Der nächste November Fixpunkt ist die Verleihung des internationalen Erich Fried Preises, der seit 1989 oder 1990 von der Erich Fried Gesellschaft in Verbindung mit dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst vergeben wird. So weit ich mich erinnern kann, findet die Veranstaltung im Literaturhaus statt, ein Jahr in Verbindung mit einem Symposium, das Jahr darauf nur die Preisverleihung mit Laudatio und der Lesung des Preisträgers oder Jurors. Das Besondere an dem Preis ist, daß immer nur ein Juror für die Auswahl verantwortlich ist.
Derzeit ist Heinz Lunzer, der ehemalige Literaturhausleiter, der Präsident. Rolf Schwendter war das schon und um die Mitgliedschaft kann man sich nicht bewerben, sondern muß ausgewählt werden.
Mitglieder sind Ilse Aichinger, Klaus Amann, Marcel Beyer, Elisabeth Borchers, Paolo Chiarini, Anne Duden, Gustav Ernst, Julia Franck, Kurt Groenewold, Sabine Groenewold, Josef Haslinger, Christoph Hein, Walter Hinderer, Karin Ivancsics, Elfriede Jelinek, Inge Jens, Volker Kaukoreit, Alfred Kolleritsch, György Konrad, Gila Lustiger, Beatrice von Matt, Friederike Mayröcker, Robert Menasse, Adolf Muschg, Doron Rabinovici, Robert Schindel, Susanne Schüssler, Rolf Schwendter, Ursula Seeber, Christine Weiss, Herbert J. Wimmer und Christa Wolf.
Der heurige Juror Urs Widmer hat sich für Terezia Mora als Preisträgerin entschieden. Den 1938 in Basel geborenenen Urs Widmer habe ich erst am Donnerstag in der Alten Schmiede bei fünfzig Jahre Mansuskripte gehört. Gestern hat er im Rahmen des Fried Preises im Literaturhaus aus seinem Roman „Herr Adamson“ gelesen. Das hätte mich interessiert, davon voriges Jahr einiges beim Frankfurter Buchmessen Surfen hörte. Wir sind aber am Freitag nach Harland gefahren, da es gestern Nachmittag den Fototreff von Alfreds Wandergruppe gab.
Da ich aber regelmäßig zur Erich Fried Preisverleihung, seit sie im Literaturhaus und nicht im Akademietheater, wozu man Karten haben mußte, gehe, sind wir heute früh zurückgefahren und ich hatte an Heinz Lunzer, bzw. Volker Kaukoreit, mit dem ich 2001 einen gemeinsamen Interviewtermin bei Radio Orange hatte, ein Anliegen.
Hat mir nämlich Alfred in Leipzig Reiner Kunzes Gesprächsband „Wo Freiheit ist…“, gekauft und da wird auf S189 von einer 1991 in Wien stattgefundenen Erich Fried Tagung berichtet, auf der eine österreichische Politikerin wörtlich „Mit dem Fall der Mauer hat die Verfolgung der Schriftsteller und Intellektuellen angefangen…“ begrüßte und niemand der anwesenden namhaften Autoren hat widersprochen, was Rainer Kunze sehr empörte.
Darüber hätte ich gern mehr gewußt, aber weder Volker Kaukoreit, noch Heinz Lunzer und auch nicht Rolf Schwendter, den ich schon früher danach fragte, konnten mir was sagen.
Ich bin aber ein bißchen mit Frau Lunzer, neben der ich gesessen bin, ins Gespräch gekommen und habe mich auch mit Franz Koller unterhalten. Dann hat die Begrüßung durch Heinz Lunzer, Robert Stocker und Robert Huez angefangen. Es folgte die Laudatio von Urs Widmer, die damit begann, daß er, als die Aufforderung in diesem Jahr der alleinige Juror zu sein, nicht lange überlegen mußte, sondern sofort an Terezia Mora dachte, hatte er doch ihren Roman „Der einzige Mann auf dem Kontinent“ gelesen und war begeistert.
