In der alten Schmiede gab es heute einen gemischten Abend. Jochen Jung las zuerst aus seiner Novelle „Das süße Messer“ und stellte dann mit Kurt Neumann und Klaus Amann den neuen Gedichtband von Gert Jonke „Alle Gedichte“ vor.
Eine Lesung des „Süßen Messer“, des ehemaligen Residenz-Verlegers habe ich schon im September bei „Rund um die Burg“ gehört.
Es ist das vierte Buch des Verlegers und Kritikers, den Kurt Neumann als leidenschaftlich literarischen Menchen vorstellte.
Das erste war eine Märchensammlung „Ein dunkelblauer Schuhkarton“. Da war ich, glaube ich, bei der Lesung bei Buch und Wein in der Schäffergasse oder war das schon die Präsentation des Erzählbandes „Alles Fieber“?
Das weiß ich nicht mehr so genau, nur, daß an dem Tag eine andere große Veranstaltung war und daß es bei der Lesung, um eine Busfahrt gegangen ist. Dann gabs noch den Roman „Venezuela“, erschienen 2005, der an mir vorbeigegangen ist. Daß der Verleger von vormals Residenz, der in den Siebziger- und Achtzigerjahren, der österreichische Verlag war, seit dem Rausschmiß Jung u. Jung, selber schreibt, wie in Deutschland Michael Krüger, ist sehr interessant. Für mich besonders, denn ich habe in den Siebziger- und Achtzigerjahren alle meine Manuskripte an Residenz geschickt und zurückbekommen, denn Jochen Jung hat große Ansprüche und nahm nicht jeden, nur Jonke, Bernhard, Frischmuth, Henisch ect.
Jetzt schreibt er selber und macht wohl die Erfahrung, daß er auch mit Wasser kocht und die Novelle von dem süßen Messer, Kurt Neumann hat sie in der Einleitung sehr gelobt, ist, würde ich mal sagen, durchaus traditionell im Stil.
Es geht um einen Tag im Leben einer fünfzigjährigen Frau, die eine Tochter und einen Malermeister als Liebhaber hat. Am Abend soll ihr Geburtstag gefeiert werden, am Morgen holt sie ihre Tochter aus dem Krankenhaus ab, lernt in der Tiefgarage einen Versicherungsanwalt kennen, der ihr den Finger in der Autortür einzwickt, dafür vögelt sie ihn am Nachmittag, während er im Lehnstuhl mit seiner toten Frau Agnes spricht, ihr alles erzählt und die beste Flasche Wein öffnet, hat er sich doch vorgenommen, wenn ich wieder eine Frau vögle, mache ich sie auf. Nach dem Geburtstagsessen zu viert, gibt es Blut im Wohnzimmer, Ute bleibt allein zuück und hat beim Einschlafen, die Vision, es mit zwei Liebhabern zu versuchen.
Die Fantasien eines älteren Mannes würde ich mal sagen. Dann kam die Sensation, nämlich ein Gedichtband von Gert Jonke, der bislang keinen solchen hatte. Jochen Jung wollte einen machen, hat Klaus Amann von der Uni Klagenfurt kontaktiert und der dachte zuerst, es gibt nur zehn. Nämlich das vom „Lendkanal“, das Jonke gern nach Lesungen las und dann noch ein paar andere, bis er auf eine Kärntner Literaturzeitschrift der Sechzigerjahre gestoßen ist, in der der junge Jonke mit dem jungen Werner Kofler Gedichte veröffentlicht hat.
Der eine war siebzehn, der andere achtzehn, sie gingen zu den St. Veiter Lyriktagen und trugen ihre Gedichte vor, was Koflers Lehrer sehr mißfiel und auch Jonkes Großmutter bangte, um den Schulerfolg des Enkelsohns. Sie ging aufs Jugendamt und Jonkes Vormund bestellte ihn zu sich und erteilte Schreibverbot, so daß keine Gedichte mehr erschienen sind, sondern erst der „Geometrische Heimatroman“ nach der Volljährigkeit. Dann kam der Bachmannpreis. Jonke übersiedelte nach Wien, viele Bücher und Stücke entstanden, aber nicht mehr viele Gedichte, obwohl Jonke diese öfter aus den Prosastücken herausmontierte und sie mit veränderter Zeilensetzung, ansonsten unverändert, veröffentlichte, denn Jonkes Prosa ist sehr lyrisch. Er wollte immer die Ratio mit der Emotion verbinden, sah das als seinen Schreibauftrag und betrachtete sein Schreiben als Forschungsauftrag, wie Klaus Amann in seinem Vorwort erwähnte.
Die alte Schmiede war nicht besonders voll, aber einige bekannte Dichtergesichter habe ich doch gesehen. Julian Schutting, Thomas Northoff, Herbert J. Wimmer, Heinz R. Unger und die Brigitte, die Nachbarin der Familie Lindner, die mir erzählte, daß sie mit Gert Jonke befreundet war.
Jochen Jung hat in seiner Einleitung erwähnt, daß er es als Ehre betrachtet, als Vorprogramm für Gert Jonke zu fungieren und vor so vielen Autoren zu lesen. Ich war auch eine davon, obwohl Jochen Jung mich nicht persönlich kennt, mir nur in den Achtzigerjahren empört geschrieben hat, als ich ihm auf Anraten Gerald Bisingers „Zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt“ ein zweites Mal schickte. Beim „Verrückten Traum der Thea Leitner hat er mir als Inspiration gedient.
Mit Gert Jonke habe ich einmal im Literaturhaus bei einer Antikriegslesung gegen den Irakkrieg gelesen, bei der Poet Night ist er auch öfter aufgetreten. Bücher hab ich auch von ihm. Das „Insektarium“, „Die Schule der Geläufigkeit“, „Der ferne Klang“, den „Geometrischen Heimatroman“, in der Neuauflage von Jung und Jung. Einige davon stammen von den Büchertürmen bei der Literatur im März, die es leider nicht mehr gibt.
2010-02-25
Jonke und Jung
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