Jetzt habe ich doch den 2007 erschienenen Roman „Söhne und Planeten“ des Grazers Clemens J. Setz gelesen, der Mathematik und Germanistik studierte, 2007 mit seinem Debutroman gefeiert wurde, 2008 beim Bachmannwettbewerb gewann und den ich zuletzt im April im Literaturhaus bei W.G. Sebalds „Orte“ hörte, wo auch sein zweiter Roman vorgestellt wurde.
Herwig Bitsche wird sich freuen oder auch nicht, denn ich habe das Buch im Oktober bei diesem Kirchenflohmarkt in Spratzern um einen Euro gekauft und eigentlich schon weggeräumt gehabt, jetzt habe ich es wieder hervorgenommen, denn es ist ja interessant, was junge Männer schreiben, die 1982 geboren wurden, obwohl mich ein Roman über Väter und Söhne, wie ich anfangs dachte, nicht besonders reizte.
Es sind aber vier ineinander verwobene Novellen und da ist es wieder spannend, daß einen so jungen Mann so ernste Themen interessieren. Das Germanistik- und Mathematikstudium merkt man dieser kompliziert aufgebauten Novellensammlung an und die erste Erzählung „Kubische Raumaufteilung“ habe ich schon gekannt, nämlich im Radio bzw. bei einer Lesung gehört.
Es geht um Rene Templ, dem genialen vierundzwanzigjährigen Dichter, der eine Geliebte namens Natalie, einen Sohn und eine Gattin hat und aus seinem Haus ausziehen soll, weil diese Wohnumgebung für das Söhnchen nicht förderlich ist.
Kevin hat nämlich Atembeschwerden und soll beim HNO zur Überprüfung seiner Lungenfunktion in eine Dolmetscherkabine, traut sich das nicht, der Vater bietet an, ihn zu begleiten, bricht das Experiment aber ab und flüchtet auf das Klo, zuletzt schrumpft er auf Zwergengröße, so daß er schließlich in dem Buch in seiner Schreibtischlade verschwinden kann, um sich der Verantwortung der Vaterrolle zu entziehen und das Bild aus Natalies Wohnung ist auch aus dem Rahmen gefallen.
Man denkt an Franz Kafka und im zweiten Teil „Fuge zu Ehren des Sonnensystems“ wird es noch literarischer, obwohl es um das Sterben geht oder um eine Schwimmrunde alternder Dichter und Germanisten zu der Ernst Mauser geladen hat, weil er aus seinem Haus auszuziehen will, nachdem seine Gattin Anna gestorben ist.
Hier ist der geschrumpfte Rene Templ der jüngste Gast und glänzt in seiner dichterischen Genialität, während es in der „Stillen Post“ um die Rahmenhandlung am Tag des Begräbnisses von Victor Senegger, dem Sohnes eines der Gäste, der vorigen Schwimmrunde geht. Die spielt in der Schule während einer geplatzten Deutschschularbeit in der Kafka als Schreibimpuls und Eineitungsstatement das Thema ist.
Der Vater wird zum Nachlaßverwalter der Texte seines Sohnes, die immer wieder in kurzen Einschüben in der Erzählung auftauchen und es geht auch um eine Nina, die in einer betreuten Wohngemeinschaft lebt, während sie in Novelle IV „Die neuere Katharer Forschung“ mit ihrem siebenjährigen Wunderkind Andreas zusammenwohnt, das sich bereits für Kirchengeschichte interessiert.
Nina wird besucht von einem jungen Dichter, der ein Manuskript einer begabten Jungautorin im Rucksack trägt und mit Mutter und Sohn essen geht, sich als Vegetarier überwindet, Andreas Hühner-Nuggets aufzuessen, wovon sich der Sohn so gedemütigt fühlt, daß er in einer Kurzschlußreaktion das Manuskript der Jungautorin verbrennt, aber das war schon Victors Sprung in den Tod, worauf sich der Kreis schließt und eine sehr komplizierte Handlung über die Beziehung dichtender Väter zu ihren Söhnen beendet, die ineinander so verwoben ist, daß man das Ganze auch anders erzählen könnte und ich außerdem viel ausgelassen habe.
Im zweiten Teil gibt es ein „Korrekturen“ genanntes Kapitel, in dem Karl Senegger die Korrekturen von Victors ungezählten Manuskriptseiten an den Helian – Verlag schickt und das führt mich zu meinem „Aktuellen Korrigierbericht“, denn da hat sich mit meiner Stammleserin wieder eine lange Diskussion über den bemühten Dilettantismus, sprechende Namen und, ob und wie man Schreiben lernen kann, was ja gut zu diesem komplizierten Romandebut passt, ergeben.
Ich hab ja manchmal Schwierigkeiten mit Frau Heideggers deftigen Feststellungen und bin mir auch nicht sicher, ob das nun eine konservative ältere Dame mit Hauptschulbildung bzw. Germanistikstudium ist oder doch ein linker Kabarettist, der mich auf den Arm nehmen will?
Aus beruflichen Gründen neige ich dazu, sehr viel ernst zu nehmen und bin wahrscheinlich auch so ein interessierter fleißiger Dilettant.
Achtung, ich meine das nicht abwertend, denn ich bin ja für die Kreativität für alle und habe weder Germanistik studiert, noch die Schule für Dichtung besucht, aber das Literaturgeflüster und hoffe, ich renne damit nicht mehr, wie noch Don Quichotte, gegen Windmühlen an.
So finde ich die Diskussion trotzdem spannend und habe viel gelernt dabei, denn natürlich glaube ich an das „learning by doing“ und daran, daß man sich immer weiter entwickelt, ganz egal, wo man schon steht. Zur Rechtschreibung kommt noch ein Artikel.
2009-08-18
Söhne und Planeten
2009-08-15
Die Reise nach Bratislava
Mein gestriges Sommerevent war zweifellos die Reise nach Bratislava, eingeladen von einer dieser Werbefirmen, Frühstück, Mittagessen, Schiffahrt, Bus, alles kostenlos, dazu wurde noch ein Gewinn von 5000 Euro und sieben Pfund landestypische Spezialitäten versprochen. Also nach fünf aufgestanden und nach Wien gefahren, der Bus stand schon in der Gumpendorfer Straße, zwei Trankler warteten darin und beschwerten sich, daß sie jetzt schon eine Stunde durch Wien gondelten, wo sie doch nach Sopron wollten.
Sie stiegen dann bei einer Tankstelle aus, um sich Bier zu besorgen und ich dachte über die Namensvorschläge meiner Leserin Maria Heidegger nach.
Marie Hunger oder doch Sophie Essen, was als Gegenteil von Hunger ja auch zur Krise passt?
„Lassen wir uns überraschen!“, habe ich ihr geschrieben und „Tut mir leid, ich finde die sprechenden Namen literarisch!“
Aber ich habe in der letzten Woche ohnehin einige Namen umgeändert. So wurde aus Frau Karner eine Hedy Koschitzky, aus Konrad Katterer ein Konrad Leichtfried und aus Helena Grabova, Valeries und Felix Zimmerwirtin in Bratislava eine Frau Bilakova, was eine Hütte beim Wasserfallweg in der Hohen Tatra ist. Pst, nicht weitersagen!
