Literaturgefluester

2010-11-10

Strömung

Filed under: Uncategorized — jancak @ 06:52

Die Erzählung „Strömung“ ist das dritte Buch des 1954 in Wien geborenen Martin Kubaczek, der Violine und Germanistik studierte und viele Jahre Lektor und Gastprofessor in Japan war. 1997 sind der Erzählband „Somei“, 1998 der Roman „Fantasie“ erschienen, in denen er Japan beschreibt. „Strömung“ schildert eine Nachkriegskindheit an der Donau am Stadtrand von Wien. Es geht um „Toni Löw, der in Jedlesee geboren und durch Felder gegangen ist, wo heute Industrieanlagen und Wohsiedlungen stehen.“
Das Buch ist kurze Abschnitte geglidert, in dem vom Fluß erzählt wird und vom Garten im Überschwemmungsgebiet, in dem der Vater seine Fantasiebauten stellte, Hütte an Hütte und Küchen und Klos baute, die nie benutzt wurden. Eine Jungend in Armut, denn die Familie hatte viele Kinder, die die Mutter in Verzweiflung brachte und wenn sie zum Doktor ging, riet ihr der nur „Äpfel essen, statt dessen und schickte sie wieder heim.“
Der Vater spricht nicht viel und wenn er mit seinem Sohn auf Entdeckungsreisen geht und in Erdlöchern rastet, erzählt er vom Krieg und seinen Erlebnissen bei den Russen dort. Die Kindheit ist arm, man holt den Vater, „der als Beamter am fünfzehnten sein Geld bekommt, von den Straßenbahnstationen ab, um zum Greisler und Konsum zu gehen und einmal im Monat gab es für jeden eine Semmel und echte Butter nicht Margarine. Und darauf eine dünne Scheibe Extrawurst.“
Sonst lebt man Tagelang von Kartoffeln und Milch. Es gibt aber den Wunsch nach Bildung, es wird gesungen und musiziert und der Toni hat auch Freunde. Den Henry und den Willi. Mit Henry, der hörbehindert ist, sich dadurch ausgeschlossen fühlt, lernt er Österreich kennen, weil ihn dessen Eltern in ihrem Puch mitnehmen und mit ihm auch nach Caorle fahren, um ihren Sohn etwas Normalität zu bieten. Später wendet er sich dem schnelleren Willi zu und fährt mit ihm und dem Motorrad bis nach Holland, während sich Henry umbringt, was dessen Mutter, in die Tony ein wenig verliebt ist, nicht verkraftet und täglich mit dem Taxi zum Friedhof fährt.
Toni hat noch andere früh Verstorbene, den Bruder Helmut, der aus dem Fenster fällt und es geht in der Erzählung, wie dem Klappentext zu nehmen ist, auch um Abschiede und Aufbrüche.
Da das Buch nicht chronologisch geschrieben ist, ist es ein wenig schwer zu lesen, denn plötzlich schwenkt der Erzähler um und befindet sich in Japan, wo er Abschied von dem Haus nimmt, in dem er eine Zeilang gewohnt hat, noch für einen halben Monat Miete zahlt und die beiden Schildkröten im Mizumoto Park aussetzt. Es gibt auch eine Stelle mit einem Unfall in einem Atomkraftwerk und der verseuchten Milch, die weiter getrunken wird.
Der Stil ist manchmal kindlich naiv, dort wo der kleine Toni Löw von sich erzählt, daß er in Jedlsee aufgewachsen ist und nicht gern zu Schule gegangen ist, dann wieder philosophisch, wenn an Hand der Strömung und des Flußes vom Leben, seinem Sinn und Ende geschrieben wird. Trotzdem ist alles drin, die Armut der Kindheit, die Freiheit des Lebens im Hochwassergebiet, die es nicht mehr gibt, die Kriegserlebnisse des Vaters, der Aufbruch nach Caorle, dem Arbeiterparadies der Sechzigerjahre.
Wie der Erzähler nach Japan gekommen ist, wird nicht beschrieben, man kann es sich aber aus der Biografie des Autors denken, dann irritiert vielleicht der Name des Hauptperson, weil man denkt, daß das das Leben des Autors ist und vielleicht ist auch die Form der Erzählung ein wenig verwirrend.
„Somei“ und“ Hotel Fantasie“ habe ich vor Jahren bei den Büchertürmen der Literatur im März bekommen. „Somei“ durchgeblättert,““Hotel Fantasie“ gelesen. Es ist ähnlich abstrakt, wie „Strömung“.
Den Autor kenne ich, weil er in der Alten Schmiede gelegentlich Veranstaltungen machte. Vor einem Jahr ist ebenfalls bei Folio „Sorge ein Traum“ erschienen, wo es um einen Spion geht, der in Japan hingerichtet wurde. Da war ich bei der Lesung in der Alten Schmiede und Martin Kubaczek hat auch, entnehme ich dem Klappentext, zahlreiche Publikationen zur österreichischen Gegenwartsliteratur.

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