Der leichte Schneefall heute morgen hat mich etwas irritiert, hatte ich doch geplant, da wir wegen der Eugenie Kain Gedächtnislesung das Wochenende in Wien geblieben sind, einen dieser Margaretenspaziergänge zu machen, den der read!!!ing room, der Raum der sogenannten Alltagskultur, den es seit 2002, in der Anzengrubergasse gibt, freundlicherweise jedes Monat bei Schönwetter anbietet.
„Das neue und alte Matzleinsdorf“, „Weibs.bilder“, „Über Siebenrunnen mußt du gehen“, heißen die Angebote, heute war das letztere dran, also bin ich nach zehn hingegangen und war sehr erstaunt, daß sich nach und nach über zwölf Personen einfanden.
Margareten ist sicher interessant und da ich seit 1997 in diesem Bezirk lebe und vorher schon in der Reinprechtsdorferstraße gearbeitet habe, weiß ich ein bißchen darüber, wie ich schon berichtet habe.
Frau Bezirksrat Steininger hat mich das erste Mal durch den Bezirk geführt, dann gabs die Troubles mit der Lesung in der Szene Margareten, die zu der Erzählung „M.M. oder die Liebe zur Germanistik“ führte. Da bin ich einige Wochen durch den Bezirk gegangen, habe recherchiert und fotografiert…
Anni Bürkl hat einmal über einen ihrer read!!!ing room Spaziergänge in ihren Blog geschrieben, zu Ostern zog das Lesetheater durch Margareten, da habe ich den read!!!ing room kennengelernt und inzwischen zweimal dort gelesen und heute der Spaziergang durch Margareten, die Nikolsdorfergasse hinunter und an dem Haus vorbei, das 1911 in einem zeitlosen Stil errichtet wurde, der Hofer hats renoviert, die Bären und die Flamingos sind immer noch zu bewundern, wenn es gelingt in das Haus hineinzukommen.
Gegenüber liegt das neue Hartmannspital, wo die Schwester Restituta zugehörig war und der Salingerpark, weil Rudolf Salinger seine Werkstätte gegenüber hatte.
Ansonsten gab es in Margareten einmal sieben Brunnen und keine direkte Verbindung in den ersten Bezirk und dort wo wir gegangen sind, waren die Spinner und die Weber zu Hause. Das Atelier eines berühmten Schneiders ist immer noch da und am Mittersteig gab es einmal eine Synagoge, das Schild das daran erinnert, ist an der Sonderjustizanstalt angebracht, weil die Hausbesitzer etwas dagegen hatten, es an ihr Haus zu tun und in der Siebenbrunnengasse 21 hatte Bernhard Altmann seine Zwirnfabrik, während seine Frau Adele, die, mit dem berühmten Klimt-Bild ist.
An der Ecke Zentagasse hat einmal die Familie Eckstein gelebt und einer der Eckstein Brüder war mit Bertha Diener, besser bekannt als Sir Galahad verheiratet. Die berühmten Frauen der Zentagasse werden aber erst bei der Frauenführung am 21. Feburar erwähnt.
Wir gingen also weiter bis zum Siebenbrunnenplatz und da gab es noch viel zu erfahren, die Geschichte eines öffentlichen Parkes, der sich durch Bürgerbeteiligung gebildet hat z. B. und über die Volkshochschule, wo ich erst am Montag war.
Es war also interessant und vieles neu, obwohl ich dachte, ich weiß schon einiges über Margareten. Also ist es gut, sich auch die beiden anderen Spaziergänge zu geben, mal sehen, ob wir am 21. 2. in Wien sind.
Dann gab es noch am Nachmittag ein interessantes Programm, nämlich im Filmmuseum den dritten Teil des „Film.Stadt.Wien.-Projektes“, nämlich den Hobbyfilm der Dreißigerjahre, das hat etwas mit der Ausstellung „Kampf um die Stadt zu tun“, deshalb haben wir auch die Renate Sassmann dort getroffen.
Zuerst gab es vier kurze Filme, die Familienaufnahmen meist von damals sehr bekannten Industriellenfamilien waren, die ihre Autos, ihre Badevergnügen, aber auch den Wiener Prater um 1940 filmten und dann gab es eine sogenannte Sensation, nämlich die Welturaufführung eines 1928 von einem Ottakringer Filmclub hergestellten einstündigen Kriminalspielfilms „Der grüne Kakadu“.
Hauptakteur dieses Filmclubs war der Rauchfangkehrermeister Franz Hohenberger, Regisseur und Hauptdarsteller und das Wirtshaus „Der grüne Kakadu“, in dem der Film spielt, wurde von einem Tischler im Hof der Familie aufgebaut und die Hausbewohner spielten mit, wie die Tochter erzählte und der Film war wirklich interessant und lustig. Viel gelernt über Wien und Christian Katt haben wir im Filmmuseum auch getroffen.
2010-01-31
Sonntagsvergnügen
2010-01-30
Eugenie Kain Gedenklesung
Im Gartensaal des Volkskundemuseum gab es die vierte Volksstimmeanthologiepräsentation in Gedenken an Eugenie Kain, eine reine Autorinnenlesung mit Ruth Aspöck, Judith Gruber-Rizy, Elfriede Haslehner, Eva Jancak, Hilde Langthaler, Carina Nekolny, Lale Rodgarkia-Dara, Hilde Schmölzer und Simone Schönett.
Es war sehr spannend und sehr voll. Die zehn Reihen mit den je fünf Sessel besetzt und die Veranstaltung sehr schön angekündigt, mit einem großen Plakat vor dem Museumseingang und einen großen Büchertisch.
Die Familie Kain war anwesend, die Mutter, die Tante und eine gute Freundin, die KPÖ Granden, aber auch Rudi Lasselsberger, Silvia Bartl und viele Autorinnen.
Im Buch sind außer Eugenie Kain sieben vertreten. Es haben aber zehn gelesen und so war die Textauswahl eine Kombination mit Texten von Eugenie Kain, denen aus dem Buch und einigen neuen. So hat Carina Nekolny nicht auf dem Volksstimmefest gelesen und auch Simone Schönett habe ich noch nicht gehört.
Es hat aber gepasst und war eine wilde Mischung von linken Wörtern und Randgruppenliteratur.