Also nach Bratislava, was ich gut gebrauchen konnte, kommt Valerie Oswald ja auch dort hin und spaziert mit Felix Baum den Burgberg hinauf, also ist es fein, kostenlose Studien zu machen, um das Lokalkolorit zu kennen.
Zwar war nur eine Schiffahrt auf der Donau verspochen und die Promotion fand in einem Städtchen namens Stupava, achtzehn Kilometer von Bratislava entfernt, statt und, um noch bei den klingenden Namen zu verbleiben: Als die GAV den Tag der Lyrik in Leipzig machte, zeigte ich dort Milan Richter, unserem slowakischen Mitglied, „Die Fluchtbewegungen“, in der es ja eine serbische Putzfrau namens Milia gibt und es gibt auch eine experimentelle Lyrikerin, die in Bratislava wohnt und Mila Haugova heißt.
„Ist das die Mila Haugova?“, hat Milan Richter sogleich gefragt, man kommt den Verwechslungen nicht aus und weil ich wirklich oft dasselbe schreibe: In „Und Trotzdem“ fährt die krebskranke Helga Schwarz mit dem Fahrrad die Donau hinunter, geht auch am Burgberg von Bratislava spazieren und ißt die guten weichen Weckerln bei Ihrer Zimmerwirtin Frau Haugova.
Ich aß meines gestern im Restaurica von Stupava und ging durch die Stadt spazieren, die klein und sehr idyllisch ist. Es gibt ein altes Wasserschloß mit einem wunderschönen großen Park, das als Altersheim dient, in dem gerade ein Festzelt errichtet wurde, eine versteckte Synagoge, 1807 im polnischen Stil erbaut, eine Plattenbausiedlung, die in der deutschen Stadtbeschreibung als Sehenswürdigkeit erwähnt war und zwei Kirchen.
Ich spazierte durch den Friedhof, was ein Eldorado für die Namensfindung ist und ich als Geheimtip weitergebe. Vielleicht sollte ich, bevor ich meinen nächsten Roman schreibe, zur Namensfindung auf den Friedhof gehen.
Hier ruhten jedenfalls eine Familie Bauer und eine Frau Schwarzova, nach Ferdinand Schwarz gestorben und viele Jans und Frantiseks natürlich auch.
Im Gasthaus wurde inzwischen eifrig Q-10 beworben, ich saß neben einem älteren Mann, der mich auf ein Glas Wein einlud und erzählte, daß er in Moskau Baumeister war und gerne fischen geht und einigen Damen, die mir auch ihr Leben erzählten, aber unzufrieden mit dem Frühstück waren und auf den Kellner schimpften.
Herr Mark, der Werbeleiter ,zeigte fünfhundert Euro in einem Kuvert und teilte solche dann an die sechs Gäste aus, die den größten Wert auf ihre Gesundheit legten, nach dem reichhaltigen Mittagsmenü, das statt Gulaschsuppe aus einem zähen Schnitzel bestand, wenn man dafür auf die sieben Pfund Spezialitäten verzichtete, verschwand das Werbepaar und hinterließ Aufregung bei den Gästen, weil man nicht wußte, ob man noch auf die Reisetombola warten sollte, es war aber ohnehin schon dreiviertel drei.
Herr Mark kam zurück und brachte Rubbellose, damit man die versprochenen fünftausend Euro gewinnen konnte. Auf meinem stand fünfzig Cent, ich holte sie mir aus der Trafik ab und diskutierte lang mit einem anderen älteren Herrn, ob das nicht bloß der Lospreis gewesen wäre, weil man für einen Gewinn drei gleiche Zahlen haben hätte müssen. Ich spiele ja nicht Lotto.
Auf gings nach Bratislava und da wir mit keinem Schiff, sondern mit einem Bimmel-Bahn genannten Wagen durch die Stadt auf den Burgberg hinauffuhren, hatte ich auch etwas für meinen Roman.
Denn jetzt können Valerie Oswald und Felix Baum durch das Wiener Tor spazieren, beim Parlamentsrestaurant auf die Donau hinuntersehen und ihren Schweisbraten und das Zlaty Bazant in dem Gasthaus bestellen, vor dem wir lange standen, weil sich der Fahrer wegen eines großzügig geparkten Postbuses nicht den Berg hinunterfahren traute.
Zurück nach Wien, wir blieben zwar noch einige Male stehen, weil die Trankler speiben mußten oder das behaupteten und als ich in der Krongasse meine Mails durchschaute, wartete eine weitere Überraschung.
Denn, das habe ich noch nicht erwähnt, eigentlich hätten wir uns bei Petra Rau in Pressbaum zu einer Sommer-Supervison treffen sollen, die ich ihr mit etwas schlechten Gewissen absagte, aber sie hat ohnehin nicht stattgefunden.
2009-08-13
Lagerfeuer
Nach der gestrigen Diskussion mit meiner Stammleserin Maria Heidegger und einigen Vorerfahrungen, werde ich aus der Sophie doch eine Marie machen, klingt ja auch sehr schön und dann habe ich „Lagerfeuer“ ausgelesen.
„Lagerfeuer“ ist der dritte Roman der 1970 in Ostberlin geborenen Julia Franck, die 1978 mit ihrer Familie in den Westen kam und einige Zeit im Notaufnahmelager Marienfelde lebte, 2000 hat sie beim Bachmannpreis gewonnen, 2007 war sie mit der „Mittagsfrau“ Gewinnerin des deutschen Buchpreises. Diesen Roman habe ich zu Ostern gelesen und dann kenne ich noch den Geschichtenband „Bauchlandung“ von ihr.
Jedes der Bücher, hat, glaube ich, einen eigenen Stil. Ostberlin und die ehemalige DDR spielen in allen eine große Rolle und „Lagerfeuer“ würde ich als Episodenroman bezeichnen, gibt es da ja vier Handlungsstränge, vier Ich-Erzähler, die die Geschichte von dem Lager Marienfelde in abwechselnden Kapiteln mit schön klingenden Titeln vorantreiben.
So ist „Nelly Senff fährt über eine Brücke“ das erste. Nelly Senff ist auch die Hauptperson. Eine schöne junge Frau, die mit ihren zwei Kindern und einem Mann namens Gerd die DDR verläßt und im Aufnahmelager landet.
Vorher wird sie verhört, untersucht und ausgezogen und nach dem Passieren der Grenze wiederum von den Geheimdiensten empfangen. Sie lebt im Lager mit wenig Geld, muß zur Arbeitsvermittlungsstelle und ihren Kindern erklären, daß sie ihnen nicht immerfort neue Schuhe und Barbiepuppen kaufen kann.
