„Wie man eine Frau vergißt“ ist ein, könnte man sagen, leicht dahin erzählter Roman über die Hoffnungs- und Sinnlosigkeit im modernen Rumänien, des 1969 geborenen Soziologiedozenten Dan Lungu.
Er ist in drei Perspektiven geschrieben und beginnt ziemlich spritzig, in dem der Ich- Erzähler Andi mit einem ziemlichen Bärenhunger in seine Wohnung kommt und statt seiner Freundin Marga einen Abschiedsbrief findet. Zuerst hält er es für einen Scherz und beginnt sie auf allen Vieren im Glauben, sie hätte sich im Kasten versteckt, zu suchen.
Nach und nach taucht man ein in die Geschichte, die in einer rumänischen Klein- oder Großstadt zu spielen scheint, obwohl das ziemlich schwierig ist, denn einmal wird sie in der Ich-Form dann wieder in der dritten Person erzählt, auch Marga, über die man sonst nicht viel erfährt, vor allem nicht, wohin sie warum gegangen ist, bekommt ein paar Kapitel. Die Chronologie wechselt ebenfalls. Andi, der mit ein paar Brüdern am Land aufgewachsen ist und sich als Student mit seiner Freundin Luana betrank, bis sie von ihren Eltern in eine psychiatrische Klinik gesteckt wird, ist über das Verschwinden Margas aus allen Socken und denkt über seine Beziehung zu ihr nach.
Vom Beruf ist er Journalist in der Abteilung für investigativen Journalismus und hat einen vorsichtigen Artikel über die Korruption eines Herrn Direktors geschrieben, den sein Chef Bodo munter weiter enthüllt. Sonst hat er bei der Zeitung nicht sehr viel zu tun, soll aber zur Abwechslung etwas über die Bapisten schreiben. Andi hat inzwischen die Wohnung in der er mit Marga lebte, verlassen, bzw. wurde er von seinem esoterisch angehauchten Vermieter hinausgeschmissen, so daß er vorübergehend bei dem Bapistenprediger Seth unterkommt, ihn bei seiner Gemeindearbeit begleitet und über den anmutigen Egoismus Margas grübelt, die in sein Leben genauso plötzlich eintauchte, wie sie daraus verschwand.
Er lernte sie auf einer Party kennen, wo sie sich auf seinen Schoß setzte, weil sie von ihren Ex-Liebhaber verfolgt wurde, dann zieht sie mit einem Koffer teurer Kosmetika bei ihm ein und beginnt sich stundenlang für ihn schön zu machen, obwohl er eigentlich mit ihr Sex haben will.
Sie ißt auch sehr anmutig Eis, ohne auf die Idee zu kommen, es mit ihm zu teilen, bohrt ihre Zähne in Teer und kümmert sich nicht um den Mietrückstand und um Andys Schulden.
In den Kapiteln die Marga zur Ich-Erzählerin haben, kann man den Grund dafür erfahren. Marga ist die Tochter eines ehemaligen Parteibonzen und von der Allgemeinheit abgeschirmt in ziemlichen Luxus aufgewachsen, wird von ihren Eltern immer noch finanziell unterstützt, während er das Kind armer Leute ist.
Andi zieht von Seth, der immer freundlich zu ihm ist und ihn zu nichts drängt, bald aus, bekommt dann aber irgendwelche wahnhafte Erscheinungen und beginnt das Geld, das ihm für seine Enthüllungsreportagen in die Redaktion geschickt wird, einem krebskranken Kind zu spenden, am Ende lachen sich aber nur die Kollegen über seine Dummheit krumm.
Marga taucht nicht wieder auf, so daß Andi ziemlich einsam dem Jahresende entgegensieht, wenn er nicht die Chance ergreift mit Seth und der Gemeinde den Sylvester in der Kirche zu feiern.
„Wie man eine Frau vergißt“, ist er dritte Roman Dan Lungus, das „Hühnerparadies“ und „Die rote Babuschka“ waren die beiden anderen und er erzählt in einer sehr spritzigen, ironischen Weise vom Leben nach der Wende in Rumänien. Von der Hoffnungslosigkeit, der Zerrissenheit, der Getriebenheit eines Landes, wo alle nach Italien, Spanien oder Deutschland gehen und man sich nur von Gott bekehren oder zu Tode trinken kann, um das Leben zu meistern und seinen Sinn zu finden.
2010-12-05
Wie man eine Frau vergisst
Kommentar verfassen »
Du hast noch keine Kommentare.
Kommentar verfassen