„Randschriften“ heißt auch der Text, den Eugenie Kain für die Anthologie geschrieben hat. Mit dem Untertitel „Offenbar Radaubrüder.“
Ruth Aspöck hat ihn vorgelesen und Christoph Kepplinger wies in der Einleitung darauf hin, daß sich gestern bei dem Polizeieinsatz gegen die Burschenschaftsballdemonstration ähnliches abgespielt hat. Daß sich Eugenie Kain mit Rändern beschäftigt hat, ist bei der Lesung auch sehr schön herausgekommen.
Ich habe mit Auszügen aus meinen Blogeinträgen, der Todesmeldung und den Bericht über die alte Schmiede Lesung im April begonnen. Da ist es ihr, hat mir die Freundin der Familie, die im Cafe der Provinz neben mir gesessen ist, später erzählt, sehr gut gegangen.
Ich habe bei der Lesung dagegen gestottert, weil ich nicht sicher war, ob die Blogauszüge zu verstehen waren.
Judith Gruber Rizy ist nach mir gekommen und hat mit „Vom Schwimmen in der Donau“, einen Text gelesen, den Eugenie Kain in Gedenken an Franz Kain geschrieben hat, der die Beziehung zwischen einem schreibenden Vater und einer schreibenden Tochter sehr gut beleuchtet hat. Die Bücher des Vaters hat sie nur heimlich und verstohlen gelesen und weil sie eine schlechte Schrift hatte, hat sie in den Ferien einen seiner Texte abschreiben müßen, statt mit ihren Freundinnen ins Schwimmbad zu gehen.
Interessant, daß hier die Erzählstimmen vom „ich“ zum „sie“ hinüberschwenken und die Ränder kommen auch natürlich vor. Auch bei Carina Nekolny, einer Linzerin, die eine Geschichte aus ihrem Buch „Stimmen/ Ränder“ gelesen hat, in dem es um die Anni Holzer aus der Schwedensiedlung gegangen ist, die ihren Bären in der Handarbeitsstunde total lässig gestrickt hat und dabei noch die coolsten Geschichten von einem reichen Onkel und einem Tierarztvater erfunden hat, über die sie selber lachen mußte.
Da sind mir die „Geschichten aus dem Kürnbergwald“ eingefallen.
Linz ist offenbar eine starke Gegend mit einer starken Sprache.
Hilde Langthaler hat auch ein paar Eugenie Texte gelesen, aus „Sehnsucht nach Tamanassent“ und etwas aus einem dieser Linz 09 Kataloge, während andere Eugenie Kain gar nicht gekannt haben. So Lale Rodgarkia-Dara, einen Text aus ihrem Romanprojekt gelesen, eine Globalisierungsgeschichte, wo es, wenn ich richtig verstanden habe, um eine Litauerin in Brüssel gegangen ist, die eine spritzig frische Sprache hat.
Linz war weit weg, um Ränder ist es trotzdem gegangen und das auch bei dem Text von Simone Schönett, der im Magazin zur „Kultur der Endlichkeit“ enthalten ist. Das Heft enthält Texte über das Sterben und hat mich sehr beeindruckt.
Ursula Knolls Text fällt auch in diese Kategorie.
Zwei sehr beeindruckende Stunden mit linken Wörtern, starken neuen Texten, neben den bewährten Anthologiebeiträgen und einem Abschiednehmen von Eugenie Kain, die sehr berührten.
Nachher ging es ins Cafe der Provinz, in die Maria Treu Gasse gleich nebenan und das hat auch mit Literatur zu tun, weil man dort nicht nur Crepes und Palatschinken, sondern auch die Bücher der Bibliothek der Provinz kaufen kann.
Am Schluß kommt wieder eine Todesmeldung. D. J. Salinger der Autor vom „Fänger im Roggen“ ist am 27. Jänner gestorben.
2010-01-29
7 Tage im Februrar
Bei einem meiner letzten Buchlandungs-Ein-Euro-Käufen war auch ein Jugendbuch, das ich schnell zu mir steckte, weil ich den Namen des Autors kannte, nämlich „Sieben Tage im Feburar“ des 1949, in St. Pölten geborenen und dort lebenden Hauptschullehrers Robert Klement, das das Sprengstoffattentat auf die Roma-Siedlung in Oberwart am 4. Februar 1995 pädagogisch aufarbeitet und da sich dieser Tag demnächst zum fünfzehnten Mal jährt, war es passend das Buch zu lesen.
Noch dazu da ich mich an das politische Geschehen in Österreich vor fünfzehn Jahren gut erinnern kann. Inzwischen wissen wir schon einiges darüber und mehr als der Autor, der das 1998 bei Jungbrunnen erschienene Buch, drei Jahre nach dem Attentat geschrieben hat und dafür ein Jahr in der Roma-Siedlung am Stadtrand von Oberwart recherchierte.
So ist die Schilderung der Romafamilie auch sehr gut gelungen. Zwar wird noch sehr oft das Wort Zigeuner verwendet, was inzwischen eher als Schimpfwort und politisch unkorrekt gilt. Das Buch ist aus der Sicht des vierzehnjährigen Josef Simon, dem Sohn eines der Opfer geschrieben und versucht den anderen Vierzehnjährigen das Leben in einer Romasiedlung näher zu bringen. Von den Vorurteilen, der Arbeitslosigkeit und den Schwierigkeiten des fünffachen Familienvaters, der meist ohne Arbeit ist, finanziell über die Runden zu kommen, das Haus auszubauen, ein neues Auto zu kaufen und seine Kinder zu ernähren, wird berichtet.
Robert Klement versucht auch das dritte Reich und dessen Umgang mit den Zigeunern den Jugendlichen näherzubringen und tut das mit der Figur des Großvaters, der im KZ mit seiner Geige überlebte und einem anderen Überlebenden, der das einige Tage nach dem Attentat dem jungen Josef, der von seiner Romaherkunft nichts wissen und abhauen will, erzählt.
Dazwischen gibt es die Parallelhandlung des Anton Ehm und das ist ein konstruiertes Psychogramm, während sonst die echten Namen verwendet werden. Von Franz Fuchs wußte man damals offenbar noch nichts. So ist ein alter Mann und Einzelgänger daraus geworden, der aus seinen Minderwertigkeitsgefühlen heraus schon in der Schule Bomben bastelte, seinen Haß auf alles Fremde nach dem Tod seiner Frau weiter entwickelte und außerdem erwachsene Kinder hat. Also eine etwas andere Biografie.