Es gibt sehr realistische Schilderungen des Lagerlebens und der Schwierigkeiten, die die Leute haben, die in diesem Fall vom Osten kommen, am eindrucksvollsten wird das in dem Kapitel beschrieben, in dem Nellys Sohn Aleksej von seinen Mitschülern als Ostpocke beschimpft und zusammengeschlagen wird, ins Krankenhaus muß und sie vom Arzt belehrt wird, daß Aleksej Untergewicht und Läuse hat, er ihr den Hergang der Geschichte nicht glauben und zur Anzeige bringen will, weil Dr. Bender, wie Nelly es nennt, in einer anderen Welt lebt, dann erscheint eine elegante Dame im Reitanzug mit ihrem Sohn Olivier, der sich bei Aleksej entschuldigen soll, obwohl er bei der Sache gar nicht angefangen hat und legt ein Päckchen mit Schleife auf das Krankenbett, in der eine Pipi Langstrumpf Kassette ist, aber leider gibt es im ganzen Lager kein Abspielgerät.
Die anderen Ich-Erzähler sind die dicke Pelz tragende Polin Krystyna Jablonowska, die ihr Cello verkaufte und mit ihrem Vater und Bruder Jerzy nach Marienfelde kam, weil man nur im Westen seinen Krebs behandeln kann. Jerzy stirbt trotzdem, Krystyna wird Aushilfe in einem Schnellrestaurant und verläßt den alten Vater, der den ganzen Tag im Etagenbett liegt und von seiner Vergangenheit als Eintänzer träumt.
Dann gibt es den geheimnisvollen Hans Pischke im Glück, der nie das Lager verläßt und nur selten pinkeln geht, weil er sich von seinen Nachbarn, einem Ehepaar mit Kind, gestört fühlt. Hans ist mißtrauisch und stellt dem Geheimdienst Fallen, wird von Grit Mehring vernadert, der Stasi angehört zu haben, bekommt plötzlich eine vierzehnjährige Tochter, für die er sorgen soll, fängt aber auch im Waschhaus ein neues Glück mit Nelly an und als vierte Ich-Figur gibt es den CIA-Agenten, John Bird, der mit seiner Frau Eunice nicht viel anfangen kann, von Nelly Senffs fruchtigen Geruch benebelt wird und von einer großen Karriere im Geheimdienst träumt.
Wie schon erwähnt, es gibt sehr realistische Szenen, in denen man sich das Lagerleben gut vorstellen kann. Dann wird es aber immer wieder unübersichtlich, so daß es manchmal mühsam ist, der Handlung zu folgen.
Die Verfolgungsphantasien der Bewohner spielen eine große Rolle, so taucht plötzlich ein geheimnisvoller Dr. Rothe vom Bärenclub auf, der Nelly Senff helfen will, aber mit spitzen Gegenständen hantiert, Hans Pischke hilft der Nachbarin beim Sterben und Nelly Senff verschwindet mit John Bird in einem Hotel, obwohl der ja mit Lagerbewohnern keinen Kontakt haben darf und am Ende wird es ganz grotesk, da wird in Marienfelde nämlich Weihnachten gefeiert.
Es gibt Gans für alle mit Rotkraut und Klößen soviel man mag, die Lagerbewohner strömen in die Kantine, am Eingang steht die Leiterin und reicht jeden die Hand und auf der Bühne steht Dr. Rothe mit seiner Frau, die zufälligerweise Oliviers Mutter ist und verkündet stolz, wem allen der Bärenclub schon mit wieviel geholfen hat.
Es gibt einen Sack Geschenke für die Kinder, die sie bekommen, wenn sie vorher ein Gedicht aufsagen. Katja Senff singt von Hänsel und Gretel und der bösen Hexe, Aleksey das „Lied von der Freude“ und Hans Pischkes Tochter Dooren muß am Ende gar nichts mehr sagen, stolpert mit ihrem Geschenk über den Weihnachtsbaum, so daß dieser zu brennen beginnt und man erfährt, warum der Roman „Lagerfeuer“ heißt.
2009-08-12
Depression
Als ich gestern meine Cousine Irmi in ihrer neuen Wohnung besuchte, hat sie mich eine Viertelstunde warten lassen, weil sie dachte, wir hätten uns, um zwölf, statt um elf verabredet, dabei bin ich extra mit Bus und U-Bahn gefahren, weil ich um zehn noch eine Stunde hatte. Dafür ist dann um drei die Klientin, die ich am Montag erwartet hatte, gekommen, als ich noch auf dem Heimweg war und während ich auf meine sechs Uhr Klientin gewartet habe, die sich leider verschlafen hat, habe ich den „Aktuellen Korrigierbericht“ geschrieben, mit dem ich nicht zufrieden war, weil ich dachte „Es wird ja nichts, ich kann es nicht und und …“
Ich bin nun einmal ungeduldig, warte nicht gern und es ärgert mich, wenn etwas nicht gelingt!
Dann bin ich mit dem Alfred nach Harland gefahren, habe den Blogeintrag bearbeitet und ihn doch in etwa hinbekommen und heute morgen bin ich mit „Lagerfeuer“ in die Badewanne gegangen, weil ich gedacht habe, das sollte ich morgen besprechen, weil mich „Leselustfrust“ animiert, ein bißchen mehr zu lesen.
Dann bin ich Rad gefahren, dabei ist mir eingefallen, daß mir Alfred am Montag sagte, daß der jiddische Dichter Josef Burg in Czernowitz, siebenundneunzigjähig an einem Schlaganfall verstorben ist und Alfred hat mir im Mai in Krems auch seine „Begegnungen, eine Karpatenreise“ gekauft und das Büchlein liegt ganz oben auf meinem Harlander Bücherstapel.
Also habe ich umdisponiert, verschiebe das „Lagerfeuer“ etwas, vielleicht schaffe ich es trotzdem morgen, bevor ich am Freitag nach Bratislava fahre und das Buch des alten Mannes lese, der mir durch die Theodor Kramer Gesellschaft und Konstantin Kaiser ein Begriff ist.
„Eine untergegangene Legende, der letzte jiddische Dichter!“, steht in den Nachrufen und das Buch, das von Beate Petras aus dem Jiddischen übersetzt wurde, handelt von einer Reise in einem modernen Autobus, die der Dichter in den Achtzigerjahren durch das transkarpatische Flachland machte und dabei Orte wie Kolomej, Jassinija, Chust, Mukatschewo und Ushgorod aufsuchte.
Dabei immer wieder von den Annehmlichkeiten des modernen Lebens, wie dem modernen Cafe in Kolomej mit seinen bunten Schirmen, die wie riesige Blüten aufgestellt sind, während die Menschen an den Marmortischen den schwarzen Kaffee schlürfen, schwärmt. Er geht zum Kiosk, kauft sich die neue Ausgabe von „Sowjetisch Hejmland“ und spricht dabei eine Lehrerin für russische Literatur an, die dasselbe tut.
So kommt es immer wieder zu Begegnungen mit Menschen in diesen Städten, die jiddisch sprechen oder von der schrecklichen Vergangenheit erzählen, als die Juden in den Karpaten von den Nazis ermordet wurden.
