Literaturgefluester

2010-10-05

Hommage an Ilse Aichinger

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:08

Daß das neue literarische Quartier der Alten Schmiede höchstwahrscheinlich mit einer Veranstaltung über Ilse Aichinger im Oktober eröffnet wird, hat Kurt Neumann bei der letzten Alten Schmiede Veranstaltung im Juni angekündigt und so stand es auch im Programm.
Christiane Zintzen hat in ihrem in/ad/ae/qu/at aber schon gestern darauf hingewiesen, daß die Veranstaltung im Theater des Cafe Prückls, stattfinden wird und Ilse Aichinger wurde geehrt, weil Reinhard Urbach, der das Literarische Quartier 1975 gegründet hat, Ilse Aichinger zu der ersten bzw. zweiten Veranstaltung eingeladen hat. Die erste war ein Vortrag von Friedrich Heer und die heutige Veranstaltung mit dem Titel „Wo ich wohne“, wurde wieder von Kurt Neumann eröffnet, der die Tatsache, daß es noch keinen Strom im neuen Literarischen Quartier zu geben scheint und die nächsten drei Veranstaltungen woanders stattfinden werden, mit Dislozierung und Widersetzlichkeit eingeleitet, bzw. bezieht sich das schon auf Ilse Aichingers Werk. Dann kam Reinhard Urbach auf die Bühne und erklärte, warum er 1975 Ilse Aichinger eingeladen hat.
„Es war niemand anderer da!“, aber Ilse Aichinger lebte damals auch noch in Salzburg und Wien muß 1975 ein literarisches Kaff gewesen sein, in dem es außer der Gesellschaft für Literatur und gelegentlichen Lesungen in der Buchhandlung Herzog oder Berger nichts gegeben hat. Das hat sich inzwischen geändert und Ilse Aichinger lebt, glaube ich, in einem Pflegeheim und kann nicht mehr zu Veranstaltungen kommen, obwohl sie laut Wikipedia immer noch fast täglich in ihr Stammcafe am Michaelerplatz und ins Kino gehen soll.
Dann kam Franz Schuh mit einer kommentierten Lesung zu Ilse Aichingers Werk. Das heißt, er las ein paar Gedichte, einen Dialog, ein Stück aus der größeren Hoffnung“ und dann noch die Titelerzählung „Wie ich wohne vor“ und gab dazu seine philosophisch weltanschauliche Meinungen und dann gabs noch ein Radio Feature, das Kurt Neumann zu dem 1980 stattfindenden Aichinger Symposium „Ausschnitte, Impressionen, Assoziationen, Fragment für Rundfunkprogramm mit den Stimmen von Ilse Aichinger, Erich Fried, Peter Härtling, Klaus Hoffer, Richard Reichesperger ect. zusammengestellt hat, was sehr interessant und spannend war, obwohl das Publikum reihenweise den Theatersaal verließ, was vielleicht bedeutet, daß auch die Aufmerksamkeit der Alte Schmiede Besucher nicht unendlich ist.
Kurt Neumann rühmte jedenfalls Ilse Aichinger als eine, die mit literarischen Mitteln Erkenntnis schafft und setzte hinzu, daß er wohl wisse, daß ihr Name im Literaturleben inzwischen fast vergessen ist.
