Literaturgefluester

2010-05-06

Anita C. Schaub

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:10

Im Amerlinghaus gabs heute die von Hilde Schmözer veranstaltete Lesetheateraufführung von Anita C. Schaubs, 2008 bei Resistenz erschienener Erzählung „Tanzende Rose“, außerdem haben noch Monika Giller und Gabriela Schmoll mitgewirkt.
Von Anita C. Schaub hab ich schon einige Mal geschrieben. Kennengelernt hab ich sie bei dem von Rolf Schwendter organisierten „Tag der Freiheit des Wortes“ 2002.
Da hat sie mich, Elfriede Haslehner und andere Frauen angesprochen, daß sie eine Lesetheaterfrauengruppen gründen will. Sie ist 1959 geboren, hat in Kärnten gelebt, Philologie, Pädagogik und Psychologie studiert, kam 2001 nach Wien und hat als Beratungslehrerin gearbeitet. Vor allem hat sie sich für den Feminismus und die Frauenforschung interessiert und erschien mir da immer sehr konsequent. So ist 2004 „FrauenSchreiben“ Gespräche mit siebzehn Autorinnen entstanden. Sie hat dann auch literarisch zu schreiben begonnen und ist inzwischen GAV Mitglied.
Über das 2009 bei Arovell erschienene „Fremdenzimmer“ habe ich schon geschrieben.
„Tanzende Rose“ ist eine Erzählung in drei Teilen, im „Tag danach“ schimpft eine alte Frau im Endlosmonolog vor sich hin. Sie ist frühpensionierte Lehrerin, scheint, obwohl sie davon spricht, viel Geld zu haben, in einem Zinshaus zu leben und unter den Nachbarn und den angepinkelten, stinkenden Hausfluren sehr zu leiden und darunter, daß ihre Psychoanalytikerin, bei der sie seit achtzehn Jahren fünfmal in der Woche war, in Pension gegangen ist. Denn außer ihr scheint es nur einen Neffen zu geben, der Mann ist ihr verlorengegangen, der Vater, der Bruder, die manisch depressive Schwester haben sich umgebracht, die Mutter ist gestorben. Sehr viel Einsamkeit, Grant, Ängste und Unsicherheit und dann gibt es noch das Zigarettenkippensammeln, daß sie von ihrem Mann übernommen hat.
Neben sehr starken Bildern also ein paar Klischees und Widersprüche, berührend ist die Verzweiflung und die Abhängigkeit von der Analytikerin, aber vom Analytikerbubi wurde sie natürlich verführt.
Das zweite Kapitel heißt „Lächeln“, da ist der Erbneffe auf den Plan getreten und hat dem Tantchen, das nicht so genannt werden will, eine Reise nach Stockholm geschenkt. Dort blüht die alte Dame auf, beginnt sich für Kaffeehäuser und Menschen zu interessieren, geht zum Friseur, kauft sich einen Badeanzug und lernt zuerst einen zahnlosen Fleischhauer, dann eine Kapitänin kennen, die sie von ihren Klaustrophobien befreit und sie mit ihrer Freundin, das Glück des Feminismus lehrt. Total verjüngt kehrt sie nach zwei Wochen zu ihrem Neffen zurück, der sie gar nicht mehr erkennt, ihr aber die kleine Chris präsentiert, was das Glück der Großtante verstärkt, obwohl sie auch Sehnsucht nach Karla und deren Freundin hat. Sie ändert das Testament zu Gunsten der kleinen Nichte, um im dritten Kapitel ein paar Jahre später, selber Psychoanalytikerin zu sein, den Menschen zuzuhören, ein Häuschen im Grünen zu besitzen und lächelnd, wie eine tanzende Rose durch das Leben zu wandeln, weil doch alles so einfach ist.
Sehr widersprüchig und es ist auch sehr viel hineingepackt. Aber schöne starke Bilder, viel Feminismus, auch in der Sprache, dann gibt es wieder viele Männerbeziehungen, was ja auch in Ordnung ist.
Unglaubwürdig ist die Wandlung zur Psychoanalytikerin, scheint es sich doch, um eine alte Frau zu handeln und, daß ein Stockholmurlaub von zwei Wochen, das erreicht, was achtzehn Jahre Analyse und noch ein paar andere in Pension gegangene Analytikerinnen nicht erreichen konnten, ist wohl nur als Parodie zu betrachten, als Märchen ist es aber schön und das was man sich wünschen sollte.
Das Vorwort hat Elfriede Hammerl geschrieben, auf der Einladung steht etwas von unterhaltsamen Lesevergnügen, als das würde ich es nicht betrachten, dafür sind die Bilder zu stark und das Elend zu dicht. Ich kann mir schon das Ottakringer Zinshaus vorstellen, wo die alten Frauen grantig schauen, die Männer in den Lift pinkeln und nach der beschriebenen Lebensgeschichte sind die Ängste, Unsicherheiten, Traumen sicherlich so ausgeprägt, daß sie sich nicht so einfach verändern lassen. Ich habe, da ich Anita Schaub ja gut kenne, lange über die Geschichte nachgegrübelt und denke, das ist Stoff aus dem man mehrere Romane machen kann.
Am Heimweg habe ich im offenen Bücherschrank Elfriede Hammerls „Der verpasste Mann“ und Lisa Fritschs Gedichte „Landsat“ gefunden, sowie Ingeborg Reisner getroffen, die gerade vom Literaturhaus kam und mir von einem beeindruckenden 1912, geborenen Fotografen erzählte, der dort sein Buch präsentierte und Cornelia Travniceks Milena Anthologie „How I fucked Jamal“ wurde im Badeschiff auch vorgestellt.

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