Mit Iwan Gawrilowitsch, der ein breites Jiddisch spricht, stellt er sich vor dem Regen unter und der erzählt ihm, daß er das aus der Zeit kennt, als im Dorf noch die jüdischen Familien lebten.
In der alten Chuster Synagoge trifft er einen ungarischen Juden im schwarzen gegürteten Mantel, einen ehemaligen Schneider, der im Alter begonnen hat, Gott zu dienen, der ihn zu Sascha Lasarowitsch führt, dessen Töchterlein Rochele, die jiddische Muttersprache ins einundzwanzigste Jahrhundert weiterführen wird.
So kommt es zu Begegnungen auf dieser Fahrt durch die Karparten mit Gelehrten, die die jiddische Sprache und die Geschichte weitergeben werden, aber auch mit solchen, die das Jiddisch nur als Jargon bezeichnen und mit denen Josef Burg in dem vierzehnstöckigen modernsten Hotel in Ushgerod nicht warm werden konnte, während er sich an die Zeit erinnerte, als er 1938 aus Österreich, wo er damals studierte, über Prag flüchtete und in Munkatsch während des Pessachfestes in einem christlichen Teehaus Brot aß, was ein frommer Jude nicht darf.
Ein sehr interessantes Büchlein, diese Reise durch die Karpaten, des letzten jiddischen Dichters, mit dem ich von Josef Burg Abschied nahm und auch meine Depression überwand, denn heute hat auch „Leselustfrust“ seinen zweiten Bloggeburtstag gefeiert und die Leser aufgerufen, mitzuteilen, was und wo sie gerne lesen. Man kann die gute Zotter Kafka Käfer Schokolade dabei gewinnen.
Nun denn, ich lese gern und viel und immer mehr auch literarische Blogs, wie eben diesen und das Korrigieren, das ich am Nachmittag machte, ist auch recht gut gegangen.
Denn der letzte Teil der Geschichte hat mir wieder besser gefallen, im zweiten Drittel gibt es Stellen, mit denen ich noch unzufrieden bin. Dafür gibt es die Korrigierarbeit und meine treue Leserin Maria Heidegger hat sich wieder gemeldet und mich auf ein Problem aufmerksam gemacht, das ich ohnehin die ganze Zeit vor mir herschleppe, nämlich, daß es eine Schweizer Musikerin namens Sophie Hunger gibt.
Ja, das Problem mit den schönen Namen, die schon die anderen haben, ist mir bekannt.
Beim „Verrückten Traum der Thea Leitner“ werde ich auch noch manchmal darauf angesprochen, daß es eine Thea Leitner gibt und bei „Möwenflug oder Sedelmayers Begegnungen“ hat mir die Trix erklärt, daß das ein bayrischer Schauspieler ist.
Daß es diese Musikerin gibt, weiß ich, weil ich manchmal ihren Suchdienst auf meiner Seite habe und ich habe auch schon gedacht, die Sophie in eine Marie oder Amalie umzubenennen und kann das auch noch tun, ich bin ja noch beim Korrigieren.
Zwar nicht gern, weil das ein klingender Name ist und „Sophie Hunger“ zu der „Krisenwelt“ auch gut passt, wenn mich aber alle fragen „Ich kenne die „Sophie Hunger“, was hat denn das mit der Musikerin zu tun?“ ist das auch nicht gut.
Höchstwahrscheinlich wird es zwar irgendwo auch eine Marie oder eine Amalie Hunger geben.
Nun ja, ich habe Zeit, mich zu entscheiden, zwar habe ich das erste Kapitel schon an Christoph Kepplinger bezüglich der Volksstimmeanthologie geschickt, aber Chistoph Kepplinger ist ja Germanist und kann mich beraten, ob ich es ändern soll.
2009-08-11
Aktueller Korrigierbericht
Nach zwei Praxistagen, einem Restaurant-Besuch mit Alfred und Anna im „Nordpol“, um Alfreds Geburtstag zu feiern und einem Besuch bei meiner Cousine Irmi in ihrer neuen Wohnung, wo ich anschließend bei der „Buchlandung“ im Columbus-Center, in dem es die 2.95 Suhrkamp-Taschenbücher um einen Euro gab, wenn man fünf kaufte und ich nicht umhinkam, mir Rainald Goetzs „Abfall für alle“, Hans-Ulrich Treichels „Tristanakkord“, Christoph Heins „Von allem Anfang an“ Evelyn Grills „Winterquartier“ und Erica Pedrettis „Valerie oder Das unerzogene Auge“ zu besorgen, wann ich das wohl lesen werde? – gibts wieder den aktuellen Korrigierbericht meines momentanen Work in Progress.
Da habe ich das Ganze jetzt bis zur Seite 99 bzw. bis zu Szene 70 durchkorrigiert.
Ein paar Seiten und eine Szene sind weggefallen und ich beschäftige mich gerade mit der Frage, wie lange es wohl dauert, bis Valeries Karte vom Brandenburger Tor in Wien bei ihren Kindern, beziehungsweise Emilie Baum ankommt?
Da war ich wieder mal zu ungeduldig und zu schnell unterwegs, denn wie pflegt der umgeschulte Sicherheitsmann launig seinen Freunden und der Mutter zu versichern: „Nur nicht gleich, nicht auf der Stell, denn bei der Post ….“
Ansonsten gilt, mit der ersten Hälfte, die ich schon ein paar Mal durchgesehen habe, bin ich einverstanden, der Teil, den ich bisher nur hingeschrieben hatte, klingt noch ein bißchen holprig und da es 117 Seiten werden, sind auch ein paar Fehler, wie z.B. die Farbe und das Muster von Valeries Morgenmantel anzugleichen und ich habe zu entscheiden, ob Sophie Hungers Wohnung einen Balkon hat oder nicht.
Zirka zwanzig Seiten und zehn Szenen sind noch durchzukorrigieren, das werde ich morgen und übermorgen in Harland machen.
Dann ist es gut, mit einem Notizbuch an die Traisen oder sonst wohin zu gehen und zu schauen, was noch fehlt, was dazu kommen soll, was letztendlich noch zu ändern ist?
Bis jetzt kann mich immer noch der Kritikpunkt treffen, daß das Ganze zu einfach strukturiert und mehr ein Kinderbuch ist. Eine „Verwinklerung“ der Sprache wäre gut und schwebt mir irgendwie auch vor, was immer das auch ist und daraus werden kann?
Und, was das Argument betrifft, daß nicht viel bei mir passiert bzw. sich der Leser bei der Lektüre etwas Außergewöhnliches erwarten darf und sich nicht mit dem, was er kennt und seinem banalen Alltagsleben beschäftigen will, hätte ich mit der Messie-Problematik ja einiges anzubieten, was aktuell und wichtig ist, ich müßte es nur so hinüberbringen, daß es bemerkt und angenommen wird.
Das sind so einige Fragen, die der eifrigen Schreiberin beim Korrigieren durch den Kopf gingen und deren Beantwortung, bzw. Ausformulierung noch offen sind.