In der Literaturhausbesprechung von Riki Winter steht etwas von für den pädagogischen Gebrauch aufgearbeitet und, daß sich der Stoff der guten Absicht widersetzt und irgendwie so habe ich auch empfunden und mir gedacht, daß sich die Jugendlichen, die das lesen, erstens vielleicht nicht so gern belehren lassen wollen und zweitens auf die vielen geschilderten Fehlverhalten am Ende noch neugierig werden und irgendwie erscheint es mir auch sehr genau beschrieben, was man alles machen muß, damit die Polizei zu keinen DNA- und Fingerabdrücken kommt.
Da ich nicht mehr vierzehn bin, weiß ich nicht, wie ich das Buch in diesem Alter empfunden hätte, jetzt scheint mir das Thema interessant und es ist auch sicher wichtig, sich daran zu erinnern.
Den Roma geht es, wie man weiß, inzwischen auch nicht sehr viel besser, sie landen vielleicht nicht mehr so oft in Hilfsschulen, weil es die so nicht mehr gibt. Wirkliche Bildungschancen scheinen sie aber auch noch nicht zu haben und um zur Literatur für Erwachsene zurückzukommen. Elfriede Jelinek hat sich in „Stecken Stab und Stangl“ auch mit diesem Thema auseinandergesetzt.
2010-01-28
Vom Open House zu Walter Grond
Als ich vorige Woche von der Bibliothek der ungelesenen Bücher nach Hause gekommen bin, habe ich vom Tag der offenen Tür an der Hochschule für angewandte Kunst gelesen. In der Sendung „Schon gehört“ wird auch immer darauf hingewiesen, ich war aber noch nie dort, weil ich mir meine Zeit einteilen muß. Aber diesmal schaute ich nach, ob es etwas zum Studium der Sprachkunst gab und fand im Internet den Hinweis, daß um 15 Uhr Robert Schindel den Lehrgang vorstellt und anschließend die Studierenden ihre im Semester entstandenen Texte lesen.
Bei der Macht.Geld.Literatur? Diskussion habe ich ja meinen Unmut geäußert, daß von den 345 Bewerbern nur 16, heute habe ich gehört, es wären 347 gewesen, aufgenommen wurden, worauf ich mit Marietta Böning ins Gespräch kam, die an der Stabsstelle für Pressearbeit tätig ist. Sie hat gemeint, daß wir uns treffen könnten und so habe ich sie angerufen und sie im Hauptgebäude auch gleich gefunden. Sie war nur im Streß, weil sie die Studenten herumführen mußte, die dann aber in der Vorlesung über Design hängen blieben. Es gab einen Infotisch mit Glückskeksen und jede Menge Material und viele junge Leute, die sich für das, was an der Hochschule passiert, interessierten. Ich war mit Marietta Böning bei der Demonstration einiger Diplomarbeiten und da ging es nicht nur, um visuelle Poesie sondern auch darum, durch künstlerische Filme, die Leute vom unnötigen Stromverbrauch abzuhalten und die Stiegl Braukunst-Edition 2009 „Born to the wild“ gab es auch am Infotisch.
Um drei ging ich zur Vorderen Zollamtsstraße und wurde dabei von einer jungen Frau im schwarzen Kleid überholt, die sich als die Studierende Rhea Kromarova entpuppte, die später ihre Texte las. Oben sah ich gleich Gustav Ernst und Robert Schindel und erzählte ersterem, daß ich seine „Helden der Kunst“ im Literaturgeflüster besprochen habe und diskutierte mit ihm, wen ich dabei erkennen hätte sollen. Er hat mir das neue Kolik geschenkt, Texte der Studierenden sind noch nicht drinnen. Es lasen Jan Braun, Elisabeth Mundt und Rhea Kromarova, drei andere waren noch im Publikum, die einzige mir bisher bekannte, Sandra Gugic, habe ich nicht gesehen. Robert Schindel stellte den Lehrgang und die Lehrer vor, Doron Rabinovici wird im nächsten Semester neu dabei sein, Lydia Mischkulnig, ist neben Ferdinand Schmatz und Sabine Scholl ebenfalls dabei und erzählte, daß der Lehrgang nach dem Leipziger Vorbild geplant wurde. Die Studenten sollen in allen Stilen schreiben lernen und dadurch ihre eigene Stärken finden.
Die vorgelesenen Texte waren Beispiele, so hat Rhea Kromarova ihre Übung: Angst zu beschreiben ohne das Wort zu erwähnen „Durch dünne Luft“ gelesen.
Jan Braun las drei drei kurze Texte und Elisabeth Mundt die „Verschwundene“, die bei Robert Schindel entstanden ist.
Nachher gab es eine Diskussion die mit der Frage begann, ob dadurch eine Wiener Schule entsteht? Was Robert Schindel energisch bestritt, eine junge Frau fragte, wie die Studenten zufrieden sind und da sagte eine der Studierenden, daß sie in dem einen Semester mehr gelernt hat, als vorher bei drei Jahre Theaterwissenschaft, weil es natürlich toll ist, daß sich sechs bekannte Schriftsteller um sechzen Studenten kümmern, auch wenn man, wie Robert Schindel erwähnte, keine Garantie auf den Nobelpreis hat und die Bewerber bei der zweiten Aufnahmephase, wo von den dreihundert vierzig ausgewählt werden, nicht nur vor Ort einen Text schreiben, sondern auch nach ihrer Stabilität ausgesucht werden, denn nur Senisiblität ist es auch nicht. Ob ein solcher Lehrgang wirklich Sinn macht, bin ich mir nicht ganz sicher und natürlich sollten das alle können, die das wollen. Man kann sich aber jedes Jahr bewerben, bis zu fünfunddreißigmal. Altersbegrenzung gibt es keine, die Frage nach der Überqualifierung, die sich im Herbst ergeben hat, wurde nicht besprochen und es wird wieder öffentliche Lesungen und auch Publikationen geben.
Danach hat hat es gepasst in die alte Schmiede zu der Reihe „Zeit-Spiegel – europäische Boheme und die Auflösung kollektiver Identität“ zu gehen, wo Walter Grond seinen Roman „Der gelbe Divan“ vorgestellt hat, denn Walter Grond hat sich auch mit den neuen Formen des Erzählens auseinandergesetzt und das Read me Portal mitbegründet. Ich kenne ihn von einigen Diskussionen und so habe ich mich dafür entschieden, obwohl in der Szene Margareten Edith Kneifls Margareten-Krimi vorgestellt wurde.