Ein Eindruck, der für mich nicht stimmt, obwohl ich weder bei der ersten Lesung noch bei dem Symposium war.
„Die größere Hoffnung“, habe ich aber schon vor langer Zeit gelesen. Dann in den Siebzigerjahren, das Interview über sie in Hilde Schmölzers Buch gelesen. Daß sie mit Günter Eich verheiratet war, weiß ich auch und war bei einer Präsentation der „Aufzeichnungen aus Georgien“ von Clemens Eich, ihrem Sohn in der alten Schmiede. Da saß sie in der erste Reihe und Clemens Eich ist 1998, in der Station Kettenbrückengasse auf die U-Bahnschienen gestürzt. Seitdem hat sie sich, steht in Wikipedia aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Ich habe aber mindestens zwei beeindruckende Erlebnisse, an die ich mich noch gut erinnern kann. Hat sie ja 2001 bei Rund um die Burg, vor Dietmar Grieser gelesen und war ein bißchen verspätet, so daß sie den Unmut der alten Damen, die ihren Liebling hören wollten, erregte und ich dachte mir, da sitzt eine der größten Dichterinnen und liest mit zitternder Stimme vor und später wird Dietmar Grieser in einem Buch darüber schreiben und alle werden begeistert sein.
Es gab dann auch die „Unglaubwürdigen Reisen“, die, glaube ich, im Standard erschienen sind und die große Kinoleidenschaft der alte Dame. Dann sind zwei Bücher in der Edition Korrespodenzen erschienen, da war ich bei einer Präsentation in der Beamtenversicherung und habe mich, was ich sehr selten tue, um ein Autogramm angestellt. Allerdings habe ich mir nicht das Buch gekauft, sondern mir die Unterschrift in das Programmheftchen der Edition Korrespodenzen geben lassen, was von den hinter mir Stehenden beanstandet wurde. Ich habe die Bücher dann vom Alfred zu Weihnachten bekommen und Anita C. Schaub hat mir erzählt, daß es sehr schwierig war, Ilse Aichinger zu interviewen, so daß ihr Portrait in dem FrauenSchreiben Buch nicht enthalten ist.
Es gab dann noch in der alten Schmiede eine Veranstaltung mit Ilse Aichingers Zwillingsschwester Helga Michie. Da war sie, glaube ich, nicht mehr dabei und 2007 eine Ausstellung von Fotografien von Stefan Moses im Literaturhaus. Das Plakat auf dem man Ilse Aichinger im karierten Kleid oder Bluse schreibend im Kaffeehaus sitzen sieht, habe ich im Wohnzimmer hängen und das Hörspiel „Knöpfe“ hat mir meine Cousine Elisabeth einmal zum Geburtstag mitgebracht.
Ich habe mich also ein bißchen mit der österreichischen Nachkriegsdichterin beschäftigt und finde ihr Werk, das von Richard Reichensperger, der inzwischen auch schon gestorben ist, herausgegeben wurde, sehr vielfältig. Mit den Ereignissen von nine elfen hat sie sich, glaube ich, auch als eine der Ersten befaßt.