Sicher spannend zu beobachten, ob und wie es mir gelingt.
Denn bis jetzt habe ich noch nicht wirklich viel verändert. Ich werde aber davon berichten. Und habe jetzt schon wieder die ersten Ideen für etwas Neues in meinem Kopf, bzw. meinem kleinen roten Buch aufnotiert und heute Mittag die „Tag für Tag“ – Sendung mit Peter Henisch über sein neues Buch „Der verwirrte Messias“ versäumt.
Aber macht ja nichts, Peter Henisch kommt zu „Rund um die Burg“ und wird, wie ich gerade auf seiner Homepage gesehen habe, auch in der alten Schmiede lesen.
2009-08-09
Der Ritt auf dem Tiger
Jetzt kommt wieder eine Buchbesprechung, nämlich Fritz Habecks 1958 erschienenener Roman „Der Ritt auf dem Tiger“, den ich im Herbst auf dem Spratzener Flohmarkt Robert Egelhofer um einen Euro abgekauft habe.
In meiner Büchergilde-Bibliothek lagern noch ein paar andere Fritz Habeck Bücher und ich glaube, der 1916 in Neulengbach geborene und 1997 in Baden verstorbene Jurist und Autor hat mich auch mit seinen Jugendbüchern begleitet. Jetzt habe ich mir diesen Roman hervorgenommen, der das Schicksal einer Wiener Generation, wie auf dem Umschlag steht, von 1880 bis 1955 erzählt.
Und zwar geht es um die Familie Leichtfried, der Großvater einmal Priesterseminarist, die Großmutter ursprüglich Nonne, übersiedeln nach Wien, wo Karl Leichtfried Volksschullehrer wird, Marie in ihrer Küche eine Nähstube errichtet und Sonntags in die Kalvarienbergkirche geht, während Sohn Martin ins Gymnasium soll und dort von seinem Lateinlehrer schikaniert wird, weil Arbeiterkinder bei der höheren Bildung nichts verloren haben! Kommt mir bekannt vor! So beginnt Karl Leichtfried zu trinken, die Mutter stirbt, die Schwester Grete geht in den Telefondienst, hat den Kopf voller Männer, wird sich später scheiden lassen und schließlichen einen Bombenangriff nicht überleben und Martin, der Komponist werden will und Jus studiert, verachtet die Welt und die Menschen, fühlt sich als Deutscher und träumt von der Vereinigung.
Es gibt eine herrliche Szene, wo Karl Leichtfried mit dem Nachbarn Erlebach, dessen Tochter Fanny Martin später heiraten wird, zum Heurigen geht und dort die Majestät beleidigt, vernadert wird und von einem gemütlichen Beamten verwarnt wird, der ihm erzählt, „daß die Jugend nicht alles besser wissen soll und der alte Kaiser nicht das Schlechteste ist!“ und eine, wo Fanny, die Schopenhauer liest und sich als Frau verwirklichen will, eine Stelle als Kindermädchen in England sucht, sich bewirbt, auch eine Antwort von einer Missis Summerfield bekommt, die der Bruder Georg, der an der technischen Hochschule studiert, übersetzen soll, das aber so wörtlich tut, daß die Großmutter Missis Summerfield für verrückt hält und Vater Erlebach die unmündige Tochter nicht ziehen lassen will.
Die praktische Fanny holt sich aber eine zweite Übersetzung, fährt nach England, lernt dort einen alten Schriftsteller kennen, von dem sie eine Kleinigkeit erbt, das sie in Aktien anlegt, die sie später verlieren wird.
Denn es kommt der erste Weltkrieg, Martin wird eingezogen und verletzt, verliert fast sein Bein und wird von der skeptischen jüdischen Ärztin Ruth Flesch gerettet, die in Auschwitz ihr Leben verlieren wird, weil Fanny sie zwar vorher in ihrer Wohnung versteckte, ihr nationalsozialistischer Bruder sie dort aber findet.
Aber vorerst vermittelt die rothaarige Ärztin die Ehe zwischen Fanny und Martin, Martin wird vom Kriegsdienst entlassen und, wie er es der Mutter am Sterbebett versprochen hat, zum hinkenden roten Richter, der sich erst lange in einem Ort namens Lettenbach herumschlagen muß, es sich dort mit den Honoratioren verscherzt und als Richter so wenig verdient, daß Fanny ein Kurzwarengeschäft errichten muß, was sie als Richtersgattin eigentlich nicht darf.
Der Sohn Erich Goeffry wird geboren und Österreich von den Deutschen besetzt. Zuerst war da aber noch der Austrofaschismus und Erich, der gern Krieg spielte, beteiligte sich am 12. Februar, die Familie wohnt inzwischen im Karl-Marx-Hof und wird von seinem Vater zurückgeholt, später wird er eingezogen, lernt die Berlinerin Gerda kennen, die das Söhnchen Tillmann gebiert, während Martin Strafrichter wird, der keine Todesurteile unterschreibt, was den Verurteilten zwar nichts hilft und Martin, als der Spuk vorüber ist, sich aber immer noch als Deutscher fühlt, niemand glauben will, daß er kein Nationalsozialist war.
Er war ein Philosoph, las und schrieb, verliert aber die Ergebnisse seiner Forschungen durch die Kriegswirren und Erich zieht, von der amerikanischen Gefangenschaft zurückgekommen, mit seiner Gerda nach Essen, wo ihn Martin und Fanny 1955 besuchen, sich in dem Stahlwerk, wo er Direktor ist, herumführen lassen, den Bungalow mit Fernsehapparat und der besten Architektur bewundern, in dem Erich mit seiner Familie wohnt und Martin wird, als er sich Essen auch zu Fuß anschauen will, siebzigjährig, von einem Vierzehnjährigen zusammengeschlagen, weil, wie der Kulturkritiker Ralph Abt in einer Zeitung zynisch nachweisen will, „Die sogenannten Übergriffe Jugendlicher nur auf das Konto der Erwachsenen und ihrer überlebten autoritäten Vorstellungen zu erklären sind!“
Was das sechzig Jahre alte Buch wieder sehr aktuell erscheinen läßt, wurde ja vor ein paar Tagen ein Vierzehnjähriger bei einem Einbruch im Merkur-Markt Krems von der überforderten Polizei erschossen und die Kommentare in den Zeitungen lauteten sehr ähnlich.
Martin erleidet einen Schädelbruch, der Arzt ist skeptisch, er hält sich aber selber eine Todenrede, in der er den Zustand dieser Welt beschwört, die ihren Protagonisten nichts erspart und wie ein Ritt auf dem Tiger ist.
„Am Ende wirst du unweigerlich aufgefressen!“ und überlebt, so daß er im letzten Kapitel mit seinem Enkel Till fischen geht.
Ein interessantes Buch, vor allem für eine, die sich sehr für die Vergangenheit interessiert und die erste Wirtschaftskrise mit der zweiten vergleichen will und erstaunlich aktuell und lebendig geschrieben.
