Gleich die nächste Veranstaltung, die sogenannte Kunst und Kulturmesse des Bezirks Margareten im Rahmen der Wiener Festwochen, Roman Gutsch hat mich im März auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht und ich war bei der ersten Vorbesprechung. Vorher habe ich angefragt, wie es mit dem Honorar aussieht und zur Antwort bekommen, daß die Künstler ihre Werke kostenlos präsentieren können.
„Sehen Sie, liebe Frau Heidegger, das verstehe ich auch unter dem neoliberalen Literaturbetrieb, das vielleicht besonders!“
Denn da hat sich in den letzten Tagen bezüglich meines Artikels „Zwischen den Festen“ ein interessanter Diskurs angebahnt.
Ich muß gestehen, mir gefällt der Begriff „neoliberaler Literaturbetrieb“, er ist schön griffig und plakativ und stimmt sicher auch, denn der Neoliberalismus, der, wie Frau Heidegger so schön schreibt, die besondere Freiheit der Wirtschaft durch politische Freiheit bedingt, hat natürlich seinen speziellen Literaturbetrieb und da heißt es zum Beispiel, jeder hat die Chance sich zu präsentieren. Honorar gibt es zwar nicht, du kannst aber deine Bücher auflegen und brauchst keine Standmiete zahlen.

Büchertisch
Sehr schön, also habe ich meine Büchertasche am Montag gar nicht ausgepackt und nach der Kinderdiagnostik Dienstag Nachmittag den Befund liegen lassen und bin in das Amtshaus Margareten marschiert. Ich kam zwar erst um 18. 35 dran und habe die Lesung von Elisabeth Chovanec, einer, wie es so schön genannt wird, anderen Margaretner Künstlerin versäumt und auch den Büchertisch nicht gleich gefunden. Denn der, der für mich reserviert war, war von einer Dame besetzt, die vertrieben wurde und meine Bücher hingeräumt.
Zu der kostenlosen Lesemöglichkeit wurde mir noch der kostenlose Eintrag im „Margareten kulturell – Künstler Almanach“ angeboten, der an alle Margaretner Haushalte verschickt wird und das ist schon was, die Psychotherapeuten müssen für diesbezügliche Bezirkseintragungen bezahlen.
Nur leider nützt der gute Wille nichts, denn unter meinem Namen steht jetzt http://www.stimmgewitter.at und das ist erstens die Homepage des Augustin Chors und zweitens genau das Gegenteil vom Literaturgeflüster.
Also wieder einmal Pech gehabt. Im Internet Bezirkskünstlerverzeichnis bin ich ohnehin noch nicht drin, das wäre also eine Chance http://www.jancak.at und literaturgefluester.wordpress.com richtig einzutragen.

Kunstkolchose ahoj
Es kam dann bald die Kunstkolchose ahoj mit „Globalisiertes Taschentheater im Weltformat“ an die Reihe, das war ein Kasperltheater, das von Alfreds Tischler Franz Mayr, der uns ein Bett und die Küche in der Krongasse gemacht hat, seiner Frau Carina Nekolny und noch einem Mann aufgeführt wurde, vorher setzte sich der Bezirksvorsteher neben mich, nahm eines meiner Bücher in die Hand und sagte „Jetzt reden Sie mit mir!“, während uns ein Fotograf knipste.
Ich erzählte ihm, daß die „Viertagebuchfrau“, das er erwischte, von den ersten hundert Tagen der blau-schwarzen Regierung im Jahre 2000 handelte, aber ehe ich fertig war, war das der Fotograf. Herr Wimmer unterbrach mich, sagte knapp „Ich wünsche viel Erfolg!“ und verschwand zum nächsten.
Nun ja, es lebe der neoliberale Literaturbetrieb, man kann es aber auch anders nennen. Es gab Getränke und Brötchen, Frau Heidegger will das ja gerne wissen und während ich mit meiner Erzählung „Novembernebel“ an die Reihe kam, beobachtete meine Schulfreundin Edith Brocza die älteren Damen, die ihre Tupperdosen aus der Tasche zogen und die Brötchen einpackten, das ist nicht neoliberal, ich muß aber gestehen, ich mache das auch manchmal.

Lesung
Diesmal saß ich aber auf der Bühne, Frau Rökl vom readingroom hat mich sehr schön angekündigt und plagte mich mit dem Mikrophon. Zu dem Zeitpunkt wo ich las, war es sehr laut, weil die Türen zu dem Raum mit dem Buffet und dem, wo die bildenden Künstler ihre Werke ausstellten, offen waren und dann standen auch die Raucher am Gang. Ich habe den Beginn vom „Novembernebel“ gelesen, danach ein paar Brötchen gegessen, Wein getrunken und mich mit Edith Brocza, Alfred und noch einigen anderen unterhalten.