„Der gelbe Divan“, der von Andreas Puff-Trojan eingeleitet wurde, ist ein sehr kompliziertes Werk. Fünf Jahre hat der Autor daran gearbeitet und es ist, wie er erwähnte, ein Roman in dem er die Zeit in der wir leben, beschreiben wollte. So geht es, sowohl um das Konsumieren, als auch um Globalisierung, den Orient und den Okzident, die französische Revolution, den Kaptialismus und die Kriegsführung, an Hand des Journalisten Paul Clement, der mit seinen Kindern Kleopatra und Rafael lebt und im gelben Divan sitzt, während sie seine Ex-Frau Bele, von der er später ein drittes Kind bekommt, in die Schule bringt, um den Bericht von der Orientreise Gustav Flaubert von 1849-1851 zu studieren, während der Schriftsteller Johann Selbstmord begangen hat…
Das sind nur einige Themen des monomentalen Werkes, sowohl der Autor, als auch Andreas Puff-Trojan boten noch unzählige Aspekte dazu an, obwohl Walter Grond immer wieder zwischendurch betonte, es ist gar nicht so kompliziert.
Zwei der vielen Fragen wären, was passiert, wenn das Volk, die Demokratie und der Leser die Literatur abschaffen will?
Letzteres wird sich wohl von selber klären, so waren beispielsweise nur wenige Leute in der alten Schmiede. Kurt Neumann deutete in der Einleitung an, daß die Rezensenten in unserer schnelllebigen Zeit von dem komplexen Werk überfordert waren, so daß ich fürchten würde, daß sich nicht viele Leser, die Zeit nehmen, dem komplexen Zeitroman auf die Spur zu kommen.
2010-01-27
Wie pünktlich die Verzweiflung ist….
Prosa, Lyrik, Biografisches von und über Christine Lavant.
Eva Dite, die ich vom Lesetheater kenne, stellte im Literaturhaus selten gelesene Werke der 1915, als Christine Thonhauser in St. Stefan im Lavanttal geborenen Dichterin vor, die wie sie in ihrer Einleitung erwähnte, eine sehr bekannte österreichische Dichterin ist, aber dann kennt man sie auch wieder nicht, bzw. gilt sie als bigott, esoterisch oder altmodisch…
Eva Dite versuchte jedenfalls sehr energisch, die kranke kleine Frau aus Kärnten, die immer ein Kopftuch trug, aus der Vergessenheit zu holen und ins Literaturhaus zu bringen und das war auch sehr voll und der Lebenslauf der Lyrikerin sehr ungewöhnlich.
Neuntes Kind einer Bergbauernfamilie, lungenkrank, durch eine Mittelohrentzündung fast taub und zu schwach für den Schulbesuch, verdiente sie sich den Lebensunterhalt bis zu ihrer literarischen Anerkennung mit Strick- und Webarbeiten und verbrachte die meiste Zeit ihres Lebens in ihren Heimatsort.
Eva Dite hat neben dem Volksteaterstar Andrea Eckert, auch eine Nichte oder Großcousine eingeladen, die 1972, eine Hausarbeit über die Bilderwelt Lavants verfaßte und Maria-Luise Stainer hat von diesen Besuchen bei der Tante viel erzählt.
Die war sehr krank und hat sich auch über einen Kommentar einer Germanistin geärgert, so daß sie ihre Zusage mit der Nichte an ihren Lyrikbänden zu arbeiten, bereute, das aber nicht sagte, sondern ihr, wie das Maria-Luise Stainer nannte, entwischte und meinte, die Nichte solle doch die Gedichte selber kommentieren oder die Leser in die Irre führen, Maria-Luise Stainer ließ aber nicht locker zu einer ernsthaften wissenschaftlichen Arbeit zu kommen. Das Durchgehen der Gedichtbände schien die alte Damen sehr erschöpft bzw. aufgewühlt zu haben, wie die Nichte ebenfalls erzählte.
Eva Dite las noch aus einem Interview, das Christine Lavant einem dänischen Radiosender gegeben hat.
Das Schreiben und das Lesen war dem kranken Mädchen neben dem Handarbeiten immer wichtig, sie hat unter dem Namen Thonhauser ein Romanmanuskript 1932 an einen Verlag geschickt, das abgelehnt wurde, so daß sie ihr Werk vernichtet hat und erst nach 1945, als sie von ihrer Bibliothekarin einen Band Rilke Gedichte aufgedrängt bekam, im Rilkerausch wieder zu schreiben begann. Diese Gedichte sind unter dem Namen ihres Heimattales, zuerst an Paula Grogger, dann an ihren Verleger gekommen und die Lyrikerin war geboren, die 1954 und 1964 den Georg Trakl Preis, 1964 den Wildganspreis und 1970 den großen österreichischen Stattspreis bekam…
Eva Dite las auch einen Prosatext, ein Märchen, das seit 1952 nicht mehr aufgelegt wurde und am Büchertisch lagen eine Reihe, der Lyrikbände, die beim Otto Müller Verlag erschienen sind, auf. Es gibt auch die Holzschnitte von Werner Berg und eine offensichtliche Liebesbeziehung der Lavant zu dem Künstler, wie sie der Nichte bei den Gedichtinterpretationen offenbarte, das sie sehr daran gelitten hat, daß Werner Berg verheiratet war, was Christine Lavant ebenfalls war, aber, wie Eva Dite erzählte, in ihrem Lebenslauf nicht oft erwähnte. Einen Briefwechsel mit Gerhard Lampersberg, den wir aus „Holzfällen“ kennen, gibt es auch.
„Die Aufzeichnungen aus dem Irrenhaus“, die posthum veröffentlicht wurden, wurden nicht erwähnt, ich habe das Buch aber einmal der Anna gekauft.
Am Schluß gab es noch ein Gedicht in Originalaufnahme und vorher ein Viedeo, das die Dichterin 1972 mit der Nichte und deren Freundin zeigte, als die in den damals üblichen VW-Käfer stiegen.
Eva Dite wünschte sich noch viele Lavantabende, die das Werk der Dichterin präsenter machen und das ist sicher interessant.