Ein paar andere Habeck Bücher warten noch auf mich, aber jetzt gehts wahrscheinlich doch zum „Lagerfeuer“.
2009-08-08
Spurensuche
Gestern habe ich mein St. Pölten Repertoire wieder um ein Stück erweitert. In die Stadt selbst komme ich ja kaum, nur zum Thalia in die Kremsergasse und wenn Wahl ist, gehe ich mit dem Alfred auf den Markt und drehe meine „Geschenkrunden“.
Einmal habe ich einen Hauptstadttag gemacht und versucht ein bißchen Literarisches zusammenzusammeln. Außer dem Manfred Wieninger und dem Alois Eder fand ich nicht viel.
Richtig, die „Litges“ macht am Samstag einen Jourfix in einem Cafe in der Kremsergasse, der Alois Eder, den ich manchmal auf der Straße treffe, hat mich da mal hingeführt und über die Wieninger Plagiatsgeschichte habe ich in „Harland-Stadt“ geschrieben.
Jetzt habe ich mir gedacht, mache ich es der Leselustfrust-Schreiberin nach und schau mir an, was St. Pölten verlagsmäßig so zu bieten hat. Denn da gibts seit einigen Jahren den Residenzverlag mit Hauptsitz in St. Pölten und nicht mehr unter Jochen Jung in Salzburg in der Gaisbergstraße, denn den haben sie 2000 hinausgeschmissen, obwohl in den Siebzigerjahren alle wichtigen österreichischen Autoren, zumindest, als sie noch nicht zu Suhrkamp konnten, dort verlegt wurden.
Jochen Jung, hat „Jung und Jung“ gegründet, seinen Grafiker, der die schönen Residenzumschläge machte, mitgenommen, verlegt auch nicht mehr viele Österreicher, ist im Beirat des Deutschen Buchpreises und schreibt inzwischen selbst.
Ich glaube, Märchen und Kurzgeschichten. Ich hab ihn einmal bei „Buch und Wein“ in der Schäffergasse gehört, jetzt steht er bei „Rund um die Burg“ auf dem Programm und bei den IG Autoren haben sie einmal lang und kritisch über den neuen Residenzverlag diskutiert, der inzwischen dem NÖ-Pressehaus gehört.
Gerhard Ruiss hat sich, glaube ich, sehr über den Ausverkauf der österreichischen Literatur mokiert und erzählt, daß die Bücher mit Originalbriefen der Autoren in den Mist gekippt wurden, da war ich leider nicht dabei, aber inzwischen hat sich das gewandelt, denn als ich voriges Jahr mit O. P. Zier im Literaturhaus gesprochen habe, hat sich der sehr positiv über den Verlag geäußert.
Zdenka Becker hat dort einen Roman und liest mit einem neuen, bei Picus erschienen, ebenfalls bei „Rund um die Burg“.
Michael Stavaric und Clemens J. Setz, der voriges Jahr beim Bachmannlesen gewonnen hat, wurden dort entdeckt und der neue Büchner-Preisträger Walter Kappacher hat seinen „Fliegenpalast“ auch bei Residenz verlegt.
Herwig Bitsche, der Verlagsleiter, kochte bei der „Buch Wien“ mit Toni Möhrwald und ließ dort und bei „Rund um die Burg“ den guten Sonnenuhrtee verteilen. Eine Kochbuchschiene gibt es also auch.
Und ich war im März auf der Buchpräsentation der „Roten Babuschka“ in der Hauptbücherei, das in Leipzig sehr beworben wurde.
Also ein neuer Starverlag, der sich durchsetzen konnte und die österreichische Verlagsszene neben „Droschl“ und „Jung und Jung“ vertritt.
Ich vermutete den Verlag im Stadtkern und habe mir gedacht, den schaue ich mir auf einer meiner Radtouren an.
Dann habe ich nachgegooglet, bin auf die klingende Adresse „Gutenbergstraße 12“ gekommen und habe sie im Stadtplan nicht gefunden.
Gestern bin ich trotzdem losgefahren, habe das Rad an der Traisen stehenlassen und bin die Linzerstraße hinuntergegangen, denn, daß es dort in der Nähe ist, hatte ich herausbekommen. Als ich schon in der Josefsstraße war, habe ich einen alten Herrn gefragt und der hat mir erklärt, daß ich zum Europaplatz abbiegen muß.
„Richtung Prinzersdorf!“, hat er gesagt und ich bin auf einer Autobrücke gestanden, die über den Alpenbahnhof in den Wald führte und am Ende des Stadtwalds herausgekommen. Beim Kreuzweg, wo Alois Eder beim vorigen Osterspaziergang sehr schöne Elegien vorgelesen hat.
Dann weiter in Richtung Melk, auf einmal teilte es sich, ich bin falsch abgebogen, habe die Gutenbergstraße übersehen und auf der Mülldeponie gelandet, dafür aber am Rückweg über einen einsamen Kriecherlbaum gestolpert und meinen Rucksack mit kleinen roten Früchtchen angefüllt.
Das NÖ-Pressehaus liegt auf einem einsamen Feld und da es diese Tafeln mit „Betreten des Firmengeländes verboten!“, gibt, habe ich außer ein paar rauchenden Männern und parkenden Autos nicht viel gesehen.
Aber trotzdem interessant, denn ich bin natürlich auch auf der Verlagshomepage gewesen.
Herwig Bitsche ist ein Vorarlberger und hat ein Rezept für Vorarlberger Knöpfle und auf der Impressumseite gibt es Hinweise für Autoren, wie man seine Manuskripte einsenden soll!
„Nicht zu lang, nicht zu viel und Geduld! Keine Originale und drängen Sie uns nicht, wir können nicht zurücksenden und bewerten nicht!“
Das ist vorbei, das tue ich, glaube ich, nicht mehr.
Jochen Jung habe ich in den Achtzigerjahren meine unfertigen Manuskripte eifrig geschickt und zurückbekommen. „Zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt“ gleich zweimal, weil mir das Gerald Bisinger so empfohlen hat.
2009-08-07
Erfreulich
Da habe ich geglaubt, es wird nichts mit Maeve Binchys „Straße ins Glück“ aus Lillyberrys Geburtstagsaktion. Sie hat zwar immer, wenn ich dachte, macht ja nichts, ich hab ohnehin genügend Bücher, die ich meinen Erben ungelesen hinterlassen werde, versichert, jetzt kommts bestimmt und am Mittwoch hat es mir der Alfred überreicht, als er aus Wien gekommen ist.
Danke, Lillyberry, jetzt habe ich natürlich die Chance beim Lesen schneller zu sein, wenn da nicht ganz oben auf dem Bücherstapel Julia Francks „Lagerfeuer“ liegen würde und Alberto Moravia soll man auch gelesen haben, denn der steht sicher auf einer dieser „must have“ Listen.
