Literaturgefluester

2011-01-19

Schreibkrisen und Lesestress

Filed under: Uncategorized — jancak @ 10:58

Die letzten Tage bin ich fast wieder in eine kleine Schreibkrise hineingekommen, verleiten die Diskussionen über die schlecht lektorierten Bücher und die vielen Blogs, die es schon gibt, doch leicht zu den Gedanken „Das schafftst du nie, wozu tust du dir das an? Es ist sowieso aussichtslos und wenn du dich noch so sehr bemühst!“, das hat mir ja schon Tränen in die Augen getrieben. So kann ich mich an eine Exilpreisverleihung erinnern, wo das geschehen ist. Mehr als einmal bin ich schon fast weinend aus dem Literaturhaus gekommen und am letzten Wochenende hat mich Ann Cotten auf der Margaretenstraße auch in einer solchen Stimmung erwischt. Die geballte Ladung der Wiener Experimentellenszene, der Andrang um Friederike Mayröcker…
Dann gehe ich nach Hause, suche endlos Fehler in meinem vierundzwanzigsten Digitalbuch in spe und weiß natürlich, daß ich mir das antun will, sehr viel Sinn hat es aber nicht und so weiter uns so fort.
Da lobe ich mir Blogs, wie den von Thomas Wollinger, der täglich ziemlich offen über das Schreiben spricht. Der ist eine Ausnahme im österreichischen Literaturbetrieb, wo dir die Kolleginnen ja oft noch immer nicht sagen, woran sie schreiben, aus Angst, du könntest es ihnen stehlen und ich mehr als einmal hörte, wenn der oder die liest, lese ich nicht, denn das schadet meinen Ruf oder wenn du mit mir in der Autorensolidarität abgebildet bist, klage ich dich, ich will nicht mit einer auf einem Foto sein, die ihre Bücher selber macht.
Aus Amerika kommt Töstlicheres, wie der Nanowrimo oder Sätze, der erste Entwurf muß nicht unbedingt den Nobelpreis bekommen, du darfst und mußt auch Fehler machen, nur so kannst du weiterkommen. Da hat Thomas Wollinger kürzlich ein sehr ermutigendes Video in seinen Blog gestellt, wobei ich mir allerdings auch dachte, bei mir gilt das nicht.
Während ich das dachte, habe ich natürlich weiter an der „Absturzgefahr“ korrigiert und bin jetzt schon in der Phase, wo ich glaube, jetzt werde ich fertig und wieder einen Fehler finde. Erfahrungsgemäß braucht es dann dann noch einige Wochen.
Die „Schreibkrise“ hat mich fast dazu gebracht, die Aufforderung für die Zeitschrift „Landstrich“, einen Text zu schreiben, zu ignorieren. Früher habe ich ja viel auf „Auftrag“ geschrieben, da gab es beispielsweise den Siemens-Literaturpreis, den allerdings auch meistens experimentelle Autoren, wie Birgit Schwaner oder die Grauenfruppe gewonnen haben und den Alfred Stern-Preis der Gewerkschaft, den der Bawag-Skandal beendet hat.
Dafür habe ich Jahr für Jahr einen Text geschrieben, die meisten sind in meinen „Best of“ Büchern abgedruckt. Beim Stern-Preis habe ich dreimal gewonnen, beide Preise gibt es nicht mehr. Ich schreibe kaum mehr kurze Texte und habe schon lang aufgehört, Auszüge aus meinen Romanen an Kolik, Wespennest und Manuskripte zu schicken. So habe ich den Herrn von Landstrich am Samstag auch gesagt, daß mir zu diesem Thema nichts einfällt, danach Ann Cotten auf der Straße getroffen und am Sonntag nicht, wie geplant, die „Absturzgefahr“ korrigiert, sondern einen Text mit dem Titel „Verbindliche Vorschläge zum höchsten Wertkanon“ geschrieben, mal sehen, was es bringt.
Am Montag habe ich vom Zweiten, der mich bei den Textvorstellungen am 6. 12. angesprochen hat, eine Kritik auf die „Sophie Hungers“ bekommen und das war ein langer fundierter Brief mit vielen Fragen, Gedanken und Überlegungen. Eine Rückmeldung, wie man sie sich nur wünschen kann. Christian M. hat mir geschrieben, daß er die Sendung „Texte“ in Ö1 gehört hat und deshalb in die Alte Schmiede gekommen ist, weil ihn unkonventionell entstandene Bücher interessieren. Er hat das Buch auch wirklich sehr genau gelesen. Ich würde mir ja für das Literaturgeflüster eine lebendigere Diskussion wünschen, leider sind meine eifrigsten Kommentierer inzwischen verschwunden, aber eine Literaturdiskussion über Blog ist eine spannende Sache, die zumindestens ich manchmal betreibe und auf meine Lieblingsblogs Kommentare stelle.
Dazu passt die Nachricht, daß Manfred Chobot, wie ich heute im Leporello hörte, den ersten SMS-Roman geschrieben hat.
Vom Schreiben komme ich nun zum Lesen, das ja eine Gefahr bzw. eine Ablenkung sein kann. Deshalb lesen manche Autoren nichts oder nur wenig. Ich tue das dagegen intensiv, wenn ich es zu lang betreibe, bekomme ich Schuldgefühle und denke, daß ich jetzt wieder etwas schreiben sollte…
Aber jetzt habe ich durch das neue Bücherregal und meine lange Leseliste den Ehrgeiz bekommen, all das auch zu lesen. Es gibt ja auch Phantasien darüber zu schreiben. Einen Roman, der aus lauter ungelesenen Bücher besteht, zu schreiben, schwebt mir schon lange vor. Ein paar Ansätze dazu gibt es auch schon und der Bücherstoß im Badezimmer ist inzwischen auf vierzig Stück angewachsen. Da muß ich aufpassen, daß nicht mehr als höchstens ein Buch pro Woche dazu kommt, um meine Vorsätze einigermaßen zu schaffen. Eine interessante Selbstbeschränkung, denn Bücher faszinieren mich ja sehr. Das Schreiben und das Lesen, ich bleibe dran an beiden und werde darüber berichten…

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