Louise Doughty (Ein Roman in einem Jahr) und Andreas Eschbach empfehlen in ihrem Ratgebern für das Schreiben viel zu lesen.
Anderes lesen, um den Schreibenden auf die Schliche zu kommen und ihre Baupläne für die Textkonstruktion nachvollziehen zu können.
Weil das logisch klingt, habe ich mir von meinen ungelesenen Bücherbergen ein paar der jüngeren Bachmannpreisautorinnen in das Badezimmer gelegt.
Eines davon, das ich mir im Vorjahr bei Buchlandung um einen Euro kaufte (da gab es relativ viele Bachmannpreisträgerinnen, die ihre Erst- und Zweitbücher in deutschen Literaturverlagen herausgebracht haben dabei) ist Julia Schochs „Verabredungen mit Mattok“ (Piper).
Die 1974 geborene gilt als ostdeutsches Fräuleinwunder und hat 2005 einen der Bachmannpreise gewonnen. 2004 ist ihr erster Roman erschienen, ich glaube, ich habe sie im Herbst 2005 auch im Radiokulturhaus bei einer Lesung gehört, wo sie mir durch ihren Ernst aufgefallen ist. Außerdem übersetzt sie Fred Vargas Kriminalromane, was ich interessant finde.
Das 131 Seiten umfassende Buch habe ich mir als nächsten Lesestoff herausgesucht, um von einer weit jüngeren zu lernen, beziehungsweise zu sehen, wie sie es bei ihrem ersten Roman machte.
Einen Ostseetext habe ich mit „Möwenflug oder Sedelmeyers Begnungen“ 2001 allerdings auch schon geschrieben.
In diesem Kurzroman, den ich auch mehr für eine Novelle halten, als Endzeitnovelle würde ich es von der Stimmung her bezeichnen, geht es um einen nebeligen Frühsommer in einem Ostseebad.
An der Küste ist gerade ein Tanker auseinander und eine Umweltkatastrophe ausgebrochen, während die Katastrophe für die Taschentrickkünstlerin Claire in der Unheilbarkeit ihres Ekzems der rechten Hand liegt.
Sie bekommt die Diagnose auf Seite eins verkündet, wirft daraufhin dem Mediziner eine schwere asiatische Dekorationskugel am Gesicht vorbei, um anschließend Mattok kennenzulernen und mit ihm am Strand spazieren zu gehen, wo die Helfer ihre Rettungsversuche starten, das Ostseebad immer leerer und das Hotel immer unbewohnbarer wird.
Claire weigert sich jedoch abzureisen, besucht mit Mattok, der mit einem Koffer voller Kleingeld, das von einem Bankraub zu stammen scheint, herumzieht, das Geburtshaus eines berühmt gewordenen Dichters, von dessen Existenz die Kartenveräuferin bis zur Museumseröffnung nichts wußte und in dessen aus der Großstadt herbeigeschafften Arbeitszimmer, Hausschuhe und unlesbare Manuskripte ausgestellt werden.
Sie gehen ins Kino, essen in dem nur mehr notbeleuchteten Hotel Cornedbeef und Brotscheiben, das sie auf einem Geschirrwagen bereitgestellt finden, bis Mattok nach einem Fluchtversuch in eine schmutzige Düne fällt und Claire an den Strand hinauszieht und ihre Hände solange in das angesammelte Öl steckt, bis sie von den Helfern in das Lieblingslokal zurückgetragen wird.
Eine charmante schräge Liebesgeschichte, lese ich in den mir ausgedruckten Rezensionen, minimalistisch und kühl erzählt. Genau geschildert und schöne, teilweise sehr originelle, Bilder würde ich selbst beschreiben.
2008-09-16
Verabredungen mit Mattok
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