2010-10-04

Bei den Mariahilfer Frauenwochen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:11
Agnes Lechner, Eva Jancak, Helga Pucher

Agnes Lechner, Eva Jancak, Helga Pucher

Bezirksrätin Elisabeth Zoumboulakis-Rottenberg organisiert mit der VHS Wien West seit einigen Jahren die Mariahilfer Frauenwochen mit einem tollen Programm. Voiges Jahr gab es da am elften November knapp vor der Buch-Wien und mitten drin im Nanowrimo-Writing „Frauen schreiben“ – Kreativer Workshop mit Doris Nussbaumer und weil ich ja beim Schreiben unersättlich bin und der dreistündige Workshop auch für erfahrene Schreiberinnen, wie im Programm stand, geeignet war, bin ich hingegangen und habe etwas über einen angeräumten Dachboden und eine Messie-Frau geschrieben. Sophie Hungers Krisenwelt war ja gerade fertig und habe neun interessante Frauen dabei kennengelent.
Soviele Namen stehen jedenfalls auf der Liste, die damals erstellt wurde, gab es doch die Idee weiter in Kontakt zu bleiben und von Elisabeth Zoumboulakis-Rottenbeg kam die, bei den diesjährigen Frauenwochen „Frauen lesen – Literatur von Teilnehmerinnen der kreativen Schreibwerkstatt von 2009“, zu veranstalten.
Es gab im Frühling eine Vorbesprechung. Helga Puchner, Agnes Lechner, Cornelia Harwanegg und ich haben sich gemeldet und heute eine schöne Lesung mit zwei Frauen, die zum ersten Mal lasen. Cornelia Harwanegg, die das glaube ich auch schon getan hat und Schreibwerkshops oder Stimmschulungskurse anbietet, war verhindert. Ihre Auszüge aus dem Roman „Bitte warten, eine Freundschaft mit gewissen Extras“, hat Elisabeth Zoumboulakis-Rottenberg gelesen und musikalische Begleitung gab es auch.