Ich habe nicht viele der Besucher gekannt, einige vom Lesetheater waren da, mich lang mit Herrn Blaha auch über Silvia Bartls Kündigung unterhalten und Ottwald John, der mich sonst eher übersieht, hat mich gefragt, ob ich etwas von Ernst Kostal weiß, dem es nicht gut gehen soll.
Da werde ich morgen anrufen, denn von Ernst Kostal, der die „Wahnsinnsymposien“ im Literaturhaus veranstaltet hat, habe ich schon lang nichts mehr gehört und Robert Huez, dem ich eigentlich erzählen wollte, daß ich das mit der Kündigung sehr schade finde, habe ich nach der Eröffnung nicht mehr gesehen, es gibt aber bei Christiane Zintzen Gerhard Jaschkes Protestbrief zu lesen, den er im Namen der GAV geschrieben hat.
2010-01-26
Macht Geld Literatur?
Macht. Geld. Literatur? Unter diesem Titel gab es heute eine Veranstaltung der Grazer Autoren Autorinnen Versammlung und dem Republikanischen Club – Neues Österreich in der Rockhgasse zu den Fragen: Was ist die Arbeit eines Schriftstellers wert? Welche Bedeutung hat sie für die öffentliche Hand? Wieviel Staat braucht die Literatur und wieviel Staat verträgt sie? Droht ein subventionierter Autor zum Staatskünstler zu werden? Oder kann nur der Staat die Kunst vor dem Diktat des Marktes bewahren? Und unter welchen Bedingungen arbeiten heute Autorinnen und Autoren in Österreich?
Mit Claudia Schmied, Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Thomas Rothschild, Literaturwissenschaftler, Autor und Journalist, Maria Teuchmann, Geschäftsführerin des Thomas Sessler Verlages, Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Grünen, Sabine Gruber, Schriftstellerin, Moderation Doron Rabinovici.
Da mußte ich natürlich hin und, daß ich Robert Eglhofer und Ruth Aspöck treffen würde, wußte ich seit gestern, denn da gab es in der VHS Stöbergasse eine Aufführung des VocalgeStöber und dazu hat mich Brigitte Werl-eine Psychologiekollegin, die ich kenne, weil mein Vater und ihre Tante in den Siebzigerjahren in der gleichen SPÖ Sektion tätig waren, eingeladen und da traf ich Ruth, Robert und Brigitte Schramm, weil Ruth Aspöck auch in diesem Chor aufgetreten ist und da konnte ich ihr gleich die Tupperdose mitbringen, in der ich am Silvesterabend den übergebliebenen Feinschmeckersalat nach Harland transportiert habe.
Ruth und Robert haben an der Veranstaltung teilgenommen, denn Robert Eglhofer wollte die Ministerin hören, obwohl er skeptisch war, ob sie kommen würde. Ist sie aber, denn Claudia Schmied kommt sehr geduldig zu den diversen Literaturveranstaltung und nimmt freundlich lächelnd daran teil, obwohl die Literatur wahrscheinlich nur einen kleinen Bereich ihres Tätigkeitsbereiches ausmacht oder auch nicht, denn der Diskussionsleiter Doron Rabinovici hat zu Beginn der Veranstaltung sämtliche der oben zitierten Fragen an sie gerichtet und sie hat einen Einleitungsvortrag über Literatur und Wirtschaft gehalten, denn darüber hat sie, als sie noch Lektorin an der WU war, ein Seminar gehalten und als Thomas Rothschild Anton Tschechovs Kirschgarten erwähnte, haben ihre Augen geleuchtet und sie hat begeistert, „Sehr richtig, da kommt ein Zitat vor, daß der Kirschgarten nicht zu einem Kirschengarten werden dürfe!“ und mehrmals „Bildung ist wichtig!“ ausgerufen.
Ansonsten hat die Geschäftsführerin des Thomas Sessler Verlages, die eine sehr extrovertierte Frau sein dürfte, erwähnt, daß sie sich im Klinsch mit der Ministerin befände, weil ihr Verlag klagt, da Claudia Schmied, Christina Stürmer die Bundeshymne singen ließ und da hat sie zu den Söhnen auch die Töchter hinzugefügt und das darf man nicht, weil unwichtig, wie die ÖVP vermelden ließ, obwohl Frau Rauch-Kallat auch einmal diesen Vorschlag machte, aber das nur nebenbei, denn das gehörte nicht zum Thema.
Das Thema waren die Staatskünstler und da meinte die Geschäftsführerin, daß der Staat eher die Verlage und nicht die Künstler fördern soll, denn es würde ja nicht gehen, daß alle daher kommen und sich als Autoren bezeichnen und ein Grundgehalt wollen. Thomas Rothschild hätte aber nichts dagegen und Sabine Gruber führte an, daß sie eine priveliegierte Autorin sei, weil sie von ihrem letzten Buch achttausend Stück verkauft hätte, aber nichts dageben hätte, als Staatskünstlerin bezeichnet zu werden, da sie ja auch Staatsbürgerin sei und einmal Staatsstudentin gewesen wäre. Wolfgang Zinggl wurde eher allgemein und Ruth Aspöck meinte, daß die Autoren sehr viel für die Gesellschaft leisten würden, weil sie Papier und Briefmarken und meist auch einen Computer kaufen. Da hat ihr der wortgewaltige Thomas Rothschild widersprochen und mir ebenfalls, als ich meinte, daß die österreichischen Autoren in Klagenfurt meist schlecht wegkommen und es mich stört, daß beim Hochschullehrgang für Sprachkunst von den 375 Bewerbern nur 16 aufgenommen worden wären.
Eine Diskussion, wo ich mit meinen neunzehn Digitalbüchern und meinem Grundgehalt, das ich ich mir zum Glück immer noch mit meinen fünf WGKK Stunden und den zwei bis drei Diagnostikterminen und einer gelegentlichen Supervision leicht und locker verdiene, daneben stehe, denn ich bezahle mir meine Sozialversicherung selber und brauche mich nicht über die Künstlersozialversicherung ärgern und Stipendium habe ich auch nie bekommen, das Schreiben ist mir aber genauso wichtig, wie Sabine Gruber, Doron Rabinobvici, Ruth Aspöck ect.
Die Veranstaltung war sehr gut besucht. Nachher gab es ein Glas Wein und ein paar Soletti und Marietta Böning hat mich auf meine Wortmeldung angesprochen und gemeint, daß sie das mit der Sprachkunst anders sehe, weil sie im Pressereferat der Hochschule für Angewandten Kunst arbeite.
