Literaturgefluester

2010-05-25

Das Protokoll

Filed under: Uncategorized — jancak @ 21:35

Das Protokoll“ ist der Debutroman des Nobelpreisträgers Jean Marie Gustave Le Clezio mit dem er 1963 den Prix Renaudot bekommen hat. Ich habe die 1987 erschienene DDR Ausgabe gelesen, dem ein Vorwort oder Brief des Verfassers vorangestellt ist, in dem der sehr ergebene J.M.G. Le Clezio berichtet, daß er zwei geheime Ambitionen hat. Erstens wollte er einen Roman schreiben, in dem er, nachdem der Held im letzten Kapitel stirbt oder wenigstens die Parkinsonsche Krankheit bekommt, eine Flut von anonymen Schmähbriefen erhält und dann einen in der großen Conan Doyle Nachfolge. Er entschuldigt sich für die Unrichtigkeiten und Tippfehler und die Geschichte des jungen Adam Pollo, der sich in ein verlassenes Haus am Meer einquartiert und nicht recht weiß, ob er vom Militär oder vom Irrenhaus kommt, sich später aber postlagernde Briefe von seiner Mutter holt, die davon schreibt, daß er das Elternhaus nach einem Streit mit dem Vater wegen einer zerbrochenen blauen Schüssel verlassen hat, beginnt.
Er hat die bügerliche Existenz jedenfalls verlassen, besetzt das Haus, geht am Strand spazieren, beschreibt ein gelbes Heft mit Briefen an eine Michele, mit der er sich auch trifft und die ihn mit Geld und Zeitungen versorgt.
Sonst hat er seltsame Erlebnisse mit Hunden und Ratten, die er erschlägt und kauft bei Zoobesuchen Bananen von einer zahnlosen alten Frau, die er selber ißt, statt sie, wie vorgesehen an die Affen zu verfüttern.
Er hält ihr und allen anderen, die er trifft Monologe und stellt philosophische Fragen nach dem Sinn der Welt, als wäre er ziemlich unversehens in sie hineingeworfen worden, andererseits vertritt er wieder relativ chauvinistische Ansichten und unterhält sich mit Michele darüber, ob er sie vergewaltigt hat oder nicht?
Er streunt herum, betrinkt sich, weil er keinen Rotwein verträgt, zerstreitet sich mit Michele und flieht vor der Polizei um dann, wie man in einer dem Buch eingefügten Zeitungsseite lesen kann, als Geistesgestörter aufgegiffen und in Irrenhaus gebracht zu werden.
Der Roman nouveau, wie man das, glaube ich, nennt, besteht überhaupt aus unterschiedlichen Textgattungen, so gibt es chemische Formeln, Tabellen, Unterstreichungen und Durchgestrichenes und am Ende blüht Adam, wie in der DDR Beschreibung steht, im Irrenhaus auf, das er als Ort der Gebogenheit und des friedlichen Einvernehmens erkennt.
In Wahrheit wird er von einer weißgekleideten Schwester angehalten, sein Bett zu machen und den Boden zu kehren und unterhält sich während der Visite mit den Studenten über den Sinn des Lebens, während er auf der letzten Seite, wie schon von Le Clezio angekündigt, dahindämmernd das Schlimmste zu erwarten hat.
So weit der Debutroman des späteren Nobelpreisträgers und damals Dreiundzwanzigjährigen, der Literatur studierte und Lektor war, mit dem Buch, wie beschrieben über die Grenzen Frankreichs berühmt wurde, obwohl ich den Namen vor 2008 nicht kannte und es damals auf Deutsch nur einen einzigen Roman gegeben hat.
Beim Lesen ist es mir ein bißchen seltsam gegangen. Gestern habe ich den Stil sehr deprimierend und distanziert gefunden, so ähnlich, wie „Warten auf Godot“, das Erzählen des dumpen Toren von der Unwirklichkeit der Welt. Später ist es verständlicher geworden und es ist natürlich toll, daß einem mit dem ersten Roman gleich der große Wurf gelingt und noch toller, wenn später der Nobelpreis kommt, obwohl ich nicht sehr sicher bin, ob sehr viel Leser den Namen kennen und gestern bei einem Gewinnspiel einer Bücherbloggerin mitgemacht habe, die drei Nicholas Sparks Romane verlost und verlangt, daß man seinen Lieblingsautor nennt. Hundertdreißig Kommentare hat sie inzwischen bekommen. Kerstin Gier, Joanne Rowling, Sebastian Fitzek, Nicholas Sparks, ect. waren die genannten Namen, Jean Marie Gustave Le Clezio war, glaube ich, nicht dabei.

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