Eva Jancak

Eva Jancak

Besra Alaca Pummer hat begleitet von Atsko Kogure Lieder von Clara Schumann und Johannes Brahms gesungen, in denen es sehr viel um die Liebe ging und das tat es auch bei den Texten.
Zumindest bei den Romanauszügen von Cornelia Harwanegg, ging es da doch um eine sehr junge Frau zwischen zwei Männern, um Angie, die sich zwischen Bernhard und Patrick nicht entscheiden kann und ihr Leben genießen und sich nicht gleich binden will und die gebürtige Polin Agnes Lechner hat Auszüge aus dem „Tagebuch einer jungen Liebe“ gebracht, wo zwei ihre Gefühle in allen ihren Sinnen schildern, was in einem rasanten Tempo geschieht.
„Wie mitten auf der Autobahn den feschen Kerl nach seiner Telefonnummer fragen…?“
Helga Puchner brachte zwei Dialektgedichte „An die Siebzig – na und“ und offenbar für den Anlaß geschrieben „Mariahilfer Frauenwochen“ und ich habe dem Anlaß entsprechend aus meinem Nanowrimo-Buch gelesen.
Da ging es zwar nicht so sehr um die Liebe, sondern um den H1N1 Virus und Ayten Akmaz Reise nach Istanbul, hat aber auch seinen Bezug zum kreativen Schreiben und ich denke, daß Literatur auch das sein kann.
Zwar höre ich immer, daß schon zu viele schreiben und, daß es besser wäre, man wenn man stattdessen mehr Bücher lesen würde, aber das ist nicht meine Meinung und eine Rose und ein kleines Honorar gab es auch und im großen Literaturbetrieb hat es eine Überraschung gegeben, wurde, während wir im Festsaal der Bezirksvorstehung gelesen haben, in Frankfurt ja zum Auftakt der Buchmesse, der deutsche Buchpreis vergeben, wo ich mir eigentlich sicher war, daß ihn Peter Wawerzinek bekommt.
Wieder einmal falsch gelegen, die in der Vojvodina geborene und in der Schweiz aufgewachsene Melinda Nadj Abonji hat ihn mit dem bei „Jung und Jung“ erschienen „Tauben fliegen auf“ bekommen und wem es interessiert, den 2004 bei Ammann erschienenen Roman „Im Schaufenster im Frühling“ habe ich schon gelesen.
Hat da ja vor einigen Jahren die Buchhandlung Kolisch zugesperrt und man konnte sich drei Bücher aussuchen. Ich kann mich allerdings kaum mehr an den Inhalt erinnern, da sieht man wieder, wie gut das Besprechen im eigenen Blog ist, ob man das nun Meinung oder Rezension nennt, denn heute würde mir das nicht passieren und ich könnte verlinken.

2010-10-03

Vorschau auf das neue Buch

Filed under: Uncategorized — jancak @ 21:24
Mimis Bücher

Mimis Bücher

Ein Bestsellerautor, der des Plagiats verdächtigt wird, eine Schriftstellerin mit Down Syndrom, eine frühpensionierte Lehrerin als Literaturkennerin, das sind die Hauptpersonen in „Mimis Bücher“.

Um sie herum erzählt Eva Jancak über die Mechanismen des Literaturbetriebs, über das Leben selbstbewusster Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung, über biografische Vorteile und Mühsale. Unprätentiös wie immer bringt die Autorin ihre Kritik an gesellschaftlichen Zuständen an, nicht aufdringlich, nicht mit dem moralischen Zeigefinger und doch zum Nachdenken anregend. Mit der im Mittelpunkt der Handlung stehenden Figur der Hermine Berger, von der Mutter liebevoll Bella genannt, zeigt Eva Jancak die vielen Facetten vom und im Leben von Menschen mit Down Syndrom. Und so ist die Erzählung auch ein Plädoyer für eine vielfältig bunte Gesellschaft, die heute gerne als inklusive Gesellschaft beschrieben wird.