Da gibt es am Donnerstag einen Tag der offenen Tür und da stellen die Sprachstudenten um fünfzehn Uhr ihre Werke bei einer Lesung vor und ich habe vor hinzugehen.
Es war auch Silvia Bartl da, mit der ich mich ein bißchen über die Zustände im Literaturhaus unterhielt, die sehr chaotisch sein dürften und darüber, daß ich, wenn es das Amerlinghaus ab Herbst nicht mehr gibt, in den Readingroom abwandern kann…
Es war also interessant, wenn auch nicht wirklich neu und sonst gibt es zu vermelden, daß heute Clemens J. Setz den Literaturpreis der Stadt Bremen für seinen letzten Roman bekommen hat. Da habe ich, bevor ich der Veranstaltung gegangen bin, ein bißchen herumgegooglet und mir die Laudatio und die Dankenreden der beiden Preisträger ausgedruckt.
Clemens J. Setz bekam den Haupt- Roman Graf den Förderpreis und beide konnten nach Bremen einen Lieblingsautor mitbringen. Clemens J. Setz hat sich für Cornelia Travnicek entschieden und die hat versprochen in ihren Blog über den Preis und die Lesung in der Zentrialbiblothek zu berichten, was auch eine interessante Art der Literaturförderung ist.
2010-01-25
Venezianisches Finale
„Venezianisches Finale“ von Donna Leon, 1992 in der New Yorker Originalausgabe, 1993 in Deutsch erschienen, ist mein erster gelesener Donna Leon Krimi.
„Nobilita“, habe ich in der Hörbuchausgabe gehört, das „Venezianische Finale“ im Fernsehen gesehen und von Commissario Brunetti auch schon viel gehört. Das geht gar nicht anders, selbst wenn man sich nicht für Literatur interessieren sollte.
Einmal war Donna Leon in Wien und hat bei Rund um die Burg, die Kriminacht eröffnet, ich weiß nicht mehr mit welchen Buch. Sie hat auf Englisch gelesen und Alfred wollte gehen, nachdem er im Bücherzelt vorher Ernst Hinterbergers Frau Grete auf den Fuß gestiegen oder mit ihr zusammengestoßen ist. Es kann sein, daß ich während der Lesung mit ihm gegangen bin und einmal habe ich bei Ex Libris Karten bekommen, als ein anderers Buch in einer Josefstadt Matinee vorgestellt wurde. Da ging es, glaube ich, um den Fall, wo Paola vandalistisch aufgetreten ist. Es gab eine deutsche Lesung, Musikbegleitung und ein Interview, nachher für die VIPs ein Buffet, für die anderen den Büchertisch.
Das Buch war interessant zu lesen, obwohl ich die Geschichte von dem Maestro Wellauer, der in dem berühmten Opernhaus La Fenice in der Pause vor dem letzten Akt von La Traviata in seiner Garderobe tot aufgefunden wird, im Kaffeehäferl war Zyankali und es roch nach Bittermandeln, schon gekannt habe.
Der Regisseur ist schwul, die Sopranistin lesbisch und der deutsche Dirigent mit der Nazivergangenheit und der viel jüngeren Frau, hatte ein sehr moralisches Empfinden, so daß er die Sängerin erpresste und auch andere Karrieren verhinderte, was ihn allerdings nicht daran hinderte, die halbwüchsigen Töchter und Schwestern von Gattin und Geliebter zu vergewaltigen.
Am Ende hatte er das Gehör verloren und sich deshalb selber umgebracht.
Commissario Brunetti mit der Gattin Paola, die englische Literatur an der Universität unterrichtet und aus adeliger Familie stammt, klärt das alles souverän auf und betrügt noch seinen Chef dabei, der von ihm peinliche Aufklärungsprotokolle, um acht Uhr morgens haben will, während er am Abend mit Paola und den pubertierenden Kindern Monopoly spielt. Dabei vom Sohn, der doch den Kapitalismus bekämpfen will, ausgebeutet wird, die Tochter Chiara verwaltet die Kassa und entpuppt sich als Mathematikgenie, während Gattin Paola schummelt….
Das weiß man alles schon, gibt es ja inzwischen sehr viele Fälle. Dennoch ist es spannend das Erstlingswerk zu lesen, in dem alles erst erklärt wird. So war ich von der Bedächtigkeit der Schreibweise überrascht und die genauen sozialkritischen Schilderungen von Venedig haben mir auch gut gefallen und, ob die Geschichte, daß es keine italienischen Übersetzungen gibt, weil Donna Leon, das den Venezianern nicht zumuten will, noch stimmt, weiß ich nicht. Ich habe sie aber einmal gehört oder in der Zeitschrift News gelesen.
2010-01-24
Katzenfasching
Rolf Schwendter ist nicht nur dreifacher Doktor, sondern auch ein großer Katzenfan und so hat ihm Susanne Schneider den 2. Wiener Katzenfasching im Gasthaus Sittl ausgerichtet und mich, obwohl ich nicht so eine besondere Katzenliebhaberin bin, eingeladen mitzumachen. Da habe ich im November einen Text mit einer Gegenfigur zum Kater Murr, nämlich der Kätzin Murana, der Audi Max Unikatze geschrieben, der zwar nicht unbedingt zum Fasching passt. Aber ein Faschingstyp bin ich ebenfalls nicht, obwohl ich mich schon an Jahreszeitenrituale halten, einer Verhaltenstherapeutin sind Strukturen wichtig, aber Bälle habe ich kaum besucht und das Verkleiden liegt mir nicht so sehr.
Ich wurde aber von Ruth Aspöck vorgewarnt, die im vorigen Jahr mit Ilise Kilics Katzencomics mitgemacht hat, das erwartet werden könnte, daß man sich verkleidet und die Veranstaltung, wie eine Faschingsgilde angelegt ist. Davon habe ich zwar auch nicht so viel Ahnung. Es stand aber im Programm, daß die Veranstaltung mit einer kräftigen Miau Begrüßung durch das Publikum beginnt und dann die Katzenfaschingsgilde, bestehend aus seiner Hoheit König Rolf I von Katzenstein und Katereck, dem Prinzenpaar Christa von und zu Samtpfoten Krallenberg, dem Prinzen Manfred von Katzburg usw, ein wenig seltsam vielleicht bei Leuten, die man sonst auf dem Volksstimmefest sieht, vorgestellt wird. Das hätte mich auch interessiert, bin aber, weil zu Fuß gegangen, zu spät gekommen, so saß die Gilde schon an ihrer Tafel, Manuel Girisch trug gerade „Die Katze in der unbekannten Klassik“ vor und an dem Tisch, wo ich einen Platz bekam, saßen drei als Katzen geschminkte Damen und das Programm ging von neunzehn bis vierundzwanzig Uhr quer durch die gesamte Katzenliteratur.