Nach mir kam Kurt Raubal mit seinem „Enten“-Sprechtheater an die Reihe und Tanja Ghetta brachte Ausschnitte aus einem Kabarettprogramm, wo es um neue Bestattungsriten ging und das hat mich betroffen, war ich doch am Montag am Ottakringer Friedhof beim Begräbnis meiner alten Freundin Monika Jensen, der ich literarisch viel zu verdanken habe und dann ist die Franka Stein in meinem Wirtschaftsroman inzwischen eine Begräbnisrednerin geworden, das habe ich mir von Daniela Schmeiser abgeschaut.
Danach folgte der Star des Abends, was außer mir aber, glaube ich, niemand wußte, nämlich die Buchprämien und Rauriser Preisträgerin Julya Rabinovich mit ihrem Roman „Spaltkopf“.
Das, was sie gelesen hat, habe ich zwar schon in der Gesellschaft für Literatur gehört, ihre Mutter hat sich aber kurz neben mich gesetzt, meine Bücher angeschaut und sich mit mir unterhalten. Neben meinem Platz gab es auch noch die Peep Show „Pornolyrics“, davon habe ich nicht viel mitbekommen und nach Julya Rabinovich sang Haymon M. Buttinger seine „Rauhen Romanzen“.
Danach rief Gabi Rökl, die das Programm moderierte, alle noch anwesenden Künstler auf, auf mich hat sie dabei vergessen, aber macht nichts, habe ich doch inzwischen gelernt, mich zu melden und ihr zuzuwinken.
Bücher habe ich zwar keine verkauft, aber der Herr Bezirksvorsteher gab mir noch einmal die Hand und ich habe auch zwei unverbindliche Einladungen für ebenfalls kostenlose Lesungen, nämlich einmal in der Augustin Schreibwerkstatt und in dem readingroom, bekommen. Mal sehen was daraus wird.
Mir hat es gefallen, denn ich interessiere mich für Literatur, schaue gern über den Tellerrand und meinen Teilbefund habe ich inzwischen auch geschrieben.
Und etwas Erfreuliches zum Schluß. Lillyberry hat auf ihrem blog gemeldet, daß die Bücher aus ihrer Geburtstagsaktion doch noch kommen werden.
Vielen Dank für Ihre Antworten und ich hoffe, ich war nicht zu vorlaut oder so, ich will ja auch niemand belästigen, nur interessiert hat es mich halt, wie Sie das sehen und meinen.
Aber jetzt habe ich schon wieder eine Frage!
Weil Sie schreiben, dass es kein Honorar gibt und das ist neoliberal. Ich schreibe ja auch, ich bekomme kein Honorar und finde das nicht neoliberal. Denn ist es nicht so, das wir uns erst als „Autorinnen“ beweisen müssen, und dann erst Honorar verlangen können? Ich meine, natürlich wäre es schön, wenn alle gleich Geld kriegen, die sich einbilden schreiben zu können, aber es geht eben nicht. Wenn das neoliberal ist, das jemand kein Honorar kriegt für eine Leistung, auf die niemand neugierig ist, dann weiß ich nicht. Wir müssen eben erst einmal ein Publikum uns erarbeiten! Und ich bin sicher das schaffen wir auch. Aber vorher heißt es „Staub schlucken“! Da kann man sogar auch einmal mit einem Bezirksvorsteher reden, auch wenn ich nicht weiß, was das bringen soll. In diesem Sinne alles Gute Ihnen, liebe Frau Jancak, ich lese weiter eifrig Ihren Blog!
Kommentar von Maria Heidegger — 2009-05-14 @ 13:58 |
Liebe Frau Heidegger!
Jetzt muß ich Ihnen aber richtig widersprechen!
Ich weiß zwar nicht, wie Sie zu Ihrem Schreiben stehen, ob es für Sie ein Hobby ist und wie viel und wie lange Sie schreiben und auch nicht wie gut, aber ein bißchen selbstbewußter können Sie vielleicht schon sein!
Denn es ist sicher kein „Mist“, was Sie schreiben und wenn Sie sich selbst wertschätzen, werden Ihnen auch die anderen zuhören!
Ich schreibe meinen Blog eigentlich von der Profiseite, auch wenn ich einen Brotberuf habe und von etwas anderem lebe, würde ich mich als solche Autorin bezeichnen und bei Lesungen ist es üblich Honorar zu bekommen!
Da gibt es auch die Mindesthonorarforderungen der IG Autoren und sehr viele Autoren, leben davon und betrachten es als Brotberuf. Und da ich seit sechsunddreißig Jahre schreibe, habe ich mir bereits genügend erarbeitet und muß nicht „Staub schlucken“, diesen Ausdruck würde ich auch nicht empfehlen, wenn sie erst kurz schreiben, man bekommt Krebs davon!
