Bei Irvin D.Yaloms Roman „Die Schopenhauer-Kur“ handelt es sich wieder um ein sehr patchworkartiges ineinander verzahntes Konstrukt. Der fünfundsechzigjährige amerikanische Psychoanalytiker Julius Hertzfeldt erfährt bei einer Routineuntersuchung von einem malignen Melanom und gerät in die Krise.
Er gräbt in seinen Krankengeschichten, um herauszufinden, welchen Patienten er geholfen hat und kommt auf den sexbesessenen Philip Slate, bei dessen Therapie vor einigen Jahren, er gescheitert ist.
Er ruft ihn an, um mit ihm zu sprechen und erfährt, nicht ihm, sondern Arthur Schopenhauer ist es gelungen, ihn von seiner Störung zu heilen. Hertzfeldt erlebt Philip Slate, der inzwischen eine philosophische Praxis betreibt, als unsympathisch und widerwärtig, wird jedoch von ihm angerufen und zu einer Vorlesung eingeladen.
Philip Slate, der Hertzfeld nicht fragte, wie es ihm geht, inszeniert nun ein Schaustück, er vertreibt alle seine Studenten aus der Vorlesung, um für ihn eine Einzelvorlesung über Thomas Manns „Buddenbrooks“ zu halten und ihm danach zu fragen, ob er ihn supervidieren will? Er würde ihn als Gegenleitung in Arthur Shopenhauers Lehre einführen. Julius Hertzfeldt, dem Philips asoziales Verhalten auffällt, stellt als Bedingung, daß er zuerst sechs Monate lang an seiner Therapiegruppe teilnehmen muß und das Spiel beginnt.
Ab da erfolgt der Roman zweigeteilt, abwechselnd wird das Leben Arthur Schopenhauers und die Therapiesitzungen erzählt, in dem es um den Sex, die Ehe- und die Alkoholpoblematik der Teilnehmer geht.
Philip verhält sich lange distanziert und doziert nur über Schopenhauer, statt seine Gefühle zu zeigen.
Ein Gruppenmitglied, die Dozentin Pam fehlt, weil sie auf einer Indienreise ist, als sie zurückkommt, erkennt sie in Philip ihren Vergewaltiger, der sie als Studentin nicht nur gevögelt hat, sondern darüber auch, wie Don Giovanni eine Liste führte.
Pam greift Philip an, nennt ihn ein Scheusal, er verliert langsam seine Distanz, bis er schließlich weinend zusammenbricht.
Julius Hertzfeldt holt ihn tröstend in die vorletzte Gruppensitzung, zur letzten kommt es nicht mehr, da der Psychiater kurz darauf in starke Schmerzen und ins Koma fällt.
Auch Schopenhauer stirbt. Im letzten Kapitel treffen sich Pam, Philip und Tony, ein anderes Gruppenmitlgied, drei Jahre nach Julius Tod wöchentlich in einem Cafe, Julius hat Philip seine Therapiesesseln hinterlassen, was diesen noch einmal zum Weinen brachte, die beiden Männer führen eine gemeinsame Gruppentherapie.
Ein spannendes Romankonstrukt des bekannten amerikanischen Psychiaters, zwei Sachbücher eines über Arthur Schopenhauer, das zweite über Gruppentherapie, wieder mit einer unerwarteten Wende und vielleicht nicht ganz so dicht gelungen, wie als „Und Nietzsche weinte.“
Jetzt fällt mir erst auf, daß es in beiden Büchern, um das Weinen geht und außerdem ist mir eingefallen, daß ich mich als Studentin vor vielen Jahren auch sehr intensiv mit Schopenhauer geschäftigt, ihn gelesen, aber wahrscheinlich nicht verstanden habe. Im Club der logischen Denker, habe ich 1989, knapp bevor ich das erste Mal nach Amerika flog, gemeinsam mit einem Mitglied namens Güttelbauer einen Vortrag mit dem Titel Optimismus-Pessimismus: Adorno-Schopenhauer gehalten und wurde dadurch in die Rolle der Pessimistin gedrängt, was ich nicht verstanden habe.
Wie mir beim Lesen des Buchen auch lange nicht klar wurde, wieso Schopenauer jemanden vom Sex befreien kann? In den letzten Kapitel kommt die Erklärung und die Wendung, die es auch bei „Und Nietzsche weinte“ gab.
2010-04-02
Die Schopenhauer-Kur
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