Beim Lesetheater werden ja eher fremde Texte gelesen, aber einige eigene kommen immer wieder vor, es gab auch einige Gesangs- und Performanceeinlagen und statt Applaus ein kräftiges Miau, das mich anfangs irritierte.
Ich habe aber Dichterfaschingserfahrung, denn den gab es eine Zeitlang in der Gesellschaft für Literatur. Da hätte man sich auch verkleiden sollen und vielleicht lustige Texte lesen, da aber alle lesen konnten, die wollten, man bekam kein Honorar, aber ein Buffet, haben sich die Leute gemeldet, die sonst nicht lesen dürfen und einfach ihre Texte vorgetragen und da las ich am Anfang, die Opernballszene aus „Zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt“ und beim zweiten Mal ein Stück aus dem „Wiener Stadtroman“, also auch nicht so besonders lustige Texte.
Jetzt gibt es den Dichterfasching nicht mehr und beim zweiten Wiener Katzenfasching gab es eigentlich alles.
Tucholsky, Rosa Luxenburg, Robert Gernhardt, Katzenstories, Sextips und Aphorismen. El Awadalle las ihre „U-Bahn Dialoge“, Susanne Schneider „Barbarinas blaue Stunden“, wo eine Katze mit dem Kater Trotzky auf Abwege geht, am nächsten Morgen aber reuig zurückkommt und auf den Briefträger wartet, um wieder in das Haus zu kommen und Rolf Schwendter schloß um Mitternacht mit einem seiner politischen Gesänge, wo ebenfalls die Uni-Besetzung und das andere Aktuelle erwähnt wurde, dazwischen war immer Zeit für ein Miau, das als Refrain eingebaut war.
Vor der Pause setzte sich ein Betrunkener neben mich und bemerkte, nach einer Weile, daß ihm soviele Katzen auf die Nerven gingen. Dann wollte er selber mitmachen, was bei den anderen Aggressionen erweckte, er wurde unterbrochen und ausgemaut, ließ sich aber nicht abhalten, sondern mokierte sich, als Charles Baudelaire vorgetragen wurde, daß er die „Blumen des Bösen“ kenne, das Vorgetragene aber Unsinn sei, denn Baudelaire sei nie im Leben mit einer Katze, sondern mit einer Schildkröte durch Paris gegangen.
Es war also lustig, nachdenklich und interessant. Christa Mitaroff hat auf der Gitarre „Paulinchen war allein zu Haue“ aus dem Struwelpeter vorgetragen. Christa Kern war so kunstvoll als Katze geschminkt, daß ich sie fast nicht erkannt hätte und Rolf Schwendter mit einer Krone auf dem Kopf zu sehen, war für mich ein ungewohnter Anblick, sein Text war aber sehr politisch. Die Sozialkritik war auf jeden Fall da und Humor ist sicher ein wichtiges Element bei der Problembewältigung, auch wenn ich nicht sehr lustig bin.
Es scheint auch viele Katzenliebhaber zu geben und daher genauso viele Katzengeschichten, die sich vielleicht doch nicht so gut verkaufen lassen und so haben sich bei meinen Bücherstapeln aus den diversen Büchertürmen oder zur freien Entnahmeschachteln einige Katzenbücher angesammelt, zum Beispiel das „Katzenschnurren“ aus dem Residenzverlag oder auch Elke Heidenreichs „Nero Corleone, das ich letztes Jahr gelesen und besprochen habe.
Sonst ist noch zu sagen, daß Regina Alfery mir einen jungen Mann vorstellte, der mir seine Texte übergab, was für mich auch eine interessante Erfahrung ist.
2010-01-23
Tristanakkord
In dem 2000 erschienenen Roman von Hans-Ulrich Treichel, geht es wie in der Beschreibung des Suhrkamp Taschenbuchs steht, um Musik und darum, wie ein junger Mann in die Fänge eines Komponisten gerät. Der junge Mann ist der im Emsland aufgewachsene Germanist Georg Zimmer, der sein Studium gerade mit der Note „gut“ beendete, sein Zeugnis beim Sozialamt vorlegte, das daraufhin ohne Zögern für seine Miete, einschließlich Strom und Heizung, sowie Krankenversicherung aufkommt. Georg schreibt einen Band Gedichte, die in einem Kleinverlag erscheinen und einen Antrag auf ein Stipendium für eine Dissertation mit dem Titel „Das Vergessen in der Literatur“.
Noch bevor er damit beginnen kann, übernimmt er von einem Freund den Auftrag, den Komponisten Bergmann, der ähnlich berühmt, wie Brahms oder Beethoven ist, bei der Bearbeitung seiner Lebenserinnerungen zu helfen und begibt sich nach Schottland, wo der mit seinem Chauffeur Bruno in einem Sommerhaus auf einer Insel wohnt. Der Komponist erweist sich als Trinker, der mit den Händen durch die Luft rudert, um an seinem Werk „Pyriphlegethon“ zu komponieren und hat einen Widersacher, nämlich den Komponisten Nerlinger, den er als Genie bezeichnet, was eine Beleidigung ist.
Georg hat keine Schwierigkeiten bei der Überarbeitung der Memoiren, wohl aber bei seinen Schottlandgedichten, die fallen ihm erst in Berlin ein und als er sie Bergmann schickt, bestellt ihn der nach New York, wo sein Werk im Lincoln Center aufgeführt werden soll, weil er Georgs Anmerkungen überarbeiten will.