Vom überraschenden Schluss aus gesehen kann man sagen, Mimis Bücher ist ein wunderbares modernes Märchen mit viel realem Hintergrund.

Otto Lambauer

Und als Ergänzung ein Video von der Lesung vor dem offenen Bücherschrank am 16. 6. 2012

Aktionstage und Frankfurt Vorschau

Filed under: Uncategorized — jancak @ 10:38

Die letzten Tage gabs ein dichtes Veranstaltungsprogramm, das Freitag mit dem Tag des Kaffees und einer Einladung des Bezirksblattes, zwischen acht und zehn ins Bank Austria Kunstforum zu Kaffee und Frühstücksschmankerln, sowie freien Eintritt in die Frieda Kahlo-Ausstellung, zu kommen, die mir die lange Nacht der Museen ersparte, begonnen hat. Danach war das Supervisionsvorgespräch noch einmal so schön und die Post hatte auch ein Aktionsprogramm anzubieten, weils wirklich wichtig, ja nur dort passiert, die ausgescourten Beamten werden es wissen, wo man das Porto bezahlt bekam, wenn man einen Brief hinbrachte. Das wäre ideal für die Einladungen zu meinem Geburtstagsfest gewesen, die ich ja wirklich lieber mit der Post verschicke, die Einladungen sind aber noch nicht geschrieben…
Am Samstag gings weiter mit dem „Leiner“- Damentag, der zumindest mir immer ein besonderes Kaufhauserlebnis vermittelt. Junge Männer in grünen T-Shirts öffnen die Türe und tragen angeblich die Einkaufstaschen. Sekt und Pago steht am Info-Point, im zweiten Stock gabs eine Teeverkostung und so bin ich mit meinem Foto in die „Twinings“-Presseunterlagen gekommen und ein paar Proben für zu Hause gab es auch.
Dann wurde zu Wahlkampfszeiten, die neue U2-Strecke vom Stadion bis zur Aspernstraße mit Musik, Gratiskugelschreiber in allen Farben, Bürgermeisteransprachen, roten Schirmen, Hüpfburgen, Gratisfahrt und einem Riesenandrang mit Volksfestcharakter eröffnet und am Nachmittag fand für die Kunstinteressierten, der zweite Jeunesse Tag im Museumsquartier mit zwanzig Konzertkostproben von Klassik, Jazz, World und neuer Musik statt. Da wurde zwar das gleichzeitig stattfindende StadtLesen mit dem Bücherkasten und den Sitzsäcken etwas verdrängt, zumindest akustisch wird es schwer gewesen sein, sich auf das Lesen zu konzentrieren, aber ich lese meine Bücher ja zu Haus und bin dort am Abend sehr erschöpft hingekommen und habe mit dem Alfred noch schnell „Mimis Bücher“ an die Druckerei geschickt.
Jetzt habe ich die „Absturzgefahr“ weiterzukorrigieren und muß die Geburtstagseinladungen schreiben. Morgen gibts bei den Mariahilfer Frauen Wochen, die Lesung mit Cornelia Harwanegg, Agnes Lecher, Helga Pucher und mir.
Dann gehts schon ab nach Frankfurt, allerdings nur virtuell, bzw. mit dem Buch von Martin Mosebach, obwohl von Haymon und vom Residenzverlag schon Einladungen zu Verlagsfesten und Standbesuchen gekommen sind.
Argeninien ist bei der Buchmesse heuer Gastland und wenn man sich ein bißchen über die Trends der argentinischen Literatur informieren will, kann man das sehr gut in der „Standard“-Wochenendausgabe, wo man erfährt, daß Maria Kodoma, die Witwe von Jorge Luis Borges, einem der großen argentinischen Stimmen, der fast den Nobelpreis bekommen hätte, am 12. Oktober in der Gesellschaft für Literatur in der Herrengasse lesen wird. Da ist mir eingefallen, daß ich einen ungelesenen Borges Erzählband habe, den mir Martin Potschka einmal zum Geburtstagsfest brachte. Von Erich Hackl, der sich auch viel mit der argentinischen Literatur beschäftigt und daraus übersetzt, gibt es einen Artikel im „Album“ über Rodolfo Walsh und sein Argentinien-Buch „Als ob ein Engel“, das ich auch einmal zum Geburtstag bekommen habe, das sich mit dem Verschwinden einer Studentin während der Militärdiktatur beschäftigt, habe ich gelesen.
Sonst weiß ich nicht viel über die Literatur Argentiniens, kenne aber Lidio Mosca-Bustamente, den Arzt und Schriftsteller, der schon lang in Österreich lebt, von ihm habe ich zwei Bücher gelesen und der magische Realismus ist mir auch ein Begriff, aber von dem, las ich im „Standard“, haben sich die jüngeren Autoren, die über Fast food, Cinecenters, Slums, Gewalt und Drogen schreiben, längst distanziert und Ariel Magnus Roman „Ein Chinese auf dem Fahrrad“, habe ich vor kurzem in der Hauptbücherei kennengelernt.
Frankfurt wird also auch im Wohnzimmer sicher interessant und meine Leseliste hat sich auch ohne Borges, um mindestens ein Buch erweitert, habe ich doch Aldous Huxley „Schöne neue Welt“, eines der Bücher, das man unbedingt gelesen haben sollte, im Bücherschrank gefunden. Alfred hat es zwar auf Englisch in Harland liegen und man sollte ja mehr Originalsprache lesen, ich werde es aber trotzdem auf Deutsch versuchen.

