Nachdem wir Mittwochabend nach Harland gefahren sind, bleiben zwei Tage zum Putzen, denn Morgen ist ja das Volksstimmefest und da geht es zurück nach Wien. Zum Putzen gibt es auch eine Anekdote, denn das tue ich immer zu Weihnachten, zu Ostern und nach der Sommerfrische besonders gründlich. Also alles Aufwaschen, Bett abziehen, Bad und Klo ect. Der Alfred mag das nicht so sehr und als ich das am Ostermontag 2004 machte, bevor wir zum Osterspaziergang in den Bezirk Landstraße fuhren, gab es Streit. Wir sind ein bißchen zu spät gekommen und als wir in die Landstraße Hauptstraße einbogen, ist uns ein Radfahrer auf dem Gehsteig entgegengekommen, der meiner Meinung nach unter ziemlichen Drogeneinfluß stand, der hat sich mit dem Alfred oder der Alfred mit ihm angelegt. Ich habe den Alfred weggezogen und wir haben den Konflikt um das Putzen der Hilde Schmölzer am Abend im Gasthaus zum Silbernen Kanderl erzählt, die mich erstaunt anschaute und sagte, sie mache das nicht, aber wenn man keine Putzfrau hat…
Jetzt hab ich, um Streß zu vermeiden am Vormittag Bad und Klo geputzt und aufgewaschen, danach überlegt, wohin ich mit dem Rad fahre, da es ja ein paar Stunden dauert, bis man die Räume wieder benützen kann. Da ist mir nur St. Pölten und ein Mittagessen beim Mc Donald eingefallen, obwohl ich schon gestern in diese Richtung gefahren bin. Also das Moleskine zum Notizenmachen eingepackt, das Rad bei der Brücke im Regierungsviertel abgestellt und die Wienerstraße hineingegangen. Beim Cafe Schubert saß dort, wo ich vor vierzehn Tagen, die Doris Kloimstein getroffen habe, Zdenka Becker, die zweite in St. Pölten lebende Literatin, die ich kenne und ich habe sozusagen ein Abschlußhighlight bekommen.
Denn die in Bratislava aufgewachsene und 1974 der Liebe wegen nach Österreich emigrierte, lebt seit 1983 in St. Pölten-Radlberg und ist literarisch sehr erfolgreich. Sie hat, wie ich einen Text in der ersten auf Hindu erschienenen Österreich-Anthologie und den Kontakt zum Übersetzer Amrat Mehta aufgenommen. Seither gibt es ihre Bücher auch auf Hindu, auf Deutsch sind die „Töchter der Roza Bukovska“ bei Residenz „Taubenflug“ bei Picus erschienen. Das nächste Buch wird, hat sie mir verraten, im Frühling bei Picus erscheinen. Anschließend bin ich in die Thalia Buchhandlung gegangen und das war auch interessant. Die Buchhändlerinnen sehr freundlich, es gibt schon einen Tisch mit Büchern argentinischer Autoren, denn die werden heuer in Frankfurt Gast sein und auch sonst lag ziemlich alles auf, was Rang und Namen hat.
So habe ich mich mit Burhard Spinnens „Auswärtslesen – Mit Literatur in Schulen – Eine Litanei“, auf die runde Lesebank gesetzt und das Buch ist sehr interessant, ist der 1956 geborene Schriftsteller und langjährige Jurysprecher beim Bachmannpreis ja ein sehr selbstbewußter Mann, redegewandt und über allem Lesen und Schreiben stehend. Auch er geht auf Lesetourneen und schreibt darüber. Denn das Lesen in Schulen ist anders, als das in Literaturhäusern, wo die literarisch Interessierten freiwillig kommen und sich freiwillig den ungeschriebenen Regeln aussetzen.
Die Schüler müßen es, bzw. sind schon da, Burkhard Spinnen kommt zu ihnen und wird in neun von zehn Fällen von einer Lehrerin eingeladen. Was er bedauert, da die Schüler dadurch, wie er meint, keine männlichen Lesevorbilder haben. So lümmeln sie herum, halten sich am Händchen, wippen mit den Füßen ect und wenn sie Fragen an den Autor haben, dann nur die, „Wieviel Bücher haben Sie geschrieben, woher nehmen Sie die Ideen und kann man vom Bücherschreiben leben?“, als wenn das vorher eingeübt worden wäre. In der Pause laden die Lehrer ins Lehrerzimmer zu Brötchen und Kaffee und fragen den Autor, wie man die Schüler zum Lesen längerer Texte bringen kann?