Was nun folgt ist eine Farce auf den New York Besuch, des Ghostwriters, der als Kind übergewichtig war und ebenfalls ein berühmter Musiker werden wollte. Er erlebt New York aus dem Touristenguide, der Taxifahrer betrügt ihn, im Hotel trifft er auf einen verrückten Studienkollegen, ins Rockefeller Center laßen ihn die Securityguides nicht hinein und das World Trade Center steht noch auf seinen Platz. Er joggt durch den Central Park und rempelt den Ghettohäuptling an, um den Komponisten in seiner Plaza Suite zu treffen, der bereits am nächsten Werk komponiert und eine wunderschöne Studentin namens Mary hat, die ihm beim Überarbeiten seiner Kompositionen hilft, einen Sekretär, der eine Doktorarbeit über ihn schreibt und sein Gilet nicht findet, so daß er deshalb nach Sizilien zu seiner Haushälterin telefoniert. Er nimmt Georg zu einer Talk Show und zu seiner Uraufführung mit, um ihn nachdem er bei der Premierenfeier zwei Flaschen Rotwein getrunken hat, wegen seiner Emsfelder Strickkrawatte lächerlich zu machen. So fliegt Georg nach Kreuzberg zurück und beginnt an seiner Dissertation zu schreiben, mit der er aber auch nicht weiterkommt, so wie es ihm vorher nicht gelungen ist, den Tristanakkord zu finden, um damit einer Studienkollegin zu imponieren.
Da kommt ein Brief Bergmanns gerade richtig, der ihn nach Sizilien bestellt, um sich für sein neues Werk eine Hymne schreiben zu lassen, die nicht nur schön und betörend sein, sondern auch ein bestimmtes Versmaß mit elegischen Distichen haben soll. Georg nimmt an, obwohl er von elegischen Distichen keine Ahnung hat und schreibt im Stil von Georg Heym, was Bergmann aber als solches erkennt. So starrt Georg in die Dunkelheit, in der sich die schöne Mary nur mit einem Handtuch bekeidet in den Pool begibt und als er verzweifelt nach oben blickt, sieht er den Komponisten in seinem Turmzimmer stehen und dann ertönt der Tristanakkord.
Bei Wikipedia wird die Romanform genau analysiert und angemerkt, daß diese Satire über Schein und Sein des Kunstbetriebs, des 1952 geborenen Hans-Ulrich Treichel, der sich mit einer Arbeit über Wolfgang Koeppen habilitierte und seit 1995 am Leipziger Literatur Institut lehrt, wie die Rezensenten meinen, nicht so gut, wie der vorige, gelungen ist.
2010-01-22
Kampf um die Stadt
Diese Woche war wieder von einigen interessanten, wenn auch nicht unbedingt literarischen Veranstaltungen geprägt. So hat es am Montag mit einer Enquette der Volkspartei zur Begabtenförderung im Volksbildungshaus Urania begonnen, am Mittwoch ist es in die Bibliothek der ungelesenen Bücher in die umgebaute AK-Bibliothek gegangen, zu deren Umbau es ein eigenes Jahrbuch gibt und für heute hat mich die Renate Sassmann zu einem Ausstellungsbesuch mit Führung des Wien Museums im Künstlerhaus „Kampf um die Stadt- Politik, Kunst und Alltag um 1930“ eingeladen.
Ein Thema das mich sehr interessiert und die anderen Orte haben auch viel mit dem roten Wien und der sozialistischen Bildungskultur zu tun. Die Bildungsenquette der Volkspartei nicht, da bin ich in den Verteiler geraten, vielleicht hat das mit dem Franz Groiss oder mit dem BÖP zu tun und die Ideen der Volkspartei zur Elitenförderung und Beschränkung des freien Hochschulzugangs sind auch nicht unbedingt das, was ich mir unter Bildung vorstelle, es hat aber auch im roten Wien der Dreißigerjahre eine Volkspartei gegeben.
Der Bogen von gestern zu heute, ist also interessant und da ich eine 1953, in einem dieser alten Gemeindebauten, errichtet aus den Mitteln der Breitnerschen Wohnbausteuer, geborene bin, hat mich der Sozialismus der Dreißigerjahre immer sehr interessiert. Selber habe ich ihn, obwohl ich bei den Kinderfreunden sozialisiert worden bin oder vielleicht deshalb, ein wenig verloren. Da waren mir die Sozialisten immer zu vereinnahmend und das war auch in der Ausstellung, in den Zimmer des roten Wohnbaus oder dem, in dem es um die Gesundheitsfürsorge ging, zu spüren. Obwohl das Wäschepaket für alle Wiener Kinder sicher wichtig war und auch das Kinderheim am Wilhelminenberg, das auf einen Bild zu sehen war, das eigentlich im Zimmer des Bürgermeisters hängt, aber noch eigentlicher allen gehört, wie der Bürgermeister bei der Ausstellungseröffnung gesagt haben soll und es soll dieses Kinderheim auch viel später von der Gemeinde verkauft und in ein Hotel umgewandelt worden sein.
Geführt wurden wir von einem freiberuflichen jungen Historiker, der leider nicht im Museum angestellt ist, aber bei der Ausstellung mitgearbeitet hat und die war sehr interessant.
Es gibt dazu ein eigenes Heft mit dem Begleitprogramm, das ich schon vor ein paar Monaten in der alten Schmiede gefunden habe und Anfang Jänner war auch eine Sendung über die Musik dieser Zeit in Ö1 und dazu gehört auch Ernst Krenek und vom Ernst Krenek Institut bekomme ich öfter Einladungen zu schönen Veranstaltungen. Da gibt es am 3. Februar in der Musiksammlung der Wien Bibliothek einen Kammermusikabend, den ich mir schon eingetragen habe und um zur Literatur zu kommen, im Stimmensaal gab es eine Originaltonaufnahme von Franz Werfel, die Bücher Hugo Bettauers lagen in den Vitrinen und was das Thema Volksbildung betrifft, gab es eine Leseliste aus der Bücherei Margareten und dort wurden die Bücher von Jack London und B. Traven am meisten ausgeborgt. Da habe ich auch einiges vom Bücherkasten meines Vaters geerbt, was ich mir immer zu lesen vornehme und höchstwahrscheinlich nie schaffen werde, denn ich habe mir, als ich an der Buchabverkaufskiste der Buchhandlung Reichmann-Edelmann vorbeigegangen bin, die ersten neuen Bücher dieses Jahrs gekauft, nämlich Donna Leon „Venezianisches Finale“, Commissario Brunettis ersten Fall und Antal Szerb „Die Pendragon Legende“ auf Deutsch. Auf Englisch habe ich das Buch schon im November bei Buchlandung auf der Landstraßer Hauptstraße aus der Abverkaufskiste gezogen.