Ich bin zwar durch meinen Brotberuf sozusagen in einer Zwischensituation und lese, weil ich das gern tue, auch einmal umsonst, aber ich weiß, daß das meine Kolleginnen, die davon leben müßen, gar nicht gern sehen, deshalb habe ich mir angewöhnt immer nach einem Honorar zu fragen, gibt es keines, ist es vielleicht egal, aber ausnützen möchte ich mich nicht lassen, schreiben ist auch harte Arbeit und manchmal schwieriger, als eine Psychotherapiestunde!
Es ist ein Beruf, wie jeder andere und, daß die anderen nicht auf uns neugierig sind, so würde ich das nicht sehen, wenn ich zu einer Lesung eingeladen werde. Ich glaube, auch der Herr Bezirksvorsteher ist davon ausgegangen, daß er den Margaretnern bei der ersten Kunstmesse, keinen „Mist“, sondern ein kulturelles Ereignis bietet!
Julya Rabinovich, die heuer in Rauris den Förderungspreis bekommen hat, ist z.B. eine bereits anerkannte Autorin.
Die IG Autoren, die sich sehr für die Rechte der Autoren einsetzen, geben eine eigene Zeitschrift die „Autorensolidarität“ heraus, die solche Probleme immer wieder anspricht, die Sie sich ansehen sollten und auch das Handbuch „Literarisches Leben in Österreich“ ist sicher interessant.
Wenn Sie unter http://www.jancak.at nachsehen, finden Sie einen Text „Poesie und Brotberuf“, den ich einmal für ein Symposium geschrieben habe, wo ich sozusagen den Standpunkt der berufstätigen Autorin vertreten habe und mit den „nur“ Autoren Werner Herbst und Bettina Balaka, die unterschiedlichen Standpunkte diskutiert habe.
Also ein bißchen mehr Neoliberalismus, ich bin die Größte und die Beste, wie das so schön heißt!
Kommentar von Eva Jancak — 2009-05-14 @ 17:11 |
Liebe Frau Jancak!
Ich gebe ja zu, dass ich nicht sehr selbstbewusst bin und deshalb habe ich auch nicht gleich antworten können, weil ich mich gefragt habe, ob ich vielleicht etwas Falsches gesagt habe. Wenn ja, das tut mir dann leid. Und alles, was Sie sagen, ist sicher richtig. Ich frage mich nur, ob man, wenn man bei einer Veranstaltung mitmacht, bei der es einfach darum geht, dass der Herr Bezirksvorsteher die Bezirkskünstler einlädt sich vorzustellen, dann gleich ein Honorar verlangen kann.
Ich meine, er lädt nicht ein, zu lesen, er sagt, jeder kann sich vorstellen. Das ist doch nicht dasselbe.
Ich stelle mir vor: Auf dem Naschmarkt sagt der Bezirkschef, jeder darf seine Bilder ausstellen oder seinen Stand aufbauen und seine alten Bücher verkaufen, und dann kommt einer her und sagt: Ich will ein Honorar! Das geht doch nicht oder?
Das Autorinnen und Autoren für Lesungen Geld bekommen sollen ist ja ganz richtig! Aber irgendjemand muss das auch zahlen! Und wenn ein Autor zu wenig Interessierte an seinen Büchern hat, dann muss er eben warten, bis er sich die erarbeitet hat. Es kann nicht jeder hergehen und sagen, schwups, da bin ich und ich bin jetzt Schriftstellerin und will ein Honorar. Sonst wollen wir das alle! Und wenn wir das nicht kriegen, sagen wir, das ist alles neoliberal.
Ich war bei einer Lesung von Herrn „Enquist“ und der Saal war ganz voll und natürlich bekommt der ein Honorar, weil ja viele ihn hören und sehen wollten und gezahlt haben! Das ist nicht neoliberal, sondern ganz normal Angebot und Nachfrage. Mein Mann ist Bäcker und wenn der sich vor den Laden stellt und Sie gar nichts wollen, aber er sagt, er will trotzdem Geld, als ob Sie ein Semmerl gekauft hätten, was sagen Sie da?
Entschuldigung, das ich Sie so belästige, aber es kommt mir so komisch vor.
Und das zweite ist, wieso glauben Sie, das ich sicher keinen Mist schreibe? Sie kennen mich ja nicht! Sie können gar nicht wissen, was ich schreibe. Vielleicht ist es ja Mist?!? Ich glaube oft es ist Mist. Die anderen schreiben einfach viel schöner, kommt mir vor.
