Literaturgefluester

2009-07-05

In der ehemaligen Synagoge

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:01

Der Sommer hat so seine Rituale. So verbringe ich den Juli und August schon seit einigen Jahren in Harland bei St. Pölten und komme nur tageweise nach Wien, um meine Praxis zu machen.
Ende Juni ist das Bachmannlesen und dann die Sommerakademie des Instituts für jüdischen Geschichte Österreichs und zwar beginnt das meistens Sonntag Abend in der ehemaligen Synagoge in St. Pölten mit einem Festakt.
Dazu wird das Wiener Publikum, der Verteiler stammt von den Wiener Vorlesungen, in Bussen hingefahren und um halb zehn wieder zurück.
Am nächsten Mogen geht es los in Wien, drei Tage mit Vorträgen zu einem bestimmten Thema, voriges Jahr waren es die Zahlen, heuer ist es der bürgerliche Salon.
Dazu gibt es einen Katalog, der vom Vorjahr liegt gegen Spenden auf, am Sonntag ein Buffet und am Dienstag ist meist ein Besuch im jüdischen Museum Wien angesagt.
Ein kleines aber feines Institut, das da in der ehemaligen Synagoge unter Martha Keil forscht und arbeitet und in der Sommerakademie sozusagen seine jährliche Leistungsschau von sich gibt.
Die Stimmung war in den letzten Jahren immer sehr besonders. Am Wochenende waren wir in Harland, der Bachmannpreis wurde meistens an diesem Wochenende vergeben, so daß, wenn ich am Montag nach Wien gekommen bin, etwas nachzuhören oder auszudrucken hatte, da es ja bisher kein Internet in Harland gab und dann war es auch sehr heiß und so ist man in Sommerkleidern durch die Stadt gegangen, wo sich die Touristen tummelten.
Bis vor einem Jahr fand die Tagung im Festsaal der BAWAG im Hochholzerhof statt. Heuer wird es wegen dem Skandal bei der Ersten Bank am Petersplatz und im Palais Mollard sein, zu Mittag bin ich immer schnell in die Krongasse gegangen, habe gegessen und die Telefonate erledigt und dann zurück, anschließend vielleicht noch ein paar Stunden machen und am Abend Rathausplatz. Auf diese Weise habe ich in den letzten Jahren das Hauptstadtfest, das es seit 1986 gibt, versäumt, weil ich den Donnerstag und den Freitag für meine Stunden brauchte, aber heuer war das Bachmannlesen schon vor einer Woche und die erste Woche Sommerfrische ist auch schon vorbei.
Ich war beim Hauptstadtfest und komme gerade von der Eröffnung. Das heurige Thema „Salondamen und Dienstboten“ ist auch besonders interessant, obwohl mir Ruth Aspöck, als ich sie am Donnerstag fragte, ob ich sie sehen werde, etwas anderes sagte.
Der Bus aus Wien war schon da, als wir kamen, einige bekannte Gesichter, obwohl, wahrscheinlich wetterbedingt, weniger Leute gekommen waren.
Martha Keil hielt die Einleitung, Bürgermeister Stadler, der, wie ich hörte, auch Historiker ist, hat lang eröffnet. Dann gab es Lieder von Felix Mendelssohn Bartholdy und Fanny Mendelssohn und Renate Stockreiter, das ist die Graphikerin des Katalogs, die auch eine schöne Stimme hat, las Beschreibungen zum Arnsteinschen Salon von Gönnern bis zur Geheimpolizei und dann noch Esther Gads, die auch um achtzehnhundert lebte, Äußerungen über Herrn Kampes „Behauptungen, die die weibliche Gelehrsamkeit betreffen“, die dieser für seine Tochter niederschrieb, mit dem ungefähren Inhalt, daß schreibende Frauen das Letzte sind, was Esther Gad lebhaft dementierte.
Heute findet man das lustig und so hat das Publikum auch gelacht. Die Veranstaltung war eher kurz, nachher gab es Brötchen und Wein, der rote war schnell aus, im vorigen Jahr hat es aber, glaube ich, überhaupt nur weißen gegeben.
Ich habe mich ein bißchen mit den Stammbesucherinnen unterhalten und einer meine neuen Bücher gezeigt, die mir von ihren Spaziergängen am St. Marxer Friedhof erzählte und vom hundersten Geburtstag ihrer Mutter, die zu dieser Zeit schon begraben war. Sie wollte ihr erst hundert Kerzen entzünden, hat dann aber ein Geschenk für eine arme Musikerin daraus gemacht.
So hört man die schönsten Geschichten, der Bus ist bald abgefahren und morgen geht es nach Wien zum Symposium.
Heute habe ich wieder geschrieben, bzw. meinen vorläufigen Plan gemacht. Das geht dann immer schnell bei mir. Gestern hatte ich noch keine Ahnung, wie es mit der Sophie Hunger weitergeht, jetzt habe ich die Szenen 71 – 79 aufnotiert, die dann die Letzten sein werden.
Karl Lakner stirbt, Franka Stein hält ihm die Begräbnisrede und Valerie und Felix Baum kommen wahrscheinlich nur bis Prag. So werde ich den ungefähren Zeitplan der letzten zwei Jahre auch einhalten, was ich aber schon tun werde, daß ich das ganze mehr umändere, als es bisher der Fall ist. Mal sehen, ob das stimmen wird.
Ansonsten gibt es zu vermelden, daß es im deutschen Fernsehen eine neue Büchersendung mit Ijoma Mangold und Amelie Fried „Die Vorleser“ geben wird. Das Literaturcafe berichtete davon und Amelie Fried, deren Interview ich mir anhörte, ersucht in diesem ihr keine Books on Demand zuzusenden, weil sie die bestimmt nicht lesen oder zurücksenden, sondern nur wegwerfen wird.

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