Literaturgefluester

2010-03-15

Bernhard, Handke und die österreichische Literatur

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:46

So der Titel einer Wiener Vorlesung und das mußte ich natürlich hin. Hubert Christian Ehalt hat eingeleitet, Evelyne Polt-Heinzl moderiert, der Vortrag kam von Karl Wagner, der in Wien Germanistik studierte und Professor war, seit 2003 an der Universität Zürich ist. Jetzt hat er „Weiter in Blues“ – Studien und Texte zu Peter Handke herausgegeben.
Die Einleitungsstatesments stammen aber natürlich von Thomas Bernhard „…wo wir hinkommen Mißgunst, niederträchtige Gesinnung, Fremdenfeindlichkeit, Kunsthaß, nirgendwo sonst begegnen sie der Kunst mit einer solchen Stupidität…“
Eh schon wissen, die Bernhardschen Negativismen, die mich einmal faszinierten, inzwischen aber auf die Nerven gehen, weil es ja sehr schade ist, daß die österreichische Gegenwartsliteratur von den Publikumsbeschimpfern dominiert wird.
Bernhard, Handke, Jelinek, Franzobel, Qualtinger, Menasse, Franz Schuh, Robert Schindel, diese Namen zählte Hubert Christian Ehalt in seiner Einleitung auf und viele davon schreiben kritischisch negativisch. Die Volkshalle des Rathauses war aber sehr voll und Thomas Bernhard und Peter Handke haben die Literatur der letzten Jahrzehnte auch sicher sehr geprägt.
Wo gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede? Es gab eine große Kokurrenz und beide sind mit Beschimpfungen berühmt geworden. Handke hat seinen Stil mehrmals verändert, die Publikumsbeschimpfung verlassen, Thomas Bernhard ist dabei geblieben, hat jahrzehntelang mit seinem Duktus die österreichische Literatur dominiert und eine Zeitlang haben viele, wie zum Beispiel Werner Kofler, der zu einer eigenen Stilvariante fand, wie er geschrieben. Peter Handke aber nicht. Er hat die Bernhardsche Manier nie nachgemacht und am Anfang Thomas Bernhard sehr bewundert.
Später scheint es zu einem Bruch gekommen zu sein. Von Thomas Bernhard hat Karl Wagner die Sehnsucht nach der Aristokratie zitiert, der immer elegant gekleidet war, während die anderen Dichter der Wiener Gruppe etwas abgesandelt waren.
Peter Handke hat sich in seinen Arbeiten mehrmals auf Thomas Bernhard bezogen. Es gibt einen Text „Als ich Verstörung von Thomas Bernhard gelesen habe“, den Dorothee Hartinger vorgetragen hat, wo Handke schreibt, daß er nach Hanover gefahren ist, dort in verschiedenen Cafes darauf wartet, daß der Freund, bei dem er schlafen will, nach Haus kommt und „ich las und las und las.“
Im Briefwechsel zwischen Bernhard und seinem Verleger Unseld kommt eine Stelle vor, wo Bernhard sich über die Gruppe 47 mokiert und sie als „Literaturtombola“ bezeichnet, der er sich nicht anbiedern will. Peter Handke hat aber in den Sechzigerjahren eine Anthologie herausgegeben, wo er eine „Horrorgeschichte“ von Bernhard haben wollte, die dieser auch geliefert hat. Dafür wollte Bernhard eine Bibliothek herausbringen, für die Handke etwas schreiben sollte, zu der es nicht gekommen ist. Es gab ein Handke Buch in Thomas Bernhard Besitz, das er mit Anmerkungen und Kritikpunkten über Peter Handke beschrieben hat. Handke hat dafür öffentlicher in seinen Texten gegen Thomas Bernhard Stellung bezogen und sich auch ein bißchen über die Beschimpfungsorgien mokiert und soll auf die Frage, was er von Bernhards musikalischer Sprache hält, geantwortet haben, daß er die gar nicht für so dafür hält, er sei aber einmal im „Theatermacher“ gewesen und hätte Voraussagungen getroffen, wo sich Bernhard wiederholen wird und sich immer geirrt und deshalb Bernhard doch sprachliche Größe zugesprochen.
Karl Wagner erwähnte die viele Gemeinsamkeiten, die Salzburg Nähe, Residenz und Suhrkamp, die Festspiele, die Peymann Inszenierungen, beide schienen auch Stiftervereher zu sein. Also interessant in zwei Stunden eine Einführung in die beiden Dichterseelen, ihre Distanz und Nähe zueinander zu bekommen.
Evelyn Polt-Heinzl stellte die Frage, ob die beiden ihre Skandale bewußt inszeniert hätten und sprach vom Humor der bei beiden eine Rolle spielt.
Ich hab von beiden einiges gelesen. Von Thomas Bernhard, die meisten Romane und wie schon beschrieben, vor zwanzig Jahren haben sie mich sehr fasziniert und über das Ende der „Alten Meister“ habe ich auch hellauf gelacht. Jetzt empfinde ich es als zu negativ und mag die ellenlangen Beschimpfungen, auch wenn sie sprachlich genial und musikalisch sind, nicht mehr hören und Peter Handkes „In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus“ hat mich zu der „Verwechslung“ angeregt. Dann hab ich noch „Am Felsfenster morgens“, „Das Gewicht der Welt“, „Der Hausierer“, „Die Fährte im Einbaum“, also ein sehr kritisiertes Buch, den „Hausierer“ von 1973, „Die Wiederholung“ und „Die linkshändige Frau“ gelesen. „Langsame Heimkehr“, was von Karl Müller mehrmals als bahnbrechend und trendwendend erwähnt wurde, aber nicht. Ich bin auch keine unbedingte Handke Verehrerin. Ein Wort- und Sprachspieler ist er jedenfalls und sein unbeirrbares Engagement für Serbien, womit er sich bei einigen ins Fettnäpfen setzte und ihn auch ein Preis aberkannt werden sollte, ist sicher interessant. Wieder sehr viel gelernt in dieser Wiener Vorlesung und das Gerücht, daß Bürgermeister Häupl Handke und Bernhard versöhnen wollte, aber gescheitert ist, hätte ich jetzt fast vergessen.
Ansonsten gibts von meiner Schreibwerkstatt einiges zu berichten. Ich bin weiter fleißig und ganz in der Nanowrimomanier bereits bei 18896 Worten, habe schon einen vagen Handlungsfaden, der die Plagiatsgeschichte mit Mimis Integrationsbemühungen zusammenbringt. Ansonsten wird sich meinen Schreibstil vermutlich wieder nicht sehr ändern, das Schreiben geht aber leicht und gut. Fast mit ein bißchen Suchtcharakter und das habe ich nicht oft.
Die Vorbereitungen für die „Mittleren“ sind abgeschloßen. Stefan Gmündner hat sein Kommen zugesagt, fein, wenn er im Standard ein bißchen was berichten könnte….

