Literaturgefluester

2010-01-23

Tristanakkord

Filed under: Uncategorized — jancak @ 01:47

In dem 2000 erschienenen Roman von Hans-Ulrich Treichel, geht es wie in der Beschreibung des Suhrkamp Taschenbuchs steht, um Musik und darum, wie ein junger Mann in die Fänge eines Komponisten gerät. Der junge Mann ist der im Emsland aufgewachsene Germanist Georg Zimmer, der sein Studium gerade mit der Note „gut“ beendete, sein Zeugnis beim Sozialamt vorlegte, das daraufhin ohne Zögern für seine Miete, einschließlich Strom und Heizung, sowie Krankenversicherung aufkommt. Georg schreibt einen Band Gedichte, die in einem Kleinverlag erscheinen und einen Antrag auf ein Stipendium für eine Dissertation mit dem Titel „Das Vergessen in der Literatur“.
Noch bevor er damit beginnen kann, übernimmt er von einem Freund den Auftrag, den Komponisten Bergmann, der ähnlich berühmt, wie Brahms oder Beethoven ist, bei der Bearbeitung seiner Lebenserinnerungen zu helfen und begibt sich nach Schottland, wo der mit seinem Chauffeur Bruno in einem Sommerhaus auf einer Insel wohnt. Der Komponist erweist sich als Trinker, der mit den Händen durch die Luft rudert, um an seinem Werk „Pyriphlegethon“ zu komponieren und hat einen Widersacher, nämlich den Komponisten Nerlinger, den er als Genie bezeichnet, was eine Beleidigung ist.
Georg hat keine Schwierigkeiten bei der Überarbeitung der Memoiren, wohl aber bei seinen Schottlandgedichten, die fallen ihm erst in Berlin ein und als er sie Bergmann schickt, bestellt ihn der nach New York, wo sein Werk im Lincoln Center aufgeführt werden soll, weil er Georgs Anmerkungen überarbeiten will.
Was nun folgt ist eine Farce auf den New York Besuch, des Ghostwriters, der als Kind übergewichtig war und ebenfalls ein berühmter Musiker werden wollte. Er erlebt New York aus dem Touristenguide, der Taxifahrer betrügt ihn, im Hotel trifft er auf einen verrückten Studienkollegen, ins Rockefeller Center laßen ihn die Securityguides nicht hinein und das World Trade Center steht noch auf seinen Platz. Er joggt durch den Central Park und rempelt den Ghettohäuptling an, um den Komponisten in seiner Plaza Suite zu treffen, der bereits am nächsten Werk komponiert und eine wunderschöne Studentin namens Mary hat, die ihm beim Überarbeiten seiner Kompositionen hilft, einen Sekretär, der eine Doktorarbeit über ihn schreibt und sein Gilet nicht findet, so daß er deshalb nach Sizilien zu seiner Haushälterin telefoniert. Er nimmt Georg zu einer Talk Show und zu seiner Uraufführung mit, um ihn nachdem er bei der Premierenfeier zwei Flaschen Rotwein getrunken hat, wegen seiner Emsfelder Strickkrawatte lächerlich zu machen. So fliegt Georg nach Kreuzberg zurück und beginnt an seiner Dissertation zu schreiben, mit der er aber auch nicht weiterkommt, so wie es ihm vorher nicht gelungen ist, den Tristanakkord zu finden, um damit einer Studienkollegin zu imponieren.
Da kommt ein Brief Bergmanns gerade richtig, der ihn nach Sizilien bestellt, um sich für sein neues Werk eine Hymne schreiben zu lassen, die nicht nur schön und betörend sein, sondern auch ein bestimmtes Versmaß mit elegischen Distichen haben soll. Georg nimmt an, obwohl er von elegischen Distichen keine Ahnung hat und schreibt im Stil von Georg Heym, was Bergmann aber als solches erkennt. So starrt Georg in die Dunkelheit, in der sich die schöne Mary nur mit einem Handtuch bekeidet in den Pool begibt und als er verzweifelt nach oben blickt, sieht er den Komponisten in seinem Turmzimmer stehen und dann ertönt der Tristanakkord.
Bei Wikipedia wird die Romanform genau analysiert und angemerkt, daß diese Satire über Schein und Sein des Kunstbetriebs, des 1952 geborenen Hans-Ulrich Treichel, der sich mit einer Arbeit über Wolfgang Koeppen habilitierte und seit 1995 am Leipziger Literatur Institut lehrt, wie die Rezensenten meinen, nicht so gut, wie der vorige, gelungen ist.

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