„Man kann nicht!“, antwortet der Literaturgewaltige, man muß sie schon durch Vorbilder im Elternhaus erziehen und spricht von seinen zwei halberwachsenen Söhnen, die auch lange brauchten, bis sie begriffen haben, daß hinter Buchtiteln Menschen stehen und die Schule ist nicht dazu da, den Literaturnachwuchs zu fördern, sondern den Schülern das Sprechen beizubringen.
In ca einer halben Stunde habe ich das Buch durchblättert, denn der Inhalt war mir, die ich an Krankenpflegeschulen Psychologie unterrichtet habe, nicht sehr neu und einmal habe ich auch in einer Schule gelesen. Im Gymnasium in der Rahlgasse natürlich, eingeladen von der Frau Millner, die einige Zeit Praktikantin bei Annas Deutschlehrerin war und den Schülern ein paar Seiten Literaturauschnitte brachte. Vom Werner Kofler war etwas dabei.
„Da gibt es noch den Gerhard von der GAV!“, sagte die Anna und die Frau Millner wunderte sich, woher sie das wußte. So kam ich zu einer honorierten Schullesung und wunderte mich, daß das so einfach ging, bis ich kapierte, welche Rolle die Frau Millner im Wiener Literaturbetrieb spielte und die Lesung, sie war, glaube ich, 1998 oder so, war sehr interessant. Ich habe ein paar Stellen aus dem „Tod eines Jurymitglieds“ gelesen, die Frau Millner hat mich sehr gut eingeführt, die Schüler sind nicht herumgelümmelt, sondern haben zugehört und ein junger Mann namens Simon, hat mir, wie mir schien, sehr interessante Fragen gestellt. Die Anna meinte später zwar, er hätte mich verarscht, ich habe es aber ernst genommen.
Burkard Spinnes „Auswärtslesen“ ist sicher ein interessantes Buch, auch wenn es von dem Literaturgewaltigen, der ohnehin schon alles weiß, leicht und locker dahingeschrieben wurde. Denn die Schulen konfrontieren die Schüler im Deutschunterricht wirklich mit der Literatur und an ein paar Interessierten, die später sicher auch in Klagenfurt lesen wollen, bleibt es hängen, für die meisten anderen ist es fad und uninteressant und wenn man einen bekannten Namen oder zufällig seine Tochter in der Klasse der interessierten Deutschlehrerin hat, wird man eingeladen.
Die Thalia Buchhandlung war jedenfalls voll von interessanten Büchern und da ich auf das Trocknen der Böden wartete, habe ich mich umgeschaut. Thomas Lehr Langlistenbuch „September-Fata Morgana“ war dabei, Michael Köhlmeiers „Madalyn“, Norbert Gstreins „Die ganze Wahrheit“. Angelika Reitzers „unter uns“ ein Familienroman ohne Familie, den sie mit Hilfe des Wiener Autorenstipendiums geschrieben hat und der am Dienstag im Phil in der Gumpendorferstraße um 20 Uhr vorgestellt wird, habe ich mir aufmachen lassen, sowie Janet S. Charles „Mond über Odessa“, das einen liebevollen Blick auf Online Bräute wirft.
Eva Rossmanns „Evelyns Fall“ gab es auch in großen Stößen, das hätte ich mir auch aufmachen lassen können, da es in Wien aber schon im Badezimmer liegt, habe ich darauf verzichtet.
Das Programm von „Rund um die Burg“ gibt es auch schon. Da lesen sowohl O. P. Zier, als auch Eva Rossmann in der Kriminacht und dann gibt es noch etwas Besonderes, nämlich eine Aktion die „StadtLesen 2010“ heißt – Lesegenuß unter freiem Himmel bei freiem Eintritt in allen Landeshauptstädten www.StadtLesen.com.
Da wird in St. Pölten am Rathausplatz vom 23. – 26. September Barbara Frischmuths „Die Kuh, der Bock, seine Geiss und ihr Liebhaber“ und in Wien im Museumsquartier vom 30. September – 3. Oktober Michael Niavaranis „Vater Morgana“ vorgestellt und das Ganze scheint so etwas Ähnliches, wie die offene Bücherkastenlandschaft auf dem Siebenbrunnenplatz der KPÖ Margareten zu sein.
2010-09-03
Putzen, Zdenka Becker und Thalia-Besuch
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