1 Kommentar »

  1. Liebe Jancak, mit interesse ihren bericht gelesen. es ist mir nicht klar inwiefern
    handke oder bernhard fuer sich wichtig sind. bernhard fuer mich kaum, mit handke kann man eine kultur aufbauen. die ‚publikums beschimpfung‘ ist eher „ein gaudi will er machen“, das ende des stuecks, sonst ist es
    eine sache fuer die ewigkeit des theaters. hier meine handke links, ausser dass ich
    diese sammlung schon frueher mal bei ihnen hinterlassen habe.

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    [dem handke auf die schliche/besuch auf dem Moenchsberg, a book of mine about Handke]

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    the American Scholar caused controversy about Handke, reviews, detailed of Coury/ Pilipp’s THE WORKS OF PETER HANDKE, the psycho-biological monograph/ a note on Velica Hoca/ open letter to Robert Silvers + NYRB re: JS Marcus..

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    „Sryde Lyde Myde Vorworde Vorhorde Vorborde“ [von Alvensleben]
    „Siena me fe, disfescimi Maremma.“ [Dante]
    „Ennui [Lange Weile] is the dreambird that
    hatches the egg of
    experience.“
    [Walter Benjamin, the essay on Leskov.]

    Kommentar von MICHAEL ROLOFF — 2010-03-16 @ 15:41 | Antworten


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