Literaturgefluester

2009-08-15

Die Reise nach Bratislava

Filed under: Uncategorized — jancak @ 08:37

Mein gestriges Sommerevent war zweifellos die Reise nach Bratislava, eingeladen von einer dieser Werbefirmen, Frühstück, Mittagessen, Schiffahrt, Bus, alles kostenlos, dazu wurde noch ein Gewinn von 5000 Euro und sieben Pfund landestypische Spezialitäten versprochen. Also nach fünf aufgestanden und nach Wien gefahren, der Bus stand schon in der Gumpendorfer Straße, zwei Trankler warteten darin und beschwerten sich, daß sie jetzt schon eine Stunde durch Wien gondelten, wo sie doch nach Sopron wollten.
Sie stiegen dann bei einer Tankstelle aus, um sich Bier zu besorgen und ich dachte über die Namensvorschläge meiner Leserin Maria Heidegger nach.
Marie Hunger oder doch Sophie Essen, was als Gegenteil von Hunger ja auch zur Krise passt?
„Lassen wir uns überraschen!“, habe ich ihr geschrieben und „Tut mir leid, ich finde die sprechenden Namen literarisch!“
Aber ich habe in der letzten Woche ohnehin einige Namen umgeändert. So wurde aus Frau Karner eine Hedy Koschitzky, aus Konrad Katterer ein Konrad Leichtfried und aus Helena Grabova, Valeries und Felix Zimmerwirtin in Bratislava eine Frau Bilakova, was eine Hütte beim Wasserfallweg in der Hohen Tatra ist. Pst, nicht weitersagen!
Also nach Bratislava, was ich gut gebrauchen konnte, kommt Valerie Oswald ja auch dort hin und spaziert mit Felix Baum den Burgberg hinauf, also ist es fein, kostenlose Studien zu machen, um das Lokalkolorit zu kennen.
Zwar war nur eine Schiffahrt auf der Donau verspochen und die Promotion fand in einem Städtchen namens Stupava, achtzehn Kilometer von Bratislava entfernt, statt und, um noch bei den klingenden Namen zu verbleiben: Als die GAV den Tag der Lyrik in Leipzig machte, zeigte ich dort Milan Richter, unserem slowakischen Mitglied, „Die Fluchtbewegungen“, in der es ja eine serbische Putzfrau namens Milia gibt und es gibt auch eine experimentelle Lyrikerin, die in Bratislava wohnt und Mila Haugova heißt.
„Ist das die Mila Haugova?“, hat Milan Richter sogleich gefragt, man kommt den Verwechslungen nicht aus und weil ich wirklich oft dasselbe schreibe: In „Und Trotzdem“ fährt die krebskranke Helga Schwarz mit dem Fahrrad die Donau hinunter, geht auch am Burgberg von Bratislava spazieren und ißt die guten weichen Weckerln bei Ihrer Zimmerwirtin Frau Haugova.
Ich aß meines gestern im Restaurica von Stupava und ging durch die Stadt spazieren, die klein und sehr idyllisch ist. Es gibt ein altes Wasserschloß mit einem wunderschönen großen Park, das als Altersheim dient, in dem gerade ein Festzelt errichtet wurde, eine versteckte Synagoge, 1807 im polnischen Stil erbaut, eine Plattenbausiedlung, die in der deutschen Stadtbeschreibung als Sehenswürdigkeit erwähnt war und zwei Kirchen.
Ich spazierte durch den Friedhof, was ein Eldorado für die Namensfindung ist und ich als Geheimtip weitergebe. Vielleicht sollte ich, bevor ich meinen nächsten Roman schreibe, zur Namensfindung auf den Friedhof gehen.
Hier ruhten jedenfalls eine Familie Bauer und eine Frau Schwarzova, nach Ferdinand Schwarz gestorben und viele Jans und Frantiseks natürlich auch.
Im Gasthaus wurde inzwischen eifrig Q-10 beworben, ich saß neben einem älteren Mann, der mich auf ein Glas Wein einlud und erzählte, daß er in Moskau Baumeister war und gerne fischen geht und einigen Damen, die mir auch ihr Leben erzählten, aber unzufrieden mit dem Frühstück waren und auf den Kellner schimpften.
Herr Mark, der Werbeleiter ,zeigte fünfhundert Euro in einem Kuvert und teilte solche dann an die sechs Gäste aus, die den größten Wert auf ihre Gesundheit legten, nach dem reichhaltigen Mittagsmenü, das statt Gulaschsuppe aus einem zähen Schnitzel bestand, wenn man dafür auf die sieben Pfund Spezialitäten verzichtete, verschwand das Werbepaar und hinterließ Aufregung bei den Gästen, weil man nicht wußte, ob man noch auf die Reisetombola warten sollte, es war aber ohnehin schon dreiviertel drei.
Herr Mark kam zurück und brachte Rubbellose, damit man die versprochenen fünftausend Euro gewinnen konnte. Auf meinem stand fünfzig Cent, ich holte sie mir aus der Trafik ab und diskutierte lang mit einem anderen älteren Herrn, ob das nicht bloß der Lospreis gewesen wäre, weil man für einen Gewinn drei gleiche Zahlen haben hätte müssen. Ich spiele ja nicht Lotto.
Auf gings nach Bratislava und da wir mit keinem Schiff, sondern mit einem Bimmel-Bahn genannten Wagen durch die Stadt auf den Burgberg hinauffuhren, hatte ich auch etwas für meinen Roman.
Denn jetzt können Valerie Oswald und Felix Baum durch das Wiener Tor spazieren, beim Parlamentsrestaurant auf die Donau hinuntersehen und ihren Schweisbraten und das Zlaty Bazant in dem Gasthaus bestellen, vor dem wir lange standen, weil sich der Fahrer wegen eines großzügig geparkten Postbuses nicht den Berg hinunterfahren traute.
Zurück nach Wien, wir blieben zwar noch einige Male stehen, weil die Trankler speiben mußten oder das behaupteten und als ich in der Krongasse meine Mails durchschaute, wartete eine weitere Überraschung.
Denn, das habe ich noch nicht erwähnt, eigentlich hätten wir uns bei Petra Rau in Pressbaum zu einer Sommer-Supervison treffen sollen, die ich ihr mit etwas schlechten Gewissen absagte, aber sie hat ohnehin nicht stattgefunden.

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