Das Sie seit 36 Jahren schreiben ist eine Leistung vor der ich den „Hut ziehe“ (obwohl ich keinen habe!) und natürlich brauche ich Ihnen da nichts erklären. Aber die Zeit, die jemand etwas macht, beweist noch nicht, das er alles erreicht hat und vielleicht muss er trotzdem noch „Staub schlucken“ weil er noch nicht alles erreicht hat, was er erreicht haben muss, um das zu kriegen was er will, zum Beispiel, Honorare für Lesungen. Es gibt auch Menschen, die auch nach 36 Jahren noch nicht malen oder singen oder tanzen können, obwohl sie es dauernd machen, weil sie es eben gern tun! Mein Vater hat so gern gesungen! Aber er hat immer falsch gesungen! Die „Onidin-Linie“ hat er gern gesungen und „Trulla, tanz mit mir“ und „Der Dompfaff“ und wir alle konnten alles auswendig. Aber er hat wirklich nicht schön gesungen und die Töne nicht getroffen. Und keine von uns konnte ihm das ausreden, das er dauernd singt! Ich meine nicht, das das bei Ihnen so ist, ich meine nur, das die Zeit nichts beweist.
Entschuldigung, das ich Ihre Zeit so beansprucht habe und wünsche viel Erfolg! Hoffentlich sehe ich sie einmal bei einer (hoffentlich bezahlten) Lesung!
Kommentar von Maria Heidegger — 2009-05-15 @ 10:23 |
Ja, das sind alles Fragen, bei denen es herrlich im Kreis schreiben und vielleicht auch provozieren läßt.
Da das der Literatur aber schaden kann, will ich mich nicht wiederholen und stelle nur fest, daß ich es gut finde, wenn viele Menschen schreiben, singen, malen, tanzen ect. und Honorar bei einer Lesung für mich im Sinne von Angebot und Nachfrage so selbstverständlich ist, wie ich die Semmeln bezahle, die ich beim Bäcker kaufe.
Bei einigen der genannten Punkte gibt es auch gut fundierte Meinungen und Statesments der IG Autoren, die man in der „Autorensolidarität“ nachlesen kann.
Natürlich weiß ich nicht, ob Sie „Mist“ schreiben, glaube aber, sowohl als Psychotherapeutin, als auch, als seit sechsunddreißig Jahren schreibende Frau, daß Sie das, sofern Sie sich ernsthaft bemühen, regelmäßig an sich arbeiten und Ihre Arbeiten in einer Gruppe diskutieren, wahrscheinlich nicht tun.
Wie ich schreibe, können Sie meinen Veröffentlichungen, es gibt einige Anthologien, die noch erhältlich sind, den Textproben auf meiner Homepage und meinen bezahlten und unbezahlten Lesungen entnehmen, da Sie die Lesung von Per Olov Enquist erwähnten, nehme ich an, daß Sie in Wien wohnen, dann können wir uns vielleicht einmal auf einer Veranstaltung treffen und unsere unterschiedlichen oder auch übereinstimmenden Ansichten über Literatur austauschen.
Denn jetzt interessiert es mich natürlich, was und wie Sie schreiben.
Zum Schluß noch die Bemerkung, daß einige Werke, die auch die professionellesten Kritiker für Mist gehalten haben (entartete Kunst), sich im Laufe der Zeit, als die größten Kunstwerke entpuppt haben.
So, daß ich meine, daß es mit einer „Mistdefinition“ nicht so einfach ist und man dabei sehr vorsichtig sein sollte, damit man sich nicht später einmal mit einem Fehlurteil lächerlich macht und die Psychotherapeuten sehen das Ganze noch einmal anders!
Kommentar von Eva Jancak — 2009-05-15 @ 16:03 |
Sehr geehrte Frau Jancak!
Danke für den ausführlichen Bericht zur „Margaretner Kunst- und Kulturmesse“. Dass nicht alles Eitelsonnenschein war, ist für mich selbstverständlich. Einerseits die Akkustik – aber das habe ich bei der Vorbesprechung schon befürchtet – andererseits einige Dinge im Ablauf sind verbesserungswürdig und wurden auch bei der Nachbesprechung, soweit mir berichtet wurde, angesprochen.
Bezüglich Honorar: Grundsätzlich stimme ich mit Ihnen überein, dass ein/e Bäcker/in seine/ihre Semmeln gezahlt bekommt und Künstler/innen dies ebenso bekommen sollten. Wenn ich diesen Parameter auf unsere Arbeit (read!!ing room, Art Margareten, Margaretner Kulturadventkalender uvm.) anwende, müsste ich die Arbeit sofort einstellen. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Kommentar von Neil Y. Tresher — 2009-06-05 @ 09:38 |
Deshalb habe ich ja auch gelesen und deshalb spreche ich auch die für mich noch nicht stimmigen Punkte an
Kommentar von jancak — 2009-06-05 @ 11:05 |