Literaturgefluester

2010-09-20

Erinnerungen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 10:27

Ich bin in einem dieser schönen alten Gemeindebauten, errichtet aus der Wohnbausteuer der Dreißigerjahre des vorigen Jahrhunderts aufgewachsen. Der Vater Funktionär der SPÖ, Krankenkassenangesteller und in seiner Freizeit Referent der Büchergilde Gutenberg, die Mutter gelernte Stickerin, die als Kindergartenhelferin gearbeitet hat.
Zu Weihnachten gab es die Büchergaben der SPÖ. Vera Ferra-Mikura, Friedrich Feld, was damals modern für sozialistische Kinder war und auch sonst einige Buchgeschenke, die mich, wie auch der sogenannte Bücherkasten im Wohnzimmer faszinierten.
Von daher kommt meine Bücherliebe und ich kann mich auch erinnern, daß ich mir, es muß in der Pubertät gewesen sein, in meinen Erwachsenenleben ein Leben voller Bücher und das Image einer Intellektuellen wünschte. Zwar war ich, wie damals fast alle Kinder aus der Volksschulklasse in der Hauptschule, allerdings in einer guten, mit einer sehr guten Lehrerin und dann in der Straßergasse, wo die Frau Prof. Friedl auch aus der Lehrerschar herausragte und uns mit Leselisten entlassen hat, da stand zwar sehr viel Mell und Wildgans darauf, aber so war das Anfang der Siebzigerjahre.
Geschrieben habe ich schon seit der Volksschulzeit, der Wunsch es professionell zu machen, ist zwei Jahre vor der Matura gekommen.
Die war 1973, das Jahr wo auch die GAV gegründet wurde. Nur hatte ich damals nicht viel Ahnung was das und wie das mit dem österreichischen PEN so ist. Ich habe sehr schüchtern meine erste Erzählung vor mich hingeschrieben und bin viel in die Oper gegangen. Im September 1973 in den Freischütz kann ich mich erinnern und daran, daß ich mir, als ich nach Hause gekommen bin, die Frage stellte, wie das mit meinem Schreiben wird? Weil sich der Jahrestag der Frage demnächst zum siebenunddreißigsten Mal jährt oder schon gejährt hat, sollte ich mir eine Antwort geben und die ist zweideutig, wie sie gar nicht anders sein kann.
Ich habe es geschafft, denn ich habe in den siebenunddreißig Jahren nicht zu Schreiben aufgehört, sondern mich kontinuierlich durch alle Krisen durchgeschrieben und es dabei gelernt. Fünfundzwanzig Bücher, seit zwei Jahren das Literaturgeflüster, seit 1987 das literarische Geburtstagsfest. Das ist das Bleibende, der GAV Eintritt natürlich auch. Auf der anderen Seite ist nicht sehr viel herausgekommen, so daß ich mit dem Herumschicken und dem Verlaganschreiben irgendwann aufgehört habe. Der Freundes- und Förderkreis fehlte leider und ich habe mir mehr als einmal gedacht, wenn wieder ein „Leider nicht“ zurückgekommen ist, daß ich aufhören sollte. Dann habe ich mich gefragt, was ich stattdessen mache und weitergeschrieben, was auch die Psychologin rät. Es ist aber sehr frustrierend, was ich beispielsweise nach meinem heurigen „Rund um die Burg“ Besuch, wo ich gern lesen würde, wieder merken konnte. Da brauche ich ein paar Tage, um zu meinem Selbstbewußtsein zurückzukommen und denke immer, daß es so schwer ist, hätte ich 1973 nicht gedacht und warum schaffen es die anderen?
Das „Keine Chance, keine Chance!“, nagt dann sehr und ich hätte gern mehr Anerkennung. Die Literatur in allen ihren Formen fasziniert mich aber immer noch und die Beantwortung der Frage, ob ich später ein Bücherleben führen werde, fällt auch positiver aus.
Den Bücherkasten habe ich geerbt und darin befindet sich so manches Gustostückerl einer sozialistischen Arbeiterbibliothek und ich habe auch bald zu sammeln angefangen. Als Studentin mir relativ viele Bücher gekauft, so habe ich einige der literarischen Erstausgaben der Siebzigerjahre, die alten Residenzbücher der Frischmuth, des Henisch beispielsweise. Viel später gab es bei einer der Buchwochen eine Liste der angeblich hundert besten Büchern. Wenn man seine erstellte, konnte man einen Buchgutschein über 10.000 Schilling gewinnen. Das habe ich natürlich nicht, mir aber vorgestellt, was ich mir dafür bei Anna Jeller eintauschen würde. Dann kamen die Büchertürme bei der Literatur im März, die Bücherschachteln der Edith Brocza vor ein paar Jahren und jetzt die offenen Bücherschränke, so daß ich inzwischen mehr Bücher habe, als ich lesen kann und durch die Errungenschaften des Internets, kann ich auch darüber schreiben. Das habe ich aber schon ein paar Jahre füher getan, als Thalia die sogenannten Leserrezensionen suchte und für die Veröffentlichung einen zehn Euro Gutschein in Aussicht stellte.
Das Lesen und das Scheiben einer sozialistischen Arbeitertochter. Der sogenannte Brotberuf und der Konsumverzicht machen es möglich, trotzdem weiterzuschreiben, was ich für psychologisch auch wichtig halte. Leicht ist es trotzdem nicht, sondern manchmal sehr frustrierend. Ich bin auch sicher, daß ich in Zeiten, wo nur mehr die angeblich Besten eine Chance bekommen, die Aufnahmsprüfung für das Psychologiestudium nicht schaffen und auch da gesagt bekommen würde, daß nicht alle studieren können und es ja schon so viele gibt, die das tun….
Da habe ich also Glück gehabt, beim Schreiben hätte ich mir das auch gewünscht, obwohl das heute angeblich leichter ist, weil es soviele Kurse und Schreibschulen gibt und es auch sehr viele Leute tun. Im Standard gibt es ein Interview mit Robert Schindel, wo er meint, daß inzwischen mehr Leute Gedichte schreiben, als Gedichte lesen. Das trifft für mich nicht zu, denn ich schreibe keine Gedichte und lese auch anderes.
Und um nicht ganz so depressiv zu enden, Petra Ganglbauer hat mir gerade die erste Rezension der „Heimsuchung“ geschickt und daraus lese ich am 4. Oktober bei den Mariahilfer Frauenwochen, in der Amerlingstraße 11, um neunzehn Uhr.

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