Von Maeve Binchy, der irischen Erfolgsautorin, habe ich noch nichts gelesen, hätte aber vielleicht fast vor ungefähr zehn Jahren. Denn da gabs diese Libro-Bestseller-Aktion. Wenn Libro ein Buch von der Bestsellerliste nicht lagernd hat, bekommt man es umsonst.
Schade, daß es das nicht mehr gibt, denn das ist ein gutes Training gegen die Sozialphobie. Ich habe dabei zwar auch ein oder zwei Verkäuferinnen verärgert und hoffe nur, sie haben das Buch nicht zahlen müssen, aber dadurch Autoren und Bücher kennengelernt, über die sich staunen läßt.
Da soll einer sagen, bei Libro gibts nur Bleistifte, aber diesen Rettberg-Libro gibt es ja nicht mehr und die ca zehn Bücher, die ich inzwischen in der Krongasse habe, waren, als ich sie suchte, auch nicht dort.
Die Maeve Binchy, nach der ich fragte und mir seither den Namen einprägte, so daß ich es mir bei Lillyberry wünschen durfte, aber schon.
Das erste Buch nachdem ich auf der Wiedner Hauptstraße dann fast ein Monat fragte und schon aufgeben wollte, war Philip Roths „Amerikanisches Idyll“, das ist inzwischen in den „Wiener Verhältnissen“ verewigt.
Dann kam ein Kundera an die Reihe, der schon auf französisch geschrieben und daher von M.R.R. verrissen wurde, aber auch den Mankell kenne ich von dieser Aktion und zwar gabs da zuerst „Die fünfte Frau“ und dann noch „Die falsche Fährte“ und von Lily Brett habe ich dadurch gehört, das Buch hat sich, glaube ich, später die Anna geschnappt und bei Peter Handkes „Die Fahrt im Einbaum“ bin ich wochenlang auf die Mariahilfer Straße gelaufen und habe es schließlich durch einen Brief an die Zentrale bekommen. Dann wurde die Aktion eingestellt. Ich hoffe Libro alt ist nicht wegen mir eingegangen. Ich habe die Bücher aber alle gelesen. Richtig, der Köhlmeier „Bevor Max kam“, den ich inzwischen noch einmal gewonnen habe, war auch dabei.
Das sind so Geschichten aus dem Erinnerungskasten einer Literaturbesessenen, ich habe aber noch andere, denn Otto Lambauer, der blogmäßig schon wieder verschwunden ist, hat mich auf die Kolik-Sondernummer über Elfriede Gerstl aufmerksam gemacht.
Da müßte ich Gustav Ernst fragen, ob er mirs schenkt, weil ich so eine treue Veranstaltungsgeherin bin, vielleicht beim nächsten Priessnitz-Preis, den ja heuer entgegen meinen Prognosen nicht Cornelia Travnicek oder Andrea Winkler, sondern Michael Hammerschmid, den ich von der Kolik-Festveranstaltung 2003 im Literaturhaus kenne und den ich eher für einen möglichen Jandl-Preis-Träger gehalten hätte, bekommt.
Ich habe auch bei „Elfriede Gerstl“ nachgegooglet. Da gibts ein Literaturhausvideo aus dem Jahr 2002 „Ein Fest für Elfriede Gerstl“. Man sieht sie fünfzig Sekunden lang eine hutförmige Torte anschneiden und hinter ihr wackelt mein Kopf hin- und her und am Ende sieht man mich mit dem Pappteller in der Hand Ratschläge zum Verteilen der Torte geben.
Ja, ich bin öfter bei literarischen Buffets zu sehen. Als ich 1996 nach Klagenfurt gefahren bin, habe ich mich auch im Fernsehen mit dem Teller in der Hand vor dem Buffet gesehen.
Alfred nennt mich schon Buffethai, aber wie soll man mich sonst bei Literaturveranstaltungen im Fernsehen, außer vielleicht mit geschlossenen Augen bei „Rund um die Burg“, sehen? Wo ich lese, ist nicht der ORF.
Da hat sich also während ich korrigierend in der Sommerfrische sitze und mich über die „Sophie Hunger“ freue oder fluche, einiges getan, was scheinbar unbedeutend ist und noch etwas Kurioses ist passiert, was sich vielleicht in meinem Schreiben wiederfinden wird.
Da hat sich ein Radikaler oder auch ein Witzbold, die Künstlerdatei geschnappt und aufgefordert, das christliche Abendland zu retten, weil in Linz den Schülern verboten wurde „Grüß Gott“ zu sagen.
Da habe ich mich auch nicht zurückhalten können, zu antworten, daß ich den Brief zum Anlaß nehmen werde, mir die Inkonsequenz in meinem Verhalten „Grüß Gott“ sagend, durch die Gegend zu rennen, obwohl ich Atheistin bin und vor allem am Volksstimmefest oder auf dem Maiaufmarsch, die Leute damit verärgere, endlich abzugewöhnen. Wenn das „Guten Tag“ nur nicht so scheußlich und das Ganze nicht so eine Gewohnheit wäre, denn nachher bin ich an der Traisen Rad gefahren und als mich die alte Nonne, die ich dabei manchmal treffe, grüßte, ist es wieder passiert, aber da hats gepasst und kann bleiben.
Ehe ich es vergesse, Google hat mich inzwischen übersetzt, man kann das „Kleine Fest des Schreibens“ jetzt auch auf französisch lesen. Was den Übersetzern und Lehrern zwar, glaube ich, nicht zu empfehlen ist, so wurde Andrea Stift beispielsweise in Andrea Pin übersetzt, aber noch ein bißchen kurioser ist.
2009-08-05
Herbstvorschau und Lesegeplauder
Im September wird es drei eigene Lesungen geben. Am 5. beim Volksstimmefest, eine Woche drauf ist die Poet Night, am 21. 9. gibts doch eine Präsentation meiner neuen Bücher im Reading!!room und am Wochenende davor ist wieder „Rund um die Burg“. Da habe mir jetzt das Programm ausgedruckt und wieder vor, nonstop zu bleiben. Denn diesen Spleen, einmal im Jahr mit einer Tasche Proviant frierend in einem Zelt zu übernachten und allem, was Rang und Namen hat und lesen darf, zuzuhören, erlaube ich mir und jetzt gelingt mir auch das Durchhalten.
Um halb drei in der Früh, wenns ganz kalt ist und die Erotiknacht vielleicht fad, denke ich ja leicht, was soll es, die anderen kommen auch nicht zu meinen Lesungen?
Eine Zeitlang habe ich befürchtet, es wäre eine Woche vorher, also zeitgleich mit der Poet Night und diesen Marathon durchzuhalten, wäre besonders schwer. Es ist aber hintereinander und ich werde mich auch nicht splitten müssen.
Obwohl der August erst angefangen hat, beginnt nun auch die Vorschau auf die neuen Bücher. Peter Henisch hat ein Neues, entnehme ich dem Programm, dann gibts wieder einen Eva Rossmann Krimi. Alfred pflegt mir den regelmäßig zum Geburtstag und zu Weihnachten zu schenken, wahrscheinlich auch, weil ihn anschließend die Anna liest. Als ich das letzte Mal mit ihr essen war, hat sie mich in den Thalia, in die Mariahilfer Straße geführt und behauptet, es gebe einen Eva Rossmann Krimi, den ich nicht habe, wir haben ihn aber nicht gefunden und der neue „Leben lassen“ ist, so viel ich weiß, noch nicht erschienen.
