Nachdem meine Diagnostik-Klientin nicht gekommen ist und auch die neunzehn Uhr Stunde ausgefallen ist, bin ich doch in die alte Schmiede gekommen.
Vorher war ich noch in Sachen Neujahrsvorsätze aktiv und habe mir das Widerspruchsformular bezüglich Organentnahmen ausgedruckt und mich auch wegen einer Patientenverfügung erkundigt.
Das habe ich schon lange vor mir hergeschoben und so bin ich mit gutem Gewissen in die alte Schmiede aufgebrochen, in der vier unterschiedliche Erzählweisen präsentiert wurden.
Walter Wippersbergs „Eine Rückkehr wider Willen“ hab ich zwar versäumt, aber Barbara Neuwirth hat gerade über ihre Erzählung „Das steinerne Schiff“ gesprochen, die bei meiner Neuerscheinungsrecherche im November irgendwie an mir vorbeigegangen ist und sie erzählte von ihren Bemühungen, sich die Sprache Keplers anzueignenen, von Donauweibchen und Thayasprüngen, beziehungsweisen anderen Erlebnissen eines phanatsiebegabten kleinen Mädchens. Dann mußten wir ins Schmiedemuseum hinübergehen, weil dort Stephan Alfare gelesen hat, der von Helene Hofmann eingeleitet wurde.
Was mich ein wenig wunderte, hätte ich doch gedacht, er wäre ihr zu realistisch, sie hat es aber gut gemacht, wenn ihr der Autor auch immer wieder widersprochen und die Pointen aus dem Mund gezogen hat.
Helene Hofmann kenne ich aus der Zeit, als ich meine Texte an die Salzburger Literaturzeitschrift „Leselampe“ schickte, später ist sie nach Wien gezogen, seither treffe ich sie immer wieder bei Veranstaltungen und bei einem Lesezirkel in der Hauptbücherei habe ich den Eindruck gewonnen, sie hätte einen elitären Literaturgeschmack.
Stephan Alfare schreibt aber sehr realistisch und ist mir aufgefallen, als er sechs oder acht Gedichte ohne weitere biografische Angaben für das Nachwuchsstipendium einreichte, die mir sehr gefallen haben, leider war mir der Name so unbekannt, daß ich mich nicht traute, ihn vorzuschlagen.
Er hat aber bald begonnen bei Selene zu veröffentlichen, bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt gelesen und jetzt seinen zweiten Roman bei Luftschacht herausgebracht.
Von Alfred bekomme ich gelegentlich seine Bücher zu Weihnachten, so z.B. „Meilengewinner“, aber auch „Das Begräbnis“ und „So wie ich dich anstarre, sehe ich auch aus“, die ich bis auf das letzte auch gelesen habe und wo ich immer sehr beeindruckt vom starken Tonfall des gebürtigen Vorarlbergers und früheren Totengräbers war.
Es war also interessant, wenn auch wenig Publikum, danach ging es wieder in den Hauptraum zur Lesung des ehemaligen Selene-Chefs Alfred Goubran, der jetzt bei Kitab eine Novelle mit dem Namen „Tor“ herausgebracht hat, beeindruckende Kindheitserinnerungen des 1964 geborenen Autors, der erklärte, es mache ihm gar nichts, als altmodisch bezeichnet zu werden, denn wer bitte will schon ein moderner Autor sein, selbst wenn die Auflagenzahlen stimmen.
Um neun gab es noch weniger Publikum und so hörte ich Kurt Neumann sagen, die Idee, vier Texte vorzustellen ist schon gut, nur leider hält das Publikum soviel nicht aus.
Die Schauspielerin Andrea Eckert ist aber gekommen und saß neben mir in der dritten Reihe, so daß ich ihren schwarzen Rock, der rot bestickt war und handbemalte Aufschriften trug, bewundern konnte.
Und die Geschichte von dem Kind, das bei der Nachbarin Blumen stiehlt und dessen Eltern in Sprachlosigkeit versinken, weil die kleine Schwester während eines Umzugs überfahren wird, weil der Bruder das Tor nicht oder schon geschlossen hat, ist ja psychologisch interessant und das beschriebene Haus hat mich an den Almweg erinnert und da ist meine Schwester ja auch von einem Müllwagen überfahren worden, was meine Mutter ebenfalls erstarren ließ, auch wenn wir da schon erwachsen waren.
Danach ging es zurück in den Zeitschriftenraum, es sollte Brötchen geben, aber die sahen schon ein bißchen vertrocknet aus.
Barbara Neuwirth hat sich noch einmal bei mir bedankt und wenn heute abend der Büchner Preisträger Josef Winkler liest, wird es in der alten Schmiede sicherlich voller sein.
2009-01-08
Kleines Fest des Lesens
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Kleine Korrektur: Ich habe nicht gesagt: Wer will schon ein moderner, sondern: wer will schon ein modischer Autor sein.
MfG
Alfred Goubran
Kommentar von Alfred Goubran — 2009-01-20 @ 02:36 |