2010-10-02

Dein Zimmer für mich allein

Filed under: Uncategorized — jancak @ 08:25

Ich habe die 1997 erschienene Erzählung „Dein Zimmer für mich allein“ von Michael Köhlmeier, nicht wie Leselustfrust geraten hat, im Cafe Eiles bei einer Tasse Kakao, sondern in der Badewanne gelesen, verdanke aber ihrer Besprechung, daß ich das dünne Bändchen mit der nackten Frau in dem roten Stuhl auf dem auch sonst sehr roten Umschlag, aus der zweiten Reihe meines grüne Erde Regals, hervorgezogen habe. Der Titel erinnert an Virgina Woolf, es gibt auch ein Zitat von ihr auf den ersten Seiten. Ansonsten hat es nicht sehr viel mit dem berühmten Buch zu tun, geht es doch um einen Mann, der in der Nacht im überfüllten Zug aus einem fremden Land, nach Österreich gekommen, beziehungsweise aus dem Fenster des Zug gehoben wurde, um für ein durstiges Kind Wasser zu besorgen. Der Zug mit Mantel und Koffer fährt weiter, der Mann tappt in ein halbfertiges Haus, übernachtet am Dachboden in einer Styroporhöhle und schleicht in die Wohnung einer Frau, die ihn an seine erste Geliebte Ulla erinnert.
Diese Geschichte erzählt er im Cafe Eiles einem Schriftsteller, der ihn dafür auf zwei Tassen Kakao, Wein und eine Gulaschsuppe einlädt und ihn auf seinen inneren Spaßmacher bringt, der ihn zu Dingen veranlaßt, die man nicht tun soll, wenn man ohne Geld und Papiere ein fremdes Land betritt oder doch, hat man dann ja nichts zu verlieren, denn die Polizei kann einen nur wieder in den Zug oder in eine warme Zelle setzen und einem Menschen in Not steht, wie im Buch steht, alles zu.
So schlüpft der namenlose, mir nicht besonders sympathische Ich-Erzähler nicht nur in die Wohnung der Frau, die, wie auf dem Türschild steht, Marianne heißt, er beginnt sich auch an ihren Aspirintabletten zu bedienen, trinkt ihren Kaffee, schläft in ihrem Bett, fotografiert die Wohnung mit ihrer Sofortbildkamera, um sie um fünf, wenn Marianne von der Arbeit kommt, wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen und sich auf das Dach zu begeben.
Eine Woche tut er das und wird immer dreister dabei, verliebt sich viermal in die fremde Frau, vergißt sein Unterhemd in ihrer Wohnung, das er am nächsten Tag gebügelt vorfindet, geht mit ihrer Jacke und ihrem Geld in das Kaufhaus, in dem er glaubt, daß sie als Verkäuferin arbeitet und macht sich seine Vorstellungen über sie, daß er dann noch den Tisch gedeckt vorfindet, ist ein besonderer Luxus und irgendwann erscheint Marianne mit einem Mann in ihrem Schlafzimmer, er ist inzwischen unters Bett verschwunden, dem sie erzählt, daß sie ihn verlassen wird, weil sie einen anderen liebt.
Der innere Spaßmacher mit dem der Mann, während er seine Geschichte erzählt, Monologe hält, bleibt weiter unterm Bett, während der Ich-Erzähler irgendwie nach Wien und an die Telefonnummer des Schriftstellers gerät und nach dem Erzählen, mit dem Vorwand telefonieren zu müssen, wie vorher angekündigt, prompt verschwindet.
Eine kleine, leise Geschichte, die Fragen stellt, vermutet, alles offen läßt und damit, wie im Klappentext steht, mit großer sprachlicher Finesse und psychologischen Raffinement, die abgründigen Spielarten menschlicher Beziehungen auslotet.
Leselustfrust nannte es substanzlos und unbefriedigend, daran ist schon etwas. Ich habe auch etwas von einem Entwurf des Erzählens, einer Fingerübung dazu, gelesen.
Als das Buch erschienen ist, wurde es sehr gefeiert, ich habe Teile daraus im Radio gehört und denke nach dem leichten, vergnüglichen Lesen, daß es sehr viel sein kann. Alles was man hineindenkt, denn der Erzähler läßt ja sehr viel offen.
Die große Liebesgeschichte habe ich nicht so empfunden, denn die war das Wunschdenken des Mannes ohne Pass und Geld, eine Machophantasie, wenn man so will. Es könnte auch eine fein erzählte Geschichte eines Asylwerbers sein, betont Köhlmeier ja den Akzent des Fremden und der Schriftsteller blättert, bevor der Erzähler erscheint, in einen Artikel über Litauen.
Es ist sicher eine Geschichte über das Geschichtenerzählen. Den Bezug zu Viginia Woolf kann ich nicht finden und denke, daß das der Magnet sein könnte, um den Leser in das Buch zu locken und, daß Michael Köhlmeier ein Kaffeehauserzähler ist, könnte stimmen. Habe ich ja die im Kurier erschienenen und im Sammelband „Bevor Max kam“ herausgegebenen Geschichten, in denen es auch um eine Kaffeehausrunde geht, gelesen.
Aber der 1949 in Hard am Bodensee geborene Michael Köhlmeier ist überhaupt ein vielseitiger Autor, der nicht nur die „Sagen des klassischen Altertums“ mit seiner interessanten Stimme neu erzählt. Hörspiele, Filmdrehbücher mit den Romanen „Abendland“ und „Madalyn“ auf die Listen des deutschen Buchpreises gekommen. Ich kenne den Namen seit Ende der Achtzigerjahre. Ich weiß nicht mehr, wie das Buch hieß, mit dem Köhlmeier damals in aller Munde war, kann mich aber an eine General- oder Vollversammlung der GAV erinnern, die Thomas Rothschild mit dem Hinweis, daß er ein Buch des Mitgliedes Michael Köhlmeier lesen würde, frühzeitig verließ. Die Kriminalgeschichte „Calling“ habe ich noch zu lesen und das Hörbuch „Sunrise“ ist auch noch nicht gehört.

