Literaturgefluester

2011-01-14

Lyrik in der Alten Schmiede

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:21

Die Lesung Ludwig Fels in der Alten Schmiede hat sich bei mir eingeprägt, obwohl ich noch gar nicht so viel von dem Autor gehört oder gelesen habe. Ein Buch habe ich mir einmal im Abverkauf gekauft und eine Lesung versäumt, die ich heute nachholen wollte. Dann kam ich darauf es gibt noch vorher einen Lyrikblock ohne die Ankündigung besonders zu studieren und am Vormittag wurde ich panisch, weil wieder klinisches Fallseminar sein sollte und dann wäre ich mit meinem „Absturzgefahr“- Pensum nicht fertig geworden. Hingehen oder nicht, lautete die Frage und als ich zu Mittag das AKH erreichte, kam mir die Stimmenhörererin entgegen und sagte „Die Veranstaltung“ fällt aus, so daß ich über den Bücherschrank zurückging, wo es einen der Shopaholic Bände der Sophie Kinsella gab, den ich noch nicht hatte und ein Buch, das ein Deja vue Erlebnis bei mir auslöste, nämlich die uralte Jugend und Volk Anthologie zur Arbeitswelt „5 Tage hat die Woche“, die ist im Jahr 1983 herausgekommen und 1982, das Buch gegen die geschlechtsspezifische Kindererziehung „Mädchen dürfen pfeifen, Buben dürfen weinen“, wo ich ja gewonnen hatte, so daß ich „Die freundlichen Stimmen oder auf einen Anruf warten!“, hinschickte, die Lektorin wollte es nicht, hat es aber an den Wiener Frauenverlag weitergeschickt, wo der Text in „Arbeite Frau, die Freude kommt von selbst“, erschienen ist.
Die Jugend und Volk Anthologie hatte ich bis heute nicht gesehen, viele bekannte Namen am Umschlag, die Arbeitswelt wird inzwischen höchstwahrscheinlich ein wenig veraltet sein. Dann habe ich mich intensiv über mein Manuskript gesetzt, so daß ich es rechtzeitig zur ersten Veranstaltung in die Alte Schmiede schaffte und die war ein Gewinn, ging es doch um die Lyrikreihe „Poesiealbum“ die von 1967 bis 1990 im DDR Verlag „Neues Leben“ herausgegeben wurde und seit 2007 im „Märkischen Verlag“ wiederaufgestanden ist. Richard Pietrass, der jetzige und auch damalige Herausgeber war schon im Werkstattraum und hat sich mit Kurt Neumann eifrig unterhalten, im Zeitschriftensaal lagen die Hefte auf, die mir bekannt erschienen sind. Kurt Neumann begrüßte und sagte Richard Pietrass würde zum dritten Mal in der Alten Schmiede lesen. Das erste Mal war beim DDR Schwerpunkt im April 1979, damals hatte er erst eine Veröffentlichung, nämlich sein 1974 herausgekommenes Poesiealbum. Danach im Jänner 1991 zum zweiten geplanten DDR Schwerpunkt, nur hat es zu diesem Zeitpunkt, die DDR nicht mehr gegeben, hatte die Veranstaltung doch eine lange Vorlaufzeit. Dann kam der sehr gesprächige Autor, der auch klinischer Psychologie ist oder das studiert hat und erzählte, daß die Reise 1979 nach Wien bzw. Österreich sein Leben sehr verändert hat. Er hat danach zwei Wien Gedichte geschrieben, eines trug in der ersten Fassung den Titel „Gassi“, was den Ausgang aus der DDR hinaus bedeuten soll, das zweite hat die Zeilen „Mit Ring und Graben und Läden, die haben“, dann wurde er noch nach Salzburg eingeladen, wo ihn H.C. Artmann mit seinem Fanpublikum erwartete, nach Innsbruck ging es auch, wo ihn die Berge sehr beeindruckten. Richard Pietrass war auch Lektor bei „Jugend und Welt“ und die Reihe „Poesiealbum“ wurde im Oktober 1967 zum fünfzigsten Jahrestag der Oktoberrevolution von Bernd Jentzsch begründet, der allerdings in die Schweiz immigrierte, so daß der Büchermensch und Lyrikkenner Richard Pietrass sein Nachfolger