Eva Rossmann wird bei „Rund um die Burg“ lesen und dann hat auch Wolf Haas einen neuen Krimi „Brenner und der liebe Gott“, obwohl er diese Serie 2003 mit „Das ewige Leben“ beenden wollte.
Alles kann sich ändern und es werden im Herbst sicher viele neue Bücher auf mich zu kommen, von denen ich noch keine Ahnung habe.
Dann gibts auch die Liste für den deutschen Buchpreis und wir werden wissen, welche ehemaligen Bachmannpreisträger ganz oben stehen.
In diesem Sinne, obwohl ich eine sehr anachronistische Leserin bin, mit einem ungelesen Bücherberg, der weit in das vorige Jahrhundert hineinreicht, so daß mich solche Listen meistens nur veranlassen, das Ungelese herausholen, leite ich zu einigen Fragen über, die in den Bücherblogs gerade diskutiert werden.
Eine dreht sich um die schlechten Bücher und da geben die Blogger ihre Kriterien an, was sie für schlechte Bücher halten. Z.B. lillyberry oder leselustfrust führen da lange Listen.
Das hat mich wieder etwas verwirrt, denn ich bin ja eine, die sehr offen, tolerant und neugierig ist und sich für vieles interessiert.
Ein Hauptkriterium für ein gutes Buch wäre für mich die Ernsthaftigkeit mit der es geschrieben wurde. Wenn sich der Autor, die Autorin bemühen, gibt es für mich kein schlechtes Buch, denn es ist ja interessant, was die anderen so schreiben.
Ein Problem ist natürlich das Lektorat, denn in dem Wunsch, das Ganze zu verkaufen, gibt es wahrscheinlich kaum mehr einen originellen Autor, denn da wird, wie man merken kann, viel geglättet, den Leserwünschen angepasst und auch nicht alles zugelassen und die Schreibschulen haben ja auch die Regel, daß immerfort etwas passieren muß und daß alles, was die Handlung nicht weitertreibt, hinausgehört.
Darin widerspreche ich in meinem Schreiben, wo oft nicht viel passiert und das hat mir vor Jahren auch einmal Karl-Markus Gauß erklärt, daß es in der Literatur nichts Gewöhnliches geben darf, sondern alles muß überhöht und außergewöhnlich sein, während ich mich ja gerne an das Stifterische Prinzip der „Bunten Steine“ halte und von den Randexistenzen des Lebens berichten will.
Und weil ich so schreibe, kritisiere ich auch nicht so gern herum, sondern höre erst einmal zu, obwohl ich natürlich meinen eigenen Geschmack habe und auch nicht alles lese.
So habe ich bei „Harry Potter“, Stephanie Meyer, etc. sicher meine Vorurteile, „Die Vermessung der Welt“ nicht gelesen und tue mir bei der experimentellen Literatur auch schwer.
Eine Kriterienliste, was ein schlechtes Buch ausmacht, sofern es nicht abgeschrieben, rechtsradikal und rassistisch ist, habe ich aber nicht.
Die zweite Frage ist, wie kommt man zu den Büchern, die man liest? Braucht es da die Verlagsempfehlung oder eine Büchersendung, wie „Die Vorleser“ oder Elke Heidenreich, die die Vorauswahl treffen?
Da bin ich daraufgekommen, daß ich auf den Namen gehe, wenn ich den Namen des Autors kenne, bin ich interessiert, auch das neue Buch kennenzulernen.
So kaufe ich z.B. meine Bücher aus den Ein-Euro-Kisten und da ich viel zu Lesungen gehe, literarische Seiten lese, den Bachmannpreis studiere etc. habe ich auch viele Namen im Kopf, so daß ich „Ex libris“ oder die anderen Sendungen gar nicht brauche, obwohl ich sie gern höre.
Die österreichische Büchersendung ist zur Abwechslung eine, die mir nicht so gefällt, die halte ich durch die Essays, die die Herren, die sie moderieren, voran stellen, für zu oberklug und ich weiß oft nicht, was das mit den besprochenen Büchern zu tun hat?
Zum Abschluß meiner heutigen Gedankensplitter komme ich zu Anni Bürkl, die auch Ghostwriterin ist und da in ihrem Blog ihre Preise angibt, wenn man sich von ihr ein Buch schreiben läßt, weil man zwar Ideen, aber keine Zeit zum Schreiben hat.
Da konnte ich, als Konsumverweigerin nicht umhin, ihr einen Kommentar zu schicken. Obwohl es die berühmten Schauspieler, Politiker etc., die fünfzehn- bis zwanzigtausend Euro für einen Ghostwriter zahlen, um ihre Biografie in einem Großverlag zu haben, die des bekannten Namens wegen auch gekauft wird, schon geben wird.
Soll auch so sein und so gesehen ist das Ghostwriting sicher spannend. Nur fällt mir da das Gerede von der „Vanity Fair“ ein, das man zu hören bekommt, wenn man sich zum Beispiel ein Buch im Book on Demand-Verfahren macht.
Es ist schon ein Dilemma mit der Literatur. In diesem Sinne freue ich mich auf den Bücherherbst und werde jetzt weiterkorrigieren.
2009-08-04
Die nächsten Lesungen
Und wieder eine kleine Vorschau auf mein September Leseprogramm. Es ist einiges los und ich lade alle Interessierten herzlich ein und würde mich besonders freuen, vielleicht den einen oder anderen Stammleser zu treffen oder persönlich kennenzulernen.
1. Linkes Wort am Volksstimmefest 5. und. 6. September 2009, 1020, Prater – Jesuitenwiese 7Stern-Bühne jeweils zwischen 16 und 18 Uhr www.linkes-wort.at, Motto „Wir retten ein System“.
Ich werde am Samstag den Beginn meines Work in Progress „Sophie Hungers Krisenwelt“ erstmals vorstellen.
2. Poet-Night des 1. Wiener Lesetheaters am Samstag, den 12. 9. 2009 zwischen 16-2 Uhr früh, im Kulturzentrum Siebenstern, 1070 Siebensterngasse 31, lesen nonstop, im 7- 8 Minuten Rhythmus die Autoren, die das 1. Wiener Lesetheater anhzubieten hat.
Meine genaue Lesezeit werde ich noch bekanntgeben, wenn das Programm feststeht.
Lesen werde ich meine Bachmann-Satire „Wunderschöner Tintentraum“, der auch im Literaturgefluester nachzulesen ist.
3. Buchpräsentation „Die Radiosonate oder das einsame Jahr“ und „Das Haus“ am Montag, den 21. 9. 2009 19. 30 im read!!ingroom, 1050, Anzengrubergasse 19/1