Dieser stand voriges Jahr auf der Longlist zum deutschen Buchpreis, handelt von der New Economy, der Liebe und dem Computerspezialisten Darius Kopp aus dem ehemaligen Osten, der als einziger Mann auf dem Kontinent einer amerikanischen Firma in einem Bürohaus ein Zimmer hat, mit seinen Chefs nur in telefonischer Verbindung steht und dessen Welt, in dem in acht Tagen und Nächten erzählten Roman, durch einen Koffer Geld u. a. gehörig durcheinander gerät.
Ich wäre vorigen November fast zu einer Lesefestwochenlesung der Buch-Wien ins Cafe Korb gegangen.
Urs Widmer lobte die Sprache, meinte Terezia Mora wäre darin Spezialistin und würde sowohl den Alltagsslang, als auch technische Spezialsprachen beherrschen.
Terezia Mora wurde 1971 in Sopron geboren und lebt seit 1990 in Berlin. 1999 hat sie den Bachmannpreis gewonnen, es gibt noch den Roman „Alle Tage“ und den Erzählband „Seltsame Materie“, die von Urs Widmer ebenfalls gelobt wurden.
Anschließend kam die Festrede „Die Worte noch halbwegs zusammenfügen“, die nach einem Erich Fried Zitat benannt wurde, in der Terezia Mora von ihrer genauen Sprache erzählte.
Seit zwei Jahren soll sie schon ihren neuen Roman beginnen, wird aber von den vielen Eindrücken, die eine Schreibende umgibt, daran gehindert und das ist mir ja ebenfalls bekannt. Wenn sie auf die Straße geht, sieht sie den Filialleiter ihres Supermarkts die Zigarettenbehälter leeren, bzw. einen Obdachlosen aus einem Geldabheberaum entfernen und muß diese Eindrücke so verdichten und entfremden, damit ein neuer Roman mit einer schönen Sprache, der uns ein bißchen was von unserer seltsamen Welt erfahrbar macht, entsteht.
Mir hat die Rede sehr gefallen, der Dame, die ich öfter bei Literaturveranstaltungen treffe, weniger, ihr war es nicht abgehoben genug. Aber wenn ich ins Literaturhaus gehe, komme ich auch an einer Bankfiliale vorbei und da hält sich auch gelegentlich ein Obdachloser auf, über den zu schreiben ich mir vorstellen könnte…
Ich habe schon wieder Schreibepläne, das heißt ein vorläufiger Arbeitstitel „Fünf, sechs Wünsche, nicht mehr!“, ist mir da gestern Nacht eingefallen. Das würde aber realistisch werden und eine Handlung haben. Zwei Schwestern nämlich, von denen eine nach ihrer Pensionierung oder Ausscheiden aus dem Arbeitsleben mit einem Bus durch Österreich oder Europa fährt, während die andere zu Hause, die Bücherschrankbücher liest und darüber könnten sie per e-mail kommunizieren.
So weit, die Idee, bis zur Umsetzung, ist noch Zeit und das Literaturhaus war sehr voll mit festlichen Besuchern. Eleonore Zuzak und ihren Bruder habe ich getroffen, die mir von ihrer erfolgreichen Literaturhauslesung am Mittwoch erzählte. Mit Gustav Ernst habe ich ein bißchen über das realistische Schreiben gesprochen und wie es einem Priessnitz-Juror damit geht. Rolf Schwendter hat mir das Programm zu seiner nächsten Marathonveranstaltung gegeben, da ich dort ja gern hingehe.
Es gab Sekt, Wein, Knabberstangen und weißgedeckte Stehtische im Vorraum auf denen man das genießen konnte. Das Literaturhaus hat ja seit Herbst ein neues Design. So fehlte auch das berühmte Fried Bild von Heide Heide.
Es gab aber die Vicki Baum Ausstellung „Weekend at the Waldorf“ oder „Menschen im Hotel“, die Ursula Seeber zusammenstellte, die ebenfalls anwesend war und morgen gibt es noch was Neues, nämlich eine von der Angewandten mitorganisierte Lesart der Sprachkunst genannte Lesung, damit wie Robert Schindel erklärte, die Studenten in Kontakt mit interessanten Autoren kommen, von Terezia Mora aus dem „Einzigen Mann auf dem Kontinent“, die ich mir inzwischen angehört habe und bei der die Autorin launig aus zwei Kapiteln las.
Hier und hier ein bißchen was aus dem Literaturgeflüsterarchiv.
2010-11-28
Erich Fried Preis 2010
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