Heute gabs gleich zwei Veranstaltungen zum Thema Schreiben. Und zwar erstens die Lesung der „Hausdurchsuchung“ des deutschen Literaturinstitutes Leipzig, wo sich fünf der dort zum Studium Auserwählten, in die Karten schauen ließen, um zu zeigen, daß sie nicht weltfremd sind.
Ich finde die Aktivitäten der ehemaligen DDR-Dichterbildungsanstalt, die nach der Wende geschlossen werden sollte und von Josef Haslinger sozusagen unter Importierung des amerikanischen kreativen Writing-Guts gerettet wurde, sehr interessant und verfolge die Institutsaktivitäten auch über das Internet. So gibt es die „Hausdurchsuchung“, also Werkstattlesungen der Studenten und die „Tippgemeinschaft“, die jährlich herausgegebene Anthologie und bei der Diskussion dann noch die Info, daß von den sechshundert Bewerbern fünfzig bis sechzig zu einem Auswahlgespräch eingeladen werden von denen zehn bis zwanzig aufgenommen werden.
Da stelle ich mir die Frage , was passiert mit den anderen? Eine Antwort kommt vom Writersstudio, von dem ich die Einladung zum Infoabend zu „Life writing – über das Leben schreiben“ bekommen habe. Und da die Kaiserstraße auf dem Weg zur Hauptbücherei liegt, konnte ich mir beides geben, obwohl ich nicht unbedingt autobiografisch schreibe, sondern mich in meinen Texten gerade davon zu abstrahieren lerne. Aber natürlich ist alles autobiografisch und alles auch gleichzeitig nicht und das Spannende liegt in der Abänderung beziehungsweise im Detail. Lebensgeschichten schreiben ist derzeit auch gerade in. So bieten Marlen Schachinger, Anni Bürkl und noch einige andere solche Seminare an, ich höre auch immer von Personen, die ihre Lebensgeschichten schreiben wollen und dafür einen Coach suchen und bin auch im Verteiler der „Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen“, die mich zu ihren Aktivitäten lädt.
So habe ich, da ich gern über den Tellerrand hinausschaue, heute ein intensives Programm gehabt. Es war nur zeitlich zu knapp bemessen, so daß ich von dem einen früher weg mußte, um beim anderen zu spät zu kommen. Ich bin in die Lesung von Sascha Macht hineingeplatzt und habe im Publikum niemanden außer Marlen Schachinger gekannt. Es gab aber eine Diskussion und man konnte sich erkundigen, wie das Schreiben lernen in Leipzig funktioniert. Die Texte, die ich hörte, waren sehr interessant und Constantin Göttfert stammt auch aus Wien und hat im Sommer beim Klagenfurter Literaturkurs gelesen.
Jetzt ein Bericht aus der eigenen Schreibwerkstatt. Ende Oktober, Anfang November bin ich in den letzten zwei Jahren jeweils mit einem Roman fertig geworden und habe dann gleich eine kürzere Erzählung daran gefügt. So entstand 2006 der Wiener Stadtroman mit der Erzählung „Wilder Rosenwuchs“, die im Jänner bzw. Mai 2007 erschienen sind. Im vorigen Oktober habe ich „Und trotzdem“ beendet und mit „Novembernebel“ begonnen, der in den Weihnachtsferien 2007/08 fertig geworden ist.
Bei der „Radiosonate“, die länger ist, ist das ein bißchen anders. Da werde ich wohl erst im nächsten Jahr mit dem Neuen beginnen und die Erzählung fällt aus. Das „Literaturgeflüster“ ist aber auch recht aufwendig und nimmt einige Zeit in Anspruch, obwohl ich den Text ja mag und die Phase, in der ich mich leicht ablenken ließ, überwunden ist.
Noch einige Kleindetails aus dem Schreiberinnenalltag. Alfred ist aus Griechenland zurückgekommen und hat mir Rosen und Uwe Tellkamps „Turm“ mitgebracht, der meine Absicht, als nächstes Birgit Vanderbeke im Doppelpack zu besprechen, verändern wird und ich nur „Geld oder Leben“ zu Ende lese, was, um an meinen letzten Artikel anzuschließen, ein leicht und locker daher geplaudertes Buch ist, das die menschlichen Katasthrophen, Krisen und Unzugänglichkeiten aus der Sicht eines Kindes im jugendlichen schnodderigen Tonfall schildert und mir gerade deshalb gut gefällt.
Und bezüglich der allgemeinen Weltlage, die stündlich in den Nachrichten zu hören ist, habe ich von Hilde Schmölzer heute ein „Gedicht für Aktienbesitzer“ gemailt bekommen, das Kurt Tucholsky 1930 in der Weltbühne veröffentlicht hat, das so aktuell grauslich ist, daß einer das Schaudern überfällt und sie sich fragen muß, wann denn jetzt der dritte Weltkrieg kommt?
Wobei zu ergänzen ist, daß Alfred inzwischen herausgefunden hat, daß das Gedicht wahrscheinlich von den Freiheitlichen ist, was auch ganz interessant ist. (Sudelblog.DE, Frankfurter Rundschau)