Die letzten Tage habe ich mir den Wiener Sommer sehr intensiv gegeben und bin vom Petersplatz, dem Karlsplatz und dem Museumsquartier hin und hergehoppelt. Denn am Mittwoch, Alfred war noch gar nicht richtig weggefahren, hat die Sommerakademie des Instituts für jüdische Geschichte begonnen, an der ich gar nicht teillnehmen wollte, ist das Thema „Zinsverbot und Judenschaden – Jüdisches Geldgeschäft im mittelalterlichen Aschkenas“ zwar sicher interessant, für mich aber eigentlich nicht wichtig und auch nicht unbedingt literarisch. Jetzt war ich aber dort und heute im jüdischen Museum bei den „Türken in Wien“, da erlebe ich im Zuge der Sommerakademie ja immer schöne Führungen und weiß jetzt viel über die mittelalterlichen Geldgeschäfte. Vielleicht kann ichs einmal für einen Roman brauchen, der Bezug zur Gegenwart war auch immer da und da fällt mir ein, daß ich, als ich am Montag für den Alfred etwas Geld abheben wollte, auf meinen Kontoauszug, die Mitteilung hatte, daß ich für allfällige von der Bank zugelassenen Überschreitungen 10, 75% Zinsen zahlen muß und wenn ich noch mehr überziehe, kommen zusätzlich 5% Überziehungsprovision dazu. Nun habe ich noch nie im Leben mein Konto überzogen, habe aber viele Klienten, denen gar nichts anderes überbleibt, als ihr Konto zu überziehen.
Am Abend war ich viel am Karlsplatz beim „Kino unter Sternen“ und das ist toller, als das Musikprogramm am Rathausplatz, denn da gibts um halb neun ein Vorprogramm. So haben gestern zwei junge Frauen gedudet bzw. Harfe gespielt und am Dienstag gab es eine Diskussion über die „Wienbilder im Film“ und bei den Filmen, die anschließend gezeigt werden, geht es immer über Wien und im Wien Museum läuft auch gerade eine Ausstellung „Stadtbilder aus hundert Jahren“.
Am Montag wurde ein Film aus dem Jahr 1906 gezeigt, wo auf der Ringstraße ein paar Straßenbahnen mit je einem Wagen, ein paar Pferdewagen, Männer mit Melonen, Frauen mit langen Röcken und großen Hüten zu sehen waren, aber keine Autos, sonst sahs aber ziemlich gleich aus.
Die Atmosphäre am Karlsplatz ist sehr angenehm, die Sponsorfirmen legen Zeitschriften, Lollis oder phosphorisierende Sterne und Monde zum Aufkleben auf. Wenns kalt ist, kann man sich eine Decke ausborgen und da es am Dienstag und gestern Fußballspiele gab, war es auch nicht so voll.
Heute war ich bei der Eröffnung der O-Töne im Museumsquartier, obwohl ich Arno Geiger und „Alles über Sally“ schon in der alten Schmiede hörte, auch das war toll. Nämlich „Die famosen Wienerlied-Erneuerer – Die Strottern“ zum Konzertauftakt und der Haupthof war sehr voll. Da könnte man neidisch werden, wer aller zur Lesung geht, der Direktor hat in seiner Einleitung darauf hingewiesen, daß sie sich die Sponsorpartner sehr sorgfältig aussuchen würden, so wurde man mit dem Volltext mit den Bachmannpreislesern, dem Falter und den Standard, dazu einen Bleistift und einen Fächer, der bei mir schon weg war, verwöhnt.
Ich habe die Daniela Strigl gesehen, Elke N., den Doktor Koller und das Gespräch mit Felicitas von Lovenberg von der FAZ war sehr interessant, denn Arno Geiger hat wieder viel über das Schreiben erzählt, nämlich, daß er zwei Jahre über seine Sally nachgedacht hat, bevor er zu Schreiben angefangen hat und das kann ich gerade jetzt sehr brauchen, die gelesenen Stellen habe ich schon gekannt.
Ansonsten gab es heute noch ein paar andere literarische Begegnungen, so habe ich zu Mittag Elisabeth Chovanec und Eveline Haas von der Schreibwerkstatt der Gewerkschaft, die ich gar nicht mehr erkannt habe, getroffen und bevor ich ins Museumsqartier gegangen bin, habe ich mir vom Bücherschrank ein paar Sommerkrimis und eine Lautpoesie aus der Urs Engeler Edition geholt.
2010-07-08
Sommer in Wien
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