universitätsbibliothek der FU Berlin – eine Linksammlung.

Idylle – Gustav Falke

Montag, 18. Dezember 2006

Maria unterm Lindenbaum
lullt ihren Sohn in Schlaf und Traum.

Herr Joseph auch, der wackre Greis,
ist eingenickt und schnarcht ganz leis.

Vier Englein aber hocken dicht
auf einem Ast und schlafen nicht.

Sie schlafen nicht und singen sacht,
kein’ Nachtigall es besser macht!

Groß überm Wald her, Himmelsruh,
hebt sich der Mond und guckt herzu.

Maria reißt die Augen auf,
ihr fiel ein Schlummerkörnlein drauf.

Und ist erst in der halben Nacht,
daß sie bei ihrem Kind gewacht.

Sie sieht in all den Silberschein
mit großen Augen still hinein.

Hört kaum das Lied von obenher,
ihr Herz ist bang, ihr Herz ist schwer,

ein Tränlein fällt ihr auf die Hand
und blitzt im Mond wie ein Demant.

Liedtexte von Gustav Falk.

Trauriger Tag im Winter – Francisca Stoecklin

Sonntag, 17. Dezember 2006

Der Himmel hängt bleich über der kalten Erde.
Frierend irren wir durch entlaubte Alleen.

Am Ufer füttern wir die weißen Möwen,
Hungrige Tiere mit weichem Brot.

Im Armenhaus verwelken die Freudenmädchen,
Verfallen Gesichter, im Mitternachtsweinen.

Auf den Sternen betet man für uns Tote.

Wortblume – Francisca Stoecklin.

fhoelder’s lyrikseite – gedichte von liebe und sehnsucht.

Weihnachtabend – Heinrich Zeise

Samstag, 16. Dezember 2006

Hell prangt des Zimmers weiter Raum!
Welch hehre Augenweide!
Und jubelnd um den Tannenbaum
stehn meine Kinder beide.
Wie jauchzen sie von Lust beseelt,
sich freuend jeder Gabe,
o, könnt ich jubeln, doch mir fehlt
mein blondgelockter Knabe.

Vor Jahren in demselben Raum
klatscht’ er in seine Hände,
und tanze um den Tannenbaum,
der bot so reiche Spende!
Jetzt scheint mir öde, scheint mir leer
das lampenhelle Zimmer,
der Kerzenglanz, das Lichtermeer,
mir däucht’s nur öder Schimmer.

Die Kinder sehn mich fragend an,
was wohl dem Vater fehle?
Ich fasse mich, und lächle dann,
daß ich die Lust nicht schmäle.
Noch hat ihr frisches Kinderherz
von Sorgen nichts erfahren,
doch wird die Zukunft euch den Schmerz
und Kummer nicht ersparen.

Mein Sohn, den ich im Geiste seh’,
wer schmückt die heut dein Bette?
Das Eis bedeckt’s, und kalter Schnee
fällt auf die Schlummerstätte. -
Dort hängt dein Bild in Jugendzier,
bekränzt hängt’s überm Tische,
indes die salz’ge Träne mir
ich von den Wimpern wische.

Bürgerliches Weihnachtsidyll – Klabund

Freitag, 15. Dezember 2006

Was bringt der Weihnachtsmann Emilien?
Ein Strauss von Rosmarin und Lilien.
Sie geht so fleissig auf den Strich.
O Tochter Zions, freue dich!

Doch sieh, was wird sie bleich wie Flieder?
Vom Himmel hoch, da komm ich nieder.
Die Mutter wandelt wie im Traum.
O Tannenbaum! O Tannenbaum!

O Kind, was hast du da gemacht?
Stille Nacht, heilige Nacht.
Leis hat sie ihr ins Ohr gesungen:
Mamma, es ist ein Reis entsprungen!
Papa haut ihr die Fresse breit.
O du selige Weihnachtszeit!

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Texte von Klabund beiZenon.org