Tag eins der Lesungen der Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt und da ich ein bißchen ehrgeizig bin, habe ich noch ein Extraprogramm dazu gefügt.
So bin ich am Morgen über lillyberry auf einen Bachmannblog gestoßen und habe ein bißchen von der Literaturkurslesung und den Erfahrungen Jan Drees, der ein Kind war, als Rainald Goetz sich 1983 mit der Rasierklinge schnitt und nun das erste Mal in Klagenfurt ist und nicht wußte, wie dort der Dresscode ist und man sich benehmen soll, gelesen.
Das habe ich schon hinter mir, bin ich ja 1996 auf eigene Faust hingefahren und habe, da ich nicht angemeldet war, nicht die Texte bekommen, wegen des Urheberrechts. Wie sich die Zeiten ändern, jetzt kann man sie sich ausdrucken, nachdem der Autor gelesen hat.
Es begann um zehn Uhr mit der Lesung des Schweizer Autors Lorenz Langenegger, der 1980 geboren wurde und ein Buch bei Jung und Jung veröffentlicht hat. Der Text „Der Mann mit der Uhr“ war eine Art deja vue Erlebnis, ging es ja um einen, der sein Leben abwechselnd zwischen den Bänken vor dem Kindergarten und denen auf dem Friedhof verbringt, sich selbst als kauzigen Kerl bezeichnet und von einem Mann angesprochen wird, der auf die Entscheidung einer Beförderung wartet und nachdem er genommen wird, kommentarlos verschwindet.
An etwas Ähnlichem arbeite ich ja an meinem Wirtschaftsroman. Auch da kommen Parkbänke auf dem Friedhof bzw. Spielplatz vor. Ich gebe zu, sprachlich bin ich nicht so weit und war das schon gar nicht, als ich neunundzwanzig war.
Der Jury hat es trotzdem nicht so gut gefallen, es altmodisch genannt und Kafka zitiert, aber ich habe es sehr aktuell gefunden.
Dann kam der noch jüngere Wiener Phillip Weiss, das ist der, der in seinem Portrait nur das Gesicht verzieht. Seinen Text konnte ich leider nicht gleich hören, denn da war der Server überlastet und hat mich hinausgeschmissen. So habe ich mir die ersten zwei Texte ausgedruckt und bin in die Küche gegangen.
Bei der Diskussion bekam ich wieder Kontakt und es wurde interessant, denn da hat der Autor seinen Text, bei dem es um das Schreiben geht, anstrengend hat ihn Clarissa Stadler genannt und Thomas Bernhard wurde als Vorbild zitiert, genommen und ihn aufgegessen, was alle ratlos machte.
Danach kam der Berliner Karsten Krampitz an die Reihe, den ich eigentlich für einen der Favoriten gehalten hatte. Die Jury war aber nicht so überzeugt. Es ging um eine ostdeutsche Geschichte. Republikflucht in den Himmel, passend zum Thema zwanzig Jahre Mauerfall, um einen Pastor, der einmal Uhrmacher war und sich fast zu Tode gesoffen hätte und um einen Spitzel, der einem Journalisten seine Geschichte erzählt und dabei behauptet, daß er niemals Mitarbeiter der Staatssicherheit war und alle gingen dem Autor auf dem Leim und es wurde diskutiert, ob man das beurteilen soll, was man hört oder das, was man sich erwartet.
Danach ging die Jury in die Mittagspause, es folgte wieder eine Diskussion zum Urheberrecht und ich machte mich ins AKH zum klinischen Mittag auf, denn da war ich schon lange nicht und ich soll ja jährlich dreißig Stunden Fortbildung sammeln und außerdem war das Thema „Psychoedukation bei Schizophrenie“ interessant und die beiden Nachmittagstexte lassen sich ja nachhören.
Christiane Neudecker, die ihr Portrait ebenfalls selbst gestaltet hat und sich als Ringkampfkämpferin darstellte, las einen Text, dem sie den Tänzer Frieder Weiss gewidmet hat und der aus der Sicht eines Mannes geschildert wurde, der seinen Schatten verliert, also eine echte Horrorgeschichte ist.
Leider war es nicht möglich, die Diskussion zu hören, er wurde aber sehr gelobt und auch ihr Portrait ist gut angekommen.
Vorher hat noch der 1957 geborene Bruno Preisendörfer seinen Text „Fifty blues“ gelesen, in der ein Psychoanalytiker seinen fünfzigsten Geburtstag feiert und sich dabei mit Gott vergleicht.
Da habe ich hauptsächlich die Diskussion gehört, denn ich hatte ja noch etwas anderes vor. Gab es ja um neunzehn Uhr in der Hauptbücherei die Buchpräsentation der Edition Exil „Zitronenkuchen für die sechsundfünfzigste Frau“ der 1971 in Istanbul geborenen und seit 1983 in Wien lebenden Seher Cakir, die 2005 den „Exil-Preis – Zwischen den Kulturen“ gewonnen hat und das ist interessant. Ist ja Sandra Gugic, die beim Literaturkurs mitmachen durfte, die Preisträgerin von 2008 und Cornelia Travnicek hat da ja auch einmal einen Preis gewonnen.
Die Edition Exil gibt also sehr viel Literarisches her, so hat Julya Rabinowich mit ihrem Roman „Spaltkopf“ den Rauriser Literaturpreis gewonnen und Seher Cakir bekommt inzwischen ein Staatsstipendium.
Als ich eintraf wurde Seher Cakir, die ein schwarzes Abendkleid mit einem roten Schal trug und sehr viel lächelte, gerade vom ORF interviewt.
Das Buch „Zitronenkuchen für die sechsundfünfzigste Frau“ enthält zehn Kurzgeschichten von Frauen mit oder ohne Migrationserfahrungen und Seher Cakir hat davon ein paar in Teilen vorgelesen. So begräbt eine Mutter in der Geschichte „Der Nußbaum“ das neugeborene Baby der Tochter und pflanzt einen Baum darüber und bei „Sevim u. Savas“ geht es um eine Zwangsverheiratung, der Sevim durch Hungerstreik entkommt, als sie aber Savas, nach Österreich zurückgekommen, eine SMS schicken will, bekommt sie keine Antwort, glaubt schon, er hätte sie betrogen, obwohl ihn ihre Familie offenbar inzwischen ermordet hat.
Es gab Musik von Düzgün Celebli und Christa Stippinger wies auf eine Buchparty nächste Woche mit anatolischem Buffet hin.
Buffet gab es auch heute und als ich Christa Stippinger meine neuen Bücher zeigte, hat sie sie mir nicht nur abgekauft, sondern mir auch das von Seher Cakir und eines von Mircea Lacatus geschenkt, der 2007 den Lyrikpreis bekommen hat.
Julya Rabinowich war auch anwesend, hat sich mit Jessica Beer unterhalten und davon gesprochen, daß sie Steven Spielberg fragen wird, ob er nicht ihren Roman verfilmen will, was mir irgendwie bekannt erscheint, bei mir aber ganz anders ist.
2009-06-25
Bachmann mit Zitronenkuchen
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