Literaturgefluester

2009-09-26

Subjekt des Erinnerns?

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:18

Die Theodor Kramer Gesellschaft gibts 25 Jahre und aus diesem Grund fanden in den letzten Tagen verschiedene Veranstaltungen statt. Nämlich am Donnerstag der Festakt im Palais Epstein bzw. Parlament, den ich ausgelassen habe, weil ich keine Sicherheitskontollen mag und am Freitag und am Samstag war ein Internationales Symposium in der alten Schmiede.
Die Theodor Kramer Gesellschaft kenne ich schon länger, als deren guten Geist, Konstantin Kaiser. Nämlich durch meine alte Freundin Hansi Berger, die von Prag nach Israel emigrierte und nach dem Krieg nach Wien gekommen ist, die ich als sehr junge Studentin, im Club logischer Denker kennenlernte und die 1992, hochbetagt gestorben ist. In ihrer Wohnung in der Gießaufgasse habe ich sie mit der kleinen Anna einmal besucht und da sie hat ein Prospekt von ihrem Tisch genommen und mir von der Theodor Kramer Gesellschaft erzählt, bei der sie Mitglied geworden ist.
Dann kommt ein Schnitt und ich habe erst wieder 2001, in der GAV von der Theodor Kramer Gesellschaft gehört und Konstantin Kaiser kennengelernt mit dem ich bezüglich des Tags der Freiheit des Wortes meine Troubles hatte. Da habe ich mich durchgesetzt. Die Organisation des 10. Mais inzwischen aber wieder verloren.
Seither bin ich eine regelmäßige Besucherin der Veranstaltungen der Theodor Kramer Gesellschaft und beziehe auch die Zeitschrift Zwischenwelt. Mit dem Thema des Erinnerns, des Holocaust und der Schoah habe ich mich auch intensiv auseinandergesetzt.
Und das Symposium war auch sehr interessant. Es hat am Freitag Nachmittag mit einer Zeitzeugin, nämlich Eva Kolisch, 1925 geboren, die 1939 mit einem Kindertransport in die USA gekommen ist und sich dort in der Friedens- Menschenrechts- und Lesbenbewegung engagierte, begonnen.
Eine alte Dame, die mich an die Erika Danneberg erinnert hat und die in ihrem Referat, die Frage stellte, ob ihr Leben und ihr Schicksal interessant genug ist, davon zu erzählen und das hat mich wieder zu meiner Freundin Hansi Berger zurückgeführt, die in den frühen Achtzigerjahren, als ich sie kennenlernte, von der NS-Zeit und ihrer Verfolgung nicht viel erzählen wollte.
Das war das Thema des Symposiums. Das die erste Generation der Betroffenen von ihren Traumatisierungen nicht so gern sprechen wollte, obwohl mich das als junges Mädchen ja sehr interessierte.
Die erste Generation war aber traumatisiert und hat geschwiegen und die Kinder haben gefragt, bzw. sich das nicht getraut, um die Eltern nicht zu verletzen.
Dieser zweiten Generation gehört auch Konstantin Kaiser an. Er ist 1947 geboren und hat sehr viel zu diesem Thema geforscht, die Theodor Kramer Gesellschaft gegründet, die inzwischen einen eigenen Verlag und die Zeitschrift hat und unzählige Bücher zu diesem Thema herausgibt.
Es ging mit dem Psychiater David Vyssoki weiter, der über die Therapiearbeit des Psychosozialen Zentrums Esra erzählte. Dann kam Hannah M. Lessing, die Generalsekretärin des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus, die von ihrer Familiengeschichte und dem Sinn ihrer Arbeit sprach.
Literarisch wurde es mit Ursula Seeber von der Exilbibliothek des Literaturhauses, die von den sechzig Hüten der Mimi Grossberg, einer ebenfalls in Wien geborenen Schriftstellerin, deren Nachlaß sie im Literaturhaus betreut, referierte, mit Miguel Herz-Krestanek, der von seinem Vater, dem Haus in St. Gilgen und den Lederhosen, die er sich von den Nazis nicht nehmen läßt, erzählte und Georg Stefan Troller, dem Theodor Kramer Preisträger von 2005, der das Buch zur Axel-Corti-Trilogie „Wohin und zurück“ und seine Lebenserinnerungen präsentierte.
Heute ging es weiter mit Lebensgeschichten und wissenschaftlichen Beiträgen zum Erinnern. Subjektiv und objektiv. Manfred Wieninger hat von seinen Forschungen zum Zwangsarbeiterlager beim Viehofner See, das er 2005 zufällig beim Schneeglöckchensuchen entdeckte, berichtet.
Ludwig Laher von seinem Roman „Herzfleischentartung“, in dem es um das Lager in St. Pantaleon im Innnviertel geht, das er ebenfalls zufällig entdeckte.
Vladimir Vertlib las von der emotionalen Twilight Zone und das führt zu Hannah Lessing und dem Schweigen der ersten Generation, der Betroffenheit der zweiten Generation und den Enkelkindern zurück, die viel unbefangener an das Thema herangehen. Sich auf der einen Seite für Zeitzeugen interessieren und sich in Gedenkdiensten engagieren, auf der anderen Seite aber auch im Sinne der Verleugnung a la H. C. Strache reagieren.
Es war interessant und sehr dicht. Viele Fragen und wenig Zeit für Antworten, bzw. wurden diese manchmal auch etwas abgewürgt. Es ist ja auch ein heikles Thema, das Betroffeneit und Abwehr auslösen kann.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob das zu intensive Beschäftigen der Betroffenen nicht die Traumatisierungen verstärken kann und natürlich ist es wichtig nach vorne zu sehen und zu schauen, daß das nicht mehr passiert!
Morgen gibts dann noch im Metrokino, die Axel Corti Filmtrilogie und Konstantin Kaiser wird am Mittwoch mit dem goldenen Verdienstzeichen der Stadt Wien ausgezeichnet.
Biografiearbeit und die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit ist aber sicher für jeden wichtig und da bin ich diese Woche im Internet auf einen Biografielotsen, http://www.biografielotse.de, gestoßen, der die Beschäftigung mit der persönlichen Lebensgeschichte jedem anzubieten versucht und dafür auch einen eigenen Fragenkatalog ausarbeitet, mit dem man sich mit dem eigenen Leben für seine Kinder und Enkelkinder beschäftigen kann.

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