2010-10-01

Seitenweise und Atemwende

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:27

„Atemwende“, die von Kurt Raubal im Amerlinghaus verantwortete Leseperformance des ersten Wiener Lesetheaters, Donnerstag um zwanzig Uhr stand in meinem Kalender eingetragen, dann gab es noch StadtLesen Wien im MQ mit einer Lesung von Michael Niavarani, als ich von Chrstiane Zintzen in/ad/ae/qu/at auf die Buchvorstellung von „Seitenweise – Was das Buch ist“ im Kongresssaal des Bundeskanzleramtes aufmerksam gemacht wurde und dieses Buch wurde schon vor einer Woche von dem Germanisten Michael Rohrwasser im „Tag für Tag“ vorgestellt. Am 11. 10. kommt es noch ins Literaturhaus, ich gebe aber zu, die Ankündigung eines Buffets lockte, obwohl ich trotz Anmeldung bei Peter Plener ein ungutes Gefühl hatte, wußte ich ja von den Zeiten, als ich noch zu den Preisverleihunges des Bundeskanzleramtes eingeladen wurde, daß man da die Einladung beim Potier vorweisen mußte, um bei den Sperren durchzukommen. Das war aber dann kein Problem und so war ich das dritte Mal in dieser Woche mittendrin im offizellen Literaturbetrieb.
Daniela Strigl moderierte wieder. Bodo Hell führte, wie er sagte von hinten durch das Buch, in dem er sämtliche Buchsorten aufzählte, also Schulbuch, Kochbuch, Klassenbuch, ect. Das Klassenbuch ist das, wo die Schüler dem Religionslehrer ein Bild von Brigitte Bardot unterjubeln und wohin ist das Kondolenzbuch von Elfriede Gerstl verschwunden, in das sich damals am Zentralfriedhof das halbe literarische Wien eingetragen hat, usw. usf. Dazwischen spielte er auf seiner Maultrommel und zählte auch noch auf, worüber die anderen in dem Buch geschrieben haben.
So ganz habe ich den Sinn dieser Anthologie noch nicht verstanden und auch nicht, wo sie jetzt erschienen ist. Christiane Zintzen nannte die Edition Atelier und darauf bin ich auch gekommen, als ich auf deren Homepage war, auf meinem Exemplar, das man sich kostenlos mitnehmen konnte, steht aber Bundespressedienst Österreich und es haben auch einige Herren des Bundeskanzleramts launig über ihr Leseleben gesprochen. Es geht jedenfalls um Material, Arbeit und Form, Buchgeschichten, Lektüre, Umgang u. Handhabung, Bibliothek, Kartei u. Sammlung ect in vierhundertachtundsiebzig Seiten, schön dick gebunden. Zu den Autoren zählen Bernhard Fetz, Gundi Feyrer, Eveline Polt-Heinzl, Johanna Rachinger, Michael Rohrwasser, Gerhard Ruiss, Hermann Schlösser, Rotraud Schöberl, Daniela Striegl ect.
Hermann Schlösser und Eveline Polt-Heinzl haben ja auch schon Bücher über Bücher geschrieben. „In Büchern unterwegs“ und „Bücher haben viele Seite“, beide habe ich bei den Büchertürmen gefunden und einige der Prominenten waren auch anwesend. So bin ich neben Bernhard Fetz gesessen und Eveline Polt-Heinzl hat mir zugenickt. Das Buffet war sehr gut. Alles in kleinen Schüsselchen, aber auch drei Sorten Leberkäse und zum Abschluß Himbeereis und Mohnbuttermilchcreme und da es schon um sechs begonnen hat, bin ich auch fast pünklich ins Amerlinghaus in die ebenfalls sehr beeindruckende Welt von Paul Celan gekommen.
Alle saßen in einem Kreis, ich neben Ottwald John, der wie ich einer der wenigen Zuhörer war, die meisten andern haben gelesen, sich bewegt oder Musik gemacht, Kurt Raubal hat das Ganze gekonnt dirigiert. Es endete beeindruckend mit der Todesfuge und da sieht man wieder, daß sich in Wien bezüglich Buch und Literatur viel tut. Ein bißchen was auch im Literaturgefluester, denn da kommen schon Einladungen zu Lesungen mit der Frage, ob das für den Blog geeignet ist. Leselustfrust sucht übrigens Tips für ihren Adventkalender und verlost ein Buch als Dank dafür, was daran erinnert, daß auch die Bücherblogger mit ihren Leselisten und Lesetips eine wichtige Rolle im der Buchwelt spielen, schließlich sind sie es ja die, die die Bücher lesen und in „Moment leben heute“ wurde das Leben und die Schwierigkeiten der kleinen Buchhandlungen und Buchhändler vorgestellt.

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