wurde, nach drei Jahren wurde er allerdings entlassen. Es entstanden bis 1990, 276 Hefte, sowohl Sowetautoren, als auch Klassiker und junge DDR-Dichter, eine ausgewogene Mischung von allem. In den zweiunddreißig Seiten starken Heftchen gab es ein Portrait und eine Grafik in der Mitte. Ein Monat nach der Währungsreform wurde die Reihe eingestellt, 2007 zuerst wieder mit Bernd Jentzsch vom Märkischen Verlag wieder aufgenommen, inzwischen macht sie wieder Richard Pietrass. Das erste Heft war Bert Brecht gewidmet, das zweite der SU, dann kamen aber auch Goethe, Heine, Reiner Kunze, Volker Braun, Eva Strittmacher, die vor ein paar Wochen gestorben ist, etc dazu. In der neuen Reihe wurden Peter Huchel, Ezra Pound, Seamus Heany, Wolfgang Hilbig, Thomas Rosenlöcher, Nelly Sachs, Christoph Meckel etc herausgegeben. Fünf Österreicher wurden auch verlegt, nämlich Ernst Jandl, Karl Kraus, Konrad Bayer, Christine Lavant und Theodor Kramer. Um das Christine Lavant Heft herauszugeben ist Richard Pietrass nach Kärnten gefahren und wurde enttäuscht, als das Musil Museum geschlossen war und „Wir freuen uns, Sie am 7. Jänner zu begrüßen!“ an der Tür stand, was er als zynisch erlebte. Er ist dann ins Lavanttal gefahren, wo ihn die freundlichen Nachbarn das Wohnhaus der Lavant zeigten und ihm sehr viel erzählten. Es gab auch Tonbeispiele, nämlich von der Lavant und von Seamus Heaney, der 1995 den Nobelpreis bekommen hat, wo Richard Pietrass es durchsetzte eine Einladung zu bekommen und als einer der wenigen im normalen Anzug an der Veranstaltung teilnahm. Die Stimme von Boris Pasternak, der seinen Nobelpreis nicht annehmen konnte, war auch zu hören, dann noch Beispiele der DDR Autoren Christoph Meckel und Thomas Rosenlöcher, dessen „Dresdner Kunstauffassung“, habe ich allerdings schon von meinem lieben Psychologiekollegen Wolfram Huber, der von Dresden nach Österreich gekommen ist, bekommen.
Eine Reise in die Vergangenheit, zu der ich meine Beziehungen habe, gibt es in den Harlander Bücherregalen doch mehrere der alten Aufbau Ausgaben und die DDR Jubelbroschüren „Gesundheit“, „Kunst und Kultur“ etc, die immer auf den Volksstimmefesten zu finden waren, gibt es auch und Ausgaben der Zeitschrift DDR-Revue oder so gibt es auch und zumindestens dort habe ich die Poesiealben gesehen, wenn ich nicht selbst ein paar davon habe. Vor allem aber hat Richard Pietrass eine sehr unkonventionelle Art zu erzählen, dann ging es in den Keller zur Präsentation des bei Jung und Jung erschienenen Gedichtbands „Egal wo das Ende der Welt liegt“, des ebenfalls 1946 geborenen Ludwig Fels. Kurt Neumann hat wieder eingeleitet und die Texte sehr gelobt. Ludwig Fels sei einer, der das Unrecht der Welt anklagt und sich nicht scheut, Herz auf Schmerz zu reimen, es aber auf eine vollkommene Art und Weise tut und empfahl drei Hauptstücke aus dem Band. Dann kam der Autor und las zur Einleitung einen Prosatext aus der Festschrift zehn Jahre „Jung und Jung“. „Über die Schönheit“, die schon sehr poetisch war. Die nachfolgenden Gedichte handelten, wie beschrieben von der Liebe, vom Leben und von der Flucht mit einem Boot in eine bessere Welt und dem Sterben im Meer, während wir nur Gesetze erfinden, um diese Fluchten zu verhindern. Geballte Poesie, die noch weiter geht, gibt es in Ö1 doch gerade eine dreistündige Jazznacht zum Thema Ernst Jandl und morgen geht es im Wien Museum mit einem Fest für ihn weiter, über das ich noch berichten werde.

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