Anlässlich des heutigen Frühlingsbeginns können Sie in diesem Beitrag eine kleine Auswahl von Frühlingsgedichten folgender Autoren nachlesen:
Theodor Fontane, Kurt Tucholsky, Christian Morgenstern, Percy Shelley, Rainer Maria Rilke, Georg Trakl, Hoffmann von Fallersleben, Wilhelm Busch, Eduard Mörike, Johann Wolfgang Goethe, Heinrich Heine.
Das Team des „Duftenden Doppelpunktes“ freut sich gemeinsam mit Ihnen auf ein sonniges Frühjahr und hofft, dass sich die folgenden Zeilen aus Erich Mühsams Gedicht „Wollte nicht der Frühling kommen?“ heuer nicht bewahrheiten.
Ja, es waren schöne Tage.
Doch sie haben uns betrogen.
Frost und Sturm und Schnupfenplage
sind schon wieder eingezogen.
Zugeknöpft bis an den Kiefer
flieht der Mensch die Gottesfluren,
wo ein gelblichweißer, tiefer
Schnee versteckt die Frühlingsspuren.
Sturmwind pfeift um nackte Zweige,
und der Rasenplatz ist schlammig.
In mein Los ergeben neige
ich das Auge. Gottverdammich!
FRÜHLING
Nun ist er endlich kommen doch
in grünem Knospenschuh.
„Er kam, er kam ja immer noch“,
die Bäume nicken sich’s zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
nun treiben sie Schuß auf Schuß;
im Garten der alte Apfelbaum
er sträubt sich, aber er muß.
Wohl zögert auch das alte Herz
und atmet noch nicht frei,
es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai.«
O schüttle ab den schweren Traum
und die lange Winterruh‘,
es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag’s auch du!
Theodor Fontane (1819 – 1898)
DER LENZ
Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde,
dann im Kalender und dann in der Luft,
und endlich hüllt auch Fräulein Adelgunde
sich in die frischgewaschene Frühlingskluft.
Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze?
Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst?
Doch seine Triebe kennen keine Grenze –
dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.
Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe:
man schwelgt, wo man nur züchtig beten sollt,
und man zerdrückt dem Heiligtum das gelbe
geblümte Kleid – ja, hat das Gott gewollt?
Die ganze Fauna treibt es immer wieder:
Da ist ein Spitz und eine Pudelmaid
die feine Dame senkt die Augenlider,
der Arbeitsmann hingegen scheint voll Neid.
Durch rauh Gebrüll läßt sich das Paar nicht stören,
ein Fußtritt trifft den armen Romeo
mich deucht, hier sollten zwei sich nicht gehören…
Und das geht alle, alle Jahre so.
Komm, Mutter, reich mir meine Mandoline,
stell mir den Kaffee auf den Küchentritt.
Schon dröhnt mein Baß: Sabine, bine, bine …
Was will man tun? Man macht es schließlich mit.
Kurt Tucholsky (1890 – 1935)
FRÜHLINGSAHNUNG
Rosa Wölkchen überm Wald
Wissen noch vom Abendrot dahinter -
Überwunden ist der Winter,
Frühling kommt nun bald.
Unterm Monde silberweiß,
Zwischen Wipfeln schwarz und kraus
Flügelt eine Fledermaus
Ihren ersten Kreis …
Rosa Wölkchen überm Wald
Wissen noch vom Abendrot dahinter -
Überwunden ist der Winter,
Frühling kommt nun bald.
Christian Morgenstern (1871 – 1914)
Hier klicken und weiterlesen »